Protokoll der Sitzung vom 29.04.2020

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesmediengesetzes – Druck sache 16/8010

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat festgelegt, in der Ersten Beratung auf die Aussprache zu verzichten.

(Unruhe)

Ich darf hier um Ruhe bitten. – Die Regierung verzichtet ebenfalls auf die mündliche Begründung des Gesetzentwurfs.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8010 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt. Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU – Gesetz zur Änderung der Ge meindeordnung, der Landkreisordnung und anderer Ge setze – Drucksache 16/8027

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt – –

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, es ist deutlich zu laut, vor allem auf der Regierungsbank. Herr Minister Untersteller!

(Zurufe)

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Be gründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Die antragstellenden Fraktionen sind übereingekommen, sich die Redezeit für die Begründung aufzuteilen.

Nun erteile ich das Wort Frau Abg. Dr. Leidig für die Frakti on GRÜNE.

Sehr verehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronapandemie be einträchtigt unser Leben in einem Ausmaß, wie wir es uns vor einigen Wochen noch nicht hätten vorstellen können. Wir al le müssen unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum redu zieren. Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Kontaktreduktion auch tatsächlich ermögli chen. Wir Grünen suchen in allen Bereichen nach Lösungen, damit unser Gemeinwesen, der gesellschaftliche Zusammen halt und die wesentlichen demokratischen Prozesse trotz Co rona und der erforderlichen Kontaktreduktion gut funktionie ren können. Diese Aufgabe nimmt die grüne Fraktion sehr ernst.

(Abg. Anton Baron AfD: Was, Sie nehmen etwas ernst?)

Videokonferenzen erlauben es uns, trotz räumlicher Trennung face-to-face zu kommunizieren, uns auszutauschen, ohne tat sächlich in realen räumlichen Kontakt zu gehen. Überall fin den Videokonferenzen statt. Auch hier im Landtag haben wir frühzeitig auf virtuelle Sitzungen umgestellt. Politik muss Vor bild sein, gerade auch in schwierigen Zeiten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ermöglichen wir nun auch den kommunalen Entscheidungsträgern den Einsatz von Videokonferenzen in außergewöhnlichen Zeiten wie einer Pandemie. Damit entsprechen wir auch einem dringlichen Wunsch vieler kommunaler Mandatsträger und Mandatsträ gerinnen. Diese sehen sich in der Verantwortung zur Kontakt reduktion, zumal etliche von ihnen ja auch altersbedingt zur Risikogruppe gehören. Zudem konnten einige in den letzten Wochen, z. B. weil sie in Quarantäne waren, nicht an Sitzun gen teilnehmen. Gleichzeitig sehen sie sich aber auch in der Verantwortung, ihr kommunales Mandat voll auszufüllen.

Bislang musste wegen der unklaren Rechtslage ausgewichen werden: mehr Umlaufverfahren, größere Räume, in reduzier ter Besetzung tagen oder die Übertragung weitgehender Be

fugnisse auf die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Das alles mag für eine kurze Zeit durchaus tragbar sein, aber in zwischen gehen wir ja davon aus, dass sich die Beschränkun gen möglicherweise noch über Monate hinziehen und wir so lange gehalten sind, Kontakte zu reduzieren. Daher ist es not wendig, einen Rahmen zu schaffen, damit die Kommunalpar lamente ihre Entscheidungsfunktion auch während Krisenzei ten ausüben können.

Mit diesem gemeinsamen Gesetzentwurf der Regierungsfrak tionen beweisen wir uns erneut als verlässlicher Partner der Kommunen. Wir schaffen Rechtssicherheit für die Dauer der Pandemie und für Ausnahmesituationen in der Zukunft. Wir ermöglichen es den kommunalen Parlamenten, handlungs- und beschlussfähig zu bleiben. Dabei haben wir auch weite re kommunale Gremien bedacht wie die kommunalen Zweck verbände, den Regionalverband Stuttgart und die Verwal tungsräte der Sparkassen.

Das Gesetz ermöglicht es nun den Kommunen, Regelungen in die Hauptsatzung aufzunehmen, nach denen Sitzungen kommunaler Gremien auch ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum zugelassen sind, wenn eine zeit gleiche Übertragung von Bild und Ton möglich ist.

Bis Ende des Jahres ist es sogar nicht einmal erforderlich, die Hauptsatzungen in dieser Weise zu ändern. Es gibt also keine rechtlichen Hürden, die erst überwunden werden müssten. Nach Inkrafttreten des Gesetzes sind diese Maßnahmen so fort möglich.

Damit ist dieser Gesetzentwurf nicht nur eine rechtssichere, sondern auch eine hoch pragmatische Lösung.

(Beifall)

Genau das zeichnet die grün geführte Regierung in BadenWürttemberg aus.

(Zurufe – Lachen der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Wichtig ist uns Grünen, dass auch vorberatende Sitzungen per Videokonferenz durchgeführt werden dürfen. Denn in Kreis- und Gemeinderäten gibt es keine festen Koalitionen; dort wird je nach Sachfrage um Mehrheiten in wechselnden Konstella tionen gerungen. Daher sind Vorberatungen wichtig, und auch dafür schaffen wir hier nun eine rechtssichere Grundlage.

Wichtig ist auch: Der Grundsatz der Öffentlichkeit bleibt ge wahrt. Die Themen der kommunalen Ebene betreffen und be wegen die Menschen direkt vor Ort. Gerade deshalb sind öf fentliche Sitzungen für die Transparenz und den Informati onsfluss wichtig. Dies berücksichtigt der Gesetzentwurf.

Bei öffentlichen Sitzungen muss eine zeitgleiche Übertragung von Bild und Ton in einen öffentlich zugänglichen Raum er folgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kommunen beweisen sich in dieser Krise erneut als verlässlicher Partner. Dafür dan ken wir ihnen von Herzen. Die Kommunen sind das politische Herzstück von Baden-Württemberg. Dort ist Politik für jeden und jede erlebbar.

(Beifall)

Die grüne Fraktion ist daher froh über diesen Gesetzentwurf. Als erstes Bundesland schafft Baden-Württemberg hier einen rechtssicheren und pragmatischen Rahmen, der die Arbeit der kommunalen Gremien auch in dieser Krisenzeit gewährleis tet.

Land und Kommunen gehen Hand in Hand. Das zeichnet un sere Politik in Baden-Württemberg aus.

(Beifall)

Vielen Dank. – Für die CDUFraktion erteile ich Herrn Abg. Hockenberger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Protokoll der heu tigen Landtagssitzung wird nicht nur, aber auch wegen dieses Tagesordnungspunkts auch noch von nachfolgenden Genera tionen gelesen. Deswegen erlaube ich mir einen kurzen Blick in die Chronologie der Ereignisse.

Wir erinnern uns noch daran, dass die erste Corona-Verord nung am 17. März in Kraft getreten ist, also gerade einmal vor sechs Wochen. Dies war ein besonderer Tag, ein Tag, den ins besondere unser Innenminister selbst nicht vergessen wird. Er war es auch, der mit den ersten Hinweisen des Innenministe riums auf die außergewöhnliche Situation umgehend reagiert hat, um den Kommunen und den Rechtsaufsichtsbehörden Handlungsempfehlungen zu geben, wie Spielräume – die das geltende Recht bereits gewährt – im Spannungsfeld zwischen der Erhaltung kommunaler Arbeitsfähigkeit und dem alles überragenden Gesundheitsschutz der Bürgerschaft genutzt werden können.

Diese Hinweise hat er am 31. März aufgrund zwischenzeit lich gewonnener Erfahrungen ergänzt. Er hat dabei immer wieder auch seinen großen Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung bekundet, weil er dies aus eigener Erfah rung als langjähriger Gemeinderat auch beurteilen kann. Da zu hat er auch im Innenausschuss entsprechende Ausführun gen gemacht.

In der Tat: Viele willige Gemeinde- und Kreisorgane haben unter durchaus kreativer und mutiger Interpretation der Ge meinde- bzw. der Landkreisordnung, insbesondere der §§ 34, 37 und 43 – Frau Kollegin Dr. Leidig hat dies angesprochen –, Mittel und Wege gefunden, auch in der Krise ordnungsge mäße Beschlüsse zu fassen.

(Vereinzelt Beifall)

Moment, das war erst nach diesem Satz vorgesehen, Herr Blenke.

(Zurufe)

Das geht, wenn der Wille, etwas richtig zu machen, stärker ausgeprägt ist als die Sorge, etwas falsch zu machen.

(Beifall – Zurufe, u. a.: Sehr gut!)

Das musste jetzt sein. – Der Bürgermeister, der mit seinem Gemeinderat, und die Landrätin, die mit ihrem Kreistag si cherlich verantwortungsbewusst, aber auch vorsichtig genug unterwegs waren, haben sich in diesen Tagen auch davon lei ten lassen, dass die Notwendigkeit, zu entscheiden, weiter

reicht als die Fähigkeit, zu erkennen, und das Recht auf Irr tum einschließt.

Deswegen haben wir in zahlreichen Beispielen aus Kommu nen gesehen, dass man auch unter Interpretation der gelten den Rechtsregelungen zu ordnungsgemäßen Beschlüssen kom men kann. Meine Erfahrungen haben dies zumindest immer bestätigt, und ich schließe mich ausdrücklich dem Dank an die Kommunen an, die diese Situation bisher gut gemeistert haben. Die CDU-Fraktion sagt: Danke, liebe Kommunen.

(Beifall)