Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Sie sehen also, wir machen nicht nur dem Verkehrsverbund Stuttgart ein Angebot, wie manche betonen, sondern wir bie ten allen die gleiche Chance. In verschiedenen Verbünden gibt es derzeit auch Diskussionen und Überlegungen, was sie von diesem Angebot wie nutzen wollen. Ich muss allerdings sa gen: Das ist noch nicht so spruchreif, als dass ich Ihnen jetzt sagen könnte: Dieser Verbund und jener Verbund oder der Ver bund Schwarzwald-Baar machen Folgendes, und deswegen bekommen sie soundso viel Geld. So weit sind wir noch nicht.

Aber klar ist, dass gerade in den kleineren Verbünden derzeit stark darüber nachgedacht wird, wie man das Angebot ver bessern kann, wie man die Tarife vereinfachen kann oder wie man vielleicht kooperieren oder fusionieren kann. Dabei wür den wir die Verbünde auf jeden Fall unterstützen.

Ich will noch einmal darauf hinweisen – damit wäre ich beim zweiten Teil Ihrer Frage –: Um den Kreis bzw. die Region Schwarzwald-Baar nach Freiburg hin, zur Breisgau-S-Bahn und zum dortigen Verbund hin besser anzubinden, haben wir ja den Landestarif geschaffen. Wenn man also verbundgren

zenüberschreitend unterwegs ist, hat man, wenn man eine Ver bundgrenze überspringt, die Möglichkeit, über den bwtarif auch dann ein günstiges Angebot zu haben, bei dem eine Start- und Anschlussmobilität dabei ist. Im Moment gilt das nur für Einzelfahrscheine oder Tagesfahrscheine, nicht jedoch für Zeitkarten. Das ist jedoch gerade in Arbeit. Im nächsten Jahr werden wir auch die Zeitkarten für Pendler, Schüler usw. be reitstellen können. Mithilfe des bwtarifs ist somit die Barrie re der Verbundgrenze überwunden. Ich glaube, das ist ein gu tes Angebot.

Wenn darüber hinaus eine Region sagt: „Unser Verbund ist zu klein; wir wollen einen größeren schaffen“, ist sie natürlich völlig frei. Da helfen wir nur. Ich kann schon sagen: Es ist ein Problem, dass wir in Baden-Württemberg 22 Verbünde haben und manche davon sehr klein sind, also kleiner sind als das Mobilitätsbedürfnis oder das Mobilitätsverhalten der Men schen. Deshalb ist es schon ratsam, darüber nachzudenken, ob sich nicht mehrere kleine zusammenschließen. Das geht über Kooperationen oder Fusionen, und dann können sie in der Re gel ein besseres Angebot unterbreiten.

Wir wissen, dass bei jedem Verbund eine Reihe von Basisleis tungen anfallen, deren Anteil prozentual umso höher ist, je klei ner der Verbund ist. Größere Verbünde sind einfach in der La ge, in der Regel ein besseres Angebot zu besseren Konditionen zu bieten. Es gibt ja auch diese Untersuchung des VCD, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Kleinstverbünde die ge ringsten Angebote und die höchsten Preise haben. Das trifft zwar nicht in jedem Einzelfall zu, aber im Großen und Ganzen ist es so. Deswegen unterstützen wir eben auch solche Formen der Zusammenarbeit, die aber gerade im Fluss sind.

Vielen Dank. – Es gibt eine Zusatzfrage des Kollegen Rombach.

Herr Minister, vielen Dank für Ihre ausführliche Beantwortung. – Ich habe noch eine Zusatz frage. Mich interessiert, wie das verwaltungsmäßig abläuft, ob mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf eine Antragstellung erforderlich ist, um z. B. diese 18 %, die Sie vorhin genannt haben, zu bekommen, oder ob das vonseiten des Ministeriums automatisch läuft.

Nein. Das, was wir anbieten, haben wir allen Verbünden kommuniziert. Wir haben also genau aufgeschrieben, was etwa „signifikante Re duzierung der Zonen“ oder „Reduzierung der Tarifangebote“ heißt. Manche Verbünde haben aber auch unglaublich viele unterschiedliche Tarifangebote, bei denen kaum noch jemand durchblickt. Das haben wir also alles genau aufgezählt, er gänzt um den Hinweis auf den Fördersatz. Vorhin habe ich Beispiele genannt. Sie alle kennen also dieses Angebot.

Das Angebot erlischt auch nicht nach einer bestimmten Zeit; denn wir wissen, dass es Gesprächsbedarf gibt. Wir halten es für ganz wichtig – das will ich gerade auch deshalb betonen, weil Sie natürlich auch für den ländlichen Raum stehen –, dass wir immer gesagt haben: Das Landesverkehrsministerium steht für Mobilität in Stadt und Land, und deswegen wollen wir, dass das, was Stuttgart aufgegriffen hat, auch im ländli chen Raum aufgegriffen werden kann. Da braucht man viel leicht ein bisschen mehr Zeit.

(Abg. Karl Rombach CDU: Danke!)

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Hentschel.

Vielen Dank, Herr Minis ter. – Erst einmal vielen Dank generell dafür, dass diese Maß nahmen, die damals dem Verkehrsverbund Stuttgart zugutege kommen sind, auch genutzt wurden, um auch den anderen Verkehrsverbünden – auch im ländlichen Raum – ein entspre chendes Angebot zu unterbreiten.

Welche Maßnahmen sind denn jetzt vonseiten des VSB tat sächlich schon in Richtung Ministerium ergriffen worden, um hier zu einer strukturellen tariflichen Änderung zu kommen und solche Fördermittel erhalten zu können?

Meine zweite Frage ist, wie Sie denn jetzt die Situation im ge samten Bereich des Landes einschätzen. Gibt es da mittler weile verstärkt Bestrebungen, diese Verbindungen, die Sie er wähnt haben – also insbesondere Fusionen einzelner Verbän de –, voranzutreiben? Ist Ihnen da irgendetwas bekannt, und wie genau wollen Sie es unterstützen, dass solche Bestrebun gen vorangetrieben werden können?

Ich fange mit der zweiten Frage an. Grob kann man sagen, dass sich etwa ein Drittel der Verbünde darüber Gedanken machen, wie sie mit dem Angebot umgehen und ob sie in ihrer Struktur und in ih rer Verfasstheit etwas ändern wollen – ein Drittel.

Beim VSB wissen wir, dass es auch mit anderen, anschließen den Verbünden Gespräche gibt, etwas zu machen. Aber noch mals: Die Gespräche finden statt. Es ist noch nichts entschie den. Es ist auch noch kein Antrag gestellt worden. Es ist auch nicht die Aufgabe des Verkehrsministers, in laufende Gesprä che hinein öffentliche Verkündungen zu machen. Ich glaube, das verstehen Sie. Wir wollen dazu beitragen, dass das gelingt.

Frau Abg. Rolland, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben eben zu Buchstabe b der Mündlichen Anfrage gesagt, für den Verkehrsverbund Schwarzwald-Baar gäbe es eine Möglichkeit, über den Landestarif, über das Landesticket ei ne Verbesserung für Fahrten in andere Verbünde zu bekom men. Meine Frage ist: Was bekommen denn die anderen Ver bünde bei diesem Landestarif an Erstattungen für die ausfal lenden Kosten, wenn man dort dann kein Ticket kauft?

Die zweite Frage lautet: Können Sie eine Bewertung abgeben, wie Sie einen Einheitstarif sehen, wie er z. B. im Regio-Ver kehrsverbund Freiburg für die gesamte Region vorhanden ist?

Ich darf zurück fragen: Sie meinen einen Einheitstarif für das ganze Land?

Nein. Es gibt einen Einheitstarif mit der RegioKarte im Regio-Verkehrsverbund Freiburg. Da zu würde ich gern die Einschätzung hören, was Sie davon hal ten, weil es eben keine Zonen gibt. Deswegen wäre es für mich einmal interessant zu wissen, wie Sie das einschätzen. Denn das ist natürlich auch ein Thema, bei dem man dann auch darüber sprechen muss, ob solche Einheitstarife oder Einheitszonierungen aufgegeben werden oder nicht.

Zum ersten Teil der Frage muss ich sagen: Das ist eine echt komplizierte Be rechnungsform. Wir haben in Baden-Württemberg extra eine Baden-Württemberg-Tarif Gesellschaft gegründet, die genau errechnet, wo welche Kosten anfallen. Wie gesagt, dieser bw tarif und die Vorteile des bwtarifs werden im Wesentlichen vom Land finanziert. Trotzdem gibt es eine Reihe von Ver rechnungsfragen. Dort sitzen viele Spezialisten, die sich stun denlang darüber unterhalten können, wie das genau geschieht und nach welchen Formeln das passiert. Aber das geschieht im Moment gerade in einem sehr fairen, konsensualen Ver fahren. Die Gesellschaft hat ja auch den Zweck, das genau so abzuwickeln.

Zum Einheitstarif in Freiburg möchte ich sagen: Die Erfolgs geschichte des Freiburger Verbunds hängt aus meiner Sicht sicherlich auch mit diesem Einheitstarif zusammen,

(Abg. Gabi Rolland SPD: Genau!)

weil man sich mit einem einzigen Tarif eine ordentlich große Fläche erschlossen hat. Der Tarif in Freiburg ist außerdem – in Relation zu vielen anderen Verbundtarifen – sehr günstig. Auch das war sozusagen ein Beitrag zum Erfolg.

Voraussetzung dafür war allerdings, dass die kommunale Sei te das alles mitfördert und mitfinanziert, was offenkundig in vielen Landkreisen nicht so der Fall ist. Deswegen gibt es dort eine ganz andere Dimension der Kosten für die Kundinnen und Kunden.

Im ganzen Land haben wir natürlich sehr unterschiedliche Strukturen. In Freiburg – so muss man sagen – existiert eine bestimmte Angebotsstruktur, und in anderen Regionen wird eine neue Angebotsstruktur umfänglich aufgebaut. Wir haben – so sage ich einmal – im Vergleich zu Freiburg in Mannheim, in Karlsruhe oder in Stuttgart ganz andere Kostenverhältnis se. So etwas bildet sich auch im Tarif ab.

Auch die räumliche Ausdehnung der Tarife ist unterschied lich. Der naldo oder auch der VVS sind räumlich sehr viel weiter ausgedehnt. Daher glaube ich, dass es für andere Ver bünde nur ein begrenztes Modell wäre, da es einfach auch nicht durchsetzbar ist, weil dann Leute Strecken bezahlen müssten, die sie eigentlich gar nicht nutzen wollten. Das ist der Hintergrund.

Daher würde ich sagen: Schön, dass man es in Freiburg ge wagt hat. Das war, glaube ich, historisch gesehen, ein wichti ger Beitrag und ein Anstoß für viele. Und für den Rest des Landes gilt, orientiert an Freiburg: möglichst wenig Zonen und Ringe, möglichst einfach, möglichst kostengünstig –

(Abg. Gabi Rolland SPD: Genau! Das ist halt auch der Punkt!)

und daran arbeiten wir.

Vielen Dank. – Herr Abg. Dr. Schweickert, Sie haben das Wort.

Herr Minister, Sie ha ben gerade die Empfehlung gegeben, dass mehrere kleine Ver bünde fusionieren oder eine Kooperation mit großen Verbün den machen. Wenn ein Verbund aber in einer Situation ist wie

z. B. der VPE, der Verkehrsverbund Pforzheim-Enzkreis, der in einer Sandwichlage zwischen den beiden großen Verbün den KVV und VVS liegt, was wäre denn da die Empfehlung? Denn in dieser Sandwichlage ist der Verbund nach beiden Sei ten orientiert und hat keinen Verbund, mit dem er fusionieren kann. Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage ist: Inwieweit bringt denn die Aufhebung ei ner solchen Sandwichlage vielleicht an den Rändern der bei den großen Verbünde wieder die gleichen Probleme, die man jetzt auch hat?

Zuerst wieder zur letzten Frage: Die Lösung der Verbundbarrieren heißt bw tarif, egal, ob es kleine oder große Verbünde sind; da hilft es in jedem Fall. Diese Verbesserungsmöglichkeit steht erst mal.

Was den Zuschnitt der Verbünde anlangt, bitte ich um Ver ständnis, dass ich hier jetzt keine konkreten Vorschläge ma che. Aber ich will durchaus Ihre Sicht anerkennen, dass es ein fach Fälle gibt, in denen Verbünde tatsächlich irgendwie da zwischen liegen und nicht eindeutig auf den Karlsruher oder den Stuttgarter Verbund ausgerichtet sind. In der Mitte des Landes gibt es viele kleine Verbünde, die weder zur einen noch zur anderen Seite eindeutig ausgerichtet sind. Deswegen gibt es Überlegungen, dass die Verbünde in der Mitte viel leicht auch einen sinnvollen Verbund machen könnten.

Für mich ist entscheidend, dass man, wenn man kooperiert oder fusioniert, relativ genau weiß, wie die wesentlichen Nut zer- und Pendlerströme in dieser Region sind. Ich sage es jetzt abstrakt. Wenn ich den Pforzheimer Verbund Karlsruhe zu schlagen würde, aber weiß, dass, statistisch gesehen, 80 % der Ströme in Richtung Stuttgart gehen, wäre das, glaube ich, die falsche Entscheidung. Daher muss man genau schauen, was sinnvoll und hilfreich ist.

Die Entscheidung wird dann vor Ort getroffen. Wir schreiben das nicht vor. Das muss wirklich von der kommunalen Ebe ne selbst aktiv kommen. Wir beraten nur und können hoffent lich hilfreich zur Seite stehen.

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen dazu. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 1 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 2 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D r. E r i k S c h w e i c k e r t F D P / D V P – V e r b e s s e r u n g d e r V e r k e h r s q u a l i t ä t

d u r c h d e n A u s b a u d e r E n z t a l q u e r u n g

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung:

a) Inwieweit wurden die Unfallzahlen in der Enztalquerung

der Autobahn A 8 während des Planfeststellungsverfahrens einbezogen, insbesondere unter Angabe, inwieweit die stei genden Unfallzahlen, die die Enztalquerung laut den letz ten Unfallatlanten zu einem Unfallschwerpunkt machen, gegebenenfalls zu einer Anpassung der Planungen führten?

b) Inwieweit geht die Landesregierung in Anbetracht der ge

planten Gradiente von 5 %, der kurzen Strecke bis zum Aufstiegs- bzw. Zusatzfahrstreifen am nördlichen Hang des Enztals in Fahrtrichtung Karlsruhe, der Tatsache, dass in Fahrtrichtung Stuttgart ein durchgehender Zusatzfahrstrei fen von der Auffahrt Pforzheim-Ost bis auf den südlichen Enztalhang geplant ist, und des zu erwartenden hohen Ver kehrsaufkommens davon aus, dass ein durchgehender Auf stiegs- bzw. Zusatzfahrstreifen von der Auffahrt PforzheimOst in Fahrtrichtung Karlsruhe dem Verkehrsfluss sowie der Verkehrssicherheit zuträglich wäre?

Vielen Dank. – Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Hermann.