Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Wenn für Sie Netzwerken und Interessenvertretung in Brüs sel Schweinereien sind, dann liegen Sie vollkommen falsch.

Wir brauchen im kommenden Jahr natürlich eine noch stär kere Vertretung, weil dann Deutschland die europäische Prä sidentschaft hat.

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zur Frankreich-Konzep tion sagen, weil die Frankreich-Konzeption ein wichtiger Teil unserer Europapolitik in Baden-Württemberg ist. Wir wollen diese Frankreich-Konzeption auch in Zukunft leben, wie wir es in der Vergangenheit schon getan haben. Auf der Grundla ge des Aachener Vertrags wollen wir, dass die grenzüber schreitende Bildung vorankommt, dass die Städtepartner schaften noch verstärkt werden, dass Umwelt- und Wissen schaftsprojekte vorangetrieben werden. Wir stellen in diesem Haushalt weitere 5,6 Millionen € hierfür zur Verfügung.

Der Kollege Pix hat schon sehr viel über die Tourismuskon zeption gesagt. Ich will einfach noch ein paar Zahlen einbrin gen, weil sie mir wichtig sind. Ich will sie Ihnen ins Gedächt nis mitgeben, weil Sie natürlich auch draußen für unseren Tou rismus werben können. 55 Millionen Übernachtungen gibt es in Baden-Württemberg, und der Umsatz beträgt im Augen blick – ich weiß nicht, ob Kollege Pix es schon gesagt hat – 25 Milliarden €. Das ist natürlich ein bedeutender Wirtschafts faktor sowohl von der Umsatzzahl her als auch von der Job zahl her. Wenn vorhin die Rede davon war, der Tourismus sei nicht wichtig für Europa, für Deutschland und für BadenWürttemberg, kann ich nur eines sagen: Ohne diesen Touris mus würden wir sehr viel schlechter dastehen.

Wenn man die Beschäftigungszahlen von Automobilindustrie und Tourismus miteinander vergleicht, muss man sagen: Im Tourismus wird im Augenblick sehr viel mehr Beschäftigung geschaffen als in anderen Bereichen. Wir müssen also darauf achten, dass uns diese Branche erhalten bleibt, weil sie natür lich auch standortnah ist. Ein Hotel wird nicht vom Schwarz wald irgendwohin in die Alpen ziehen, sondern wird dort blei ben, wo es ist, und dort werden Arbeitsplätze geschaffen.

Für die Umsetzung der Tourismuskonzeption stehen im Dop pelhaushalt insgesamt 9 Millionen € zur Verfügung. Wir ha ben damit eine gute Zukunftsperspektive für den Tourismus in Baden-Württemberg geschaffen. Ich freue mich, dass wir uns hier im Haus, was den Tourismus anbetrifft, sehr einig wa ren, und ich erwarte eine gute Ausgestaltung dessen, was wir beschlossen haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und den Grünen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Wölfle.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Gute Europapolitik bedeutet für unser Bun desland vor allem gute Nachbarschaft mit Frankreich. Minis terpräsident Kretschmann hat daher gleich zu Beginn seiner Amtszeit das Thema Europa zur Staatsräson erhoben. Den noch ist Baden-Württemberg bei der Umsetzung grenzüber schreitender Projekte nicht wirklich vorangekommen. Ich möchte da ein paar Beispiele nennen.

Das sind zum einen die Entsenderichtlinie und die Hemmnis se für baden-württembergische Unternehmen, insbesondere

das Handwerk und das Dienstleistungsgewerbe. Eine IHKUmfrage – Freiburg, Südlicher Oberrhein – hat gezeigt, wie sehr die grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch eine enorme Bürokratie erschwert wird. Es gibt viele Unterneh men, die sich aus diesem Geschäftsbereich zurückziehen, weil sie sagen: Es hat einfach keinen Sinn mehr. Hier erwarten wir von der Landesregierung deutlich mehr Engagement.

(Beifall bei der SPD)

Bei den grenzüberschreitenden Beziehungen geht es aber nicht nur um Handel, Wirtschaft und Verkehr, sondern vor allem auch um den Austausch zwischen den Menschen diesseits und jenseits des Rheins. Hierzu bedarf es entsprechender Sprach kenntnisse. Dass der Französischunterricht auf deutscher Sei te in Baden-Württemberg jetzt erst ab Klasse 3 beginnt, ist da kontraproduktiv. Die Landesregierung – insbesondere das Kultusministerium – sendet hier ein völlig falsches Signal. So kommt am größten Freiburger Gymnasium inzwischen nicht einmal mehr der Leistungskurs Französisch zustande. Was jahrelang mühevoll aufgebaut wurde, ist jetzt in Gefahr.

Aber gerade im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Ar beitsmarkt ist die Sprache des Nachbarn extrem wichtig, und es scheint, dass die Landesregierung hier nicht wirklich eine aktive Rolle einnimmt.

Es gäbe noch weitere Beispiele, die beweisen, dass die Frank reich-Konzeption bis dahin lediglich ein Papiertiger ist und faktisch nicht funktioniert.

Zur Frankreich-Konzeption sagte Frau Staatsrätin Erler kurz vor der Unterzeichnung des Aachener Vertrags – ich zitiere aus den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 4. Januar dieses Jah res –:

Wir machen nicht einfach geradlinig weiter, das wird viel mehr ein qualitativer Sprung.

Heute muss man feststellen: Der angekündigte Quantensprung ist bisher nur ein kleiner Hüpfer.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Denn im Mai dieses Jahres musste die Frankreich-Konzepti on im Kabinett zurückgezogen werden, weil sich die einzel nen Ministerien nicht über die ressortübergreifende Finanzie rung der geplanten Projekte einigen konnten. Auch heute ist die Konzeption im Haushaltsentwurf nur zur Hälfte finanziert, u. a. mit Fraktionsmitteln von Grünen und CDU. Hier rächt sich einmal mehr, dass zwei Ministerien für das Thema Euro pa zuständig sind. Doppelt genäht hält in diesem Fall nicht besser; im Gegenteil. Gesplittete Zuständigkeiten und Kom petenzgerangel ergeben nun mal keine Europapolitik aus ei nem Guss.

(Beifall bei der SPD)

Auch deshalb ist der Anspruch des Ministerpräsidenten, Eu ropapolitik sei hierzulande Staatsräson, ein reines Lippenbe kenntnis.

Ein paar Worte zum Tourismus. Die neue Tourismuskonzep tion des Landes zeigt u. a. auf, wie enorm wichtig eine gut funktionierende Infrastruktur mit Hotels und Gaststätten ist. Aber was nützen attraktive Wander- und Radwegekonzeptio

nen und andere tolle Konzepte, wenn die Gäste nirgendwo mehr übernachten oder einkehren können? Wir haben deshalb in den Haushaltsberatungen einen Antrag für ein Sonderpro gramm vorgelegt, das gezielt die Modernisierung und den Er halt von Gaststätten im ländlichen Raum unterstützen soll. Natürlich wurde der Antrag abgelehnt, u. a. mit der Begrün dung, dass es im Förderkatalog des ELR für das Jahr 2020 jetzt eine Sonderlinie „Dorfgastronomie“ geben soll; diese wird auch entsprechend beworben.

Ministerin und CDU-Spitzenkandidatin Eisenmann kündigte bei der DEHOGA-Delegiertenversammlung an, dass für die Rettung der Gasthäuser im ELR zweimal 10 Millionen € be reitgestellt werden. Was sie aber nicht sagt, ist erstens, Gast häuser konnten schon bisher über das ELR gefördert werden, und zweitens, die Aufstockung um 20 Millionen € heißt nicht, dass das Geld auch bei den Gaststätten ankommt. Denn der Zuschuss ist auch von anderen Mitspielern, z. B. der Kommu ne, abhängig. Wird der Antrag der Kommune abgelehnt oder passt er nicht in die LEADER-Konzeption, dann gibt es eben auch kein Geld. Tatsächlich haben wir hier nur eine pauscha le Aufstockung des ELR-Programms und eben kein zielge richtetes Programm gegen das Gasthaussterben.

(Beifall bei der SPD)

Das zusätzliche Geld fließt voll in den ELR-Topf, dessen Bud get im Jahr 2020 allein schon zu 40 % an den Förderschwer punkt Wohnen gebunden ist. Die Enttäuschung der Antrag steller ist damit vorprogrammiert.

Wir wollen etwas Ähnliches haben wie die Bayern. Die Bay ern haben ein klares Programm mit über 30 Millionen € ge macht, das in kürzester Zeit ausgeschöpft war. Ich denke, dass unser Änderungsantrag ein ganz zielgerichtetes Angebot ge gen das Gasthaussterben darstellt. Deswegen bitten wir Sie, diesen Antrag zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Sänze.

Frau Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt gehört, die CDU will Trendsetter sein, Herr Kößler.

(Abg. Joachim Kößler CDU: Europa will Trendset ter sein!)

Wir wollen auch Trendsetter sein, aber für Bürgerrechte, für Subsidiarität, für Freiheit und für eigene Entscheidung. Da sind wir Trendsetter.

(Beifall bei der AfD)

Wir wollen Trendsetter sein für die Standortansiedlungen, und wir begeben uns nicht in die Obhut eines Herrn Macron, der noch nicht mal seine Gesetze in seinem eigenen Land durch setzen kann, und werden keinesfalls – keinesfalls! – unter die ser Führung in die Verteidigungsunion hineingehen. Niemals und nimmer!

(Beifall bei der AfD)

Wir stehen da mit einer Überzeugung, die die Bürger des Lan des Baden-Württemberg wieder in die Möglichkeit versetzt, dass sie auch 4 Milliarden € abweisen können, die wir ausge ben, ohne dass wir ein wirkliches Ziel setzen außer Bevor mundung.

(Beifall bei der AfD)

Wir haben die Befürchtung, dass demnächst 7 Milliarden € auf uns zukommen. Wie wollen Sie das in so einer rezessiven Phase den Bürgern in Baden-Württemberg verkaufen, wenn bei Mahle und Marquardt Kurzarbeit eingeführt wird?

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Die werden Sie schier aus Ihrem Parlament hinaustreiben; nichts anderes wird geschehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Abg. Bernd Gögel AfD: Sehr gut!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schweickert.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wenn die AfD in Europa Trend setter werden will, schwant mir Böses für Baden-Württem berg, insbesondere da dieses Land so exportorientiert aufge stellt ist.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Minister, Sie haben in diesem Einzelplan, der die Berei che Europa und Justiz enthält, die komplette Europapolitik, die wir in einem eigenen Ausschuss „Europa und Internatio nales“ parlamentarisch begleiten; er umfasst aber auch den Bereich Tourismus.