wenn Sie Herrn Drosten hören, wenn Sie alle anderen renom mierten Virologen hören – der Herr Ministerpräsident weist
auch immer darauf hin, und er hat recht; er spricht mir aus dem Herzen –, wissen Sie: Das, was wir tun, ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Die gesellschaftlichen Öffnungen, die wir nun machen, gehen nur, wenn wir alle uns weiterhin – Ab stand, Hygiene, Distanz – extrem vorsichtig, achtsam verhal ten: keine direkten Kontakte und, ja, den einen oder anderen Verzicht üben. Ich sage immer: „Heartshakes instead of hand shakes.“ Das werden wir noch lange beherzigen.
Im Übrigen, Herr Stoch, als ökologisch-sozialer Marktwirt schaftler unterstreiche ich Ihre Philosophie, wirklich alles, was Sie gesagt haben. Die Wahrheit liegt bloß immer in der Um setzbarkeit, in der Praktikabilität. Natürlich musste Ihnen Herr Poreski dann schon richtigerweise sagen, dass Punkte, die Sie monieren und nominieren, auch unter SPD-Beteiligungen oder CDU-Beteiligungen nicht immer so gut gemacht werden, weil sie halt so gemacht werden.
Aber unser Bemühen – – Ja, Baden-Württemberg hat als ers tes Bundesland beim Pflegebonus – – Ich muss jetzt schon einmal sagen, weil auch der Kollege Gramling so ein bisschen ein „Heiligenlied“ gesungen hat: Die 1 000 € sind der Griff in die Pflegekasse. Das sind Gelder aus der Pflegekasse, Versi chertengelder. Es wird zwar vielleicht im Raum stehen, dass der Bund das einmal über Steuerzuschüsse nachfinanziert, aber im Moment sind es Versichertengelder. Also, man be dient sich da in einem System, und die Pflegekassen und Kran kenkassen sind davon nicht begeistert.
Wir, das Land Baden-Württemberg, haben von vornherein ge sagt – auch Minister Heil und Minister Spahn haben sich da rauf geeinigt, das so zu machen –: Jawohl, den Passus, dass wir das eine Drittel mit unseren Arbeitgebern in der Pflege handeln – – Das machen wir nicht. Da möchte ich schon ein mal sagen: Wir sind stolz darauf, dass wir 90 % Trägerschaf ten bei der Liga der Wohlfahrtspflege haben, wenn Sie z. B. sehen, dass der bpa immer noch allgemeingültige Tarife in der Altenhilfe ablehnt und sofort auch gesagt hat: „Mir gebet nix.“ Da haben wir gesagt: Diese Debatte – Herr Vorsitzender Schwarz, Frau Sitzmann, ganz herzlichen Dank für Ihr großes Engage ment bei diesem Thema – führen wir nicht. Mit unseren Ver bänden, die auch noch Aidshilfe, Behindertenhilfe, Nachbar schaftshilfe betreiben, diskutieren wir da nicht. Wir, das Land, übernehmen diesen Anteil.
Herzlichen Dank! Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen. An dere Bundesländer wie das CDU-FDP-geführte NordrheinWestfalen sind da überhaupt noch nicht so weit. Da gibt es ganz heftige Debatten. Die sind da gar nicht willens, zu zah len. Also, da sind wir, das Land Baden-Württemberg, Vorrei ter. Herzlichen Dank.
Ja, Sie haben recht: Es gibt noch einiges zu tun. Aber wir sind eingestiegen. Warum hat Baden-Württemberg – das möchte ich schon einmal sagen – die Krise, die uns mit am schwers ten trifft, besser gelöst als die Bayern? Weil wir auf unsere Strukturen zurückgreifen konnten, weil wir z. B. Krankenhäu ser in den letzten Jahren stark gemacht haben, auch gemein sam, weil wir große Krankenhäuser zusammengeführt haben – mit durchaus turbulenten politischen Debatten. Das waren
aber die Krankenhäuser, die schnell umrüsten konnten, die Kapazitäten aufbauen konnten, die auch in Zukunft die Standby-Krankenhäuser sind, wenn wir wieder hochfahren müssen. Das war nur möglich, weil wir und Sie hier gemeinsam die richtige Politik für die Zukunft gemacht haben. Herzlichen Dank dafür.
Was tun wir in unseren Pflegeheimen? Sie wissen, es leben 100 000 Menschen in Pflegeheimen, und wir testen gerade al le durch: asymptomatisch, symptomatisch und dann, in unse rer Teststrategie, ein Dreischalenmodell. Wir wollen und – da haben Sie recht – wir müssen testen, und später müssen wir auf Antikörper hin testen.
Wir und die Menschen in unseren Pflegeeinrichtungen mit un serer Taskforce, mit unseren vielen Runden, die wir Montag, Mittwoch, Freitag immer mit allen Beteiligten geführt haben, konnten das auch deswegen so gut umsetzen, weil wir die Bin nenquarantänisierung durchführen konnten, weil wir das Ein zelzimmergebot relativ konsequent umgesetzt haben, weil wir eben nicht wie andere Bundesländer Zwei- und Mehrbettzim mer hatten, wo das gar nicht darstellbar war. Da sehen Sie ein mal, was für eine große Chance wir hatten. Also: Baden-Würt temberg ist sicher das Bundesland, das da am besten aus der Krise gekommen ist.
Vielen Dank, Herr Minister. – Sie haben gerade die Testungen angesprochen. Wir haben ja die Situation, dass in allen Stadt- und Landkreisen die Gesund heitsämter nach den Richtlinien, Vorgaben und Empfehlun gen des Robert Koch-Instituts arbeiten. Das bedeutet, in eini gen Landkreisen hat man schon vorher getestet und in ande ren nicht, weil die Gesundheitsämter das selbst entschieden haben. Sie haben jetzt angewiesen, dass überall getestet wird.
Wir haben Gott sei Dank die Situation, dass es in sehr weni gen Pflegeheimen Fälle gibt. Wir wissen aber nicht, ob es tat sächlich in anderen Pflegeheimen unentdeckte Fälle gibt.
Wäre es nicht besser gewesen, schon vorzeitig den Gesund heitsämtern politisch das Signal zu geben, in eine Reihentes tung – zumindest am Anfang – zu gehen, um eine gewisse Si cherheit zu haben? Ich weiß, dass viele Träger das selbst ge macht haben, aber auch einige Landkreise. So haben dies die Stadt Mannheim, der Kreis Böblingen und viele andere ge macht; die haben das schon vorher über ihre Landratsämter verordnet.
Herzlichen Dank für die Frage. – Sie wissen selbst, dass man sich am Anfang der Krise darauf konzentrieren musste, wo die unmittelbarsten Hinweise auf Testnotwendigkeiten sind, damit man ganz gezielt Infektionsketten unterbrechen kann. Das war natürlich am Anfang auch eine Frage der verfügba ren Testkapazitäten. Je mehr Testkapazitäten wir aber hatten
wir hatten das aber schon getan, bevor wir jetzt die Allge meinverfügung für die Gesamttestung haben –, umso mehr haben wir die Testungen speziell bei vulnerablen Gruppen auch in Krankenhäusern ausgedehnt. Natürlich mussten wir entlang der Verfügbarkeit von Testkapazitäten handeln. Wir werden ja demnächst Kapazitäten für 160 000 Tests pro Wo che haben.
Noch mal, weil gestern gefragt wurde: Es wurden in Deutsch land bislang 2,3 Millionen Testungen durchgeführt. Davon waren deutschlandweit 7 % positiv, in Baden-Württemberg im Schnitt vermutlich 12 %. Sie sehen also auch, dass unsere seit Beginn geltende Teststrategie näher dran war, wenn es da rum ging, herauszufinden, wo tatsächlich der Infektionsherd ist und wo betroffene Menschen sind.
Lassen Sie mich noch ganz wenige Sätze dazu sagen, wie es weitergeht. Jawohl, Herr Stoch, mir geht es wie Ihnen. Wir hatten schon vor der Krise den Sockel-Spitze-Tausch. Wir brauchen eine Reform der Pflegeversicherung. Wir brauchen – – Das geht an uns alle, meine Damen und Herren: Wir sind Beitragszahler, wir sind Arbeitgeber, wir haben Sozialversi cherungsbeiträge, wir sind Konsumenten. Wir müssen das mit tragen. Wir müssen bereit sein. Was ist uns ein gutes Gesund heitswesen wert? Diese Debatte müssen wir wirklich gemein sam weiterführen auf der Basis echter Sozialpartnerschaft.
Herr Haußmann fragt immer, was ich meine, wenn ich sage: Eine OP-Schwester sollte dasselbe verdienen wie eine Ma schinenbautechnikerin bei Daimler. Das ist mein Ziel. Wenn ich mir bei der Kollegin Bauer anschaue, wie die großen Uni versitätskliniken Tarifabschlüsse machen konnten, sehe ich: Sie sind immer ein Stück über die normale Tarifentwicklung hinausgegangen, um attraktiv zu bleiben.
Natürlich, unser Engagement für das Pflegeberufegesetz – – Das liegt am Bund. Ihr wisst aus dem Ausschuss, was da ge kommen ist und was wir alle – Kollegin Eisenmann – nach arbeiten mussten. Es hat uns wirklich sehr, sehr viel Mühe ge kostet, ein operables, praktikables Angebot zu haben – z. B. genügend pädiatrische Angebote; das haben wir jetzt gemein sam erreicht; Frau Eisenmann, mein herzlicher Dank – oder auch in die U-3-Betreuung gehen zu können, damit dort die entsprechenden Zeiten gearbeitet oder abgeleistet werden kön nen. Das ist alles eine große Herausforderung. Wir werden Stand heute mehr Ausbildungsplätze in der generalisierten Pflege haben, als wir vorher in der Pflege hatten.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist bei der Akademisierung der Pflege Vorreiter. Aber auch da gilt es: Ar beitsstruktur, Tarifverträge, Eingruppierung, Karriere eben auch am Patienten, am Bett – nicht nur im Dienstzimmer, nicht nur in der Ausbildung –, Selbstbeauftragung, Infusionen le gen dürfen, Zentralzugänge selbst beauftragen dürfen, nicht nur im Delegationsprinzip. Das ist eine große Aufgabe quer durch die politische Parteienlandschaft. Da müssen wir Sig nale setzen. Sie wissen, Sie brauchen auch in diesem Beruf den Durchgriff zur Karriere. Da ist Baden-Württemberg, den ke ich, ein großer Vorreiter,
Hebammenausbildung: Was machen wir jetzt? Wir sind die, die den Ergotherapeuten, den Physiotherapeuten jetzt in der Krise wirklich helfen.
Ich möchte noch etwas zu den DRGs und zur Finanzausstat tung sagen. Lieber Herr Stoch und liebe CDU, es waren lei der CDU- und SPD-Bundespolitiker, die mit dem unfairen Kassengesetz und dem Morbi-RSA dem Land Baden-Würt temberg mit seinen gesunden Strukturen – wenig Doppelstruk turen – 500 Millionen € entzogen und in Länder wie NRW verteilt haben, die einfach sehr viele nicht besonders gut aus gestattete und nicht gut platzierte Betten in Krankenhäusern haben. Das ist nicht richtig. Man muss das, was wir machen – nicht: viel hilft viel, sondern: richtig hilft viel –, auch ent sprechend umsetzen.
Es hat sich gezeigt, was wir vor der Krise geleistet haben, auch, dass wir partnerschaftlich miteinander umgehen. Schau en Sie nach Bayern: Die haben eine Staatsmedizin angeord net, die haben die Kassenärzte entmachtet. Wir haben 80 Co ronapraxen und 40 Fieberambulanzen, wir haben das mit den Kliniken verzahnt. Wir sind gut durchgekommen. Wir haben jetzt die Heimärzteverbünde – die KV bildet Pools, um in den Heimen zu behandeln. Das geht nur durch gute Partnerschaft, durch unsere vielen Arbeitsebenen von der Landesgesund heitskonferenz über den Gesundheitsdialog Baden-Württem berg.
Ich denke, das ist ein großer Aufschlag, Herr Ministerpräsi dent: Wir werden in Bälde im Kabinett über die eigenständi ge Produktion von persönlichen Schutzausrüstungen, von Me dizinprodukten durch baden-württembergische Betriebe be raten.
Jawohl, Herr Stoch, ich erinnere mich noch an eine frühere Debatte – ich schließe hier auch den Ministerpräsidenten ein –: Wir brauchen eine europäische Arzneimittelstrategie bei den Antibiotika – nicht nur bei Impfstoffen –, bei elementar entscheidenden Medikamenten; wir brauchen kurze Wege. Die Produktion darf nicht nur in Billiglohnländer delegiert wer den.
Ich möchte durch das Vergaberecht nicht gezwungen werden, wegen zwei Cent ein Angebot anzunehmen, das ich weder po litisch noch wirtschaftlich noch von der Kreislaufwirtschaft her gut finde.
Da möchte ich auch einmal sagen können: Da gibt es Kriteri en der Ökologie, der sozialen Verträglichkeit, der politischen Steuerbarkeit.
Ich glaube, das haben wir jetzt in dieser Zeit gemeinsam, res sortübergreifend gut gemacht – auch mit Ihrer Unterstützung. Herzlichen Dank an alle, die daran mitgearbeitet haben.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich habe schon ein bisschen Angst vor der Erkältungszeit. Wir müssen uns darauf einstel len, dass dann auch wieder schnell hochgefahren werden muss, dass es wieder schwierige Lagen geben wird. Auf alle Fälle wollen wir uns bei der PSA für 200 Tage absichern. Wir
werden sie – Herr Ministerpräsident – länger pandemiesicher und steril lagern. Es darf nicht sein, dass wir zehn Jahre altes Material bekommen, das zerfällt, wenn man es ins Gesicht nimmt. Auch das darf nicht passieren.
Aber eines ist klar: Solidarität in dieser Gesellschaft, in der es null Immunität gibt – elf Millionen nicht infizierte Bürgerin nen und Bürger; vielleicht sind jetzt ein paar Tausend immun, aber wir sind noch weit davon entfernt, geschützt zu sein –, heißt auch Achtsamkeit, heißt ein bisschen weniger Ego, heißt auch, immer danach zu gucken: Wie schade ich mit meinem Verhalten nicht den anderen? Wenn wir das tun, geht es uns allen gut. Allen voran unsere Pflegeberufler haben uns bewie sen, wie toll sie gearbeitet haben.
Herr Minister, es gibt noch ei ne Wortmeldung von Herrn Abg. Dr. Schweickert. Lassen Sie noch eine Zwischenfrage zu?
Herr Minister, ich wollte Ihr Schlussstatement nicht mit einer Frage unterbre chen. Meine Frage bezieht sich auf das, was Sie vorher gesagt haben, als Sie die Themen Morbi-RSA und DRGs angespro chen haben. Vielleicht habe ich das auch falsch aufgefasst.