Für uns ist klar: Mobilität ist ein wesentliches Bedürfnis der Menschen. Natürlich geht es da auch um Exportmärkte.
Herr Kollege Stoch, wir alle sollten und müssen uns verant wortungsvoll dieser Herausforderung stellen, und zwar ohne Ideologie.
Das Zweite – das haben Sie zu Recht angesprochen –: Natür lich entscheiden auch die Kunden und damit die Märkte so wie die Bedürfnisse der Menschen. Darauf müssen wir uns einstellen. Deshalb gehört bei uns alles dazu.
Natürlich haben wir eine exzellente Technologie. Das hat der Bosch-Chef in Bezug auf den Euro-6d-Diesel – ein Verbren ner! – gesagt. Wir haben aber jetzt auch die Möglichkeiten von Wasserstoff, von Brennstoffzellen, von synthetischen Kraftstoffen, von „reFuels“.
Wir waren im KIT in Karlsruhe, als wir unsere Fraktionsklau sur in Ettlingen durchgeführt haben. Dort sind exzellente For scher. Das, was dort gemacht wird, sind Leuchttürme der For schung in ganz Europa.
Zum einen sind das Systeme, die den Strom aus einer Lade station beziehen, und zum anderen Systeme, die den Strom im Fahrzeug aus Wasserstoff gewinnen. Aber beides sind For men der Elektromobilität. Dennoch sagen wir: All das, was wir brauchen, ist wichtig.
Wir haben gerade die Zahlen hinterfragt. Im letzten Jahr be trug der Bestand an Elektromobilen 63 000 – von 60 Millio nen Fahrzeugen. Wir hatten im Jahr 2019 bei den Neuzulas sungen einen Anteil der elektromobilen Fahrzeuge von 1,7 %.
Deswegen will ich auch das KIT zitieren. Die Professoren ha ben uns dort eine Prognose gegeben – es kann ja jeder einmal dagegenhalten – und haben gesagt: „Der Anteil der Verbren
Weil ich diese Professoren ernst nehme, sage ich noch einmal: Wir wissen nicht – das ist hier zu Recht gesagt worden –, wie die Zukunft in zehn und in 20 Jahren aussieht. Aber wir müs sen die Rahmenbedingungen ernst nehmen. Die sind unter schiedlich. So wird z. B. in Frankreich, in Norwegen und in Großbritannien ab 2025 der Verbrenner per Gesetz zum Teil verboten. Das muss eine Industrie ja auch beachten.
Jawohl, Herr Kollege Rülke, das sind politische Rahmenbe dingungen. Wir bedauern auch vieles, was in Europa aus Ideo logie zu intensiv vorgegeben wird – das will ich für meine Fraktion deutlich sagen –,
Darauf müssen wir uns einstellen. Insoweit: Die Bedürfnisse werden weltweit wachsen, und unsere Aufgabe ist es, die Rah menbedingungen so zu setzen, dass sowohl der Kunde als auch die Industrie dem Alltag der Menschen standhalten kön nen. Das Auto wird dabei immer – auch in Zukunft – eine zen trale Rolle spielen. Ich meine, das ist aus unserer Sicht, aus der Sicht des Industrielands Baden-Württemberg auch gut so.
Die Politik hat dabei die Aufgabe, auch die Mobilitätsbedürf nisse der Menschen zu erfüllen, sie nicht zu beschränken, sie nicht zu reglementieren, das Auto nicht gar zu verbieten, nein, sondern auf Zukunft, auf Forschung und Entwicklung, auf In novationen zu setzen, den Wandel zukunftsfähig zu bewälti gen. Darum muss es gehen.
Wir haben hier im Land doch die großen Namen wie Daim ler, Bosch und Porsche, aber wir haben auch tausend Zuliefe rer. Der Mittelstand ist der Joker im Standortpoker.
Insoweit sollten wir auch all das im Auge haben, wenn wir über den Automobilstandort sprechen. Sie alle müssen wir mitnehmen auf dem Weg in die automobile Zukunft. Es geht dabei um nicht weniger als um die industrielle Zukunft unse res gesamten Landes. Dabei ist für uns klar: Die Zukunft des Automobils ist technologieoffen. Es geht um die richtige Tech nologie für den richtigen Einsatzzweck.
Einen batterieelektrischen Lkw auf der Langstrecke können wir uns aktuell noch nicht vorstellen. Das sagen alle Forscher. Aber wir setzen eben nicht einseitig auf einen einzigen – bat terieelektrischen – Antrieb, sondern wir sehen, dass die Bat terie ihren Platz hat – deswegen fördern wir diese Technolo gie auch – und insoweit kein Irrweg ist. Aber wir dürfen nicht über das Ziel hinausschießen. Da gibt es überhaupt keinen Dissens.
Die batterieelektrische Mobilität allein ist nicht das Allheil mittel. In der Zukunft wird auch nicht nur batterieelektrisch gefahren werden. Wenn wir technologieoffen sind, müssen wir schauen, dass wir den innovativen Vorsprung, den wir jetzt noch haben, halten. Natürlich geht es dabei auch um Arbeits plätze, es geht um Technologie, aber vor allem auch um Tech nologieführerschaft. Darum muss es im Wettbewerb der welt weiten Auseinandersetzung gehen.
Wir haben bei einer der letzten Debatten mehrfach das Zitat aus einem Interview mit Bosch-Chef Denner gehört:
Wir sollten auf ihn hören. Denn bei Anhörungen sagen uns doch alle Experten, dass der Verbrenner noch lange gebraucht wird. Ebendeshalb wird auch im Jahr 2040 über die Hälfte der Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor unterwegs sein.
für den Verbrenner ist weder ökonomisch noch ökologisch noch technologisch noch industriepolitisch gewollt oder sinn voll.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Anton Baron AfD: Herr Reinhart, schau en Sie mal, was Ihre Fraktion in der EU macht!)
Wissen Sie, mit Ihren Redebeiträgen werfen Sie nur den Blick zurück. Deswegen ist es auch gut, dass Sie Kaiser Wil helm zitiert haben. Wir müssen nach vorn blicken, nicht nach hinten.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der SPD – Zuruf von den Grünen: Richtig! – Abg. Udo Stein AfD: So ein Blödsinn! – Abg. An ton Baron AfD: Sie haben doch gerade noch erwähnt, Sie wollen keine Verbote! Aber was tut Ihre Fraktion in der EU denn?)
Die weltweite Herausforderung müssen wir mit Forschung und Entwicklung bewältigen. Das ist die Aufgabe.
Wer hat kürzlich die erste integrierte Anlage zur Herstellung von synthetischem Kraftstoff aus Luft und Strom aufgenom men? Sie wissen es nicht. Ich sage es Ihnen, ich gebe Ihnen die Antwort: das KIT in Karlsruhe.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: 75 bis 80 % Energieverlust bei der Herstellung von Wasserstoff und synthetischer Kraftstoffe!)
Ich kann Ihnen sagen: Die Forscher dort gehen davon aus, dass bereits bis 2030 eine CO2-Substitution von über 20 % durch „reFuels“ realistisch ist. Langfristig, sagen sie, könnten es über 90 % werden. Da sollten wir einfach entlang der Ent wicklung der Forschung klug dabei sein.
Ich denke, das ist auch die Politik, die wir mit dem Haushalt dargelegt haben. Das ist aber auch die Politik, die der Minis terpräsident hier für die Landesregierung und die sie tragen den Fraktionen dargestellt hat. Ich will hinzufügen: Den Stra tegiedialog Automobilwirtschaft haben wir bereits im Jahr 2008 in der Villa Reitzenstein begonnen – damals noch unter Ministerpräsident Oettinger.
Auch da war uns wichtig, dass dieser Standort wettbewerbs fähig bleibt. Auch das ist die Aufgabe für die Zukunft, wenn wir in diesem Land verantwortungsvolle Politik machen wol len.