Protokoll der Sitzung vom 04.03.2020

Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Klare Ansage: Wir sind stolz auf das Bil dungszeitgesetz Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD)

Mit der SPD wurde es in diesem Bundesland im Juli 2015 end lich zum Gesetz, nachdem fast alle anderen Bundesländer schon entsprechende Gesetze hatten und auch sehr gute Er fahrungen damit gesammelt hatten. Es wurde faktisch auch gegen die Grünen durchgesetzt, bekämpft von der CDU, aber durchgesetzt eben nicht nur von der SPD, sondern von einem breiten Bündnis – „Wir sind mehr“ – aus Gewerkschaften, Landfrauen, Kirchen, Sport, Naturfreunden, Arbeiterwohl fahrt, Volkshochschulen und vielen mehr.

Das ist ein Meilenstein, denn es gibt den Beschäftigten das ei gene, von ihnen zu wählende Recht, die Möglichkeit, darauf zuzugreifen, sich für Weiterbildung zu entscheiden, und zwar beruflich und – aktueller denn je – eben auch im Bereich der politischen Bildung.

Es verbrieft das Recht, sich hierfür – übrigens unter Lohnfort zahlung – freistellen zu lassen. Die Kosten für Unternehmen sind sehr überschaubar. Es macht nichts anderes, als die Idee des lebenslangen Lernens mit konkreten Angeboten zu unter füttern. Gerade heute – das haben wir gerade vorhin auch dis kutiert: Digitalisierung, Veränderungen nicht nur in der Ver waltung, sondern insbesondere auch in der Industrie – ist das extrem wichtig, vor allem vor dem Hintergrund der Transfor mation, in der sich beispielsweise auch unsere Automobilin dustrie befindet.

Kurz: Wo andere nur Sonntagsreden halten, haben wir mit der Einführung des Bildungszeitgesetzes in diesem Land ganz konkret gehandelt.

(Beifall bei der SPD)

Aber – das war auch schon Gegenstand in diesem Haus – Ba den-Württemberg hat auch Zeit verloren, das Bildungszeitge setz bekannter zu machen, dafür zu werben. Statt für Weiter bildung zu werben, war die Landesregierung bereit, massive Einschnitte vorzunehmen. Nur durch eine deutliche Mobili sierung konnten Grüne und CDU davon abgehalten werden. Gewerkschaften und Verbände haben auf der Straße und in Veranstaltungen Druck gemacht. Die SPD hat hierfür parla mentarisch gekämpft. Das Bildungszeitgesetz konnte damit gerettet werden.

Ich werde nicht müde, es zu wiederholen: noch einmal einen ganz herzlichen, großen Dank an die vielen Engagierten des Bündnisses für das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Alexander Schoch GRÜNE)

Dass die AfD jetzt wieder einmal mit einem Schmalspurge setzentwurf daherkommt, um das Thema für sich zu besetzen, überrascht nicht.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Effizienz nennt man das!)

Dieser Gesetzentwurf ist ein plumper Versuch der AfD, unter dem Label von Bürokratieabbau und Kostenersparnis nichts anderes zu tun, als gesellschaftlichen Fortschritt wieder zu rückzudrängen.

(Abg. Carola Wolle AfD: Das Wort „Bürokratieab bau“ habe ich gar nicht in den Mund genommen!)

Immerhin, Frau Wolle, vertuschen Sie nichts.

Sie sind jetzt nicht dran mit reden.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das nennt man Zwischenruf, Frau Präsidentin!)

Die AfD will Arbeitnehmer rechte beschneiden, die AfD will Beschäftigte einseitig mit Kosten belasten, die AfD will politische Bildung verhindern, die AfD positioniert sich klar gegen den ausdrücklichen Wil len von Gewerkschaften, Kirchen, Sport und Verbänden.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei den Grü nen – Abg. Rüdiger Klos AfD: Blödsinn! – Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Aber dieser scheinbar harmlose Gesetzentwurf muss in einem breiteren Kontext der AfD-Anträge gesehen werden. Die Rechtsradikalen – und nichts anderes sind Sie –

(Vereinzelt Beifall – Abg. Udo Stein AfD: Jetzt reicht es aber langsam!)

wollen Demokratiebildung beseitigen. Sie haben die Abschaf fung der Landeszentrale für politische Bildung gefordert,

(Abg. Anton Baron AfD: Ja! – Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

Sie fordern die Abschaffung des Leitfadens Demokratiebil dung,

(Abg. Anton Baron AfD: Ja! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie waren doch Kommunis ten!)

und heute fordern Sie die Abschaffung des Bildungszeitgeset zes. Aber Sie werden damit nicht durchkommen.

(Zurufe der Abg. Carola Wolle AfD und Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Wir sind mehr! Sie sind keine Alternative, Sie wollen ein an deres politisches System. Für die SPD und für die Mehrheit in diesem Haus ist klar: Keinen Fuß breit den Gegnern der Demokratie! Natürlich muss dieser Gesetzentwurf abgelehnt werden.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos] – Unruhe)

Wenn Sie sich beruhigt haben, dann rufe ich den nächsten Redner auf.

(Abg. Udo Stein AfD: Das ist eine Frechheit, solche Unterstellungen! – Gegenrufe von der SPD, u. a. Abg. Andreas Stoch: Schauen Sie doch mal in den Spie gel! – Abg. Reinhold Gall: Die Wahrheit schmerzt! – Gegenruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los]: Sie sind doch die Unterstützer des Chefs der Mauerschützenpartei da hinten!)

Jetzt ist aber gut.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Nein, das ist die Wahrheit, Frau Präsident! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Raus mit ihm! Raus!)

Sie haben die SPD eben als Mauerschützenpartei bezeichnet.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Nein, als Unterstützer der Mauerschützenpartei! – Abg. Brigit te Lösch GRÜNE: Raus mit dem Fiechtner! – Weite re Zurufe)

Ich verstehe Sie nicht. Hören Sie doch einmal auf, herein zubrüllen. Hören Sie doch einmal auf, dauernd hereinzubrül len.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Hören Sie doch einfach einmal zu, Frau Präsident!)

Nein, ich höre Ihnen nicht zu, Herr Abg. Dr. Fiechtner.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Sehr gut!)

Sie erinnern sich jetzt einfach ein kleines bisschen an Ihre gu te Kinderstube, die Sie ja anscheinend hatten.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Die muss sehr lange her sein! Raus mit dem Kerl! – Gegenruf des Abg. Bernd Gögel AfD: Dem Sckerl! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die gute Kinderstube ist eine Aufgabe bei Ihnen!)

Wenn Sie sich beruhigt haben, rufe ich den nächsten Redner auf. Ich bitte jetzt um Ruhe.

(Zuruf)

Herr Abg. Dr. Schweickert für die Grünen – –

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ich muss kurz dem jungen Mann zum Karrieresprung gratulieren! – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Herzlichen Glückwunsch! – Zu ruf: Das ist ein Aufstieg!)

Für die FDP/DVP. Bitte.

Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Lieber Claus Paal, ich gehe nicht so weit im Glauben, dass mit einem Bildungszeitgesetz Herr Fiechtner eine Fortbildung zum Thema „Knigge im Ple narsaal“ oder „Wer austeilt, muss auch einstecken können“ besucht.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie ken nen doch Freiherr von Knigge gar nicht, Herr Kolle ge! Haben Sie ihn denn schon mal gelesen? Wahr scheinlich nicht!)

Ich bin schon erstaunt, wie man bei einer Debatte zur Bil dungszeit „Julius Streicher“ und „Der Genickschuss kommt schon bald“ hereinrufen kann, Herr Fiechtner.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Das ist wirklich heftig!)

Das ist ein Punkt, an dem wir uns unterhalten müssen, inwie weit tatsächlich Debatten mit so einem Verhalten einfach nur noch ins Lächerliche gezogen werden. Wenn ein Vorschlag vorliegt – zu dem kann man stehen, wie man will –, dann muss man sich auch mit dem Thema auseinandersetzen und darf nicht nur alles ins Lächerliche ziehen.