Auch der sogenannte Qualitätsumbau steht weiterhin nicht un ter einem guten Stern. Er ist unseres Erachtens ein weiterer Beleg für die nicht vorhandenen Führungsfähigkeiten der Kul tusministerin. In keiner Form geht sie auf die mahnenden Hin weise von Beschäftigten und GEW ein.
Während im Allgemeinen das Scheitern eines Riesenmillio nenprojekts – eines weiteren Millionenprojekts – in der Kul
tusverwaltung droht, geht es im vorliegenden Gesetzentwurf u. a. und im Besonderen um die Änderung des Landesbesol dungsgesetzes. Dies führt zu einer Schlechterstellung der Ver gütung bei den Seminaren. Wer aber gute Leitungskräfte will, muss diese auch gut bezahlen, gerade im Vergleich zu Schul leitungen. Wir halten diesen Einschnitt für einen großen Feh ler, dessen negative Auswirkungen sich erst, wenn es dauer haft angewandt wird, bemerkbar machen werden.
Sie haben mit großen Worten angekündigt, die Aus- und Wei terbildung von Lehrkräften deutlich zu verbessern. Bislang hat Ihr Prozess mehr Unruhe als alles andere verursacht. Ei ne Qualitätsverbesserung, die konkret in den Klassenzimmern ankommt, ist auf Dauer nicht abzusehen. Die betroffenen Lehrkräfte, Kollege Haser, würden wahrscheinlich weniger von einem Meilenstein als von einem empfundenen Nieren stein sprechen.
Es macht übrigens auch keine Freude, immer wieder Rück meldungen zu bekommen – vielleicht können Sie das auch mal intern klären –, dass auf Kritik, wenn sie denn offen arti kuliert wird, mit Maulkörben reagiert wird. So führt man nicht eine Kultusverwaltung. So kann man Lehrkräfte nicht moti vieren, Unterricht zu verbessern. Das schafft eher innere Kün digungen. Es ist ein Fehler, wie die Kultusministerin hier han delt.
Nein, es steht nicht gut um die Lehrerbildung in Baden-Würt temberg unter einer Kultusministerin Eisenmann.
Insgesamt sage ich abschließend: Innerhalb der großen Ab stimmungsliste gibt es einige Punkte, bei denen wir zustim men können, da sie problemlos sind – ich habe es im Bil dungsausschuss zu Protokoll gegeben –, insgesamt müssen wir aber das Gesetz in der vorliegenden Form ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Ein Ereignis, das unsere Schullandschaft in den vergangenen Jahr zehnten in große Turbulenzen gestürzt hat, war der PISASchock im Jahr 2000 – 20 Jahre her. Ein kopfloser Aktionis mus folgte hierauf. Das achtjährige Gymnasium wurde ein geführt, das Einschulungsalter vorverlegt. Weitere nationale und internationale Vergleichstests folgten, und es werden im mer mehr, bis heute.
Die Fehler, die damals gemacht wurden, will die Landesre gierung heute korrigieren. Das ist löblich. Doch stellt sie des halb die Wirkungsweise und die Berechtigung der PISA-Tests
und Konsorten infrage? Mitnichten! Im Gegenteil: Sie ver pflichtet die Schulen sogar, an diesen Tests teilzunehmen, und dies ist der eigentliche Skandal. § 114 wurde neu gefasst. Hier verpflichtet das Kultusministerium Schüler und Lehrkräfte, an Lernstandserhebungen von internationalen, nationalen oder landesweiten Vergleichsuntersuchungen teilzunehmen.
All dies ist letztendlich das Abtreten der Bildungshoheit an externe Agenturen, von denen niemand genau weiß, wessen Interessen sie eigentlich dienen. Ich habe hier schon darauf hingewiesen, dass die OECD beispielsweise immer wieder versucht, Einfluss zu nehmen – Einfluss zu nehmen auf die Bildungslandschaft im Interesse der Wirtschaft? Hier wird eine scheinbare Objektivität geschaffen, eine Scheinobjektivität. Die Intentionen der Akteure werden leider nicht hinterfragt. Auf diese Weise wird unsere Bildung manipulativ verändert. Urheber und Ursachen der Veränderungen, denen unsere Bil dungslandschaft unterworfen wird, sollen nicht oder können nicht mehr hinterfragt werden.
Es gibt derzeit in der Gesellschaft leider keine Diskussion mehr darüber, was die Bildung eigentlich leisten soll oder was Bildung überhaupt ist oder will. Stattdessen werden diese Ent scheidungen an externe, manchmal an nationale oder supra nationale Organisationen delegiert. Wir möchten diese Ent scheidungen und Entwicklungen wieder zurückholen in den Bereich der demokratischen Selbstbestimmung.
PISA und Bologna haben mithilfe dieser Scheinobjektivität Realitäten geschaffen, denen die Bürger unterworfen werden, ohne dass sie dazu konkret befragt werden.
Diese Art von Bildungsmonitoring bedeutet zudem eine Ver kürzung des Begriffs „Bildung“, weg vom humboldtschen Ge samtbildungsideal hin zum einfachen Erreichen von Kenn werten, Kennzahlen oder von bestimmten Ereignissen auf rein formalem Weg.
Die Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen Schule und Schulaufsicht ist dann der Schlüssel, den das Ministerium ein setzt, um die hier gewonnenen Scheinerkenntnisse top-down durchzusetzen. Zudem werden in diesen Evaluationen nicht nur schulbezogene Tatbestände erhoben, die dem Zweck der Schulverwaltung oder der Bildungsplanung dienen, sondern die Erhebung kann sich sogar auf außerschulische Bildungs determinanten beziehen – also ein Nachforschen, Nachfragen zu zweifelhaften Zwecken.
Sofern eine formale Zertifizierung nach anerkannten Standards angestrebt wird, kann eine externe Evaluation nach Wahl der Schule und mit Zustimmung des Kultusmi nisteriums in Absprache mit dem Institut für Bildungsana lysen Baden-Württemberg abweichend von Satz 3 auch durch einen akkreditierten Drittanbieter erfolgen.
Konnten Sie folgen? Ich hoffe doch sehr. Hier wird staatliche Souveränität offensichtlich abgegeben an eine – undurchsich tige? ich weiß es nicht – Akkreditierungsagentur. Dieses Spiel haben wir mit zweifelhaften Erfolgen schon an den Hochschu len und Universitäten erlebt, und das haben wir dann auch in den Schulen.
Wir, die AfD, wollen die Frage, was Bildung eigentlich ist und was sie leisten soll, wieder zurückholen in die Debatte hier. Das Kultusministerium macht nach meiner Einschätzung – aber vielleicht können Sie diese ja wieder zerstreuen – das Ge genteil.
Es gründet das Institut für Bildungsanalysen, um sich hier ge nau hinter dieser Scheinobjektivität zu verstecken, hinter ei ner sogenannten Wissenschaftlichkeit, die keine ist. Denn die Frage nach dem, was Bildung ist oder sein soll, kann nur von der bürgerlichen Gesellschaft beantwortet werden. Sie kann nur vom mündigen, gebildeten Bürger im Diskurs entwickelt werden.
Wir sehen hier, dass die CDU-Spitzenkandidatin lediglich die Steigbügelhalterin für grüne Gesellschaftsexperimente abgibt. So etwas werden wir natürlich nicht unterstützen, genauso we nig wie die Aushöhlung der staatlichen Souveränität bei der Beurteilung der Schulen.
Deshalb müssen wir diesen Gesetzentwurf, der – ein Vorred ner hat es schon richtig gesagt – ein rechter Gemischtwaren laden ist – „Gemischtwarenladen“ spricht für sich –, größten teils ablehnen.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wie es sich für einen Gemischtwa renladen gehört, finden sich dort qualitativ sehr unterschied liche Produkte. Sie lassen sich aus Sicht der FDP/DVP in drei Güteklassen einteilen:
Das sind erstens die Teile des Gesetzentwurfs, die wir unter stützen. Da wäre an erster Stelle der Avatar zu nennen, der künftig bei Kindern und Jugendlichen mit längerfristigen Er krankungen zum Einsatz kommen kann. Die FDP/DVP-Frak tion hatte im Mai 2018 einen Antrag eingebracht, um solch einen Avatar möglich zu machen. Wir freuen uns, dass die grün-schwarze Koalition den Vorschlag nun, wenn auch über 21 Monate später, umsetzt. Dass die Lehrer die Entscheidung über den Einsatz treffen, stärkt ihre pädagogische Freiheit und Verantwortung.
Unsere Zustimmung erhalten auch der vorgezogene Einschu lungsstichtag und die Überführung verschiedener Schulver suche in die Regelform, u. a. das Hochbegabtengymnasium in Schwäbisch Gmünd.
Bei den Datenerhebungen kritisierte der Landesdatenschutz beauftragte einige Aspekte. Insbesondere bleibt völlig vage, wie sichergestellt sein soll, dass eine Zuordnung der Daten zu einzelnen Schülern unmöglich bleibt. Hier halten wir eine Klarstellung durch das Kultusministerium für notwendig.
Die zweite Güteklasse sind die Teile des Gesetzentwurfs, die wir wegen einer anderen Grundhaltung ablehnen. Hierbei ist in erster Linie das Qualitätskonzept der Kultusministerin zu nennen. Wir Freien Demokraten sind natürlich für Qualitäts entwicklung, aber nicht auf diesem grün-schwarzen Weg. Die neue Zentralbehörde ZSL wird stark aufgestellt, und zwar auf Kosten der bisherigen Schulverwaltung.
Die Seminare für Didaktik und Lehrerbildung werden dem ZSL und seinen Außenstellen untergeordnet. Sie sind künftig nicht mehr für die Konzeption, sondern nur noch für die Um setzung der Lehreraus- und -fortbildung zuständig. Dadurch werden aber die Praktiker aus der Konzeption der Lehrerbil dung herausgehalten. Mit der Umstrukturierung geht die oft langjährige Expertise der Praktiker verloren, und die Konzep tionsentwicklung droht theorielastig zu werden.
Während viele Unternehmen Hierarchien abbauen, baut das Kultusministerium sie auf. Wir halten aber eine effiziente Schulverwaltung für unabdingbar. Deshalb erneuern wir un sere Forderung, die Umstrukturierung durch den Rechnungs hof prüfen zu lassen.
Drittens: faule grün-schwarze Kompromisse. Was hier als Pro gramm zur Rettung der Haupt- und Werkrealschulen ausge geben wird, ist eine ausgesprochen dünne Suppe. Die Umset zung unseres Gesetzentwurfs dagegen hätte den Haupt- und Werkrealschulen eine Perspektive geboten.
Wir wollten, dass nicht die Anmeldezahlen, sondern die durch schnittliche Schülerzahl in den Klassen 5 bis 9 zugrunde ge legt wird. Da viele Schüler nicht bereits zu Beginn der Klas se 5, sondern später auf die Haupt- und Werkrealschulen wechseln, ergäbe sich so ein realistischeres Bild von der tat sächlichen Schulgröße.