Bärbl Mielich

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Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich spreche als Vertrete rin der Landesregierung nun natürlich nicht zu Buchstabe b –
dabei handelt es sich ja um einen Parlamentsantrag –, sondern ich spreche zur Verordnung der Landesregierung über die in fektionsschützenden Maßnahmen, also zu Buchstabe a.
Klar ist – das ist auch in der heutigen Debatte noch einmal sehr deutlich geworden, vor allem bei der ausführlichen De batte über den Haushalt –, dass wir noch lange nicht am En de der Coronapandemie sind.
Ganz im Gegenteil müssen wir nach einer relativen Entspan nung im Sommer jetzt doch wieder davon ausgehen, dass sich die Infektionszahlen deutlich erhöhen. Wir stehen erst am An fang des Herbstes; der Winter wird folgen.
Die aktuellen Regelungen, die gestern vonseiten der Bundes regierung, aber auch vonseiten der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ergangen sind, sprechen eine deutliche Sprache und mahnen dazu, die Verordnung wirklich genau zu überprüfen und genau zu schauen: Wo kann es Entlastungen geben? Dabei muss die Richtung eher die sein, dass wir kla re Regelungen brauchen, eine klare Haltung brauchen, um wirklich handlungsfähig bleiben zu können.
Es ist uns – das muss man sagen – bisher besser gelungen, die Zahl der Neuinfektionen, die Zahl der schweren Verläufe und die Letalitätsrate zu begrenzen, als vielen Nachbarstaaten.
Dies ist nach wie vor unser Auftrag, und es ist auch unser pri märes Ziel.
Wir können jetzt wirklich sagen, dass sich die im Juni verab redeten und überarbeiteten Corona-Verordnungen als geeig net und praktikabel zur Bekämpfung der Pandemie erwiesen haben. Wir haben, wie gesagt, nach wie vor die Pandemie, und wir werden deshalb die Pandemieverordnung in der ab dem heutigen Tag geltenden Fassung zunächst verlängern, und zwar bis zum 30. November. Das ist ein kurzer Zeitraum, und wir halten diesen auch deshalb so kurz, weil wir wirklich handlungsfähig bleiben wollen, um zeitnah eine möglicher weise notwendig werdende Anpassung vornehmen zu können.
Es ist klar, dass sich die Pandemiesituation nicht entschärfen, sondern voraussichtlich eher verschärfen wird. Und es ist mitt lerweile auch klar, was die Ursachen sind, nämlich die An sammlungen von Menschen, die sich oftmals in privaten Zu sammenhängen treffen. Deshalb gibt es entsprechende Ver ordnungen, die eine Obergrenze von Personen bei privaten Feiern enthalten, die auch eingehalten werden muss.
Wir können sehen – das finde ich einigermaßen besorgniser regend –, was in unseren europäischen Nachbarländern ge schieht, vor allem in Frankreich.
In Marseille gilt seit gestern wieder ein ziemlich umfassender Lockdown; dort sind die Restaurants wieder geschlossen.
Eine solche Situation wollen wir hier möglichst vermeiden, und dafür ist es nötig, dass wir die Maßnahmen, die wir ver abredet haben, weiterhin sehr konsequent durchführen müs sen.
Wir sehen das auch hier im Parlament. Auch hier sind wir an gehalten, deutlich konsequenter auf das Tragen eines MundNasen-Schutzes zu achten. Auch müssen Kundinnen und Kun den im Gaststättengewerbe immer dann eine Mund-NasenBedeckung tragen, wenn sie nicht auf ihren Plätzen sitzen, sondern sich beispielsweise im Raum bewegen. Auch in Frei zeitparks und Vergnügungsstätten müssen Kundinnen und Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, soweit sie sich in geschlossenen Räumen bzw. im Wartebereich befinden.
Neu ist auch ein Zutritts- und Teilnahmeverbot, falls jemand unter Verstoß gegen die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, bestimmte Örtlichkeiten oder Veranstaltungen be sucht. Das ist nicht unheikel, weil es Menschen gibt, die ein Attest haben – dieses müssen sie stets mit sich führen –, wel ches belegt, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen.
Ja.
Das ist die örtliche Polizei behörde.
Nein, natürlich nicht. Es ist vielmehr so, dass ein Restaurantbesitzer diese Personen mel den muss.
Ich meine, wie können sonst – –
Ja, das ist einerseits sicher lich zutreffend. Andererseits führen wir zwei Regelungen ein.
Erstens: Wenn die Angaben auf dem Anmeldebogen falsch sind, dann haftet der Restaurantbesitzer und muss sich dafür verantworten.
Und das Zweite ist: Wenn die Mund-Nasen-Bedeckung – –
Ja, aber diese Regeln sind jetzt verabredet worden und sind wirklich – –
Sonst macht es auch wenig Sinn, Fragen zu stellen, wenn man die Antwort gar nicht hö ren will.
Auf jeden Fall ist es so, dass das Regelungen sind, die jetzt auf Bundesebene verabredet worden sind. Das bedeutet, dass dann die örtliche Ordnungsbehörde, das örtliche Ordnungs amt dafür zuständig ist, dass diese Strafe verhängt wird. Wie realistisch das ist, wird man sehen. Ich kann nur hoffen, dass es eine abschreckende Wirkung hat, dass die Ankündigung dieser Strafe dazu führt, dass man konsequenter und nicht so leichtfertig mit der Pflicht zum Tragen eines Mund-NasenSchutzes umgeht. Ich denke, dass das damit gemeint ist. Es geht darum, dass dieser Appell nachdrücklich ist: „Liebe Leu te, wir kriegen diese Pandemie nur in den Griff, wenn wir al le die Verantwortung übernehmen.“ Das hat auch Minister präsident Kretschmann gestern und heute noch einmal betont. Es darf also nicht sein, dass jemand mal eben so ohne Maske durch die Gegend läuft. Wenn das dann geahndet wird, ist es so ähnlich wie mit dem Rauchen im Auto.
Nein, danke.
Wir werden diese Corona-Verordnung insgesamt noch einmal präzisieren, und zwar auch dahin gehend, wie die Entschei dungen in der gestrigen Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin gewesen sind. Deswegen gehen wir jetzt davon aus, dass diese einheitliche Regelung auch durch gesetzt werden kann.
Zu Punkt b kann ich nur sagen, dass wir es sehr wichtig fin den, dass das Anliegen des Parlaments, eng in die Entschei dung mit eingebunden zu werden, wirklich sehr richtig ist und von uns sehr ernst genommen wird. Denn natürlich können die Rechtsverordnungen nur dann tatsächlich greifen, wenn sie auch vom Parlament in seiner Ganzheit getragen werden.
Jetzt bitten wir um Zustimmung zur Corona-Verordnung zum Erlass von infektionsschützenden Maßnahmen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter, lieber Herr Kollege Kenner, dies ist in der Tat ein großes Thema, das auch uns umtreibt.
Für die freiwillige Förderung der Jugenderholungs- und Ju gendbildungsmaßnahmen gibt es eine Rechtsgrundlage. Das ist die Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur För derung der außerschulischen Jugendbildung. Das wissen Sie. Im Rahmen der Förderung von Jugenderholungsmaßnahmen sind zwei Förderbereiche von besonderer Bedeutung: zum ei nen der Bereich der Beschaffung und Ausrüstung – mit grö ßeren Reparaturen, z. B. von Groß- und Gruppenzelten –, zum anderen aber auch der Förderbereich der pädagogischen Be treuung bei Jugenderholungsmaßnahmen. Das ist die Rechts grundlage.
Gerade vor dem Hintergrund der durchlebten und noch an dauernden Einschränkungen hält die Landesregierung ein aus reichendes Angebot an Familienbetreuungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche für dringend erforderlich. Im Bereich der Durchführung von Jugenderholungsmaßnahmen, die nach der Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums zur Förde rung der außerschulischen Jugendbildung bezuschusst wer den, unterstützt die Landesregierung die Träger der freien Kin der- und Jugendhilfe, die trotz der zweifellos bestehenden or ganisatorischen und finanziellen Herausforderungen bereit sind, auch in diesem Jahr Erholungsmaßnahmen durchzufüh ren.
Genau das ist der Punkt. Viele sagen jetzt, das sei alles zu schwierig und zu problematisch, und nehmen davon Abstand. Wir wollen diese Maßnahmen – auf jeden Fall die Rahmen bedingungen – unbedingt fördern und erleichtern. Das bedeu tet, dass die Tagessätze im Bereich der Jugenderholung von 12 € im Förderjahr 2019 auf 17 € im Förderjahr 2020 ange
hoben werden. Im Rahmen des Durchführungsprozesses der Förderung gilt dies für das gesamte Jahr 2020.
Auch wird die Teilnehmer-Betreuer-Relation, also der Betreu ungsschlüssel, befristet für die Zeit vom 2. Juni 2020 bis zum 31. Oktober 2020 noch einmal ganz deutlich entspannt, indem bei Erholungsaufenthalten in Heimen und Zeltlagern die Re lation von 11 : 1 auf 5 : 1 reduziert wird. Diesbezüglich ha ben wir für die außerschulische Jugendbildung eine Verwal tungsvorschrift erlassen. Bei Gruppenfahrten wird der Schlüs sel von 6 : 1 auf 5 : 1 abgesenkt, also ebenfalls deutlich ver bessert.
Der gewählte Zeitraum orientiert sich zum einen am Geltungs zeitraum der Corona-Verordnung – ist also abhängig hiervon –, deckt jedoch vor allem den Zeitraum von den Pfingstferi en bis zu den Herbstferien ab. Dadurch soll sichergestellt wer den, dass die im Jahr 2020 unter völlig geänderten Vorzeichen durchzuführenden Jugenderholungsmaßnahmen – einheitlich und an den geänderten Bedarf angepasst – im Rahmen des vorgegebenen Förderinstrumentariums der bestehenden Ver waltungsvorschrift gefördert werden können.
Neben der bedarfsorientierten Anpassung der Regelförderung von Jugenderholungsmaßnahmen hat die Landesregierung deshalb beschlossen, zum Ausgleich besonderer Härten im Zusammenhang mit der Coronapandemie für Vereine und Ver bände im Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales und Integration einen Hilfsfonds in Höhe von 15 Millionen € auf zulegen. Das haben wir jetzt gerade neu beschlossen. Seitens des Bundes wird zusätzlich ein KfW-Kreditprogramm für ge meinnützige Organisationen auf den Weg gebracht, welches eine weitere finanzielle Unterstützung ermöglichen soll. Die Umsetzung dieses Kreditprogramms wird derzeit in BadenWürttemberg erarbeitet.
Das war die Antwort auf die erste Frage. Nun folgt die Ant wort auf die zweite Frage bezüglich der Kostenübernahme.
Dies ist eine ganz schwierige, aber auch zentrale Frage. Die Förderung ist insgesamt im Rahmen der Möglichkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltungsvorschrift möglich. Dies ist zunächst einmal der Grundsatz. Die einfache Gewährung von Zuschüssen an die Verbände in gleicher Höhe wie im ver gangenen Jahr kann daher nicht erfolgen. Ein derartiges Ver fahren wäre unserer Meinung nach auch nicht sachgerecht.
Andererseits sind den Verbänden für die Durchführung von Jugenderholungs- und Jugendbildungsmaßnahmen bereits Kosten angefallen, weil schon Vorbereitungen getroffen wor den sind. Deshalb haben wir durch den Ausfall bedingte Kos ten, die abweichend von den bestehenden Förderrichtlinien entstehen, auf Nachweis bei der Zuwendung im Rahmen der bewilligten Finanzierungsart und -höhe zu berücksichtigen, wenn Maßnahmen nach der Verwaltungsvorschrift zur außer schulischen Jugendbildung und nach dem „Masterplan Ju gend“ aus Gründen, die der Projektträger nicht zu vertreten hat, das heißt coronabedingt, nicht stattfinden.
Wenn Maßnahmen also nicht stattfinden können oder Zu schüsse nicht gewährt werden können, dann können auf Nach weis z. B. Storno- oder Ausfallkosten, die aufgrund einer nicht einzuhaltenden Zusage gegenüber Dritten getragen werden müssen, tatsächlich rückerstattet werden.
Hierfür gelten die folgenden Grundsätze:
Eine Förderung der Ausfall- oder Stornokosten ist mög lich, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit dem nach den bestehenden Förderrichtlinien vorgesehenen Förderzweck stehen.
Es gilt eine allgemeine Schadensminderungspflicht, nach der alle Möglichkeiten, um den entstehenden finanziellen Schaden zu reduzieren bzw. absehbare Schäden zu ver meiden, zu nutzen sind.
Im Antrag sind die Gründe, die zum Ausfall der Maßnah me geführt haben, darzulegen; die Beachtung des Grund satzes der allgemeinen Schadensminderungspflicht ist zu dokumentieren.
Gegebenenfalls sind bereits gewährte Fördermittel... zu rückzuerstatten.
Der Wegfall der Möglichkeiten zur Generierung von Eigen- und Drittmitteln ist natürlich auch noch einmal ein großes Thema. Das bedeutet: Durch ausgefallene Kurse und Freizei ten verlieren die Träger Teilnehmergebühren, Spenden und Einnahmen aus Veranstaltungen, die notwendig sind, um an dere Maßnahmen zu finanzieren oder laufende Verwaltungs-, Personal- und Betriebskosten zu decken. Hierfür gibt es die Möglichkeit, für das Jahr 2020 einmalig eine erhöhte institu tionelle Förderung zu gewähren.
Es geht vor allem darum:
Hierfür gelten die folgenden Grundsätze:
Anträge können nur diejenigen stellen, die grundsätzlich be reits jetzt Zuwendungen aus der bestehenden Förderung er halten.
Es können jetzt keine neuen Projektträger Förderanträge stel len. Das heißt, die Förderung muss bereits im Haushaltsplan hinterlegt sein.
... Der Antragsteller macht plausibel, dass sein Haus halts- oder Wirtschaftsplan ohne die Erhöhung des insti tutionellen Zuschusses eine nicht selbst verschuldete De ckungslücke aufweist, die anderweitig nicht geschlossen werden kann.
Es gilt eine allgemeine Schadensminderungspflicht, nach der alle Möglichkeiten, um den entstehenden finanziellen Schaden zu reduzieren bzw. absehbare Schäden zu ver meiden, zu nutzen sind.
Die institutionelle Förderung kann im begründeten Ein zelfall um bis zu 50 v. H. (für Träger von Jugendbildungs einrichtungen um bis zu 100 v. H.) erhöht werden.
So weit.
Aber es ist coronabedingt, Herr Abg. Kenner.
Ich will jetzt einmal nicht hoffen, dass Sie sagen: Lassen Sie uns den Zustand beibehal ten.
Dazu kann ich mich jetzt nicht äußern.
Das ist auch eine Fangfrage, Herr Kenner.
Ich kann mich jetzt nicht aus dem Fenster lehnen und sagen, dass wir mit diesen Mitteln noch zusätzliche Maßnahmen un terstützen. Ich finde, es kommt erst einmal darauf an, die Ju gendbildungsträger zu ermuntern, die Bildungsmaßnahmen und die Ferienfreizeiten, die gemacht werden sollten, tatsäch lich durchzuführen. Wir haben jetzt die Vorbereitungen ge troffen, dass das wirklich erleichtert wird, und zwar sowohl finanziell – auch mit den ganzen Ausfallkosten, die getragen werden – als auch mit dem abgesenkten Betreuungsschlüssel, aber auch mit der entsprechenden Förderung.
Die Hürde ist sehr niedrig, um diesen Zuschuss tatsächlich zu beantragen. Deswegen hoffen wir sehr, dass es gelingt, dass möglichst viele Maßnahmen wirklich stattfinden können.
Wir sehen natürlich auch, dass es sozialpolitisch, aber auch familienpolitisch, für die Familien, enorm wichtig ist, dass es jetzt ein bisschen in Richtung Entlastung und Entspannung geht und Kinder wirklich noch mal ihren eigenen Bereich fin den – zumindest für eine begrenzte Zeit in diesem Sommer.
Danke für diese zusätzli chen Fragen und diese sehr gewinnbringende Anmerkung. In der Tat steigen auf jeden Fall die Personalkosten. Es entste hen ja schon rein rechnerisch deutlich höhere Personalkosten, wenn der Betreuungsschlüssel gesenkt wird. Wenn wir von 11 : 1 auf 6 : 1 oder bzw. auf 5 : 1 gehen, dann brauchen wir doppelt so viele Betreuungskräfte. Daher fallen auf jeden Fall schon mal zusätzliche Kosten an.
Aber ich hoffe sehr, dass diese Maßnahmen wirklich durch geführt werden.
Das ist das Entscheidende. Ich wäre sehr froh, wenn Sie über all dort, wo Sie sind, dafür werben, die Maßnahmen tatsäch lich durchzuführen. Denn ich glaube, dass es jetzt gerade da rum geht, die Jugendbildungseinrichtungen bzw. die Jugend bildungsstätten dabei zu unterstützen, dass sie dabeibleiben und die Maßnahmen durchführen.
Herzlichen Dank.
Danke. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank auch vonseiten der Regierung für diese Debatte. Ich finde, sie hat gezeigt, wie wichtig es ist, sie hier in aller Deutlichkeit zu führen.
Ich beginne mit Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes:
Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat för dert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti gung von Frauen und Männern und wirkt auf die Besei tigung bestehender Nachteile hin.
Das ist Versprechen, das ist Vision, und das ist der Auftrag, den wir in unserer demokratischen Gesellschaft haben. Wir müssen für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern eintreten.
Alle, die wir hier leben, wissen – meine Vorrednerinnen haben einige Beispiele genannt –, der Fortschritt ist eine Schnecke. Diese Vision, die damals, vor über 70 Jahren, im Grundgesetz verankert worden ist, hat dazu geführt, dass langsam, aber si cher bestehende strukturelle Benachteiligungen aufgelöst wor den sind. Das letzte Beispiel, das uns alle sehr beschäftigt hat,
ist die Einführung der Strafbarkeit der häuslichen Gewalt in der Ehe. Im Jahr 1998 – man muss sich das einmal vorstellen: es ist gerade einmal 22 Jahre her – ist Gewalt in der Ehe un ter Strafe gestellt worden. Ich möchte nur ganz kurz daran er innern, wie unglaublich kontrovers die Diskussion im Deut schen Bundestag gewesen ist, bevor dies überhaupt unter Stra fe gestellt wurde; aber das war wirklich überfällig.
Wir müssen immer wieder deutlich sagen, dass die Einfüh rung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren auch die Grundla ge dafür gewesen ist, dass wir mittlerweile Frauenrechte deut lich besser erkämpft haben. Aber ich sage einmal ganz kri tisch auch an die Adresse der CDU und an die Adresse der lie ben Kollegin Frau Martin: Es ist wunderbar, dass wir eine Bundeskanzlerin haben, es ist auch wunderbar, dass wir eine EU-Ratspräsidentin haben. Möglicherweise freuen Sie sich auch sehr, sollte es gelingen, im nächsten Jahr eine badenwürttembergische Ministerpräsidentin zu wählen.
Aber man könnte auch sagen: Wir haben in dieser Legislatur periode die Chance vertan, die Reform des Landtagswahl rechts auf die Bühne zu heben und diese tatsächlich zu verab schieden, damit mehr Frauen als bisher im baden-württember gischen Landtag vertreten sind.
Das wäre die eigentliche Herausforderung gewesen – also nicht immer nach oben zu schauen, was da alles so möglich ist, sondern zu fragen: Was haben wir hier im Parlament für praktische Rechte und Möglichkeiten, um dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer gleichberechtigt in diesem Parlament sitzen und beide den gleichen Anteil von Stimmen haben?
Es ist immer die Frage von Macht und Einfluss. Ich finde, da brauchen wir uns überhaupt nicht wegzuducken. Es ist immer die Frage von Macht und Einfluss, und natürlich bedeutet ei ne andere Verteilung der Geschlechter in einem Parlament, dass es auch eine andere Verteilung von Macht gibt. Aber ge nau diesen Schritt müssen wir tun, und den müssen wir in Ba den-Württemberg ganz dringend tun. Der ist längst überfäl lig.
Nein, danke.
Ich habe eben deutlich an gesprochen, dass Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt seit 22 Jahren strafrechtlich verfolgt werden. Wir ha
ben jetzt seit fast drei Jahren die Ratifizierung der IstanbulKonvention in Deutschland. Das ist für uns, für Deutschland, Verpflichtung – und zwar für alle politischen Ebenen –, aktiv zu werden.
Ja, Frau Wölfle, Sie haben die Initiative der Familienministe rin Giffey angesprochen, die uns in der Tat unterstützt. Das muss ich schon sagen. Es ist eine gute Unterstützung, dass sich der Bund auch an der investiven Förderung der Frauen häuser beteiligt. Wir brauchen diese Unterstützung.
Aber ich möchte auch einmal sagen: Wir haben erstmalig in diesem Doppelhaushalt insgesamt 12 Millionen € zusätzlich – frisches Geld – zur Verfügung gestellt, um den Ausbau von Frauenhausplätzen ordentlich nach vorn zu bringen.
Das ist, finde ich, erst einmal ein großer Erfolg.
Nein.
Ich kann immer noch selbst beurteilen, ob ich eine Zwi schenfrage gestatte oder nicht.
Wie bitte?
Wunderbar. – Jetzt haben Sie mich ein bisschen aus dem Konzept gebracht. Aber das macht nichts.
Ich wollte nur einmal darauf hinweisen: Wir haben diese 12 Millionen € frisches Geld zur Verfügung gestellt, und wir haben damit auch die Erarbeitung einer Konzeption verbun den. Es ist ganz entscheidend, dass wir nicht nur mehr Frau enhausplätze schaffen, sondern auch die Frauenberatungsstel len deutlich besser ausstatten, dass wir mit dem Konzept der Second-Stage-Projekte auch dafür sorgen, dass sich Frauen, die aus dem Frauenhaus herauskommen, noch in einem ge schützten Rahmen bewegen können und da auch Unterstüt zung finden.
Diese Projekte bringen wir jetzt nach vorn. Es ist uns ein ganz großes Anliegen, dass wir hier einen ganz wesentlichen Schritt vorwärtskommen.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode gemeinsam mit Ih nen, gemeinsam mit der SPD, den Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen umgesetzt und auf den Weg gebracht. Er
enthält 35 Maßnahmen, die weiterhin nach vorn gebracht und auch finanziert werden. Deshalb ist dieser Bereich bei uns in sehr guten Händen.
Frau Wölfle, Sie haben das Chancengleichheitsgesetz ange sprochen. Auch das ist ein Projekt der letzten, grün-roten Lan desregierung. Es ist in der vorletzten Sitzung der vorherigen Legislaturperiode zustande gekommen. Ich möchte schon ein mal sagen: Es gab eine SPD-Frauenministerin, es gab einen SPD-Finanzminister, und dass das Chancengleichheitsgesetz so ausgefallen ist, wie es ausgefallen ist, lag ganz entschei dend an diesen beiden.
Wir haben damals vereinbart: Es gibt nach drei Jahren eine Evaluation. Wir machen diese Evaluation. Wir bringen sie jetzt ein. Bereits im Vorfeld der Evaluation haben wir mit sämtlichen betroffenen Gruppierungen, z. B. auch mit den kommunalen Chancengleichheitsbeauftragten, gesprochen. Wir haben einen ganzen Pool von Verbesserungsvorschlägen, die bereits eingereicht worden sind und die wir einarbeiten. Aber wir müssen das natürlich auch in einen wissenschaftli chen Kontext stellen – das ist uns ganz wichtig –, damit wir dann auch eine entsprechende Basis haben, um die Verbesse rungen aufgrund der Konsequenzen, die aus der Evaluation gezogen werden können, nach vorn zu bringen.
Das Chancengleichheitsge setz wird evaluiert, das Chancengleichheitsgesetz wird auch noch in dieser Legislaturperiode evaluiert. Wir können dann in der nächsten Legislaturperiode die entsprechenden Konse quenzen daraus ziehen. So ist jetzt der Zeitplan.
Ich möchte aber noch einmal auf ein Thema eingehen, das zum Teil auch in den Reden, die wir hier heute hören muss ten, sehr deutlich geworden ist. Das ist das Thema „Gleich stellung kontra Gleichberechtigung“. Es ist eine sehr künstliche Gegenüberstellung, wenn man sagt: „Wir haben die Gleich berechtigung, wir wollen aber keine Gleichstellung.“ Wo ist denn die Gleichstellung und wo die Gleichberechtigung, wo fängt das eine an und hört das andere auf?
Das, was hier in den Reden zum Teil auch sehr deutlich ge worden ist, ist, dass den Frauen abgesprochen werden soll, dass sie die gleichen Anteile am gesellschaftlichen, am poli tischen und am wirtschaftlichen Leben als Selbstverständlich
keit haben und das Recht darauf auch einklagen können. Es soll gesellschaftlich eine Rolle rückwärts gemacht werden, in dem Frauen angeblich vor die Wahl gestellt werden. De facto ist es aber so, dass sie wieder in ihre biologische Funktion zu rückgedrängt werden sollen,
indem glorifiziert wird, wie toll es ist, dass sie Kinder krie gen, und wie großartig es ist, wenn sie Kinder erziehen. Kin der müssen von Frauen und Männern gleichermaßen erzogen werden – von Müttern und von Vätern.
Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Es ist eben nicht richtig, zu sagen, dass Frauen diejenigen sind, die für diese Bereiche zuständig sind, die für die ganzen Sorgebereiche zuständig sind und auch noch die Pflegeberu fe abbilden sollen.
Nein, auch das sind Bereiche, für die Frauen und Männer glei chermaßen verantwortlich sein müssen. Denn das sind ge samtgesellschaftliche Aufgaben. Die müssen von allen Bür gerinnen und Bürgern dieser Gesellschaft erledigt werden.
Ganz besonders hässlich – so muss ich einmal sagen – wird es dann, wenn aufseiten der AfD,
ganz besonders von dem Kollegen Palka, in einer Kleinen An frage gesagt wird, er hätte Sorge, dass die Islamisierung un seres Landes durch Geburten verstärkt wird, und dann Fragen gestellt werden, die in die Richtung gehen: Wie viele deutsche Frauen gebären Kinder? Wie viele Frauen mit islamischem Hintergrund gebären Kinder?
Das abzufragen und dazu Daten erhalten zu wollen, das – so finde ich – ist ein Zeichen dafür, wie rassistische Tendenzen auch hier im Parlament Einzug halten.
Dem stellen wir uns ganz deutlich entgegen. – Leider ist es doch nicht so ruhig geworden, wie Sie gehofft haben, Herr von Eyb.
Als demokratische Kräfte in diesem Haus sind wir dazu auf gerufen, diese Tendenzen deutlich zurückzuweisen
und da deutlich die Rote Karte auszuspielen. Wir brauchen ei ne Politik, die sich gegen Fremdenfeindlichkeit, die sich ge gen Rassismus zur Wehr setzt und die vor allem auch diese antifeministischen Tendenzen ganz deutlich zurückdrängt.
Wir haben dazu in der Gleichstellungs- und Frauenminister konferenz im letzten Jahr beschlossen, eine Arbeitsgruppe auf den Weg zu bringen, die genau das zum Ziel hat. Denn es macht Sinn, da eine Strategie zu entwickeln, damit nicht je der Landtag und auch nicht jede Landesregierung das für sich allein macht. Vielmehr sollten wir uns da gemeinsam in den Austausch begeben und Strategien entwickeln, wie wir diese rechten Tendenzen im Netz deutlich bekämpfen können.
Ich möchte als Letztes noch auf das Thema „Digitale Gewalt“ eingehen. „Digitale Gewalt“ ist ein Thema, das zunehmend Raum greift und das auch deswegen zunehmend Raum greift, weil es eine ganz geringe Hemmschwelle hat.
Es ist einfach, sich an den Computer zu setzen, frauenfeind liche Mails zu posten
und damit Personen, ganz besonders Frauen, persönlich an zugreifen. Sich dieser Hasssprache – Hate Speech –
entgegenzustellen ist ein ganz zentrales Ziel der Politik der Landesregierung,
um diese antifeministischen Tendenzen deutlich zu bekämp fen.
Ich komme zum Schluss. Ich finde, dass es wichtig ist, dass wir noch mal den Bogen schlagen zu den Fragen „Was ist un ser Auftrag?“, „Was ist unser Auftrag in dieser Gesellschaft?“, „Was ist unser Auftrag in der Politik und im Landtag von Ba den-Württemberg?“ Wir setzen auf eine vielfältige Gesell schaft, wir setzen auf eine bunte Gesellschaft,
wir setzen auf eine Gesellschaft der Toleranz
und der Menschenrechte. Frauenrechte sind Menschenrechte, und Frauenrechte sind unteilbar.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Dank für die Beratung und auch für die positiven Äußerungen hier bei der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes.
Sie alle haben in den verschiedenen Beiträgen erwähnt, wie außergewöhnlich die Situation ist, wenn Menschen fixiert wer den müssen. Das stellt wirklich eine außergewöhnliche Situ ation dar, eine Grenzsituation, die natürlich auch einer ganz besonderen Aufmerksamkeit und einer Fürsorge bedarf. Die Änderung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes kommt dem Gebot dieser besonderen Aufmerksamkeit und Verantwortung nach.
Ausgeführt wurde verschiedentlich auch, dass wir die Ände rung des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes nun vornehmen mussten, weil das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr aufgrund einer konkreten Beschwerde entsprechend geurteilt hat. Wir hatten einen sehr engen Zeitplan; es wurde gerade schon gesagt, dass wir dieses Gesetz nun bis kurz vor Ende der Fristsetzung auf den Weg bringen werden. Aber das lag natürlich nicht in erster Linie an uns, sondern es lag vor allem daran, dass der Zeitplan, den das Bundesverfassungsgericht vorgab, sehr eng bemessen war.
Ein weiterer Grund war, dass wir sehr großen Wert darauf ge legt haben, dass der Beteiligungsprozess so ausführlich wie nur eben möglich durchgeführt wird. Es hat nicht nur eine re guläre Anhörung gegeben, sondern während dieser Anhörung bestand für die Bevölkerung die Möglichkeit, mithilfe des Be teiligungsportals der Landesregierung konkrete Stellungnah men abzugeben.
Das Gesetz ist so, wie es jetzt vorliegt und hoffentlich nun auch verabschiedet wird – der Entwurf war im Mai einge bracht worden –, eine Konsequenz dessen, was im Rahmen der Anhörung zum Ausdruck gebracht wurde. Hierfür möch te ich mich bei den beteiligten Gruppierungen, aber natürlich auch bei den Fraktionen hier im Landtag bedanken.
Herr Hinderer, Sie haben in der ersten Lesung ebenso wie in der nachfolgenden Ausschussberatung, aber auch gerade wie der hier Ihren Eindruck formuliert, es werde haushalterisch nicht konkret genug ausgewiesen, welche Stellenkapazitäten insgesamt beim Justizministerium erforderlich sind. Ich finde das ein bisschen künstlich aufgebauscht. Im Ausschuss haben der Minister ebenso wie der Vertreter des Justizministeriums ja die ganz klare Aussage getroffen, dass sich alle beteiligten Ministerien – also Finanzministerium, Justizministerium und Sozialministerium – sehr wohl der Verantwortung bewusst sind, da genau hinzuschauen, es aber zum jetzigen Zeitpunkt – das Gesetz ist ja noch gar nicht in Kraft getreten – keinen Sinn macht, ganz konkrete Zahlen dazu zu nennen, wie viele zusätzliche Personalstellen benötigt werden. Es gibt die Ver abredung, und es wird die Verantwortung dafür übernommen, dass alle notwendigen Personalstellen finanziert
und bereitgestellt werden. Sie können bei einem solchen Ge setz, das nun zunächst zur Umsetzung gelangen muss – Fixie rungen ab 30 Minuten bedürfen einer richterlichen Anordnung –, nicht bereits im Vorgriff die Zahl der Personalstellen fest legen, die vorgehalten werden müssen. Das alles wird sich he rausstellen.
Es gibt in jedem Fall die Verabredung, dass dies vonseiten al ler beteiligten Ministerien unproblematisch ist. Ich finde es daher nicht gut, dass dieses Thema nun so aufgebauscht wird und so getan wird, als hinge hiervon die Seriosität dieses Ge setzes ab. Wir sehen dies ausdrücklich nicht so; wir meinen, wir sind dabei auf einem sehr guten Weg.
Das zentrale Anliegen ist ja, Fixierungen möglichst zu ver meiden. Es geht also nicht nur darum, Fixierungen irgendwie zu organisieren, sondern zentrales Ziel dieses Gesetzes ist doch gerade, diese so weit wie möglich zu verhindern.
An diesem Ziel muss auch zukünftig grundsätzlich festgehal ten werden.
Eine große Unterstützung dieses Ansatzes sehe ich darin, dass schon im ursprünglichen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz festgelegt war und wir dies jetzt bei der Änderung klar bestä tigen: Es bleibt bei der 1:1-Betreuung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass wir die Verantwortung für die Situation der Menschen in der Psychiatrie wirklich sehr ernst nehmen.
Ich bitte daher nun um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir begrüßen die Debatte hier.
Entschuldigung, wie bitte?
Wir vonseiten des Sozial ministeriums begrüßen diese Debatte heute sehr, weil wir da durch die Gelegenheit bekommen, deutlich zu machen, wel che Aktivitäten wir durchführen, wenn es darum geht, gegen Gewalt gegen Frauen anzugehen und diese tatkräftig zu be kämpfen.
„Schau hin! Hör hin! Frag nach! Du bist nicht allein“, unter diesem Motto haben wir in dieser Woche das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ der Bundesregierung unterstützt und es damit verstärkt zugänglich gemacht. Auf diese Weise ha ben wir die Aktion Hilfetelefon „JEDE VIERTE FRAU“ deut lich in den Fokus gestellt.
Das haben wir anlässlich des 25. Novembers, des Internatio nalen Tages zur Beseitigung von Gewalt an Frauen, gemacht. Wir haben in diesem Jahr die Ratifizierung der Istanbul-Kon vention, die eben auch schon angesprochen worden ist, zum Anlass genommen, um das Thema ganz besonders prominent zu bewerben und in die Gesellschaft sowie in die öffentliche Aufmerksamkeit zu tragen.
„Hör hin“, „Frag nach“, „Du bist nicht allein“, das sind die Aussagen, die wir brauchen, um deutlich zu machen, dass Ge walt gegen Frauen nicht tolerierbar ist, dass Gewalt gegen Frauen ein gesamtgesellschaftliches Thema ist, dem wir alle uns widmen müssen.
Wir, die Politik, haben die Aufgabe und die Verantwortung, das Thema immer wieder prominent nach vorn zu stellen, Ver antwortung dafür zu übernehmen und auch zu sagen, dass Ge walt gegen Frauen nicht nur nicht toleriert wird, sondern dass wir diese auch ganz massiv bekämpfen.
Dazu braucht es natürlich Maßnahmen und Instrumente, die auch angenommen werden und die so niedrigschwellig sind,
dass sie für die Frauen eine Hilfe darstellen. Da ist das Hilfe telefon der Bundesregierung, das es bereits seit fünf Jahren gibt, ein sehr gutes Instrument. Nur ist dieses Instrument nie wirklich bekannt gewesen. Wir haben uns entschlossen, uns an der Finanzierung und Verbreitung dieses Hilfetelefons zu beteiligen – Baden-Württemberg ist das erste Flächenland, das das macht –, weil es ein sehr niedrigschwelliges Angebot ist.
Da können Frauen an 365 Tagen zu jeder Tages- und Nacht zeit, also 24 Stunden am Tag, in 17 verschiedenen Sprachen Hilfe und Unterstützung bekommen. Das ist eine wirksame Maßnahme, gerade in Bezug auf häusliche Gewalt, die hier deutlich angesprochen worden ist und um deren Bekämpfung es vor allem geht.
Gerade diese häusliche Gewalt ist – das ist in den verschiede nen Stellungnahmen auch sehr deutlich geworden – sehr stark tabuisiert. Denn Gewalt findet dabei in der Häuslichkeit statt, also in einer Atmosphäre, in der es eigentlich doch um Gebor genheit geht, in der Menschen geschützt sein sollten. Dass die Häuslichkeit sozusagen einen Hort der Gewalt darstellt, ist für die Personen, die dann Gewalt erleben, schwer hinzunehmen und anzuerkennen. Dann kann das Hilfetelefon eine gute Möglichkeit sein, um Unterstützung zu bekommen und die sen Schritt zu tun, ohne sich gleichzeitig so zu outen, dass frau aus vertrauten Zusammenhängen herausgenommen wird.
Wir versprechen uns von diesem Hilfetelefon und von der Aufmerksamkeit, die das Thema jetzt erfährt, in der Tat eine ganze Menge. Wir sind begeistert über die Medienpräsenz, die das Telefon nun hatte, und vor allem auch darüber, dass immer mehr Menschen dies kennen.
Gewalt gegen Frauen, insbesondere das Thema „Bekämpfung der häuslichen Gewalt“, ist – das habe ich gerade schon ein mal gesagt – ein großes Tabuthema. In der Öffentlichkeit wird immer wieder die öffentliche Gewalt thematisiert; es wird ge fordert, dass junge Mädchen geschützt werden müssen, und vorgeschlagen, dass sie z. B. Selbstverteidigungstechniken er lernen, um sich vor Gewalt zu schützen. Das große Problem ist in der Tat aber auch die häusliche Gewalt, die in der Ver borgenheit stattfindet, oftmals hinter den verschlossenen Tü ren der eigenen Häuslichkeit.
Frau Wölfle, Sie haben eben schon deutlich formuliert, eben so wie Frau Wehinger, dass die Frauen, die diese häusliche Gewalt erleiden, ihr jahrelang ausgesetzt sind und sich letzt endlich dafür schämen, dass sie Opfer sind. Ich finde, es ist ein ganz wichtiges Signal, das auch von uns, der Politik, aus gehen muss, zu sagen: Niemals sind Frauen, die Opfer wur den, mitschuldig. Es ist ganz wichtig, dies immer wieder deut lich zu machen.
Dazu trägt auch die Istanbul-Konvention bei, die sagt: Gewalt gegen Frauen ist von allen Seiten und jederzeit deutlich zu be kämpfen; Gewalt gegen Frauen ist eine strukturelle Gewalt, die von allen Seiten aus bekämpft werden muss. Wir, die Lan desregierung hier in Baden-Württemberg, nehmen diese Ver antwortung dafür sehr, sehr ernst.
Eben sind schon verschiedene Instrumente und Maßnahmen angesprochen worden, zu denen ich jetzt noch ein paar Wor te sagen möchte. Das eine große Thema ist natürlich der Lan desaktionsplan gegen Gewalt an Frauen. Frau Wölfle, Sie ha ben darauf hingewiesen, dass dieser in der letzten Legislatur periode in der grün-roten Landesregierung unter der Ägide von Katrin Altpeter verabschiedet worden ist. Dieser Landes aktionsplan ist mit seinen 35 Maßnahmen ein sehr vielseiti ges und sehr wirksames Maßnahmenpaket; wir wollen ihn fortschreiben und immer weiter ausbauen.
Ganz besonders wichtig ist natürlich die Finanzierung der Frauen- und Kinderschutzhäuser. Da muss ich schon einmal sagen: Ich bin sehr froh – Sie haben gefragt, wie die Diskus sionen in diesem Jahr und auch in Vorbereitung des nächsten Doppelhaushalts laufen –, dass wir jetzt mit Frau Sitzmann eine Finanzministerin an unserer Seite haben, die eine hohe Sensibilität für dieses Thema hat und die, als wir den Wunsch und die Erwartung nach deutlich mehr Geld für die Finanzie rung der Frauenhäuser formuliert haben, eine sehr hohe Be reitschaft und Sensibilität dafür gezeigt hat. Wir können da nun entsprechend aktiv werden. – Ich bin in diesem Fall froh, dass es jetzt Frau Sitzmann und nicht mehr Nils Schmid ist; das muss ich einmal ganz ehrlich sagen.
Die Unterfinanzierung der Frauen- und Kinderschutzhäuser ist nicht erst seit heute ein Thema; es ist ein Thema, das wir wirklich schon seit einigen, seit zig Jahren mit uns herum schleppen.
Es ist völlig klar, dass dies eine kommunale Aufgabe ist, aber es ist eben auch klar, dass wir die Kommunen mit dieser Auf gabe nicht alleinlassen können. Es gibt die Vereinbarung der Tagessätze und die Finanzierung über SGB II und SGB XII – Leistungen für bestimmte Personen, die dann in Frauen- und Kinderschutzhäuser kommen –, aber das reicht allemal nicht aus. Deswegen haben wir in den letzten Jahren sukzessive im mer mehr Geld als Landeszuschüsse für die Finanzierung der Frauenhäuser aufgebracht. Insgesamt sind es im jetzigen Dop pelhaushalt 1,2 Millionen €. Das ist ja nicht nichts. Dennoch ist völlig klar, dass es nicht ausreicht.
Wir arbeiten aber, um überhaupt einmal belastbare Zahlen zu bekommen, was wir an Mitteln brauchen, schon seit gerau mer Zeit an einer Grundlage dafür, wie Frauen- und Kinder schutzhäuser insgesamt finanziert werden müssen. Wir setzen dabei auf Qualität. Wir wollen wirklich ein Finanzierungskon zept erarbeiten bzw. sind gerade dabei, dieses zu erarbeiten, das darauf setzt, dass wir verbindliche Personalschlüssel in den Frauenhäusern bekommen, um die Qualität in der Betreu ung der Frauen und Kinder, die dort Schutz suchen, zu ge währleisten. Das ist in der Tat eine riesige finanzielle Kraft anstrengung. Dazu brauchen wir Sie alle hier im Parlament, und dazu brauchen wir, wie ich schon gesagt habe, natürlich auch unsere Finanzministerin.
Aber ich bin guten Mutes – das ist die Beantwortung Ihrer Frage –, dass wir da wirklich etwas Gutes hinbekommen wer den.
Sie haben den runden Tisch angesprochen, der bei Bundesfa milienministerin Giffey angesiedelt ist. Ich habe an der ersten Sitzung in Berlin teilgenommen, und ich muss Ihnen sagen: Das, was in der Medienöffentlichkeit so breitgetreten wird – dass der Bund nun angeblich Verantwortung für den Schutz der von Gewalt betroffenen Frauen übernimmt und sich da mordsmäßig engagiert –, das ist wirklich ein großes Geklin gel, bei dem nicht viel dahinter ist. Laut den Zahlen sollen in diesem Jahr 5,1 Millionen € zur Verfügung gestellt werden und in den nächsten zwei Jahren dann 30 Millionen €, und zwar für ganz Deutschland. Heruntergebrochen auf BadenWürttemberg auf Basis des Königsteiner Schlüssels heißt das, dass es maximal zwei Modellprojekte geben kann. Da muss man dann – das werden wir auch tun – einen deutlichen Schwer punkt darauf legen, dass die finanzielle Mitverantwortung des Bundes sich deutlich verstärkt. Denn zwei Modellprojekte sind gut; dies ist aber nicht mehr als ein Tropfen auf den hei ßen Stein.
Wenn es also wirklich so sein soll, dass der Bund seiner Ver antwortung nachkommen und die Verbindlichkeit eingehen will, Frauen- und Kinderschutzhäuser kostendeckend zu fi nanzieren, dann muss dafür eine deutlich stärkere Zusage kommen; einstweilen ist das nicht mehr als ein Appell.
Neben der Finanzierung der Frauen- und Kinderschutzhäuser ist uns auch ein großes Anliegen – da gehe ich noch einmal auf Sie ein, Herr Haußmann –, die Beratungsstellen auf eine sichere finanzielle Basis zu stellen. Aber auch da brauchen wir belastbare Daten. Es macht überhaupt keinen Sinn, jedem An trag stattzugeben und dann irgendwie eine bunte Mischung aus verschiedenen Beratungsangeboten zu haben. Wir wollen landesweit eine qualitativ gute Ausstattung hinbekommen, und dazu brauchen wir zunächst eine Bestandsaufnahme, um dann zu schauen: Was wird wo gebraucht?
Das ist natürlich gerade auch in Verbindung mit der Finanzie rung und Ausstattung der Frauen- und Kinderschutzhäuser von ganz zentraler Bedeutung. Denn auch wir wissen natür lich, dass es diese vier weißen Flecken gibt. Ich bin sehr froh, dass jetzt von allen Seiten gesagt worden ist: Da müssen wir mehr tun. Das ist natürlich ein Appell an die Kommunen, aber es geht auch um die Bereitschaft des Parlaments, sich da fi nanziell nochmals stärker zu beteiligen.
Frauen- und Kinderschutzhäuser – auch das haben wir gehört – stoßen zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Das ist ein ganz großes Problem, und das hängt u. a. damit zusammen, dass der Wohnungsmarkt in Baden-Württemberg leergefegt ist. Frauen und Kinder, die eigentlich aus einem Frauenhaus herausgehen könnten, weil sie so stabil sind, dass sie auch in einer eigenen Wohnung wieder auf eigenen Füßen stehen könnten, sind dazu oftmals nicht in der Lage, weil einfach kei ne Wohnungen da sind. Da werden wir noch in diesem Jahr aktiv, indem wir das Projekt „Second Stage“ auf die Beine stellen. Das bedeutet, dass wir gemeinsam mit verschiedenen Kommunen in verschiedenen Regionen Programme entwi ckeln mit dem Ziel, dass Wohnungen bereitgestellt werden, in die Frauen und Kinder direkt nach ihrem Aufenthalt in einem Frauenhaus gehen können.
Wir stellen noch in diesem Jahr 200 000 € bereit, um dieses Programm auf den Weg zu bringen; denn wir sehen darin auch eine sehr wirksame Maßnahme, um die problematische Situ ation der Überbelegung in den Frauenhäusern ein bisschen zu entschärfen.
Nein.
Ich möchte noch auf ein Thema eingehen, das mir ebenfalls sehr wichtig ist – seitens der grün-schwarzen Landesregierung haben wir schon begonnen, dies zu unterstützen, und das set zen wir fort; das haben wir auch im Koalitionsvertrag gemein sam mit der CDU prominent verabredet –, und zwar das Pro jekt „Unterstützung der Gewaltambulanz in Heidelberg“ und insgesamt das Konzept der Gewaltambulanzen. Auch das ist ein sehr wirksames Konzept der Unterstützung und Hilfe für Frauen, die Gewalt erleiden, aber sich beispielsweise schwer tun, Anzeige zu erstatten. Diese Frauen können dann zu einer Gewaltambulanz gehen – da ist Heidelberg ganz besonders ausgestattet und qualifiziert ausgerüstet – und können dann eine beweisunabhängige Aufnahme erreichen, aber mit dem Ziel, auch Beweise zu dokumentieren für den Fall, dass sie erst sehr viel später Anzeige erstatten wollen. Das halte ich für eine sehr wirksame Maßnahme, die jetzt ausgebaut wer den soll.
Meiner Meinung nach ist es enorm wichtig, dass die Hilfesys teme, die wir in Baden-Württemberg insgesamt installieren und die wir immer weiter ausbauen, so niedrigschwellig sind, dass sie auch von Frauen, die eine große Hemmschwelle ha ben, sich zu outen und Anzeige zu erstatten, genutzt werden können. Es ist wichtig, sie darin zu unterstützen, die Wege zu gehen, sich selbst zu schützen, und es ist auch wichtig, von Dritten geschützt zu werden. Ich denke, nur so kann es funk tionieren. Alles andere ist ein zu großer Schritt, eine zu gro ße Hemmschwelle. Das werden Frauen oftmals nicht leisten können.
Wenn wir wollen – das ist unser Ziel –, dass Frauen schneller Schutz erhalten, dass Frauen den Mut bekommen, sich gegen Gewalt, vor allem auch gegen häusliche Gewalt, zu wehren, dann brauchen wir dieses Netzwerk niedrigschwelliger Un terstützungsangebote. Das stellen wir zunehmend bereit. Da bei sind wir – davon bin ich überzeugt – auf einem sehr gu ten Weg, aber wir sind noch längst nicht am Ende angelangt.
In diesem Sinn freue ich mich sehr auf die weitere Unterstüt zung und die Zusammenarbeit mit Ihnen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja ein Novum, dass hier zwei Regierungsvertreterinnen die Fragen beantwor ten. – Es geht bei den Versicherungsleistungen um ein großes Thema, das auch ein großes Thema bleibt und insgesamt der „Pferdefuß“ in der Geburtshilfe bleibt. Es ist völlig egal, wo die Geburtshilfe stattfindet, ob sie im Fall der freiberuflichen Hebammen von den Hebammen allein gestemmt werden muss oder z. B. eben im Krankenhaus von dem Krankenhausträger.
Das bedeutet, dass insgesamt geschaut werden muss, wie man das auf breitere Füße stellen kann. Da ist die Bundesebene ge fragt. Dort gibt es ja immer wieder diverse Diskussionen, dass man z. B. einen steuerfinanzierten Versicherungsfonds schafft, der diese Belastungen für die einzelnen Hebammen, die nie dergelassen arbeiten, deutlich reduziert. Das ist eine Möglich keit. Solange das aber noch nicht der Fall ist, muss man halt wirklich schauen, wie man das insgesamt auf breitere Füße gestellt bekommt.
Aber ich möchte auch sagen: Die Akademisierung der Heb ammenausbildung zum jetzigen Zeitpunkt beruht zum einen auf der Umsetzung der EU-Richtlinie, aber zum anderen ist es auch genau der richtige Zeitpunkt, um ein deutliches poli tisches Signal zu setzen, dass wir den Beruf der Hebamme
stärken wollen, dass wir ihn ausbauen wollen, dass wir die Hebammen alle brauchen. Deswegen sind wir sehr froh, dass diese Form der Ausbildung jetzt erst einmal ganz gut ange nommen wird. Dabei hoffen wir jedoch, dass es künftig noch besser angenommen werden wird.
Wir versprechen uns von der anteiligen Akademisierung – Mi nisterin Bauer hat ja eben gesagt, 20 % in den Pflegeberufen und auch in der Physiotherapie –, dass wir auf diese Weise ei nen zusätzlichen Ausbildungszweig schaffen, der es möglich macht, dass z. B. akademisch ausgebildete Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten, Hebammen in sogenannten interprofessi onellen Versorgungsteams in der Fläche miteinander arbeiten können. Das ist das Ziel, das wir, das Sozialministerium, hier verfolgen. Wir glauben, dass wir mit diesem Schritt der Aka demisierung, der Teilakademisierung ein ganzes Stück wei terkommen werden.
Okay. Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die heutige De batte hat sehr deutlich gezeigt: Die Frage „Ist die Tafel eine Erfolgsgeschichte?“ kann eindeutig mit Ja beantwortet wer den. Das ist eben in den Redebeiträgen noch einmal sehr klar zum Ausdruck gekommen.
In den Redebeiträgen meiner Vorredner ist auch sehr eindrück lich zum Ausdruck gekommen: Es hat fast jeder einen persön lichen Bezug zur Tafel. Fast jeder, der eine kommunalpoliti sche Vergangenheit oder auch Gegenwart hat, hat einen ganz persönlichen Bezug zur Tafel.
Heute ist auch ganz klar geworden, dass es ein Spannungsfeld ist, in dem wir uns bewegen und in dem die Tafeln eine sehr wertvolle Arbeit machen, die wir vonseiten der Landesregie rung hoch schätzen und sehr anerkennen. Tafeln sind unver zichtbar für unser Sozialgefüge und verdienen eine ganz ho he Wertschätzung. Daher auch von meiner Seite an dieser Stel le noch ein sehr herzlicher Dank für dieses hohe Engagement.
Wir müssen jetzt aber auch sehr genau das Spannungsfeld wahrnehmen, in dem die Tafeln sich bewegen und in dem die Tafeln – auch stellvertretend für uns alle – Begegnungen ha ben. Dort treffen Menschen aufeinander, die sonst vielleicht in einer solchen Dichte gar nicht aufeinandertreffen würden. Das sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, die wenig Geld zum Leben haben. Da ist zum einen die Frage: Warum haben diese Men schen zu wenig zum Leben?
Da ist natürlich Armut und Armutsbekämpfung ein großes Thema. Wir haben in der letzten Legislaturperiode den Ar muts- und Reichtumsbericht bekommen. Wir haben uns im Koalitionsvertrag – darauf haben Sie mit Recht hingewiesen, Herr Hockenberger – verpflichtet, diesen Armuts- und Reich tumsbericht weiterzuentwickeln, und das tun wir auch. Denn es ist natürlich eine politische Aufgabe, hinzuschauen und zu untersuchen, warum Menschen in unserer Gesellschaft arm sind, was die Hintergründe sind und was wir hier tun müssen.
Bevor ich dazu komme, will ich aber zunächst noch ein paar Worte zur Arbeit der Tafeln verlieren. Die Tafeln leisten ja ins gesamt eine hoch sozialpolitische Aufgabe. Meist tun sie weit mehr, als Essen bzw. Lebensmittel auszugeben. Das ist heute noch gar nicht zur Sprache gekommen. Oftmals stehen sie
auch mit Rat und Tat zur Seite. Es gibt ja bei ganz vielen Ta feln richtig gute Strukturen von Unterstützungsangeboten. Als Reaktion darauf, dass es immer mehr Menschen mit auslän dischem Hintergrund gibt, immer mehr Flüchtlinge, die dort ihre Lebensmittel einkaufen wollen, bieten viele Tafeln mitt lerweile z. B. Dolmetscherdienste an und arbeiten mit Mig ranten, die dort in ihrer Muttersprache Hilfe und Unterstüt zung bieten können.
Damit sind sie z. B. auch eine ganz wichtige Klammer für ein sozialpolitisches integratives Projekt, das von der Landesre gierung angestoßen worden ist, nämlich den Pakt für Integra tion mit den Kommunen. Wir haben in diesem Jahr mit der Installierung von Integrationsmanagern in den Gemeinden be gonnen, passgenaue Unterstützungsmaßnahmen für Flücht linge anzubieten, um genau das zu erreichen, was Herr Ken ner eben auch deutlich formuliert hat: Wir brauchen die Un terstützung für die Flüchtlinge, damit sie durch entsprechen de Sprachkurse, aber z. B. auch durch Praktika oder Ausbil dungsplätze, in die Lage versetzt werden, hier arbeiten zu kön nen, um möglichst bald unabhängig von Leistungen der Tafel leben zu können. Das ist das eine.
Das andere ist, dass z. B. die Beraterinnen und Berater, die ehrenamtlich bei der Tafel arbeiten, muttersprachliche Unter stützung für Flüchtlinge anbieten, auch ganz praktische Hil fen anbieten. Auch das ist eine Arbeit, die sich aus der Not wendigkeit heraus entwickelt hat. Auch dafür, finde ich, ge bührt den Tafeln ein ganz großer Dank.
Völlig klar ist – das ist hier heute auch sehr deutlich zum Aus druck gekommen –, dass wir uns natürlich nicht wegducken können. Wir, die Politik bzw. die Landesregierung, können uns nicht davor wegducken, dass wir die Verantwortung ha ben, Armut in diesem Land zu bekämpfen.
Das müssen wir auf Landesebene tun, und wir haben natür lich auch die Erwartung, dass es auf Bundesebene getan wird. Da möchte ich wirklich schon einmal sagen – auch an die Ad resse der beiden Fraktionen, die jetzt die neue Bundesregie rung stellen werden –: Wenn, wie angekündigt, das Kinder geld sukzessive um 25 € erhöht wird – also noch nicht einmal in einem Schritt, sondern in zwei oder sogar drei Schritten; das ist noch gar nicht ganz klar –, dann nützt das den Men schen, die im SGB-II-Bezug sind, überhaupt nichts. Das wird angerechnet.
Das heißt: Für die Menschen, die in Armut leben, bringt eine Kindergelderhöhung nichts. Das ist das eine.
Das Zweite: Die Reform des Unterhaltsvorschusses zur Un terstützung vor allem von Alleinerziehenden mit Kindern ist eine sehr sinnvolle Maßnahme der letzten Bundesregierung, die wir wirklich sehr unterstützen, weil es sich hierbei um ei ne Entbürokratisierung handelt und eine deutliche Hilfe be deutet. Aber auch das wird angerechnet.
Das heißt, gerade die Gruppe der Menschen, die ganz beson ders von Armut betroffen sind, nämlich Alleinerziehende mit Kindern, profitiert von diesen Erhöhungen der Transferleis tungen nicht. Das bedeutet in der Tat: Wir müssen uns insge samt anschauen – sowohl auf Bundesebene als auch hier auf Landesebene –: Wie wird der Hartz-IV-Satz berechnet? Ist das, was dort berechnet wird, noch zeitgemäß? Müssen wir dort nicht auch deutlich umsteuern, oder müssen wir da nicht auch andere Kriterien zugrunde legen, damit wir es endlich schaffen, dass Armut in unserem Land nicht mehr vorkommt?
Aber wir haben noch eine andere Aufgabe. Das ist eine klare landespolitische Aufgabe. Wir haben den Landesbeirat für Ar mutsbekämpfung, in dem Vertreterinnen und Vertreter aus je der Fraktion mitwirken. Dort geht es um die ganz praktische Fortschreibung des Armuts- und Reichtumsberichts. Das gro ße Thema ist natürlich auch, dass wir sehen müssen, wie wir langfristig z. B. Armutsentwicklung, Armutsbiografien von der sozialen Herkunft abkoppeln können.
Das bedeutet eben auch: Wir investieren ganz stark in Bil dungsangebote, um dort diese Abkopplung möglich zu ma chen. Wir haben in der Vergangenheit und auch in der Gegen wart stark in die Betreuung – in den Ausbau der Kinderbetreu ung, in die Ganztagsschulbetreuung – investiert. Wir engagie ren uns im Bereich der Frühen Hilfen, insbesondere bei Sprach förderkursen, und eben auch im Landesprogramm STÄRKE.
Das alles sind Bereiche, in denen wir uns stark engagieren. Die Kultusministerin engagiert sich besonders beim Aufbau von Kinder- und Familienzentren. Natürlich ist es auch ein ganz zentrales Thema, preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. In der Wohnraum-Allianz der Landesregierung ha ben wir darauf auch einen großen Schwerpunkt gesetzt.
Ein weiterer ganz zentraler Punkt ist, dass wir die Fallpau schalen bei den Schuldnerberatungsstellen erhöht haben, um auch da zu unterstützen, damit Menschen eben nicht in die In solvenz fallen.
Insgesamt möchte ich sagen: Armutsbekämpfung ist ein zen trales Anliegen der Landesregierung. Wir schätzen und wir unterstützen die Arbeit der Tafeln sehr. Für uns sind sie ein unverzichtbares Element bürgerschaftlichen Engagements. Wir glauben auch, dass es enorm wichtig ist, Menschen aller Herkunft dabei zu unterstützen, Lebensmittel zu bekommen.
Gern.
Lieber Kollege Bullinger, dazu wird es demnächst auch eine ganz offizielle Antwort der Landesregierung geben. Denn dazu gibt es eine Kleine Anfra ge, die derzeit im Sozialministerium beantwortet wird.
Ich kann Ihnen dazu Folgendes sagen: Unsere Recherchen zei gen, dass die Ehrenamtskarte in Bayern gar nicht so erfolg reich ist, wie Sie das jetzt gerade darstellen.
Es ist auf jeden Fall so, dass der Hauptteil der Kosten bei den Kommunen hängen bleibt.
Was an Mitteln abgeflossen ist bzw. was es an Möglichkeiten gegeben hat, ist ein ganz verschwindend geringer Teil gewe sen. Deswegen steht der finanzielle Einsatz zur Ausgabe der Ehrenamtskarten in gar keinem Verhältnis zu der Anzahl der Personen, die sie dann tatsächlich auch beanspruchen. Daher müssen wir noch einmal genau prüfen, ob das der richtige An satz ist. Wir warten da lieber noch einmal ab, welche Erfah rungen in der nächsten Zeit mit dieser bayerischen Ehrenamts karte gemacht werden.
Wollen Sie jetzt dazwischenreden, oder wie?
Ja, dann stellen Sie sie doch einfach.
Vielen Dank, Herr Stoch, für die Unterstützung. – Wir können gern noch einmal im Aus schuss in die detaillierte Diskussion darüber gehen, ob die Eh renamtskarte das richtige Instrument ist. Nach Einschätzung des Sozialministeriums ist sie das nicht. Wir glauben, dass die se Anerkennung für das ehrenamtliche Engagement, so, wie wir sie jetzt auch haben, z. B. durch die Übungsleiterpauscha le, die es ja gibt, aber eben auch andere Maßnahmen, der bes sere Weg ist.
Wir sind aber natürlich nicht die Weisen schlechthin. Wir sind natürlich auch durchaus offen für weitere Gespräche. Aber das, was unsere Recherchen ergeben haben, Kollege Bullin ger, zeigt, dass zurzeit die Ehrenamtskarte bei Weitem nicht wirklich das einhält, was sie angeblich verspricht. Daher sind wir eher sehr skeptisch.
Um noch einmal zum Thema zurückzukommen: Ich habe mich sehr gefreut, dass an mich herangetragen worden ist, die Schirmherrschaft des Landesverbands der Tafeln zu überneh men. Das werde ich jetzt auch machen, um in diesem Sinn das Projekt Tafel, die Arbeit der Tafeln weiterhin zu unterstützen und vonseiten der Landesregierung und des Ministeriums den Tafeln die entsprechende Wertschätzung entgegenzubringen.
Ganz herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebes Publikum! Es ist, wenn wir über die gläserne Decke sprechen, sehr sinnvoll, sich zunächst einmal anzuschauen: Wo stehen wir denn selbst dabei? Ich bemühe da einmal den Zweiten Gleichstellungsbe richt der Bundesregierung. Danach lag 2014 der Anteil von Frauen in Führungspositionen deutschlandweit unverändert bei 29 % und damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Auch infolge des Inkrafttretens des Gesetzes für die gleich berechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungs positionen – Frau Wölfle, Sie haben eben darauf hingewiesen – ist der Frauenanteil natürlich gestiegen, und zwar bei Auf sichtsratsmitgliedern um 3,7 Prozentpunkte. Das ist zwar ein guter Anfang, aber es muss natürlich deutlich mehr werden.