Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

Was bei diesem Doppelhaushalt leider auch ins Auge fällt: Der nachgeordnete Bereich – die Geschäftsstellen in den Gerich ten, die bei der Abarbeitung der Fallzahlen enorm wichtig sind – hat bei diesem Doppelhaushalt das Nachsehen, da er nicht im personellen Gleichklang mit den Strafverfolgungsbehör den, auf den Richterbänken mit aufwächst. Mehr Staatsanwäl te und Richter bedeuten natürlich auch noch mehr Arbeit für die Geschäftsstellen. Wir sollten uns einig sein, dass auch hier dringend nachgesteuert werden muss. Denn ein Urteil, das zwar „im Namen des Volkes“ ausgesprochen wird, aber we gen Arbeitsüberlastung in den Geschäftsstellen nicht zeitnah vollstreckt werden kann, ist wenig geeignet, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu stärken.

Wir wären nicht die Opposition, wenn wir nicht klare Forde rungen an die Verwendung des Personalaufwuchses stellen würden. Das werden wir auch weiterhin tun. Die Landesre gierung muss die Justiz in Baden-Württemberg als einen der zentralen Eckpfeiler unserer freiheitlichen und wehrhaften De mokratie stärken. Wir erwarten ein noch härteres Vorgehen

der Strafverfolgungsbehörden bei Straftaten mit antisemiti scher Motivation sowie die konsequente Ahndung von straf bewehrten Hasskommentaren im Internet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Internet ist kein rechts freier Raum. Das muss im Prinzip auch bei der Strafverfol gung eindrucksvoll dokumentiert bleiben.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen)

Der feige Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle, aber auch zahlreiche Bedrohungen und Angriffe auf ehrenamtliche Ak tive der Zivilgesellschaft, in der Kommunalpolitik, in der Kul turszene, in der Jugendarbeit, zeigen, dass ein wehrhafter Staat deutlichere Signale setzen muss. Es muss klar sein: Ihr seid nicht allein; wir schützen euch und euer Eintreten für unser demokratisches Gemeinwesen mit allen zur Verfügung ste henden Mitteln.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen)

Auch im Bereich der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung besteht Handlungsbedarf. Die Landesregierung musste kürz lich auf unsere Anfrage zugestehen, dass bereits bestehende Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung gemäß der Straf prozessordnung in Baden-Württemberg bislang so gut wie nie mals zur Anwendung gelangen.

Die vom Justizminister selbst in Auftrag gegebene Studie „Pa ralleljustiz“ von März 2019 hat aufgezeigt, dass die Möglich keit einer schnelleren Aburteilung von Tätern im Zuge des be schleunigten Verfahrens gemäß der §§ 417 ff. der Strafpro zessordnung in Baden-Württemberg nur in knapp 0,2 % der Fälle zur Anwendung gelangt – 0,2 % der Fälle! Das ist auch weitaus weniger als im Bundesdurchschnitt.

Der Justizminister hat jetzt angekündigt, zumindest in Frei burg, Mannheim und Stuttgart in Modellversuchen eine kon sequentere Anwendung zu gewährleisten. Als Mannheimer Abgeordneter muss mich dies natürlich freuen, aber als Rechts politiker bin ich schon ziemlich verwundert, dass bundesweit einheitliche Vorschriften der Strafprozessordnung in BadenWürttemberg offenbar nicht flächendeckend, sondern nur in Modellversuchen zur Anwendung gelangen.

Für die SPD ist klar: Wenn die Voraussetzungen vorliegen, müssen Täter beschleunigt abgeurteilt werden – überall in Ba den-Württemberg und nicht nur in den Großstädten.

Zum Schluss möchte ich noch den Blick auf ein Thema len ken, das uns, der SPD, besonders wichtig ist: den Opferschutz. Vor fast genau einem Jahr haben wir im Landtag die Hand lungsempfehlungen des Untersuchungsausschusses „NSU II“ beraten, u. a. mit der gemeinsam vorgetragenen Forderung nach einem Opferbeauftragten in Baden-Württemberg. Auch Sie, Herr Minister Wolf, haben vor mehr als einem Jahr hier an dieser Stelle eine zentrale Anlaufstelle für Opfer von Straf- und Gewalttaten gefordert. Im Haushaltsentwurf der Landes regierung war jedoch nicht ein einziger Cent für eine solche Stelle vorgesehen.

Der Antrag der SPD – mein Kollege Jonas Weber hat es hier im Parlament erwähnt – zu diesem Thema hat dann offenbar

doch noch einmal Dynamik in die Sache gebracht, sodass wir im Finanzausschuss sogar gemeinsam mit den Regierungs fraktionen finanzwirksame Anträge zur Einrichtung einer sol chen Stelle eines Opferbeauftragten auf den Weg bringen konnten.

(Beifall bei der SPD – Abg. Daniel Born SPD: Sehr gut!)

Jetzt sind wir natürlich gespannt auf ein inhaltliches Konzept. Sie haben uns ja eingeladen, daran mitzuwirken. Das werden wir sehr gern tun; Sie werden uns im Ausschuss sicher dazu hören.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben ein Op ferschutzkuratorium und in jedem Präsidium einen Opferschutzbeauftragten!)

Abschließend möchte ich im Namen der gesamten SPD-Frak tion all den Menschen danken, die sich täglich in den Justiz vollzugsanstalten, in den Gerichten und Staatsanwaltschaften, in der Bewährungshilfe oder als Gerichtsvollzieher oder Ge richtsvollzieherin, hauptberuflich oder ehrenamtlich, in unse rem und für unseren Rechtsstaat einsetzen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Ohne dieses weit über das normale Maß hinausgehende En gagement hätte die baden-württembergische Justiz nicht die sen zu Recht exzellenten Ruf. Wir, die SPD, werden jeden falls alles dafür tun, dass es trotz der großen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, dabei bleibt. Deshalb werten Sie unsere Zustimmung zum Einzelplan 05 auch als Dank und Anerken nung für die Justiz in Baden-Württemberg.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Bra vo!)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Sänze.

(Abg. Karl Zimmermann CDU zur SPD: Konstruk tive Opposition!)

Immer! Immer!

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ah, nee, ich habe die anderen gemeint! Sie kommen da plötzlich von rechts daher! – Vereinzelt Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Herr Zimmermann, Sie haben doch Eier! – Gegenruf: Von links! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn ich so rum ste he, kommen Sie von rechts! – Gegenruf der Abg. Ca rola Wolle AfD: Das ist immer eine Frage des Blick winkels!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer wissen will, ob die Landesregierung in ihrer Politik Schwerpunkte setzt und zielorientiert arbeitet, muss sich nur den Aufgabenbereich des Ministeriums ansehen: Justiz, Europa und Tourismus. Si cherheit und Recht gehören zusammen; Justiz ist integral für

den Bereich des Inneren, Tourismus ist ein Bereich der Wirt schaft. Statt einer klaren Schwerpunktsetzung verwaltet die Landesregierung ein Sammelsurium, einen Flickenteppich von „Einzeltätern“.

(Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Das haben Sie aber früh entdeckt!)

Europa haben die Mitglieder der Landesregierung mal so eben zur Justiz dazugegeben. Haben Sie Mut, verlagern Sie die Po litikfelder! Schon hätten wir ein komplettes Ministerium ein gespart.

Entscheidendes Handeln und Sparen war jedoch nicht Ihr Ziel, als Sie den neuen Staatshaushaltsplan aufgestellt haben. Der Staatshaushalt ist nach dem Prinzip „Augen zu und durch, al les mit der Gießkanne, von allem mehr und am besten für al le und jeden“ aufgestellt worden.

Dieses Land schlittert in eine Rezession, und diese Landesre gierung verfeiert die nachlaufenden Steuereinnahmen vergan gener Zeiten zur zusätzlichen Aufblähung des Staatshaushalts. Verehrtes Kabinett, sparen Sie. Sparen ist anscheinend gene rell ein Fremdwort in Ihrem Wortschatz.

(Beifall bei der AfD)

Großzügigkeit leisten sich ja gern die „Family and Friends and Sleaze“ – zu Deutsch Filz. Es ist ja nicht ihr Geld, son dern das der Steuerzahler, das sie freigiebig verprassen. Bei spiel gefällig?

Wir von der AfD haben für die Bürger nachgefragt. Im Rah men der Tourismuskonzeption Baden-Württemberg fördern Sie Luxushotels und geben viel Geld für externe Beraterleis tungen aus – sehr viel Geld, wie unsere Anfrage ergeben hat. dwif-Consulting und Tourismuszukunft haben 168 750 € be kommen, um die Tourismuskonzeption zu erstellen. Für die Aufstellung Ihrer Konzeption hätten durchaus ministeriale Kräfte und Kreisverwaltungen sowie Kommunen befragt wer den können. Eine Projektgruppe aus Landesmitarbeitern hät te all diese Akteure eingebunden und hätte sicherlich ein gleichwertiges, wenn nicht besseres Ergebnis erbracht.

Ein Wort an Sie, geehrte Toskana- und Montalcino-Freunde von der grünen Regierungsbank – der durchschnittliche Ba den-Württemberger leistet sich übrigens nicht ein Fünf-Ster ne-Hotel, weshalb diese Luxuswerbung reichlich fehl am Platz erscheint –: Eine Förderung des Tourismus in Baden-Würt temberg ist zu begrüßen, doch sollte dies weder den Kommu nalen Investitionsfonds noch den kommunalen Finanzaus gleich belasten. Was nottut, sind Infrastrukturmaßnahmen im Land der Funklöcher und der Verkehrsstaus. Außerdem schei nen die Firmen dwif-Consulting und Tourismuszukunft doch reichlich politiklastig zu sein. Auffällig ist: Auf Fotos von Empfängen und Parteiveranstaltungen sind die Herren der Ge schäftsführung immer häufiger zu sehen. Oder gehört dies zu dem neuen Geschäftsmodell und dem Regierungshandeln: Outsourcing?

Dazu fällt mir die neue, transparente Kommissionspräsiden tin ein. Hat ihr Sohn im Sinne einer internen Familienbera tung die Mutter beraten – Fragezeichen, Ausrufezeichen? Ganz so dreist waren Sie dann doch nicht, Herr Minister, aber es geht in die falsche Richtung.

Ähnlich verhalten auch Sie sich, Herr Hofelich, indem Sie Ih re Herkunft nicht verleugnen können – jetzt ist er nicht da, tut mir leid – und einen Antrag über 10 Millionen € eingebracht haben, um die Gaststätten und Gasthöfe zu retten.

Lieber Herr Wolf, bezüglich Ihrer Justizpolitik könnten wir Sie ja fast loben; denn Sie haben die Zahl der Richterstellen in den Verwaltungsgerichten erhöht, um Asylverfahren zu be schleunigen. Allerdings fehlen noch immer 220 Richterstel len, damit die Asylverfahren schneller bearbeitet werden kön nen.

Doch der Kern in der Sache ist ein ganz anderer: Warum gibt es so viele Klageverfahren im Asylbereich? Weil die asylsu chenden Wirtschaftsmigranten von Ihnen, von den ideologisch verbrämten und grünen Vertretern der Zivilgesellschaft, allzu oft aufgefordert werden, bei der Ablehnung sofort zu klagen. Das dauert und kostet. Der Wirtschaftsmigrant muss weiter im Land Baden-Württemberg bleiben und damit vom Steuer zahler alimentiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dadurch ist der Herr Wirtschaftsmigrant seinem Ziel, die er sehnte unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, wieder ein Jahr näher gerückt. Bei einem laufenden Klageverfahren kann derjenige aus humanitären Gründen natürlich nicht ab geschoben werden. In den meisten Fällen wird die Klage ab gelehnt, was natürlich kaum Konsequenzen hat, denn der top ausgebildete Wirtschaftsmigrant wird die nächsten Jahre ge duldet, bis er schlussendlich seinen deutschen Pass erhält, um dem deutschen Steuerzahler weiterhin auf der Tasche zu lie gen.

Wie Sie wissen, ist die Regierung des roten Blocks in Däne mark beim Thema Asyl ganz offen: Einwanderung ja, aber nicht aus islamischen Ländern. Ihre Wähler aus der Arbeiter schaft hatten einfach genug von der Bevorzugung der Wirt schaftsmigranten. In Dänemark gibt es ein breites gesell schaftliches Bekenntnis: keine Einwanderung aus islamischen Ländern. Das ist ein sehr gutes Bekenntnis, wie ich meine.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Würden wir diese Erkenntnis für uns erlangen, hätte es viele Menschen in Deutschland und natürlich auch in Baden-Würt temberg nicht das Leben gekostet.

Die Änderungsanträge der AfD-Fraktion im Bereich der Jus tiz – die Erhöhung der Zahl der Verwaltungsgerichtsstellen um 220 Stellen sowie die Streichung der Aufwandsentschä digung von 100 000 € für islamische Seelsorger – wurden ab gelehnt. Wir fragen uns: Was bezahlen Sie den islamischen Seelsorgern für 100 000 € ? Die Fahrtkosten aus der Türkei und aus Syrien? Oder etwa die Halal-Mahlzeiten? Vermutlich bleibt der Seelsorger auch gleich hier und stellt einen Asylan trag, damit er seine Schäfchen besonders freitags über die Zie le des politischen Islams informieren kann.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, das ist das Ergebnis für Ba den-Württemberg.

Doch der Hauptmotor dieser Politik ist ganz klar Ihre heiß ge liebte Europäische Union. Dies bestätigte in diesen Tagen ein

Parteikollege aus Brüssel, als wir uns anlässlich eines Arbeits treffens dort trafen: „Die ganz großen Schweinereien passie ren hier auf den Fluren.“ Ganz genau. Dem Interesse der Ba den-Württemberger, unser Land zu schützen, kommen sie nicht nach. Die Sicherheit der Baden-Württemberger ist ih nen anscheinend völlig egal.

Dies kommt besonders dann in einer schizophrenen, zyni schen Weise zum Tragen, wenn ihr Parteikollege, Herr Wolf, hier in Baden-Württemberg Härte beim Durchgreifen gegen straffällig gewordene Flüchtlinge herausposaunt und die Ver treter derselben Partei in Brüssel und Straßburg wieder für Projekte wie das Solidaritätskorps, Erasmus+ und Kreatives Europa stimmen, in denen Milliardenbeträge für die Betreu ung von Wirtschaftsmigranten beschlossen werden. Was für eine Zielsetzung ist das?