Ich will die wesentlichen Punkte kurz darstellen. Erstens: Ein wichtiger Punkt ist die Einführung des Stadtjägers, wie es der Wildtierbericht 2018 empfiehlt. Der Stadtjäger soll konzept basiert zu Wildtierkonflikten beraten und notfalls auch jagen, wenn andere Mittel keinen Erfolg versprechen. Dabei ist es aber nicht so, wie manche vermuten, dass außer in Wald und Feld jetzt auch noch in der Stadt gejagt werden soll. Die Städ te sind ja befriedete Bezirke, und dort darf der Jagdausübungs berechtigte generell nicht jagen. Der Stadtjäger darf es, wenn er als solcher bestellt ist. Er darf und muss es auch tun, weil wir in der Vergangenheit immer häufiger das Eindringen von Wildtieren in befriedete Bezirke zu vergegenwärtigen hatten, seien es Füchse in Degerloch, Wildschweine in Eberbach oder wo auch immer.
Es ist allfällig, dass manche Wildtiere bei der Nahrungssuche Kulturfolger sind und deshalb auf befriedete Bezirke quasi übergreifen. Ich glaube, da brauchen wir auch ein Instrument. Insoweit sind wir mit der Einführung des Instituts des Stadt jägers bundesweit Vorreiter.
Die Konflikte mit Wildtieren sollen entschärft werden. Der Stadtjäger, der mit Augenmaß reagiert, kann hier helfen und auch die kommunalen Ordnungsdienste entlasten.
Nach dem Koalitionsvertrag sollen die Wildschadensregelun gen evaluiert werden. Das haben Grüne und CDU zu Beginn dieser Legislaturperiode so vereinbart, und der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem auch Rechnung.
Die Wildschadensschätzer werden nämlich durch die Gemein den beauftragt, aber auf Kosten desjenigen, der die Schadens schätzung wünscht. Damit wird wieder ein Vorverfahren ein geführt, das nicht mehr so kompliziert ist wie das Verfahren ehedem, das aber vermeiden hilft, dass es zu viele Gerichts verfahren gibt. Und die Hürde, vor Gericht zu ziehen, ist na türlich für alle Beteiligten immer hoch. Sie entlastet aber ver stärkt die Landwirte, weil die Herbeirufung eines Wildscha densschätzers eine deutlich niederschwelligere und kosten günstigere Variante ist, als es auf einen Streit ankommen zu lassen und vor Gericht zu ziehen. Ich erlebe ja gerade in Ver waltungsgerichtsauseinandersetzungen: Die Mühlen der Jus tiz mahlen zwar schon trefflich klein, aber bis sie mahlen, dau ert es schon sehr lange. Ich sage einmal: Ich glaube, da haben wir jetzt einen deutlich effizienteren Weg gewählt.
Wenn die Höhe des Schadens, der geschätzt wurde, geringer ausfällt als die Kosten für den Wildschadensschätzer, bleibt der Auftraggeber generell auf den Kosten sitzen. Ich glaube, das ist eine sinnvolle Lösung, und sie wird damit auch jeden davon abhalten, aus Jux und Tollerei mal einen Wildschadens schätzer zu bestellen. Im Kern der von uns vorgeschlagenen Neuordnung des Wildschadensrechts steht nämlich das Ziel, die Befriedungswirkung zwischen den Streitparteien durch Anreize zur gütlichen Einigung zu stärken.
Nach dem Anhörungsverfahren wurde die Regelung zum Um fang des Wildschadensersatzes geändert. Es ist dabei geblie ben, dass Obliegenheiten eingeführt werden, bei deren Verlet zung der Wildschadensersatz gekürzt werden kann. Das ist im Prinzip nichts Neues. Das Mitverschulden kennt man gene
rell. Aber was darunter fällt, haben bisher die Gerichte be stimmt. Da macht es Sinn, Obliegenheiten zu formulieren. Das haben die Beteiligten – also Jägerschaft und Landnutzer – im Übrigen bereits vor zehn Jahren in einem Merkblatt, also sehr informell, getan. Das ist jetzt quasi schriftlich festgehalten, und es taucht in der Gesetzesbegründung auf. Damit wird es natürlich auch insofern justiziabel, als es in Streitfällen auch durch die Gerichte herangezogen werden kann.
In diese Regelungen, die die Wildschadensverhütung und die bessere Verständigung auf der Fläche zum Ziel haben, fügen sich freiwillige Präventions- und Ausgleichssysteme ein. So werden die freiwilligen Wildschadenskassen im Gesetz be zeichnet. Der Name wird Programm sein. Die Wildschadens prävention steht im Vordergrund. Damit kann die Neurege lung ganz wesentlich zu einer besseren Zusammenarbeit zwi schen Landwirten und Jägern beitragen und obendrein noch unnötige Bürokratie vermeiden und die Zivilgerichte entlas ten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Klimawandel macht es auch notwendig, über die Jagdzeiten nachzudenken. Die allgemeine Schonzeit wird um zwei Wochen vorverlegt, also von bisher Anfang März bis Ende April auf jetzt Mitte Februar bis Mitte April. Sie wird nicht verlängert, sie wird einfach um 14 Tage vorgezogen. Das entspricht den biologi schen Gesetzmäßigkeiten. Wir haben einen früheren Vegeta tionsbeginn. Die Setzzeiten, die Geburtszeiten der Tiere ver lagern sich nach vorn. Die Vorverlagerung der allgemeinen Schonzeit trägt dem Rechnung.
Damit ist aber im jetzigen Verfahren noch keine Aussage ver bunden, wie sich außerhalb der allgemeinen Schonzeit die Jagdzeiten hinsichtlich der Wildtierarten verändern. Es gibt ja manche Mutmaßungen – auch innerhalb der Jägerschaft –, dies könnte der Freibrief dafür sein, die Jagdzeiten sofort zu verändern und beispielsweise die Jagdzeit in Bezug auf das Rehwild von Anfang Mai in den April vorzuverlegen. Dem ist nicht so.
Die Jagdzeiten sind separat in einer Verordnung geregelt. Die se Verordnung ist hier nicht Gegenstand der Debatte. Ich fü ge hinzu: Es ist nicht beabsichtigt, die Jagdzeiten bezüglich Rehwild vorzuverlegen.
Das Ministerium hat deshalb aufgrund der besonderen Situa tion, in der sich unsere Wälder derzeit befinden, mit dem Lan desjagdverband und den Jägern eine gemeinsame Vereinba rung getroffen. Das Wildtiermonitoring ist ein ganz besonders wichtiges Thema. Der Abschuss auf den jetzt entstehenden Kahlflächen, auf den Käferflächen hat Vorrang.
Wir haben alle Beteiligten aufgefordert, genau dies vor Ort miteinander zu besprechen. Auch hier ist es notwendig, dass sich die Bewirtschafter – in diesem Fall die Waldbewirtschaf ter bzw. Waldbesitzer – und die Jäger im Prinzip miteinander verständigen und versuchen, den Schwerpunktabschuss dort hin zu konzentrieren.
Nach dem Anhörungsverfahren konnten wir auch der Forde rung folgen, die Thematik des Klimawandels in den Zielen des JWMG zu verankern. Hierfür hatte sich auch der Landes jagdbeirat einvernehmlich ausgesprochen. Ich kann mich an die entsprechende Sitzung in Degerloch noch ganz gut erin nern. Da gab es auch keine Widerstände.
Meine verehrten Damen und Herren, ich habe eingangs die ASP erwähnt. Es hat sich gezeigt, dass im Vorfeld der Seu che, insbesondere aber nach dem Ausbruch auch jagdrecht lich ein Handlungsrahmen bestehen muss. Geregelt wird dies beispielsweise durch die Möglichkeit, Daten an das FriedrichLoeffler-Institut oder die Veterinärbehörden zu liefern. Für die Bekämpfung einer Tierseuche kann für bestimmte Gebiete oder einzelne Jagdreviere ein Betretungsverbot für Erholung suchende angeordnet werden.
Wir haben, was die ASP betrifft, etwas mehr Vorlaufzeit, als es bei Corona der Fall war. Diese Zeit müssen wir nutzen, und diese Zeit nutzen wir auch.
Zu guter Letzt will ich noch das digitale Wildtierportal erwäh nen, das im Gesetz verankert wird. Auch hier ist Baden-Würt temberg wieder Vorreiter. Vom Wildtierportal werden alle pro fitieren: die Jagdgenossenschaften mit dem digitalen Katas ter, die Sicherheitsbehörden bei Wildunfällen, die Wissen schaft bei der Wildtierforschung, die Jagdverwaltung, aber na türlich auch die Jäger, die beispielsweise ihre Streckenmel dungen abgeben können.
Mit der Änderung des Jagd- und Wildtiermanagementgeset zes wird die Jagd praktikabler und auch an klimatische und gesellschaftliche Herausforderungen angepasst.
Die Jägerschaft in Baden-Württemberg leistet einen immen sen Beitrag zum Thema „Natur- und Artenvielfalt“.
Motivieren wir sie weiter. Bremsen wir sie nicht. Motivieren und bestärken wir sie darin, die Jagd auch auszuüben. Es ist ein biologisch unbedenkliches Produkt, das erlegt wird. Es ist nachhaltig.
Meine Damen und Her ren, das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier und heute über die Änderung eines Ge
setzes, das in Deutschland seinesgleichen sucht. Wie schon der Titel bezeugt, sprechen wir über ein Wildtiermanagement gesetz – kein Jagdgesetz im klassischen Sinn, wie es in ande ren Bundesländern zu finden ist. Es ist das fortschrittlichste Gesetz seiner Art und findet weit über unsere Landesgrenzen hinaus Beachtung, sogar im ganzen deutschsprachigen Raum.
Mit der Reform des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes vor nunmehr sechs Jahren haben wir einen Paradigmenwech sel eingeläutet. Es bringt jagdliche und gesellschaftliche Vor stellungen wieder mehr zusammen, und zwar sowohl beim Tierwohl als auch beim Naturschutz. Dafür wird alle drei Jah re ein umfassender Wildtierbericht erstellt, der wissenschaft liche Erkenntnisse über die Entwicklung von Wildtieren und ihrer Lebensräume in Baden-Württemberg einbezieht. Auf dieser Grundlage werden unter Berücksichtigung gesellschaft licher, waldbaulicher, landwirtschaftlicher Erfordernisse Ent scheidungen über die Bejagbarkeit und Bejagung von Wild tieren getroffen. Dafür haben wir das Gesetz in seiner Grund struktur sehr dynamisch gestaltet und das sogenannte Drei schalenmodell entwickelt.
Ein Teil der Änderungen, über die wir jetzt debattieren, hat die Empfehlungen des Wildtierberichts als Grundlage, z. B. die Einführung eines Stadtjägers; der Minister hat es erwähnt. Damit wird auf die gestiegene Anzahl von Konfliktsituatio nen mit Wildtieren in unseren urbanen Gebieten reagiert.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor der großen Heraus forderung, im Wald Lösungen für ein Miteinander aller Inte ressengruppen mit ihren berechtigten Anliegen zu finden.
Die städtische Bevölkerung sucht Erholung, Mountainbiker suchen geeignete Strecken für die Ausübung ihres Sports, gleichzeitig müssen wir den Wald als Kohlenstoff- und Was serspeicher, als Rückzugsort für Pflanzen und Tiere, als Hort der Artenvielfalt und als grüne Lunge unserer Erde erhalten.
Mit den nun vorliegenden Veränderungen haben wir ein sehr gutes Ergebnis erreicht. Gleichzeitig setzen wir Grünen als verlässlicher – ich betone es extra noch einmal: als verlässli cher – Koalitionspartner mit den Anpassungen im Jagd- und Wildtiermanagementgesetz die restlichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags um. Dazu gehört beispielsweise die An passung des Verfahrens zur Geltendmachung von Wildschä den.
Auch den Veränderungen durch den Klimawandel wird Rech nung getragen. Das ist ein für uns Grüne sehr wichtiger As pekt. Zum einen wird der Begriff „Klimawandel“ in den Zie len des Gesetzes ergänzt, zum anderen wird mit der Verschie bung der allgemeinen Schonzeit nach vorn das klimabeding te frühere Einsetzen der Vegetationsperiode berücksichtigt und der Brut- und Setzzeit von Wildtieren Rechnung getragen. Herr Minister, wir hatten anscheinend die gleichen Redenschrei ber.
Wie schon heute innerhalb der Jägerschaft brauchen wir zu künftig auf allen Ebenen flächendeckend gut ausgebildetes Personal, das uns beim Erhalt unserer Wälder unterstützt. Da
rum werden in jedem Landkreis Wildtierbeauftragte einge stellt. Ihnen kommt eine Schlüsselrolle zu. Denn sie sind mit allen Beteiligten sehr gut vernetzt und unterstützen das Ziel angepasster Wildbestände.
Auch die Handlungsmöglichkeiten für eine Verringerung der Störung von Wildtieren werden erweitert. So können Wildru hegebiete nun einfacher ausgewiesen werden. Dies bringt langfristige Planungssicherheit für die Organisatoren von Groß veranstaltungen wie beispielsweise dem weltweit bekannten Black Forest ULTRA Bike Marathon in Kirchzarten im Schwarz wald, bei mir im Wahlkreis. Er wurde im vergangenen Jahr leider kurzfristig zugunsten der gefährdeten Auerhuhnpopu lation abgesagt.
Meine Damen und Herren, neben der Coronakrise werden wir die Klimakrise weiter konsequent bekämpfen. Durch die mas siven Waldschäden aufgrund von Dürre, Borkenkäfern und Sturmereignissen droht ein weiterer Verlust großer Waldflä chen, der wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt.
Ich sage Ihnen eines: Wir steuern auf eine massive – auf eine massive! – Waldkatastrophe zu. Die Aufgabe einzelner Wald flächen aufgrund fehlender Aufarbeitungskapazitäten ist für mich keine Option. Herr Minister, was wir jetzt brauchen, sind langfristige Perspektiven und Lösungen.
Die geplanten Maßnahmen im Notfallplan Wald sind erste Schritte. Besonders jetzt im dritten Dürrejahr in Folge hat sich die Situation im Wald aber drastisch verschärft. Darüber hin aus sind die Auswirkungen der Coronapandemie in Form feh lender Arbeitskräfte im Wald deutlich spürbar. Deshalb ist un ser zukunftweisendes Jagd- und Wildtiermanagementgesetz gerade jetzt so wichtig.
Der Regulierung unserer Schalenwildbestände in Zeiten der aktuellen Waldkrise kommt eine zentrale Bedeutung zu. Nur so können wir erfolgreich...