Vielen Dank für die Zwischenfragemöglichkeit. – Herr Schwarz, heute wurde ja schon mehrfach gesagt: Wir werden 2 000 neue Arbeitsplät ze bei Porsche sehen. Das ist sicherlich richtig. Können Sie auch sagen, wie viele Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie, die bisher den Verbrennungsmotor geliefert hat, wegfallen werden?
Frau Kollegin, ich bin mir über diese Thematik und die Situation in der Zulieferindust rie sehr wohl im Klaren. Ich komme später in weiteren Teilen meiner Rede noch auf unseren Strategiedialog zu sprechen, in dem genau darüber gesprochen wird, welche Auswirkungen der Transformationsprozess auf die Zulieferindustrie hat.
Aber weil Sie ja immer den Markt so sehr ansprechen, lassen Sie mich noch eine aktuelle Zahl aus dem aktuellen Bericht des Kraftfahrt-Bundesamts zitieren. Das Kraftfahrt-Bundes amt hat die Fahrzeugzulassungen im Januar 2020 erhoben. Im Januar 2020 hatten wir bei den Neuzulassungen eine Steige rung um 60 % bei den Elektrofahrzeugen.
Das heißt, Frau Kollegin, der Markt geht genau in diese Rich tung. Es werden tendenziell mehr Elektrofahrzeuge in Deutsch land zugelassen, nicht weil wir das vorgeben, sondern weil der Markt entsprechend reagiert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Für mich ist klar: Baden-Württemberg ist ein Mobilitätsstand ort, und hier ist Verkehrspolitik daher auch immer Wirtschafts politik. Baden-Württemberg soll dieser Mobilitätsstandort bleiben. Deswegen setzen wir auf Forschung und Entwick lung; wir setzen auf Technologieoffenheit, und wir denken Wirtschaft und Umwelt zusammen.
Ich bin froh – Herr Ministerpräsident, Sie haben ausgeführt, was die Landesregierung tut –; ich finde, der Strategiedialog
Automobilwirtschaft ist eine Erfolgsgeschichte. 450 Ladesta tionen in Baden-Württemberg, das ist ein wichtiger Beitrag, um die neue Mobilität hier im Land sichtbar zu machen.
Ich habe erst vor zwei Wochen gelesen, dass Herr Bundesmi nister Altmaier jetzt auch der Kanzlerin empfiehlt, einen sol chen Strategiedialog in Berlin umzusetzen. Ich denke also, Herr Ministerpräsident, da haben wir sehr frühzeitig die rich tigen Weichen gestellt, dies zusammen mit den Herstellern, mit den Zulieferern, mit Expertinnen und Experten und den Mitarbeitervertretungen, den Betriebsräten zu besprechen.
Denn die Herausforderungen sind klar: Neue Mobilität, das ist der Markt von morgen. Digitalisierung und neue Fahrge wohnheiten verändern die Geschäftsmodelle der Automobil hersteller, und zwar in schnellem Tempo. Wer den Struktur wandel nicht mitgestaltet, wird vom Wandel weggeschwemmt. Deswegen ist für meine Fraktion Weiterbildung so zentral.
Herr Kollege Rülke, die Liberalen – oder die vormals Libera len – müssten doch eigentlich solche Begriffe lieben: „Der Markt ändert sich“, „Die Nachfrage ändert sich“ –
möglicherweise auch disruptiv. Und wenn sich der Markt än dert, dann muss die Politik darauf reagieren.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein, dann müssen die Unternehmen reagieren, nicht die Poli tik!)
Ich sage es ganz klar: Wir wollen diese Chance für BadenWürttemberg nutzen. Egal, was die FDP macht, wir in der Ko alition werden diese Chance zum Wohle des Landes nutzen.
Denn wer die Interessen des Wirtschaftsstandorts BadenWürttemberg im Blick hat, der kommt an einer schlichten Wahrheit nicht vorbei: Kurz- und mittelfristig geht es um den Umstieg auf batterieelektrische Fahrzeuge.
Ich spreche hier bewusst vom Pkw, von der individuellen Mo bilität, insbesondere vom Individualverkehr in den Städten. Bei anderen Fahrzeugen, bei Omnibussen, bei Lastkraftwa gen, bei Schiffen, Zügen und Flugzeugen sieht es anders aus. Hier sehe ich sehr gute Möglichkeiten, dass die Wasserstoff technik, die Brennstoffzellentechnik und synthetische Kraft stoffe zum Einsatz kommen. Ich bin froh, dass wir in der Ko alition für Forschung und Entwicklung in diesen Feldern noch einmal deutlich mehr Geld im Doppelhaushalt zur Verfügung stellen.
Ich sage es ganz offen: Wer die Interessen des Wirtschafts standorts Baden-Württemberg im Blick hat, wer sieht, dass 60 % der Wegstrecke in den Städten mit dem Auto zurückge legt werden, der muss dafür sorgen, dass das Elektroauto der Zukunft bei uns erforscht, entwickelt, gebaut, produziert und dann auch gefahren wird.
Sie kann noch besser werden, Herr Kollege; das ist doch voll kommen klar. Wenn Sie mit uns übereinstimmen und sagen: „Wir machen die Batterie grüner, wir machen die Elektromo bilität grüner“, dann lade ich Sie gern ein, mit uns diesen Weg zu gehen.
Nein. – Für die Elektromo bilität, für die Batterietechnik spricht eben, dass die Verluste bei der Energieumwandlung gering sind. Das ist schlichte Ma thematik, schlichte Physik. Deswegen sind momentan batte rieelektrische Fahrzeuge die beste Lösung.
Deren Ökobilanz wird noch besser, nämlich dann, wenn wir im sogenannten Postlithiumzeitalter sind, wenn dort die Bat terien marktreif sind. Und daran wird in Baden-Württemberg geforscht. Wir können das doch; Baden-Württemberg ist doch ein super Forschungsstandort! Gehen Sie mit uns diesen Weg, die Ökobilanz der Batterietechnik noch besser zu machen.
Wenn ich Ihnen zuhöre – das war auch schon im Dezember der Fall, und heute ist es wieder so –, dann habe ich den Ein druck, die FDP möchte quasi staatliche Steuerung und Kont rolle, in welche Richtung geforscht wird.
Ist das die neue Haltung der FDP, dass Sie vorschreiben wol len, in welche Richtung geforscht wird, während in eine be stimmte andere Richtung nicht geforscht werden darf?
Da gibt es einen klaren Unterschied zu uns Grünen. Wir ste hen hier für den Markt, für Innovation, für Technologieoffen heit. Das ist eine moderne Wirtschaftspolitik, die wir betrei ben.
Bei der Batterieelektrik ist der Markt reif. Wir rollen Lade säulen aus, wir setzen Anreize: alle 10 km ein Ladepunkt, al le 20 km eine Schnellladesäule.
Beim Wasserstoff, bei der Brennstoffzelle, bei synthetischen Kraftstoffen ist noch einiges an Forschung notwendig. Wir ha ben daher in diesem Doppelhaushalt in erheblichem Umfang Fördermittel für die Brennstoffzellentechnik, für Wasserstoff vorgesehen. Das Wirtschaftsministerium, das Wissenschafts ministerium, das Verkehrsministerium und das Umweltminis terium haben, wenn man alles zusammenzählt, 100 Millio nen € bereitgestellt, um in diesem Feld zu forschen. Da hat die Koalition ihre Hausaufgaben gemacht. Hier investieren wir kraftvoll, meine Damen und Herren.
Vielleicht muss man all diese Maßnahmen einmal darlegen. Ich weiß, dass der Verkehrsminister die Brennstoffzelle im Schienenverkehr einsetzt.
Ich weiß, dass es HyFab Baden-Württemberg gibt, eine Was serstofffabrik, in der genau zu diesem Thema geforscht wird.