Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

Wir orientieren uns eben immer an der Sache – unabhängig von der Person, Herr Innenminister.

(Lachen – Abg. Carola Wolle AfD: Dass ich nicht la che! – Abg. Thomas Blenke CDU: Daran werden wir Sie zu gegebener Zeit erinnern! – Weitere Zurufe – Anhaltende Unruhe)

Jetzt seid doch mal zufrieden.

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Binder hat das Wort.

(Zuruf der Abg. Carola Wolle AfD)

Da ist die Wahrscheinlichkeit ge ring, dass wir auch nur im Ansatz in die Nähe einer Einigkeit kommen, Frau Wolle.

(Zurufe – Fortgesetzte Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage des Öffentlich keitsgrundsatzes beantworten Sie nach wie vor ziemlich rea

litätsfern. Sie ermöglichen den Livestream nicht. Warum ei gentlich nicht? Damit gibt es überhaupt kein Problem. Selbst der Städtetag forderte das in einer Stellungnahme zur letzten Reform der Gemeindeordnung. Es wäre völlig unproblema tisch, den Kommunen diese Möglichkeit zu geben – es nicht vorzuschreiben, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, die se Sache zu erleichtern. Deshalb: Stimmen Sie doch einfach unserem Änderungsantrag zu.

Wenn Sie der Auffassung sind, dass Einigkeit in diesem Haus darüber herrscht, dass man eine Evaluation braucht: Welcher Zacken fällt denn den Regierungsfraktionen aus der Krone, wenn dem Entschließungsantrag der FDP/DVP ganz einfach zugestimmt wird? Das wäre doch ein Leichtes. Aber im Ge gensatz zu dem, was ich vorhin zum Innenminister sagte, geht es nur darum, dass dieser Entschließungsantrag nicht von den Regierungsfraktionen kommt, sondern von der FDP/DVP. Diese Haltung ist bei diesem Thema ziemlich kleinlich.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall)

Nun hat Herr Abg. Rott mann das Wort für die AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Ich glaube, die meisten haben nicht damit gerechnet, dass die Debatte jetzt noch einmal so lebhaft wird. Herr Hockenberger lobt die Gesetzgebung unter GrünRot, und Kollege Binder sieht sich ganz an der Seite des CDUInnenministers. Da tun sich ganz neue Koalitionsmöglichkei ten auf. Ich finde das durchaus interessant und faszinierend.

Wir haben in der vergangenen Woche ausreichend über das Gesetz in der Fassung gesprochen, in der es in der vergange nen Woche vorlag. Inhaltlich gibt es dazu nicht mehr viel zu sagen. Wir, die AfD-Fraktion, lehnen die Schnellschüsse in Form der ganzen Änderungsanträge, die in den letzten Tagen noch reingekommen sind, ab, stimmen aber dem Gesetz als Ganzem zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall)

Herr Abg. Professor Dr. Goll, jetzt sind Sie schon dran. So schnell ging das jetzt.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mit dem Gesetz machen wir den Kommunen einen Vorschlag. Wir erweitern ihre Möglichkei ten. Wir werden diesen Vorschlag auch unterstützen, weil na türlich auch wir Teil eines kommunalaffinen Parlaments sind. Diesen schönen Begriff haben wir ja vom Kollegen Hocken berger gehört.

Allerdings ist es ein bisschen schade, dass unsere Verbesse rungsvorschläge zu diesem Entwurf samt und sonders kein Gehör gefunden haben, und das interessanterweise, obwohl Ihre Begründung, Frau Dr. Leidig, vorhin eigentlich eher da zu hätte führen müssen, dass Sie ihnen zustimmen. Sie haben gesagt, Sie wollten einen rechtssicheren und pragmatischen Entwurf. Ja, wenn Sie einen pragmatischen Entwurf wollen, dann machen Sie es doch z. B. wie Brandenburg vor zwei Wo

chen. Dort hat man einfach reingeschrieben: Telefon- oder Vi deokonferenz. Punkt.

(Beifall)

Da hat übrigens kein Mensch angefangen, über Öffentlichkeit zu sinnieren, weil das irgendwo daneben ist.

Das wäre pragmatisch gewesen. Es hätte vielen Kommunen genützt, die in der Tat die Möglichkeit, die der jetzige Vor schlag beinhaltet, gar nicht nutzen können. Da entsteht im Grunde genommen auch eine schwer begründbare Ungleich heit im Land. Das hat ferner mit der Rechtssicherheit zu tun. Denn je stabiler ich eine solche Konferenz über die Bühne bringe, desto rechtssicherer ist sie. Das haben die Kommunen hier deutlich zum Ausdruck gebracht. Manchmal klemmt es halt bei der Technik, und einer kommt halt immer noch mit dem Handy, mit dem Telefon – ich sage es noch einmal: das haben wir in den letzten Wochen wahrscheinlich alle schon erlebt –, und wenn das zulässig ist, dann bekomme ich die Sa che natürlich stabiler und damit auch rechtssicherer hin.

(Beifall)

Spannend war für mich auch, Frau Kollegin Leidig, dass Sie die Barrierefreiheit zitiert haben. Die haben Sie wahrschein lich deshalb zitiert, damit sie in der Rede vorkommt. Im Ent wurf kommt sie nämlich nicht vor. Sie haben sich wahrschein lich veranlasst gesehen, den Begriff zu gebrauchen. Aber un seren Vorschlag, Barrierefreiheit herzustellen, indem man nämlich eine digitale Sitzung auch digital überträgt, haben Sie interessanterweise nicht aufgenommen. Also auch das ist ein bisschen schwer erklärbar.

(Beifall)

Gut finden wir – zwischendurch muss man natürlich auch zu einem Lob kommen –, dass § 140 a jetzt eingebaut werden soll. Der Vorschlag, den die Regierungsfraktionen vorlegen, löst das Problem ziemlich passgenau – mit der Gefahr, die Sie angesprochen haben, dass man vielleicht verlängern muss.

Wir werden trotzdem auch Ihrem Vorschlag zustimmen, der ja etwas darüber hinausreicht, aber in einer Weise, die auch wir begrüßen. Ich will auf Details nicht mehr eingehen, aber wir werden insofern allen Anträgen – unseren eigenen natür lich, aber auch den anderen – nach der heutigen Debatte zu stimmen.

Schade, dass unser Entschließungsantrag kein Gehör findet mit der interessanten Begründung, dass man das, was darin begehrt wird, sowieso vorhat. Daraus könnte man auch den Schluss ziehen, dass wir gemeinsam die Vornahme einer Eva luation beschließen. Ich bin jetzt gespannt, ob und, wenn ja, wann die Evaluation kommt, und sage mal optimistisch mit einem anderen Fußballphilosophen: Die Chancen stehen 70 : 50.

(Heiterkeit – Beifall – Abg. Klaus Dürr AfD meldet sich.)

Herr Abg. Dürr, dann ha ben Sie jetzt noch Redezeit für die AfD.

Danke, Frau Präsident. – Herr Goll, Sie haben gesagt, Sie würden heute allen Anträgen zustim men. Wir von der AfD haben es leider verpasst – das muss ich ganz deutlich sagen –, einen eigenen Antrag einzureichen. An dernfalls hätten Sie die Richtigkeit Ihrer Aussage beweisen können.

Herr Binder, wir haben im Ausschuss darüber geredet – dazu stehe ich auch und finde das nach wie vor richtig –: Wir soll ten jetzt etwas verabschieden, was uns weiterbringt, was den Betrieb nicht aufhält. The show must go on. Das ist nicht als Witz zu verstehen. Wir können die Gemeinden nicht ausblen den und ausbremsen, sondern wir müssen es ihnen ermögli chen, durchzukommen.

Aber „last minute changes“, das sind die Änderungen, die die meisten Fehler enthalten. Dadurch verbaut man etwas und muss dann nachbessern. Es gibt keine Notwendigkeit, solche Änderungen jetzt im Schweinsgalopp durchzuziehen. Deswe gen werden wir dem Gesetzentwurf jetzt in der von den Re gierungsfraktionen vorgelegten Fassung zustimmen. Wir kön nen es eh nicht verhindern, aber wir stehen auch dahinter.

(Zurufe, u. a. des Abg. Thomas Blenke CDU)

Ja, genau. Macht nichts, Herr Blenke. Es wird so stattfin den. Das weiß ich schon auch.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber es findet trotzdem eine Mehrheit!)

Das ist in Ordnung.

Eines noch: Im Koalitionsvertrag steht, wie ich gelernt habe, dass man die Gemeindeordnung in Zukunft sowieso noch mal ändert. Dafür bleibt weniger als ein Jahr Zeit. Die Änderung soll noch in dieser Legislaturperiode stattfinden. Aus diesem Grund ist das so in Ordnung. Wie gesagt, diese schnellen Än derungen sind nicht immer das, was zielführend ist. Da muss man Qualität reinlegen. Das ist kein einfacher Prozess.

Danke schön.

(Vereinzelt Beifall)

Wünscht noch jemand anders das Wort? – Dann kann ich Herrn Innenminister Thomas Strobl das Redepult anbieten.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Wir sind spitze, wir sind Vorreiter bei den digitalen kommunalen Gremiensitzungen in Deutschland. Wir stärken wieder einmal die kommunale Familie, machen sie zukunfts- und krisenfest. Das ist ein guter Tag für den Kommunalminis ter, für den Digitalisierungsminister und, um mit Herrn Abg. Hockenberger zu sprechen, für einen kommunalaffinen Land tag. Insofern ist das heute ein guter Tag.

Wir stärken die kommunale Selbstverwaltung. Wir lassen die Kommunen und Sparkassen in schwerer Zeit nicht im Stich. Wir geben den Kommunen die erforderlichen Instrumente an die Hand, mit denen sie in der Coronapandemie noch besser und flexibler demokratische Entscheidungen treffen können, und wir betreiben zugleich Vorsorge für die Zukunft. Die neu en digitalen Möglichkeiten sollen den kommunalen Gremien

dauerhaft – Herr Abg. Dr. Goll – für in ihrer Schwere ver gleichbare Fälle, also für Ausnahmesituationen, zur Verfügung stehen.

Unser Leitgedanke ist dabei die kommunale Selbstverwaltung. Vor Ort kann am besten darüber entschieden werden, ob das kommunale digitale Neuland betreten werden soll und wie dieses neue digitale Land aussehen soll.

Das Gesetz bietet hierfür lediglich einen Rahmen, den die Kommunen dann im Rahmen ihrer Selbstverwaltung ausfül len. Ich vertraue hier auf die Kompetenz, die Kreativität, die Innovationskraft unserer Gemeinden, unserer Landkreise und unserer Sparkassen, und ich bin überzeugt: Wir können ihnen das auch zutrauen und können ihnen vertrauen.

Ich will der kommunalen Familie und den kommunalen Lan desverbänden an dieser Stelle noch einmal herzlich für ihre konstruktive Mitwirkung bei diesem doch sehr zügig durch geführten Gesetzgebungsverfahren danken. Es gab zahlreiche wichtige Hinweise und Impulse; es wurden einige hilfreiche Fragen zu den neuen Möglichkeiten gestellt. Wir hatten ges tern auch eine Anhörung im Innenausschuss. Im Großen und Ganzen gab es sehr viel Zustimmung auch seitens der kom munalen Landesverbände. Frau Dr. Leidig und Herr Hocken berger haben darauf hingewiesen: Es gab sogar Lob. Es ist schön, wenn wir das gemeinsam erleben dürfen. Das zeigt ja auch, dass der Mut bei diesem Gesetzgebungsverfahren ein Stück weit belohnt wird.

Noch ein Wort zur Opposition: Herr Abg. Binder, selbstver ständlich dürfen Sie mich kritisieren, auch hart, auch in un fairer Weise. Bitte übertreiben Sie es nicht mit Ihrer Nähe.