Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

Ja, Frau Präsi dent.

Wir haben heute schon so viel von Ihnen gehört. Sie haben jetzt die Redezeit auch über zogen. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich würde Sie, Frau Kurtz, bitten,

(Zuruf von der SPD: Jetzt reichtʼs!)

endlich Maß zu halten und Ihrer Funktion als Präsidentin end lich in neutraler Weise nachzukommen.

(Lebhafte Zurufe, u. a. Abg. Nicole Razavi CDU: Re dezeitende gilt auch für Sie!)

Es ist unerträglich, wie Sie hier – –

Wir stellen jetzt das Mikro fon ab.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] wird das Mikrofon abgeschaltet. – Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos]: Zuletzt möchte ich Ihnen sagen: Nicht die #MeToo-Bewegung bekämpft wirkliche Unterdrückung von Frauen! – Gegenruf des Abg. An dreas Schwarz GRÜNE: Abtreten! – Abg. Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos]: Auch keine Hetzjagden gegen Männer, die dem gepflegten Herrenwitz nahe stehen!)

Herr Abg. Dr. Fiechtner, Sie haben mich jetzt falsch ange sprochen, und Ihre Redezeit ist um. Bitte verlassen Sie jetzt das Redepult.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Dies al les steht in keinem Verhältnis zu den Leiden, die junge Mädchen und Frauen zu erleiden haben!)

Sie hören jetzt bitte auf.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner [fraktionslos]: Es ist unerträglich, wie Sie die par lamentarische Führung innehalten! – Gegenruf von der SPD: Sie sind unerträglich!)

Herr Abg. Dr. Gedeon, Sie wollten sich auch noch zu Wort melden.

(Zurufe, u. a. Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich! – Unruhe)

Vielleicht müss te ich jetzt nicht reden, wenn Herr Dr. Fiechtner hätte ausre den dürfen. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Wölfle, Sie sagen, Ihr Kollege hätte damals 500 DM mehr bekommen. Warum unterstellen Sie Ihrem Chef auto matisch, dass er dies aus böser Absicht getan hat? Könnte es nicht sein, dass Ihr Kollege einfach besser war als Sie?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie hat doch begründet, warum! – Weitere Zurufe, u. a. der Abg. Carola Wolle AfD – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Sie müssen doch dem Arbeitgeber die Freiheit geben, zu ent scheiden, wie er seine Mitarbeiter entlohnt.

(Beifall der Abg. Dr. Christina Baum AfD – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Wenn er einen Arbeitnehmer für besser hält, muss er dies doch dürfen. Es ist doch irgendwie männerfeindlich, wenn man dem Arbeitgeber von vornherein unterstellt, er würde das nur aus Frauenfeindlichkeit tun.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Genau!)

Was ist denn das für ein Männerbild – so frage ich –, Frau Wölfle?

(Abg. Daniel Born SPD: Sie haben nichts verstanden! – Gegenruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD – Zu ruf der Abg. Sandra Boser GRÜNE)

Frau Wehinger, „die Frauen werden auf die Rolle der Mütter zurückgedrängt“. Diese Aussage erstaunt mich besonders, weil Sie auch Mutter sind. Frauen werden doch nicht „zurück gedrängt“. Das ist emporgehoben. Als Mann sage ich: Ich be neide die Rolle der Mutter. Es ist eine Ungleichheit der Na tur, dass Kinder zu 100 % von Frauen geboren werden. Wenn es um eine Geburt geht, können wir Männer nicht mitreden. Ich war bei den Geburten meiner Kinder dabei und muss sa gen: Ich stand immer ganz klein daneben.

(Abg. Dorothea Wehinger GRÜNE: Haben Sie sie hinterher auch aufgezogen?)

Frauenfeindlichkeit sei ein Wesen rechter Politik, sagen Sie, Frau Wehinger. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Männer feindlichkeit ist ein Wesen linker Politik. Das geht bis in die Medizin hinein. Nehmen Sie das Beispiel der Ritalin-Thera pie bei ADHS, für hypermobile Kinder. Über 90 % der Kin der, die Ritalin erhalten, sind Jungen. Die Jungen haben mehr Bewegungsdrang, sie wollen auf Bäume steigen. In einer Um welt, die gegenüber Männern und Jungen feindlich eingestellt ist, werden sie bestraft. Die Ideologie des Feminismus reicht also bis in die Medizin hinein. Es ist eine Sauerei, was mit der Ritalin-Therapie mit den Jungen gemacht wird! Das muss man einmal sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Herr Abg. Dr. Gedeon, bit te! Solche Begriffe sind auch nicht in Ordnung.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Verstehen Sie kein Deutsch? – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Da sind Sie aber sehr streng mit mir. – Vor ein paar Tagen war ich in Magde burg, einer Stadt – –

Ihre Redezeit ist jetzt ab gelaufen, Herr Abg. Dr. Gedeon. Bitte beachten Sie das Dis play.

Ich wollte nur noch auf die Rolle der Frauen im ottonischen Kaisertum hin weisen. Mathilde, Adelheid – die Frau Ottos des Großen – und andere...

Kommen Sie bitte zum Schluss!

... waren große Frauen, die die deutsche Geschichte mit geprägt haben – aber das ohne Quote. Sie haben keine Quote gebraucht und haben Großes geleistet, meine Damen und Herren. Daran sollten wir uns orientieren.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Für die Regierung darf ich Frau Staatssekretärin Mielich ans Redepult bitten.

(Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU: Jetzt kommt die Staatssekretärin! Jetzt kommt wieder Ruhe in das Haus!)

Danke. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank auch vonseiten der Regierung für diese Debatte. Ich finde, sie hat gezeigt, wie wichtig es ist, sie hier in aller Deutlichkeit zu führen.

Ich beginne mit Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes:

Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat för dert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti gung von Frauen und Männern und wirkt auf die Besei tigung bestehender Nachteile hin.

Das ist Versprechen, das ist Vision, und das ist der Auftrag, den wir in unserer demokratischen Gesellschaft haben. Wir müssen für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern eintreten.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Alle, die wir hier leben, wissen – meine Vorrednerinnen haben einige Beispiele genannt –, der Fortschritt ist eine Schnecke. Diese Vision, die damals, vor über 70 Jahren, im Grundgesetz verankert worden ist, hat dazu geführt, dass langsam, aber si cher bestehende strukturelle Benachteiligungen aufgelöst wor den sind. Das letzte Beispiel, das uns alle sehr beschäftigt hat,

ist die Einführung der Strafbarkeit der häuslichen Gewalt in der Ehe. Im Jahr 1998 – man muss sich das einmal vorstellen: es ist gerade einmal 22 Jahre her – ist Gewalt in der Ehe un ter Strafe gestellt worden. Ich möchte nur ganz kurz daran er innern, wie unglaublich kontrovers die Diskussion im Deut schen Bundestag gewesen ist, bevor dies überhaupt unter Stra fe gestellt wurde; aber das war wirklich überfällig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP)

Wir müssen immer wieder deutlich sagen, dass die Einfüh rung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren auch die Grundla ge dafür gewesen ist, dass wir mittlerweile Frauenrechte deut lich besser erkämpft haben. Aber ich sage einmal ganz kri tisch auch an die Adresse der CDU und an die Adresse der lie ben Kollegin Frau Martin: Es ist wunderbar, dass wir eine Bundeskanzlerin haben, es ist auch wunderbar, dass wir eine EU-Ratspräsidentin haben. Möglicherweise freuen Sie sich auch sehr, sollte es gelingen, im nächsten Jahr eine badenwürttembergische Ministerpräsidentin zu wählen.

(Beifall bei der CDU)

Aber man könnte auch sagen: Wir haben in dieser Legislatur periode die Chance vertan, die Reform des Landtagswahl rechts auf die Bühne zu heben und diese tatsächlich zu verab schieden, damit mehr Frauen als bisher im baden-württember gischen Landtag vertreten sind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zurufe)

Das wäre die eigentliche Herausforderung gewesen – also nicht immer nach oben zu schauen, was da alles so möglich ist, sondern zu fragen: Was haben wir hier im Parlament für praktische Rechte und Möglichkeiten, um dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer gleichberechtigt in diesem Parlament sitzen und beide den gleichen Anteil von Stimmen haben?