Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

Auch hier geht es im gewohnten Schneckentempo munter vo ran. Das zum Ende der letzten Legislaturperiode, im Jahr 2016, verabschiedete Chancengleichheitsgesetz liegt im Dorn röschenschlaf, weil die Evaluation erst kurz vor der nächsten Landtagswahl kommen soll und damit die Lösung des Prob lems der nächsten Landesregierung vor die Tür gekippt wird. Und warum? Weil sich die Häuser nicht einig werden, weil man die Chancengleichheitsbeauftragten noch immer nicht ihre Arbeit machen lässt.

Regelmäßig treffe ich mich mit den Beauftragten. Es ist gera dezu hanebüchen, was ich da zu hören bekomme. Das Gesetz war bereits 2016 das Produkt endloser Kompromisse. Aber aus diesem zahnlosen Tiger muss endlich eine durchsetzungs bereite Raubkatze werden. Wer sich nicht an das Gesetz hält, muss sanktioniert werden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sozia listische Zwangspolitik, wie immer! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Dummer Mann!)

Ein weiteres Problem möchte ich zum Schluss noch anspre chen: Gewalt gegen Frauen. Seit Jahren gibt es nur Betroffen heitsreden, aber wenn es um echte Verbesserungen geht, ist angeblich nie genug Geld da. Alles andere ist grundsätzlich wichtiger.

Ja, die Mittel wurden im letzten Doppelhaushalt aufgestockt. Aber es reicht vorn und hinten nicht. Die Beratungsstellen sind völlig unterfinanziert, die Aufgaben und die Aufwände sind in den letzten fünf Jahren massiv gestiegen, und wir brau chen dringend mehr Frauenhausplätze. Obwohl das Land ei ne umfangreiche Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben hat, wer den daraus nicht die finanziell notwendigen Konsequenzen gezogen. Ich bin dankbar, dass Bundesministerin Giffey ak tiv wird und der Bund sich an der Finanzierung beteiligen wird. Das aber entbindet Land und Kommunen nicht von der eigenen Verantwortung.

Zu diesem Bereich gehört auch die sexuelle Ausbeutung von Frauen durch Zwangsprostitution. Die Umsetzung des Pros tituiertenschutzgesetzes ist nicht optimal. Aber mir und mei ner Partei geht es auch um etwas ganz anderes. Die Tatsache, dass über 90 % der Frauen nicht freiwillig in der Prostitution arbeiten, ist ein gesellschaftspolitischer Skandal. Wir überlas sen diese Frauen skrupellosen Verbrechern, die deren Körper ausbeuten, verkaufen und am Ende auf den Müll werfen. Die SPD Baden-Württemberg ist vorangegangen und hat hierzu einen Beschluss gefasst, der ein wichtiger Anfang ist und hof fentlich bald viele Nachahmer in den Bundesländern und auch im Bund findet. Frauen und ihre Körper kann man nicht kau fen. Der Käufer, also der Freier, muss dafür bestraft werden. Wir sehen: Die Baustellen sind zahlreich, die Veränderungen aber erfolgen zu langsam.

Wenn wir uns mal in der Politik umschauen, sehen wir: Dort ist es auch nicht viel besser. Wir Frauen sind nicht analog un serem Bevölkerungsanteil politisch vertreten.

(Abg. Anton Baron AfD: Auf der Baustelle doch auch nicht! – Gegenruf des Abg. Daniel Born SPD: Was ist denn das für ein Kommentar? – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Ist doch so! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die wollen das vielleicht gar nicht!)

Auch hier brauchen wir deutlich mehr Frauen, die auch wirk lich die Chance bekommen, etwas machen zu können.

(Abg. Carola Wolle AfD: Gehen Sie mit gutem Bei spiel voran!)

Das sagen Sie in Ihrer Partei gerade zu Recht.

Ich träume also weiter in der Hoffnung, dass sich immer mehr Männer anschließen und Frauen gleichgestellt und gleichwer tig leben können und vor Ausbeutung und Diskriminierung geschützt werden, und zwar für immer.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sozialis tische Zwangsmaßnahmen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Frau Abg. Wolle, bitte, für die AfD.

(Abg. Anton Baron AfD: Unser Präsidium könnte auch männlicher sein! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wer nichts kann, braucht Quote! – Ge genruf des Abg. Georg Nelius SPD: Halten Sie mal die Klappe jetzt!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! 1911 gingen in Deutschland, Österreich, Dänemark und auch in der Schweiz Frauen erstmals für die Durchsetzung ihrer Rechte auf die Straße. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Frauen in der Tat gravierend benachteiligt und in ihren Rechten deutlich einge schränkt.

Daher war die Einführung des Frauenwahlrechts eine der Hauptforderungen der protestierenden Frauen. Das Frauen wahlrecht ist für uns heute eine Selbstverständlichkeit. Auch wenn diese Forderung in Deutschland bereits 1919 erfüllt wur de, so war es doch noch ein langer Weg hin zur Gleichberech tigung von Mann und Frau. So durften Frauen erst ab 1958 ohne Einwilligung ihres Ehemanns ein eigenes Bankkonto er öffnen,

(Abg. Anton Baron AfD: Das waren noch Zeiten! – Abg. Bernd Gögel AfD: Das war ein großer Fehler! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Wie blöd muss man eigentlich sein? – Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD)

und ab 1977 durften sie endlich auch ohne Erlaubnis ihres Ehemanns arbeiten. Von diesen Zuständen sind wir – – Das ist so gewesen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir meinen Ihren Kolle gen! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Verste hen Sie keinen Spaß?)

Von diesen Zuständen sind wir heute glücklicherweise weit entfernt. Junge Frauen und Mädchen können sich heute gar nicht mehr vorstellen, welchen Einschränkungen ihre Urgroß mütter noch ausgesetzt waren. Als Symbol der Gleichberech tigung zwischen Mann und Frau wird daher seit dem 8. März 1921 der Internationale Frauentag gefeiert. Er ist auch in ei nigen Ländern ein Feiertag.

Doch inzwischen wurden die Themen von der ursprünglichen Forderung nach gleichen Rechten zunehmend ideologisiert. Aus der berechtigten Forderung nach Gleichberechtigung wurde schleichend die Forderung nach Gleichstellung. Doch was ähnlich klingt, ist in der Praxis noch lange nicht dassel be. Denn auch in die Debatte um Frauenrechte hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten das Gift des Gender-Mainstrea mings eingeschlichen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Schon Simone de Beauvoir vertrat die Meinung – Zitat –:

Weil Frauen... unterdrückt wurden, müssen Frauen ihre weibliche Identität verleugnen, um in den Genuss der gleichen Privilegien wie die Männer zu kommen.

Getreu diesem Motto werden die Unterschiede zwischen Mann und Frau inzwischen gesellschaftspolitisch wegdefiniert, und falls sie dennoch erkennbar sind, kommt die Gleichstellung zum Zug.

Eine Frau, die lieber ihre Kinder erzieht, statt berufstätig zu sein, wird heute als Heimchen am Herd diskriminiert. Mäd chen werden mittels Girls’ Day klassische Männerberufe und Jungs mittels Boys’ Day klassische Frauenberufe geradezu schmackhaft gemacht.

Damit die Vorstände von DAX-notierten Unternehmen gleich gestellt besetzt sind, sollen Quoten eingeführt werden – im Parlament ja sowieso. Interessant dabei ist, dass die Nominie rung von Frau Eisenmann ganz ohne Quote möglich war. Qua lität setzt sich eben durch.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Chris tina Baum AfD: Genau!)

Dieses Beispiel zeigt vor allem eines: An die Stelle der Be freiung der Frau von Zwängen sind heute neue Zwänge getre ten. Der Befreiung der Frau auf dem Weg der Gleichberech tigung folgt die Einschränkung der Freiheit der Frau durch die Gleichstellung. So haben sich die Urmütter der Frauenbewe gung das sicherlich nicht vorgestellt.

Eigentlich müssten wir Frauen heute wieder auf die Straße ge hen, um gegen die erneute Einschränkung unserer Freiheit zu kämpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Folgen dieser fatalen Entwicklung sind inzwischen aller orten unübersehbar. Das gesellschaftliche Leitbild der in Voll zeit berufstätigen Frau setzt Mütter unter Druck, ihre Kinder

frühestmöglich ganztägig in eine Krippe oder in eine Kinder tagesstätte abzugeben, und zwar auch schon in den wichtigen ersten drei Lebensjahren, obwohl wissenschaftlich nachge wiesen ist,

(Abg. Dorothea Wehinger GRÜNE: Eben nicht!)

dass das familiäre Umfeld für Kinder in den ersten drei Le bensjahren enorm wichtig ist,

(Abg. Petra Krebs GRÜNE: Dazu gehören aber auch Männer! Erziehungsverantwortung! – Zuruf der Abg. Sabine Wölfle SPD)

um die Bindungsfähigkeit zu entwickeln. Vor dem Recht der Frau auf gleiche Teilhabe am Berufsleben muss das Recht der Kinder auf familiäre Fürsorge, Erziehung und auf seelische Unversehrtheit offenbar zurückstehen. Die Folgen sind u. a. an dem ständig steigenden Heer von Sozialpsychologen in den Schulen klar erkennbar.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft zerbricht an dem Postulat der Gleichstellung.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: So sieht es aus!)

Sind wir Frauen denn eigentlich wirklich glücklicher gewor den? Wohl kaum. Die steigende Zahl von Herzinfarkten bei Frauen spricht hierzu eine deutliche Sprache.

Männer und Frauen sind von Geburt an unterschiedlich, also nicht gleich. Dies betrifft sowohl unsere Körper als auch un sere Psyche.

(Zuruf: Gott sei Dank!)

Unser Geschlecht ist im Gegensatz zu dem, was die wirren Gendertheorien besagen, kein soziales Konstrukt, sondern bio logisch festgelegt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Chris tina Baum AfD: Genau!)

Daher ist es nicht verwunderlich, dass Männer und Frauen oft mals unterschiedliche Neigungen und Interessen haben

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist auch gut so!)

und dass sich dies auch in der Berufswahl widerspiegelt. Die Existenz klassischer Männer- und Frauenberufe ist daher kein Beleg für die Diskriminierung der Frauen.