Mit anderen Worten: unwahrscheinlich, aber auch nicht aus zuschließen. Ansonsten konnten wir im Antwortschreiben des Ministeriums auch nur die üblichen Plattitüden lesen.
Auch erst auf Nachfrage beim Sozialministerium erfuhr ich von einer Telefonhotline beim Landesgesundheitsamt für al le Fragen besorgter Bürger zum Coronavirus.
Die Existenz dieser Hotline ist leider nicht in der Bevölkerung angekommen. Für alle Bürger an dieser Stelle zur Informati on: Besetzt ist diese Hotline von 9 bis 16 Uhr unter der Num mer 0711 90439555 – unwahrscheinlich einprägsam und leicht zu merken. Gratulation!
Vor dem Hintergrund, dass noch nicht absehbar ist, wie ge fährlich das Virus insgesamt und für die hiesige Bevölkerung tatsächlich ist oder sein kann, frage ich mich schon, aufgrund welcher Erkenntnisse die Landesregierung zu dem Schluss kommt, dass sie alles im Griff hat. Es sind nicht Panikmacher, die die Bevölkerung verunsichern, sondern die üblichen Ver harmlosungen der Regierung wie z. B. der Vergleich mit ei ner Grippe und die Unfähigkeit, echte Fakten zu benennen.
Vermutlich gibt es diese konkreten Erkenntnisse zur tatsäch lichen Virulenz des Coronavirus noch gar nicht. Dann sollte man das der Bevölkerung aber auch unmissverständlich und ehrlich sagen
Die von China ergriffenen drastischen Maßnahmen lassen je denfalls vermuten, dass das Virus doch sehr ernst zu nehmen ist. Angesichts von bislang 490 Toten, über 24 000 Infizierten und einer Ausbreitung in mindestens 24 Ländern außerhalb Chinas ist die derzeitige Strategie einer Relativierung des Co ronavirus unserer Meinung nach fehl am Platz. Viel eher wä re dies jetzt genau der Zeitpunkt, um noch einmal über die vielen Krankenhausschließungen in Deutschland nachzuden ken.
Gesundheitsvorsorge ist Daseinsvorsorge. Die Gesundheit ist das wertvollste Gut eines jeden Menschen.
Fakt ist, dass Teile der Bevölkerung stark verunsichert und sehr besorgt sind. Wenn Vergleiche wie beispielsweise der mit der Grippe angestellt werden, dann könnte man auch sagen, die Zahl von Verkehrstoten liege weitaus höher als die Ge samtzahl der am Coronavirus Verstorbenen. Doch damit wür den Sie die Sorgen weder kleiner machen, noch würden Sie den Eindruck vermitteln, dass Sie die Sorgen aus der Bevöl kerung überhaupt ernst nehmen. So etwas ist sicher nicht der richtige Weg, mit dieser Situation umzugehen.
Meldungen über Einreiseverbote für chinesische Bürger in an dere Staaten oder auch die Weigerung, Chinesen auf ein Kreuzfahrtschiff aufzunehmen, verunsichern die Bevölkerung weiter. Auch die Meldung, dass die Weltgesundheitsorganisa tion aufgrund der rasanten Ausbreitung des Coronavirus den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen hat, lässt doch eher auf eine ernste gesundheitliche Bedrohung schlie ßen.
Wir erwarten daher ein Regierungshandeln, das auf Fakten und auf konkreten Erkenntnissen beruht. Laut chinesischen Fachleuten wird der Höhepunkt dieser Pandemie in ca. zwei Wochen erwartet, andere Mediziner sehen den Höhepunkt der Krise erst für Mitte April voraus. Fakt ist jedoch, dass sich das Virus extrem schnell verbreitet; täglich infizieren sich Men schen neu, täglich sterben Menschen daran. In Bayern sind bereits zehn Personen am Coronavirus erkrankt, unser Nach barland Frankreich meldet fünf Infizierte.
Vielleicht ist das Virus tatsächlich harmloser, als es im ersten Moment aussieht. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht,
(Beifall des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los] – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wir wissen es nicht, genau!)
Wir zweifeln auch nicht an den in unserem Land vorhande nen medizinischen Fähigkeiten, eine solche Erkrankung ein zudämmen. Sehr wohl aber zweifeln wir daran, dass diese Re gierung die notwendigen Maßnahmen dann auch ausreichend flankiert.
Besser wäre eine ehrliche, umfassende und offene Informati onspolitik, die alle Bürger in Baden-Württemberg auch tat sächlich erreicht.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Experten sagen, das Coronavirus sei mit der schweren Atemwegserkrankung SARS zu vergleichen, die uns vor 17 Jahren ebenfalls welt weit in Atem gehalten hat; damals gab es über 800 Tote.
Die Weltgesundheitsorganisation hat am 30. Januar den inter nationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen. Der internatio nale Gesundheitsnotstand ist eine Eskalationsstufe bei Aus brüchen gefährlicher Krankheiten, die robustere Anstrengun gen der Weltgemeinschaft zur Beendigung der Krise auslösen soll.
Vielleicht haben auch Sie gestern das „heute journal“ gese hen; dort wurden aktuelle Bilder aus China gezeigt. Es wur de aber auch angeführt, dass die aktuellen Grippezahlen in diesem Winter bei 20 000 liegen und dass es bisher 42 Tote gab. Die Experten schätzen nach den jetzigen Erkenntnissen, dass die Bedrohungslage bei uns im Augenblick nicht als gra vierend einzuschätzen ist – so zumindest das Robert Koch-In stitut, das das Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland derzeit als gering einschätzt. Man hat auch La borkapazitäten ausgebaut.
Das Stichwort „robustere Anstrengungen“ ist durchaus An lass zu einer Debatte. Man muss das im Moment aber wirk lich vorsichtig bewerten, weil wir die Leistungsfähigkeit in einer solchen Situation tatsächlich erst dann bewerten kön nen, wenn sich Ereignisse ergeben, wie sie im Moment etwa China erlebt. Diese robusteren Anstrengungen lassen es schon lohnend erscheinen, noch einmal einen Blick auf die Situati on hier in Baden-Württemberg zu werfen. Ich bin auch ge spannt, was unser Sozialminister zu der Frage sagt, wie wir gerüstet sind, wenn so etwas kommt.
Ich nehme an, auch Sie haben die Pressemitteilung des Bun desverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Ge sundheitsdienstes gelesen, der zu genau dieser Situation Stel lung bezogen hat. Mich würde interessieren, wie Sie das ein schätzen. Wie bewertet die Baden-Württembergische Kran kenhausgesellschaft die Situation, wenn denn wirklich einmal eine Pandemie kommt? In der zweiten Runde würde ich dar auf dann gern eingehen.
Bevor ich den Herrn Minister ans Redepult rufe, weise ich noch darauf hin, dass wir die Mittagspause wie geplant ein halten, damit die gemeinsame Sondersitzung des Finanzaus schusses und des Wissenschaftsausschusses stattfinden kann.
Ja, nach diesem Tagesordnungspunkt. Tagesordnungs punkt 3 folgt am Nachmittag, nach der Regierungsbefragung.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Die Spezialisten für Angst, Panik und Paranoia befinden sich heute im Appeasement-Modus. Das ist schon bemerkenswert und steht völlig im Kontrast zu dem seltsam panischen Geba ren Chinas bei einem neuartigen Virus, das sowohl in Bezug auf die Sterblichkeit als auch auf das Ansteckungsrisiko weit unterhalb der üblichen Influenza mit jährlich 20 000 Toten in Deutschland rangiert, das aber in Sachen Inkubationszeit mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet.
Ich beziehe mich hier auf einen von mir sehr geschätzten jü dischen internistischen Kollegen aus Frankfurt, der mir doch sehr viele nachdenkenswerte Sätze übermittelt hat. 14 Tage Inkubationszeit sind daher auffällig, weil unser Immunsystem nach Erstkontakt mit einem Eindringling nur ca. acht Tage braucht, um alle seine Waffengattungen vollumfänglich und gezielt einsetzen zu können. Was passiert in den sechs Tagen, die das Coronavirus mehr hat, um sich in Position zu bringen? Wahrscheinlich oder vielleicht gar nichts.
Aber vielleicht verhält sich das Coronavirus ähnlich wie das Windpockenvirus mit einer Inkubationszeit zwischen 14 und 17 Tagen und versteckt sich vor dem Immunsystem in Ner venbahnen, um dann Jahrzehnte später eine Gürtelrose aus zulösen? Das ist dasselbe Virus – nicht das gleiche.
Schlimmer: Was ist, wenn sich dieses Virus verhält wie der Verursacher der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder von BSE, mit irreversibel fortschreitenden neurologischen und kogniti ven Ausfällen – die wir hier im grünen und roten Spektrum ja tagtäglich erleben können – als Spätfolge von BSE?
(Abg. Martin Hahn GRÜNE: Hallo! So geht es ja nicht! – Abg. Martina Braun GRÜNE: Jetzt reicht es aber! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Ich glaube auch: Das ist schon wieder grenzwertig, Herr Abg. Dr. Fiechtner. – Aber das muss anscheinend sein.