Protokoll der Sitzung vom 06.05.2020

Da gilt der Satz von König Christian VIII. von Dänemark.

Herr Abg. Dr. Schütte, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Erst kommt das Zitat. – Der König hat gesagt:

Arm und elend sind wir..., wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir aufhören, ein Staat zu sein.

(Beifall – Zurufe)

Natürlich ist klar, dass wir uns bei der einen oder anderen un nötigen Bürokratie – § 2 b des Umsatzsteuergesetzes – über legen müssen, ob wir das alles brauchen. Darüber wird man reden müssen.

Aber es bleibt die Frage: Wer bezahlt eigentlich die Überle benshilfe, die Unterstützung der Kommunen und die Investi tionen in die Zukunft? Die Antwort sehen wir in den letzten zehn Jahren. Statt einer langjährigen Depression folgte auf die Finanzkrise von 2008 bis 2010 ein Aufschwung, und die Ver schuldungsquote wurde von über 80 % auf unter 60 % redu ziert.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Zu welchem Preis?)

Der Preis war, dass es uns heute viel besser geht als früher.

(Unruhe)

Und wir haben eine zurückhaltende Haushaltspolitik gemacht. Aber eine Bemerkung kann man machen: Wenn wir in Zu kunft wieder bessere Zeiten haben, können wir an heute den ken und vielleicht für 100 Millionen € Zusatzeinnahmen nicht 100 Millionen € Ausgaben zusätzlich beschließen.

(Zurufe)

Ich bin mir sicher: Wenn wir in die Zukunft investieren und die Wirtschaft nicht jetzt komplett kaputtsparen, dann wird auch die Generation, die jetzt in den Schulen ist, im Jahr 2035 vielleicht die nächste Krise bewältigen können, weil wir sie gut ausgebildet haben, ihnen eine bessere Infrastruktur zur Verfügung gestellt haben und weil wir ihnen Zukunftshoff nung und Zukunftschancen gegeben haben. Das ist unsere Aufgabe und nicht, die Fehler von 1930 zu wiederholen und das Land kaputt zu machen.

(Vereinzelt Beifall)

Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall – Zurufe: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Hofelich.

Werte Frau Präsidentin, werte Kol leginnen und Kollegen! Wenn ich das taktische Kalkül der AfD einmal weglasse, reden wir natürlich über ein ernstes Thema: Wie weit kann unser Landeshaushalt die vielfältigen Corona-Abwehrlasten tragen? Müssen wir uns im Haushalt Raum für unsere Hilfen an Wirtschaft und Gesellschaft schaf fen, und wie tun wir das, durch Umschichtungen oder eben durch weitere Kreditaufnahmen? Das wird uns in der nächs ten Zeit natürlich beschäftigen.

Ich denke auch, dass es richtig ist, dass in den Städten und Ge meinden auch drastische Maßnahmen in diesen aufgrund der schwankenden Gewerbesteuereinnahmen volatilen Haushal ten ergriffen werden. Das ist völlig klar.

Tatsache ist aber auch, dass die Liquidität unseres Landes haushalts, von der wir uns in diesem Parlament überzeugen, bei der wir Bescheid wissen, derzeit ausreicht, dass wir die sem AfD-Antrag nicht zuzustimmen brauchen. Wir werden ihm auch nicht zustimmen, weil wir in einer Situation sind, in der wir als Haushaltsgesetzgeber und als Parlament hier den Überblick haben. Wir werden uns diesen Überblick auch er kämpfen, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Ob die AfD mit dem Thema ernsthaft umgeht, daran haben wir sowieso erhebliche Zweifel. Der Justizvollzug braucht mehr Personal, die Finanzverwaltung braucht bessere Kont rolle, um Einnahmen erzielen zu können.

(Zurufe)

Das Handwerk braucht mehr Meister. Und es ist auch so, dass wir, wenn wir über die Bildung reden, noch viel weiter gehen können. Haushaltssperren, meine Damen und Herren, dürfen nicht dem Handlungsfähigen die Handlung abschneiden. Das ist der Punkt.

(Beifall)

Das steht ja hinter Ihrem Antrag.

Im Übrigen will ich Ihnen nur einmal eines sagen: Wenn Sie schon Ihr Gedankengebäude hier aufrichten, dann sage ich Ih nen: Wenn Sie bei diesem Thema sagen, der Polizeivollzugs dienst solle ausgenommen werden, dann würde ich mich freuen, wenn Sie dann konsequenterweise auch gesagt hätten: Lasst uns, das Land, in dieser besonderen Situation unserer Famili en zurückkehren zu einer offenen und realistischen Finanzie rung wie der Drittelfinanzierung der Schulsozialarbeit. Denn das ist in diesen Zeiten notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Herr Abg. Hofelich, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Nein, bitte nicht, Frau Präsiden tin. Es sind nur fünf Minuten Redezeit.

Ich habe einfach den Eindruck: Sie kommen nicht mehr aus Ihrer Groll- und Schmollecke heraus. Deswegen sagen Sie: Damals hatten wir eine gute Idee, und jetzt sind wir sauer, dass Regierung und Oppositionsfraktionen die richtigen Dinge ma chen.

Ich möchte mich von der AfD abwenden und zur Haushalts lage kommen. Wir haben eine außergewöhnliche Situation: Niemand hätte bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts vor Weihnachten gedacht, dass wir schon wenige Monate spä ter eine 5-Milliarden-€-Kreditlinie haben würden. Möglich wurde sie übrigens durch die Regelung der Schuldenbremse bei Naturkatastrophen und Notsituationen. 1 Milliarde € ha ben wir bisher aufgenommen. Niemand hat daran gedacht, dass aus den gut gefüllten Quellen des Bundeshaushalts, de rer wir uns bedienen dürfen, zwischenzeitlich sicherlich un gefähr 1,4 Milliarden € – Stand letzter Donnerstag – auf die Landeskonten überwiesen wurden – übrigens ohne Subsidia ritätsbedenken des Landes, aber mit Olaf Scholz.

(Beifall)

Kaum jemand hat daran gedacht, dass sich die Haushaltsrück lage für Unvorhergesehenes mit den Zuzahlungen dieses Jah res auf ca. 1,5 Milliarden € aufsummiert und nicht zur grünschwarzen Kür vor der Landtagswahl, sondern zur parteiüber greifenden und fraktionsübergreifenden Pflicht in der Coro nakrise wird, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Auch nicht viele denken daran, dass von dem für 2019 der zeit festgestellten kassenmäßigen Überschuss von 3,7 Milli arden € nach Verrechnung der Reste wohl sehr ansehnliche rund 1,8 Milliarden € Jahresüberschuss übrig bleiben werden und diese auch dringend für Coronamaßnahmen und Investi tionen gebraucht werden, meine Damen und Herren.

Wir danken dem Finanzministerium und der Finanzministe rin für die wöchentliche Information des Finanzausschusses zu den Zu- und Abflüssen, die wir in dieser Situation haben. Klar ist aber auch – das will ich hier sagen –, dass wir, der Fi nanzausschuss und das Parlament insgesamt, auch wenn die Liquidität gegeben ist, ab jetzt genauer auf die Programme und auf die Schirme werden schauen müssen. Es ist die Pflicht des Parlaments, dass wir hier jetzt wieder eine funktionsfähi ge Kontrolle haben, die wir, der Finanzausschuss, ausüben wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Ich möchte in dieser Zeit schon noch einmal sagen, für wen wir hier treuhänderisch stehen: Es sind nicht die Philosophen, sondern die Steuerzahler, Selbstständigen und Arbeitnehmer, die in den Jahren 2016 bis 2019 mit dem Überschuss im Lan deshaushalt die Regierung Kretschmann bislang über die Hür den gebracht haben, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Das Fazit: Die Parlamente und Regierungen in Berlin und Stuttgart haben bislang vieles richtig gemacht. Austerität war nicht nötig, Mitgefühl und Solidarität schon. Ökonomisch war es im Kern keynesianisches Gegenhalten – die Pferde zum Saufen bringen. Wir erwarten jetzt aber, meine Damen und Herren, eine Strategie. Das ist der wichtige Punkt, der vor uns steht: Keine Haushaltssperre, aber eine Haushaltsstrategie. Beenden Sie die Aufblähung im Personalbereich der Leitungs ebenen der Ministerien. Wir haben Sie harsch kritisiert, und Sie haben einfach weitergemacht. Frau Finanzministerin und

Herr Ministerpräsident, stoppen Sie endlich die grün-schwar ze Vermehrung der Messdiener in diesem Land.

(Beifall)

Wir können uns das nicht mehr leisten. Sorgen Sie dafür, dass es in den Ministerien zu Umschichtungen kommt. Das ist in einem Landratsamt ganz normal beim Personal – ich komme zum Ende, Frau Präsidentin –, menschlich nicht leicht, aber sachlich leistbar. Die Differenz heißt eben Verwaltungsfüh rung. Vielleicht kann die Regierung Kretschmann beweisen, ob sie es tatsächlich kann, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Was das Geld angeht – letzter Satz –: Jetzt kommt es darauf an. Dort, wo es wirklich notwendig ist, brauchen wir tatsäch lich auch Handlungen. Das gilt vor allem für die Städte und Gemeinden. Ihre Funktionsfähigkeit muss unter allen Umstän den gewahrt werden. Die kommunale Ebene ist für uns wich tig. Deswegen kommt es darauf an, dass dort, wo der Kittel brennt, jetzt auch etwas getan wird. Nach den beiden Ab schlagszahlungen muss jetzt der kommunale Rettungsschirm kommen. Machen Sie das ohne Taktik, Frau Finanzministe rin und Herr Ministerpräsident, und machen Sie es in Solida rität mit den Kommunen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Brauer.

(Minister Manfred Lucha zur SPD: Schafft einmal was! – Gegenruf des Abg. Peter Hofelich SPD: Jetzt wird es aber beleidigend! – Abg. Andreas Stoch SPD: Frau Präsidentin, der Minister entgleist ein bisschen!)

Was war jetzt?