Da bin ich in guter Gesellschaft mit Herrn Söder. Auch er hat am 30. April in einer Pressekonferenz ganz klar von sich ge geben, dass selbstverständlich auch die Politik nicht bera
tungsresistent sein darf und dass sie ihre Positionen verändern darf und muss. Das gehört einfach dazu.
Was nicht dazugehört, Herr Rülke – das sage ich Ihnen auch einmal –: Wenn eine Abgeordnete Sie um die Zulassung einer Zwischenfrage bittet und wenn Sie ihr höflich das Wort ertei len, dann können Sie die Abgeordnete doch auch höflich be handeln, statt sie wie ein Schulmädchen abzuqualifizieren
und auf den Platz zurückzuverweisen. Ich hätte das nicht an gesprochen, wenn es nicht schon zum zweiten oder dritten Mal passiert wäre. Vielleicht fallen Sie zurück in Ihren ehe maligen Beruf. Da war das sicher so üblich, hier im Parlament ist es das aber nicht.
Herr Ministerpräsident, zu den Maßnahmen, die vorgestellt wurden: Ich habe jetzt keine Perspektive für den Freizeitpark in Tripsdrill, für den Freizeitpark in Rust, für unsere gesamte Tourismusbranche in Baden-Württemberg gehört. Daten, Fak ten, wann und wie? Die Ferienregionen – – Baden-Württem berg hat einfach einen großen Markt im Tourismus- und Fe rienbereich.
Zur Gastronomie haben Sie gesagt: Ja, wir fangen mal außen an, eventuell schon ab nächster Woche, und danach eventuell auch innen, wenn es gut geht. Das ist Stückwerk! Damit kön nen die Leute nicht planen. Die Menschen müssen planen kön nen, die Menschen wollen Antworten: Werden wir zu Pfings ten eine Chance haben, uns frei zu bewegen, einen Platz in ei nem Restaurant zum Mittagessen zu buchen und uns auch draußen zu bewegen? Können wir zu Ausflugszielen gelan gen, und können wir dort auch ein Eis bekommen, ohne Angst haben zu müssen, 200 € Strafe zu zahlen?
Das ist etwas, was die Menschen jetzt, in den nächsten Tagen – heute, morgen – von Ihnen wissen wollen.
Früher war ein Impfstoff etwas Positives. Inzwischen brechen um solche Produkte Wirtschaftskämpfe aus. Wir werden se hen, dass nicht nur ein Institut hier das Beste anbieten will, sondern dass es mit Sicherheit mehrere sind. Wir haben jetzt auch gesehen, dass in der EU Geld für die Impfstoffentwick lung gesammelt wurde, damit die Forschung noch einmal groß unterstützt wird, damit man möglichst Möglichkeiten findet, für die Welt, für 7,5 Milliarden Menschen einen Impfstoff zu entwickeln.
Die Frage ist natürlich: Was machen Sie in einem freien Land wie Deutschland mit den Menschen, die sich nicht impfen las sen wollen?
Dürfen diese Menschen sich dann noch frei bewegen? Dür fen diese Menschen dann noch mit dem ÖPNV fahren? Dür fen Kinder, die nicht geimpft sind, in Schulklassen gehen?
Das gibt noch eine heiße Auseinandersetzung um diesen Im munitätspass. Denn ohne den – das sage ich heute schon vo raus – kommen Sie wahrscheinlich gar nicht mehr über die französische oder Schweizer Grenze. Es wird also Diskussi onen geben, wiederum Diskussionen um Freiheitsrechte und darüber, was man darf und was man nicht darf.
Ich bin gespannt. Man hat in der sich schon jetzt anbahnen den Diskussion in Berlin die Fühler bereits wieder ein biss chen eingezogen: „Das wollen wir doch nicht.“ Seien wir al so sehr vorsichtig.
Die App kann etwas Gutes sein; natürlich. Wenn wir nicht al le die schlechten Erfahrungen mit der NSA und allen anderen Gesellschaften gemacht hätten, wären wir da sicher etwas of fener.
Es geht um das Stichwort Abhören, Bundeskanzlerin etc. Wenn man also diese ganzen negativen Dinge nicht schon mit bekommen hätte, würde man einer solchen Entwicklung po sitiver gegenüberstehen. Hier ist man sich aber Gott sei Dank schon von vornherein darüber im Klaren, dass das auf Frei willigkeit basieren soll. So haben auch alle Zweifler genug Möglichkeiten, sich davon überzeugen zu lassen, dass die App in Bezug auf die personenbezogenen Daten tatsächlich sicher ist.
Zu Antikörpertests habe ich keinen Ton gehört. Diese Woche habe ich den Nachrichten entnommen, dass ein Schweizer Un ternehmen 30 Millionen Tests nach Deutschland liefern kann, mit Sicherheit auch darüber hinaus. Ich glaube, das wäre ei ne bessere – vielleicht sogar die einzige – Möglichkeit, um großflächig festzustellen, wie hoch die Dunkelziffer der be reits infizierten und wieder genesenen Menschen und die Zahl der mit dem Virus noch nicht in Kontakt gekommenen Men schen ist. Das geht mit Sicherheit nur über so einen flächen deckenden Test. Allerdings ist mir auch noch nicht klar, wie groß die Laborkapazitäten dafür sein müssen; denn bei den Coronatests hängt es nicht mehr an den Stäbchen, sondern an den Kapazitäten der Labors.
Die schwächsten und notleidendsten Menschen in dieser Kri se haben wir heute Nachmittag ein bisschen außen vor gelas sen: die alleinerziehende Mutter, den alleinerziehenden Vater, der seit sieben Wochen zu Hause mit seinem Kind, seinen Kin dern sitzt. Die einen, die eigentlich noch in die Kita gehen, versucht er zu bespaßen, die anderen versucht er mit dem Ma terial zu unterrichten, das zur Verfügung steht. Das ist sehr schwierig.
Die Kinder dürfen seit dieser Woche ja wieder auf den Spiel platz, allerdings auch nur mit Abstandswahrung. Ich stelle mir die Schwierigkeiten dabei ungefähr so vor wie in der Schule, in der Grundschule oder auch in den weiterführenden Schu len, wo man heute in Teams lernt und nicht mehr frontal zum Lehrer, zur Tafel sitzt, sondern in Blocks, im Team, mit Akti
on. Ich weiß nicht, wie das jetzt laufen soll und wie das in den nächsten Wochen und Monaten laufen soll. Sie können doch nicht ernsthaft die Schulen und die Kitas geschlossen halten, bis Sie einen Impfstoff entwickelt haben, von dem Sie heute bereits wissen, dass das vielleicht ein Jahr oder zwei Jahre dauert. Das kann nicht sein.
Bevor Sie Bundesligaspieler täglich mehrfach testen: Gehen Sie in die Kitas und in die Schulen, und testen Sie morgens die Kinder und am nächsten Morgen wieder.
Herr Lede Abal, im Gegensatz zu Ihnen lese ich den ersten Teil der Zeitung und fange nicht sofort beim Sportteil an.
Glauben Sie mir: Im Gegensatz zu den Unterstellungen von Herrn Rülke lese ich auch noch nicht die Todesanzeigen.
Sie haben mir – – Ja, ja. Mit der Krankheit, die Sie mir und uns unterstellen, sind Sie da schon ganz nah dabei.
(Vereinzelt Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Daniel And reas Lede Abal GRÜNE: Ja, lesen Sie die jetzt oder nicht?)
Dann zu Pflege- und Altenheimen: Da haben Sie angedeutet oder beschlossen: Eine Kontaktperson darf da mit Abstands- und Hygieneregeln wieder Kontakt aufnehmen. Wissen Sie was? In diesem Bereich verstehe ich es und akzeptiere es. Da halte ich es auch für absolut notwendig, weil das genau der schwächste Teil der Gesellschaft ist; diese Menschen sind am stärksten betroffen, mit der höchsten Mortalitätsrate. Dort ist wirklich Vorsicht angebracht, und dort sind diese Maßnahmen auch sinnvoll.
Oper oder Volksfest? Das war ein super Vergleich. Selbstver ständlich kann man eine Opernaufführung durchführen. Mit den Regelungen, die Sie heute haben, können Sie viele Ver anstaltungen durchführen. Doch eines wissen wir nicht: Wo fängt die Großveranstaltung an?
Bei welcher Zahl sprechen wir von einer Großveranstaltung? Sprechen wir bei der Mitgliederversammlung einer Partei mit 50 Mitgliedern von einer Großveranstaltung? Für mich ist klar: Das Cannstatter Volksfest ist eine Großveranstaltung. Ein Bundesligaspiel im Neckarstadion, im Daimlerstadion ist eine Großveranstaltung. Wo ist die Zahl definiert? Ab wann
lassen Sie – bis zu den und den Zahlen – Versammlungen wie der zu? Die Klärung muss sehr, sehr schnell passieren.
Wenn die Bundesliga – das ist Kampfsport – in 14 Tagen star ten kann, müssen Sie auch die Vereine des Amateursports, un ser Vereinsleben wieder eröffnen. Die kleinen Kinder wollen auch wieder Fußball spielen. Das muss möglich sein.
Die machen sich weniger Sorgen um die Zuschauer. Die kom men seltener, abgesehen von den Eltern und den Opas und Omas. Das kennen wir ja. Also, das muss zuerst möglich sein; vorher darf man doch auf gar keinen Fall den Profisport eröff nen.