(Abg. Andreas Stoch SPD: Der Satz: „Schafft doch erst mal was“ geht so nicht! – Gegenruf: Wer hat das gesagt?)
Ich habe das nicht gehört, Herr Abg. Stoch. – Herr Minis ter, sollte es zutreffend sein, dann bitte ich Sie, ab sofort – –
Sehr gut. Vielen Dank. Ihnen ist bekannt, dass Sie von der Regierungsbank keine Meinungsäußerungen kundtun dürfen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD-Fraktion beantragt eine allgemeine Haushaltssperre. Das klingt hart.
Der Begriff „Sperre“ soll konsequent erscheinen und soll den Eindruck radikalen Durchgreifens vermitteln.
Das ist der Hauruckstil der AfD, den wir kennen und den Sie sich bei Ihren Vorbildern Putin, Trump und Co. abgeschaut haben.
Sicher ist ein Nachsteuern aufgrund der durch die Coronakri se verursachten Mehrausgaben und der zu erwartenden Min dereinnahmen unerlässlich. Ob eine allgemeine Haushalts sperre in dieser Situation hilfreich ist, möchte ich, ebenso wie meine Vorredner, bezweifeln.
„Haushaltssperre“ würde bedeuten, dass alle Ausgaben, für die noch keine rechtlichen Verpflichtungen eingegangen wur den, automatisch obsolet sind,
mit Ausnahme der Stellenbesetzungen im Bereich des Poli zeivollzugsdienstes und mit Ausnahme der Bereiche, die di rekt mit der Lösung der Coronapandemie betraut sind –
Das von Ihnen präsentierte Rezept einer Haushaltssperre ist aber nur eine Scheinlösung. Wenn man sich die Posten im Landeshaushalt anschaut, die zur kurzfristigen Konsolidie rung herangezogen werden können, sind das sehr überschau bare Beträge. Wollen Sie allen Ernstes den Landeshaushalt retten, indem Sie Beförderungen im öffentlichen Dienst aus schließen und Stellen für Grundschullehrer streichen – für die man vielleicht mit Müh und Not geeignete Bewerber gefun den hat? Ist es Ihre Art von Politik, Infrastrukturprojekte im Keim zu ersticken, indem Sie fordern, nur Maßnahmen aus zunehmen, für die vertraglich oder gesetzlich der volle Betrag gezahlt werden muss? Das sind übrigens die meisten.
Ich schaue in Ihre Gesichter und stelle fest: Ja, Sie meinen das ernst. Und ja, das ist Ihre Art von Politik. Diese Politik ist nämlich rückwärtsgewandt; sie ist so rückwärtsgewandt wie die ganze AfD.
Wenn wir jetzt Bildungsinvestitionen kappen oder Infrastruk turprojekte einstellen würden, um den Haushalt zu konsoli dieren, wäre das viel zu kurzfristig gedacht. Die Zeche wür den wir alle durch Wohlstandsverluste in der Zukunft bezah len.
Richtig ist: Wir stehen vor immensen finanziellen Herausfor derungen: Mindereinnahmen auf der einen Seite, Ausgaben steigerungen auf der anderen. Durch die dringend erforderli chen steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen werden mindestens 6 Milliarden € weniger in den Landeshaushalt flie
ßen; aufgrund der nachlassenden Konjunktur ist mit weiteren 4 Milliarden € Steuermindereinnahmen zu rechnen. Diesen Mindereinnahmen stehen Mehrausgaben in Höhe von derzeit 2,3 Milliarden € entgegen, wobei rund 1,5 Milliarden € vom Bund getragen werden – das ist in der öffentlichen Kommu nikation auch noch nicht so deutlich herausgekommen.
Aber hier ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht er reicht. Weitere Soforthilfen müssen schnell auf den Weg ge bracht werden; insbesondere den Gaststätten, Restaurants und Hotels geht bald die Luft aus.
In der Analyse der prekären Situation sind wir uns also einig; der Schluss allerdings, den die AfD aus dieser Situation zieht, ist falsch. Eine generelle Haushaltssperre ist nicht der richti ge Weg, um aus der Krise zu finden. Noch nicht einmal die kurzfristige Konsolidierung des Haushalts lässt sich so errei chen. Dazu sind die Einsparpotenziale, die man dadurch rea lisieren kann, einfach zu gering.
Noch viel weniger ist die geforderte Haushaltssperre dazu ge eignet, die Weichen für die Zukunft, für die Zeit nach Coro na zu stellen. Bei Zukunftsprojekten eine Kontinuität in der Finanzierung sicherzustellen ist das Gebot der Stunde. Hier Investitionen zu kappen und Unterbrechungen zu riskieren würde bedeuten, dass uns das Virus nicht nur verletzt, sondern geschlagen hat. Und das darf nicht sein.
Eine seriöse Einordnung der Mittelabflüsse im Hinblick auf die zu erwartenden Mindereinnahmen ist erst nach der Steu erschätzung Mitte Mai möglich. Dann ist es auch die Zeit, auf einen Nachtragshaushalt hinzuarbeiten, der der neuen Reali tät gerecht wird. Denn nicht alles – da gebe ich Ihnen recht –, was im Dezember für manche wünschenswert erschien, ist heute noch bezahlbar. Der Stellenaufwuchs – Herr Hofelich hat es bereits angesprochen – in den Ministerien, den wir be reits bei der Aufstellung des Doppelhaushalts kritisiert hatten, muss erneut auf den Prüfstand. Prestigeprojekte, die in dieser Sondersituation gar nicht mehr diskussionswürdig sind, müs sen auf den Prüfstand. Wie wollen Sie denn erklären, dass das Land für alle Kommunen zusammen bislang 200 Millionen € bereitgestellt hat, wenn allein der Beitrag der Stadt Stuttgart zur Opernsanierung 500 Millionen € beträgt und die restlichen 500 Millionen € dann vom Land kommen sollen? Das ist nicht darstellbar; das ist nicht vermittelbar.
Dringende Infrastrukturmaßnahmen wie Straßen- und Brü ckenbau oder die Digitalisierung im ländlichen Raum zu ver nachlässigen, um einer kleinen Minderheit Kulturgenuss zu ermöglichen, das wäre in der jetzigen Situation schlicht und ergreifend nicht angebracht und erscheint dekadent.
und zu einer Aufstellung eines Nachtragshaushalts im Lichte von Corona. Eine allgemeine Haushaltssperre, wie sie die AfD fordert, lehnen wir dennoch ab.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal herzlichen Dank an die Beschäftigten hier im Landtag, die immer dafür sorgen, dass wir unsere Sitzungen so hygienisch wie möglich abhal ten können. Vielen Dank dafür. Auch das ist ein Zeichen der Coronapandemie, dass wir die Hygienemaßnahmen deutlich anheben mussten.
Ja, diese unerwartete Pandemie betrifft alle Bereiche unseres persönlichen, privaten, gesellschaftlichen Lebens, unseres Ge sundheitssystems, unserer Wirtschaft und vieles mehr. Sie stellt natürlich das Land Baden-Württemberg, Deutschland, aber auch die ganze Welt vor enorme Herausforderungen. Uns alle treiben die konkreten Auswirkungen natürlich um. Ich kann sagen: Auf allen Ebenen wird alles getan, werden alle möglichen Maßnahmen ergriffen, um gegenzusteuern.
Die finanziellen Grundlagen hierfür sind da. Zum einen hilft uns die solide Haushaltspolitik der vergangenen Jahre. Wir haben nämlich die guten Zeiten genutzt, um Schulden zurück zuzahlen, zu tilgen, in Infrastruktur zu investieren, aber eben auch, um mit dem Doppelhaushalt 2020/2021, den wir hier in diesem Haus im Dezember letzten Jahres verabschiedet ha ben, eine Rücklage zu schaffen. Diese Rücklage ist auf jeden Fall ein gutes Polster, um die notwendigen Maßnahmen zu fi nanzieren.
Hierzu gehört natürlich in erster Linie – und zwar sehr schnell und sehr eilig – alles, was mit Schutzausrüstung, Schutzklei dung, Atemmasken, Beatmungsgeräten, Ausbau der Intensiv medizin usw. zu tun hatte. Der Haushaltsgesetzgeber, der Landtag, hat am 19. März einen Nachtragshaushalt verab schiedet und damit die finanziellen Voraussetzungen geschaf fen, dass wir sowohl im Bereich des Gesundheitsschutzes als auch für die Wirtschaft entschlossen handeln konnten.
Es war richtig, dass wir die guten Zeiten genutzt haben, um eine Rücklage für Haushaltsrisiken aufzubauen. Auf diese konnten wir, als klar war, wir müssen insbesondere bei den hygienischen und medizinischen Maßnahmen aktiv werden, dann auch sehr schnell zurückgreifen.
Es ist angesprochen worden, dass wir, das Finanzministeri um, den Finanzausschuss jede Woche darüber informieren, welche Einwilligungen in Entnahmen aus dieser Rücklage in der jeweils vergangenen Woche erteilt worden sind. Dies geht allen Abgeordneten zu. Wir waren – Stand gestern Abend – bei dieser Liste bei Ausgaben von 2,084 Milliarden € seit dem 24. März. Wir haben außerdem weitere Ausgaben, die aber vom Bund erstattet werden. Das sind die 1,45 Milliarden €, über die der Kollege Brauer auch gerade gesprochen hat.
Diese Beträge sind nicht voneinander abzuziehen. Es ist nicht so, dass wir 2,084 Milliarden € minus 1,45 Milliarden € aus gegeben haben, sondern wir haben beide Beträge ausgegeben. Die Bundesmittel fließen in den Haushalt als Einnahme und werden dann über die Rücklage sofort an die jeweiligen Fach ministerien wieder ausbezahlt. Das sind im Wesentlichen das Sozialministerium für den gesamten Krankenhausbereich und das Wirtschaftsministerium für den Bereich der wirtschaftli chen Unterstützung, insbesondere auch der Soforthilfen.
Für den Gesundheitsschutz haben wir bereits fast 300 Milli onen € ausgegeben. Über das Krankenhausentlastungsgesetz sind aktuell 370 Millionen € in Baden-Württemberg angekom men. Sie kennen die Debatte, dass die Mittel, die der Bund für freie Betten zur Verfügung stellt, nämlich 560 € am Tag laut Krankenhausentlastungsgesetz, vielerorten nicht ausreichen. Dass wir freie Betten haben, ist natürlich auf der einen Seite ein gutes Zeichen, weil das zeigt, dass die Krankheitsverläu fe und auch die Anzahl der schweren Erkrankungen durch die vielfältigen Maßnahmen von Ausgangs- und Kontaktbeschrän kungen und weitere Maßnahmen doch deutlich reduziert wer den konnten.
Nichtsdestotrotz stellt das natürlich auch die Universitätskli nika als Krankenhäuser der Maximalversorgung vor große He rausforderungen. Deshalb haben wir den Universitätsklinika 600 Millionen € zugebilligt, um den laufenden Betrieb und die notwendigen Umrüstungen zu finanzieren. Wir werden selbstverständlich auf Bundesebene weiter darauf drängen, dass das, was der Bund pro Intensivbett zahlt, und das, was der Bund pro Tag an freien Betten zahlt, deutlich erhöht wer den muss, weil – das zeigt sich schon jetzt – das einfach nicht auskömmlich ist.
Auf der anderen Seite können wir sagen, dass es gut und wun derbar gelungen ist, in Baden-Württemberg die notwendigen Kapazitäten bereitzustellen, sodass wir zu keinem Zeitpunkt in einer krisenhaften Situation in dem Sinn waren, dass wir mehr Erkrankte, mehr behandlungsbedürftige Personen als Kapazitäten hatten, sondern ganz im Gegenteil. Daran sieht man auch, dass sich diese Investitionen und diese wichtigen Weichenstellungen auf jeden Fall gelohnt haben.