Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, halte ich es für falsch, wenn wir an den Anfang der Debatte eine Über schrift stellen, die lautet: „Die batterieelektrische Mobilität ist ein Irrweg“. Wenn wir die ideologische Festlegung auf eine Antriebsart und Technik kritisieren, können wir doch nicht ideologisch motiviert einen Feldzug gegen eine von mehre ren möglichen Antriebsarten führen.
Deswegen steht das Stichwort Technologieoffenheit, das auch von Ihnen, Herr Kollege Rülke, häufig gebraucht wird, im krassen diametralen Gegensatz zu einem Ausschluss der bat teriebetriebenen Mobilität. Das hat Ihnen übrigens Ihre eige ne Parteibasis beim Parteitag Anfang des Jahres mitgeteilt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und wie ging die Abstimmung aus? Wie ging die Abstimmung aus, Herr Kollege Stoch? – Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)
Es war ein Antrag vorgelegt worden, dass die batteriebetrie bene Mobilität ausgeschlossen werden soll. Dem wurde nicht gefolgt. Da steht offensichtlich dann die Führung der FDP quer in der Garage, und für mich riecht es auch ein Stück weit schon nach heraufziehendem Wahlkampf. Dieses Thema ist aber zu ernst,
Nehmen wir Daimler. Dort nimmt man Milliarden in die Hand, um die Modellpalette neu auszurichten, bringt eine gan
ze Reihe vollelektrischer Modelle auf den Markt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer entwickeln gemeinsam die Standorte wei ter. Für die E-Mobilität baut man dort um, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Baden-Württemberg zu halten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir behaup ten, dass die Politik, dass in diesem Fall die FDP/DVP-Frak tion besser weiß als die Wirtschaft in Baden-Württemberg, was richtig und wichtig ist für die Arbeitsplätze in BadenWürttemberg?
Aber es spielt natürlich auch in diese Debatte eine Metade batte hinein. Sie haben das vorhin gemerkt, als die Sprecher der beiden Regierungsfraktionen geredet haben. Auf der ei nen Seite wird vonseiten der Grünen die Technologieoffenheit auch im Munde geführt – eine starke Hervorhebung der bat teriebetriebenen Mobilität –, gleichzeitig steht aber immer der Verdacht im Raum, dass man eigentlich das Auto, den Indivi dualverkehr gar nicht haben möchte.
Da kommen dann Sätze wie: „Mir sind Arbeitsplätze in Ba den-Württemberg gar nicht so wichtig“; da kommt dann der Ausdruck „dreckiger Diesel“ – alles eine von starken ideolo gischen Motiven getriebene Sichtweise auf Verkehr und Mo bilität. Das ist die Metadebatte, über die wir heute auch reden.
Auf der anderen Seite gibt es aufseiten der CDU doch immer wieder – Herr Mack, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das an diesen Stellen, wo es notwendig war, auch korrigiert haben – den Verdacht, man hänge doch daran fest, dass man sagt: So, wie wir bisher jahrzehntelang erfolgreich waren, werden wir auch zukünftig erfolgreich sein.
Die Verteufelung der individuellen Mobilität trifft nicht die Lebenswirklichkeit der Menschen in Baden-Württemberg, vor allem aber spielt auch die Überhöhung des Verbrennungsmo tors für Baden-Württemberg eine verhängnisvolle wirtschafts politische Rolle, wenn wir Baden-Württemberg erfolgreich in die Zukunft führen wollen.
Das ist die Tragik, weil in diesem zentralen Politikfeld die bei den Regierungspartner offensichtlich unterschiedlicher Mei nung sind. Deswegen kommen wir an dieser Stelle auch nicht weiter, und deswegen ist an dieser Stelle Politik zum Nichts tun verurteilt, weil sich diese Landesregierung in dieser zen tralen Frage nicht einig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir, die Politik, die politischen Entscheider müssen das tun, was wir tun müssen, um Baden-Württemberg erfolgreich zu halten, das heißt, ge meinsam mit Wirtschaft und Industrie dafür zu sorgen, dass die technologischen Lösungen ohne Scheuklappen – Herr Kol lege Mack, ich nehme Ihr Wort auf; es ist richtig – weiterent wickelt werden. Es geht darum, dass wir für die unterschied lichen Einsatzzwecke, z. B. was die Frage der Mobilität in un seren Städten angeht, das Thema „Batteriebetriebene Mobili tät“ fördern, aber auch die wasserstoffbetriebene Mobilität als
wichtigen Entwicklungsstrang betrachten und gleichzeitig die synthetischen Kraftstoffe weiterentwickeln. Denn es ist noch nicht das Ende des Verbrennungsmotors gekommen.
Wenn wir daraus einen Technologie- und Antriebsmix bekom men, kann Baden-Württemberg an der Spitze der technischen Innovation stehen und Arbeitsplätze in Baden-Württemberg halten und weiterhin ausbauen.
(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Abg. Winfried Mack CDU: Darum geht es! – Zu ruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])
Deswegen komme ich an dieser Stelle zu einer für mich zen tralen Frage: Wie geht es weiter mit diesen Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg? Herr Kollege Rülke hat zu Recht ange sprochen, dass im Moment in Baden-Württemberg stärker als in anderen Bundesländern schon Arbeitsplatzabbau stattfin det. Doch unterhalten Sie sich einmal mit den Gewerkschaf ten und den Betriebsräten. Die haben vor einigen Wochen auf dem Schlossplatz eine Demo mit gut 15 000 Teilnehmern or ganisiert. Ich war dort. Die Aussage, die dort getroffen wurde – das kommt aus den Betrieben, von den Betriebsräten –, ist sehr eindeutig: Wir müssen aufpassen, dass wir in der aktuel len Debatte um Arbeitsplatzabbau niemandem auf den Leim gehen. Was uns dort von den Betriebsrätinnen und Betriebs räten gesagt wurde, ist, dass der gegenwärtig stattfindende Ar beitsplatzabbau noch gar nichts mit der technologischen Transformation zu tun hat, sondern mit Gewinnmaximierungs maßnahmen und mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen in Länder mit niedrigeren Arbeitskosten. Meine Damen und Her ren, die Politik kann sagen, technologischer Wandel ist not wendig. Aber technologischen Wandel als Vorwand für Ar beitsplatzabbau zu nehmen trifft auf entschiedenen Widerstand des Landtags von Baden-Württemberg.
Es gehört zu den zentralen Aufgaben des Landes, sich um die Beschäftigten zu kümmern. Denn die Beschäftigten, die von diesem Arbeitsplatzabbau oder dem kommenden technologi schen Wandel betroffen sind, haben Fragen, etwa: Wie geht es für mich weiter? Wie geht es für meine Familie weiter?
Deswegen lassen wir, die SPD, bei unseren Forderungen nach Unterstützung für Weiterbildung in diesem Land nicht locker. Ich bin Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sehr dankbar, dass er den Impuls bereits seit Monaten verfolgt. Wenn wir in einem Land wie Baden-Württemberg zurückgehende Auf tragszahlen haben und damit Kurzarbeit im Raum steht, dann müssen wir ein Instrument wie das Transformationskurzarbei tergeld einsetzen, dann müssen wir die Auftragsschwäche, die im Moment besteht oder noch kommen wird, dafür nutzen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit für die technologische Zukunft zu machen. Dann können wir Arbeit in Baden-Würt temberg sichern.
Da reicht es eben nicht, wenn die Landesregierung nur auf Berlin oder die Privatwirtschaft zeigt. Wir haben bereits vor drei Jahren beantragt, dass gerade für kleine und mittlere Un
ternehmen in unserem Land ein Weiterbildungsfonds aufge legt wird, durch den diese Unternehmen auf Mittel für Wei terbildung und Weiterqualifizierung zurückgreifen können.
Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir bei diesem wichtigen Prozess nicht einfach nur zuschau en. Wir können es uns auch nicht leisten, eine Landesregie rung aus Grünen und CDU zu haben, die sich in diesem zen tralen Politikfeld überhaupt nicht einig sind. Wenn wir in die sem Bereich keine Lösungen finden – und zwar Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam –, dann wird BadenWürttemberg großen Schaden erleiden.
Es ist kein Naturgesetz, dass Baden-Württemberg das Auto mobilland ist, aber wir müssen hier in diesem Haus alles da für tun, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Menschen in Baden-Württemberg auch weiterhin arbeiten, ihr Geld ver dienen und ihre Familien unterhalten können.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Abgeordnete! Ein Loblied der Grünen auf das bat teriebetriebene Fahrzeug – das ist schon verwunderlich.
Vielen Dank, Herr Mack. Sie machen sich aus der Koalition heraus zum Sprecher für die Opposition. Das hat uns sehr gut gefallen. Das sieht schon gut aus.
Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie die Altparteien Ideen von uns aufnehmen und dann als ihre eigenen neuen verkaufen wollen. Kritik von unserer Seite an rein batteriebe triebener E-Mobilität – seit unserem Einzug in den Landtag – wurde als populistisch, rückwärtsgewandt oder gar als durch die Ölindustrie gesponsert verächtlich gemacht. Von uns vor geschlagene Alternativen wie beispielsweise E-Fuels wurden als Unsinn bezeichnet. Auch unsere Kritik an der angeblich alternativlosen Energiewende wurde als klimaschädlich und unwissenschaftlich abgetan.
Jetzt, da das von uns vorhergesagte Scheitern der Verkehrs- und der Energiewende immer deutlicher sichtbar wird und die Bürger bemerken, wie ihnen jetzt und in Zukunft das Geld aus der Tasche gezogen und ihre freie Mobilität eingeschränkt wird, entdecken Teile der Altparteien nun Initiativen der AfD und verkaufen sie als ihre eigenen Ideen.
Selbst Wirtschaftsminister Altmaier hat plötzlich sein Herz für E-Fuels entdeckt, und sogar der Fernsehpropagandist Ha rald Lesch wettert gegen die batteriebetriebenen E-Autos.
Beim Thema Energie denkt die CDU offen über Kernkraft nach – ein Wunder. Und die FDP schießt gegen Batteriebe trieb und macht sich für Wasserstoff stark – bemerkenswert. Das alles wurde von uns, der AfD, schon vorgeschlagen.
Doch zurück zum Batteriebetrieb. Die Akzeptanz bei priva ten Nutzern, sich ein E-Auto anzuschaffen, liegt auf einer bis 6 reichenden Skala derzeit bei 2,9. Das stammt aus der Be gleitforschung des BMVI zur E-Mobilität.