Ich freue mich, dass hier Maßnahmen und Projekte aus dem Forum heraus mit Haushaltsmitteln in Höhe von über 50 Mil lionen € gefördert werden können. Ich glaube, hier ist auch unser Bundesland Baden-Württemberg Vorreiter im Bereich Innovation, Gesundheit, medizinische Versorgung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir setzen zudem unsere Aktivitäten zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung in der Fläche fort. Das Landärzteprogramm, das Stipendien programm zur Gewinnung von Medizinstudierenden für die unterversorgten ländlichen Räume wird weiterentwickelt. Und wir, die CDU-Landtagsfraktion, stehen auch für die Landarzt quote.
Darüber hinaus kümmern wir uns im Land auch um die pfle gerische Versorgung. Die Quartiersentwicklung hat Kollege Poreski bereits angesprochen, ebenso das mit ca. 15 Millio nen € ausgestattete Förderprogramm, um auch bedarfsgerecht gestalteten Wohnraum weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus liegt uns die erfolgreiche Umsetzung der Pfle geberufereform ganz besonders am Herzen. Hier sind auch viele Elemente aus der Enquetekommission „Pflege“ der letz ten Legislaturperiode beinhaltet. Ich bin dankbar, dass das So zialministerium diese Punkte weiterentwickelt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich könnte die Pflegeinfrastruktur im Land ohne Weiteres noch eine weitere Landesförderung verkraften. Wer es aber damit ernst meint, der muss auch seriöse Vorschläge dazu machen, woher das notwendige Geld kommen soll.
Eine verantwortungsvoll gestaltete Haushaltspolitik muss al le Generationen und alle gesellschaftlichen Gruppen in unse rem Land in den Blick nehmen. Deshalb möchte ich an die ser Stelle auch unserem ehemaligen Kollegen Thaddäus Kunz mann, dem Demografiebeauftragten des Landes Baden-Würt temberg, einen herzlichen Dank aussprechen.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Kenner SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)
Er hat in den letzten Jahren einige Impulse im Bereich der de mografischen Entwicklung für unser Land erarbeitet. Den da raus resultierenden Erkenntnissen folgend halte ich es für rich tig, dass wir auch das Thema „Freiwilliges Soziales Jahr“ noch einmal in den Blick genommen haben. Es ist kein Geheimnis, dass zahlreiche Abgeordnete auch aus meiner Fraktion – ich selbst auch – entschiedene Befürworter dessen sind, das ge sellschaftliche Jahr in Deutschland einzuführen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Daniel Rottmann AfD und Stefan Herre [fraktions los])
Das Leben ist einfach mehr, als sich in Euro und Cent bemes sen lässt. Aus diesem Grund glaube ich, dass wir auch aus un serem Land heraus das Thema „Gesellschaftliches Jahr in Deutschland“ mit unterstützen sollten.
Mindestens ebenso wichtig ist mir die Zusage aus dem Koa litionsvertrag, dass das Thema „Kinder- und Jugendarbeit“ weiter gestärkt wird. Zudem war es uns wichtig, die Arbeit des Landesfamilienrats, des Landesfrauenrats und des Lan desseniorenrats zu stärken. Sie sind in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Fliehkräfte allesamt wichtige Ansprechpart ner für uns.
Wenn wir über gesellschaftspolitische Aufgaben reden, dür fen wir natürlich auch die Integration nicht unerwähnt lassen. Wir stehen zum Pakt für Integration. Jeweils 70 Millionen € sind in den Jahren 2020 und 2021 veranschlagt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, schließlich möchte ich noch ein paar Worte zur Umsetzung des Bundesteilhabe gesetzes im Land sagen. Der damit verbundene Paradigmen wechsel und die Implementierung des neuen Leistungsrechts stellen gewaltige Herausforderungen dar. Uns, der CDU-Land tagsfraktion, war in diesem Zusammenhang immer wichtig, dass das Land einerseits seine Konnexitätsverpflichtung um fänglich erfüllt und dass andererseits auch der Umstellungs aufwand bei den Kostenträgern und den Leistungserbringern angemessen berücksichtigt wird.
Die konkreten Kostensteigerungen werden nachlaufend er mittelt und auch entsprechend ausgeglichen. Wir gehen davon aus, dass damit finanzseitig alle Voraussetzungen für einen zeitnahen Abschluss des notwendigen Landesrahmenvertrags geschaffen werden. Wir appellieren an die Vertragsparteien,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gäbe sicherlich noch viel Gutes über den Haushalt des Sozialministers zu sa gen. Dazu bleibt mir mit Blick auf die Uhr aber keine Zeit mehr.
Für die CDU-Landtagsfraktion gibt es einen Grundsatz in der Sozialpolitik: Wir wollen fördern und fordern, und wir wol len Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da braucht der Mi nister nachher gar nichts mehr zu sagen! – Vereinzelt Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Thomas Poreski GRÜ NE: Der Kommissar hat gesprochen! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Im Prinzip ein guter Vor schlag!)
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der Bereich „Sozial- und Integrationspo litik“ ist ein sehr breit aufgestelltes Feld mit sehr vielen un terschiedlichen Bedarfen und natürlich auch Gruppierungen. Er spiegelt die Bandbreite unserer Gesellschaft vollumfäng lich wider. Diese Breite verführt aber auch dazu, es allen recht machen zu wollen und im letzten Doppelhaushalt vor der Landtagswahl im Jahr 2021 das Füllhorn auszuschütten.
Herr Minister Lucha, unserer Auffassung nach hat Ihr Entwurf keinerlei sozialpolitische Schwerpunkte. Es ist ein reines Scheck überreichungsprogramm.
Besonders auffällig ist dies im Bereich der Pflege. Der uns hier vorgelegte Entwurf zeigt in keiner Weise auf, dass Ihnen, Herr Minister, klar ist, was in unserem Land im Bereich der Pflege tatsächlich los ist. Ihre aktuelle Antwort auf die Große Anfrage meiner Fraktion zur Pflegeplanung, die jetzt einge gangen ist, und der Vergleich mit der Realität zeigen die ge samte Misere auf.
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind verzweifelt auf der Suche nach Pflegeplätzen. Sie haben keinen Plan, wie Sie damit umgehen wollen. Auch die Krankenhaussozialdienste, die Pflegestützpunkte bestätigen dies. Ich habe mit vielen ge sprochen. Patienten, die z. B. nach einer plötzlichen Erkran kung, nach einem Oberschenkelhalsbruch, nach einem Kran kenhausaufenthalt einen Kurzzeitpflegeplatz brauchen, finden keinen. Zum Teil wird auf Plätze in Bayern, Hessen oder auch Rheinland-Pfalz ausgewichen.
Dabei ist die Kurzzeitpflege immens wichtig, damit ältere Menschen wieder in die Lage versetzt werden, weiterhin selbst ständig und selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben zu können.
Ein ähnliches Problem haben wir in der Tagespflege. Auch dort findet man kaum noch freie Plätze. Dabei ist auch der fi nanzielle Aspekt wichtig; denn der Eigenanteil in der statio nären Pflege beträgt mindestens 1 500 € im Monat. Solange der ältere Mensch in seiner eigenen Umgebung leben kann, spart er diesen Betrag jeden Monat. Deswegen ist es für die se Menschen auch aus finanziellen Gründen wichtig, dass sie so lange wie möglich zu Hause bleiben können.
Denn wir müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass von den 400 000 Pflegebedürftigen 300 000 zu Hause leben; 100 000 sind in der stationären Pflege. Der weitaus größte Teil lebt nun mal weiterhin zu Hause. Unter diesen 100 000, die in der sta tionären Pflege sind, gibt es aber auch Menschen, die gern noch zu Hause geblieben wären; da sie aber die Versorgungs strukturen nicht vorfinden, gehen sie dann doch in eine Ein richtung.
Dies ist ein Problem, das wir jedoch in Ihrem Haushaltsent wurf nicht als Schwerpunkt erkennen können. Das Land kommt hier seinem gesetzlichen Auftrag, eine leistungsfähige pflege rische Infrastruktur – zahlenmäßig und wirtschaftlich – zu schaffen, nicht nach.
Warum kommt das Land diesem Auftrag nicht nach? Könnte es vielleicht daran liegen, dass man seit dem Jahr 2015 keine verlässlichen Zahlen zum tatsächlichen Bedarf mehr vorlie gen hat? Ich denke, das könnte so sein. Erst im Mai dieses Jahres hat Minister Lucha im SWR von einem nominalen Überschuss bei stationären Pflegeplätzen gesprochen. Entspre chend fiel die empörte Reaktion der Liga aus; denn der Mi nister musste dann lernen, dass freie Heimplätze nicht tatsäch lich frei sind, sondern oft aufgrund von Personalmangel nicht belegt werden können.
Sie wissen: Ich weiß, wovon ich spreche; ich kenne das aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit. Wenn wir eine Einrichtung mit drei Stationen aufmachen und dann nur eine belegt wer den kann, weil wir für die anderen zwar die Nachfrage haben, aber kein Personal, dann sind das in diesem Sinn keine freien Heimplätze.
Aber auch bei der Tagespflege passiert nichts. Erst vor weni gen Wochen berichtete mir ein alleinerziehender Vater von zwei Kindern, dass er seine an Demenz erkrankte Mutter zu sich nehmen musste und verzweifelt ist, weil er nicht weiß, was er den ganzen Tag mit seiner Mutter machen soll. Zwar kommt der Pflegedienst und versorgt die ältere Dame mor gens und abends, aber tagsüber ist sie allein. Er sucht seit Wo chen nach einer Tagespflege und findet keine. Das ist die Re alität, Herr Minister.
Ja, ich weiß, Sie werden jetzt gleich auf das Programm zur Quartiersentwicklung verweisen, auf das Sie ja so stolz sind.
Soll ich vielleicht diesem Vater von zwei Kindern, der arbei ten gehen muss, sagen, dass er seine Mutter – – Ich nehme mal ein Beispiel aus dem Programm zur Quartiersentwick lung; das ist der barrierefreie Zugang zum Klostergarten Al pirsbach. Soll ich diesem Mann sagen: „Ich habe zwar keine Tagespflege, aber es gibt den Klostergarten in Alpirsbach, da können Sie Ihre Mutter auf eine Bank setzen“? Sorry, ich über spitze das jetzt. Aber Ihr Programm hat keine Antworten für diesen Bedarf.
Ich will auch klar sagen: Wir haben nichts gegen das Pro gramm zur Quartiersentwicklung insgesamt. Das ist ein guter Ansatz; das kann man machen. Aber die Pflegeinfrastruktur muss an einer anderen Stelle geregelt werden. Deswegen leh nen wir auch den Aufwuchs von weiteren 2 Millionen € für die Quartiersentwicklung ab. Denn dieses Geld wäre deutlich besser in die ambulante Struktur investiert; zumindest wäre das ein Einstieg.
Wir werden dazu nochmals einen Antrag einbringen; wir ha ben das ja im Finanzausschuss schon probiert. Wir fordern heute noch einmal 25 Millionen € pro Haushaltsjahr für den Ausbau der Kurzzeit- und Tagespflege. Dieses Geld würde in den dringend erforderlichen Ausbau der Pflegeinfrastruktur fließen, und damit würde das Land auch seinem gesetzlichen Auftrag gerecht.
Ich bin zu unseren weiteren Anträgen, deren Volumen in der Summe bei ca. 100 Millionen € liegt, im Finanzausschuss ge fragt worden, wie wir denn auf diese Summe kommen. Gera de kam von Herrn Teufel auch eine solche Frage. Nehmen Sie einmal die 50 Millionen € aus der jährlichen Pflegeförderung, die im Jahr 2009 unter Schwarz-Gelb gestrichen worden sind, und addieren Sie hierzu die Kostensteigerungen und berück sichtigen auch den Zuwachs bei der Zahl pflegebedürftiger Menschen, dann kommen Sie locker auf diesen Betrag.
Im Gegensatz zu Ihnen haben wir auch eine Strategie, wie die se Mittel eingesetzt werden sollen. Lesen Sie einmal unsere Antragsbegründungen oder, noch besser, die Beschlüsse un serer Fraktion, oder lesen Sie den wegweisenden Beschluss, den wir auf unserem Landesparteitag getroffen haben.
Ich komme zum nächsten Punkt, zu den Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen und der Umsetzung des Bun desteilhabegesetzes. Was für ein erbärmliches Theater! Bis vorgestern Abend waren Sie, Herr Minister Lucha, und auch Sie, Frau Finanzministerin Sitzmann, nicht in der Lage, eine Einigung mit der kommunalen Seite zur Umsetzung des Bun desteilhabegesetzes hinzubekommen.
(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP – Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Thomas Poreski: Die Ver zweiflung ist Ihnen ins Gesicht geschrieben! – Ge genruf des Abg. Reinhold Gall SPD)
Na ja, die Einigung kam aber nicht deshalb, weil diese Sei te hier verhandelt hat, sondern weil der Druck der anderen Seite so groß war.