Nein, dazu bin ich nicht bereit. – Kurz: Warum tun wir das? Wir haben heute lange da rüber diskutiert, dass wir inmitten der Krisenbewältigung sind. Wir nehmen das ernst. Es gibt viele Menschen, die betroffen sind und die sich natürlich Sorgen um ihre Zukunft machen: viele Kurzarbeiter – viele Betriebe werden noch Kurzarbeit anmelden –, viele Soloselbstständige und Kleinunternehmer, die Soforthilfen in Anspruch genommen haben. Insgesamt wissen viele Menschen im Moment nicht, wie und ob es mit ihnen weitergeht. Ihnen wollen wir helfen; deswegen haben wir die Programme aufgelegt. Wir haben natürlich großes Ver ständnis für diese Sorgen.
In einer solchen Situation wäre es das falsche Zeichen, eine Diätenerhöhung zu vollziehen, wie sie sich im Rahmen des Indexierungsverfahrens zweifelsohne aufgrund der Daten des letzten Jahres ergeben würde. Es ist angebracht und von uns
tatsächlich ein ernst gemeinter und ehrlich gemeinter Akt der Solidarität, die Erhöhung für dieses Jahr auszusetzen. Das tun auch andere Parlamente, wenn auch nicht alle.
Ich bin froh, dass wir hier mit den demokratischen Fraktionen zusammenstehen. Ich danke meinem Fraktionsvorsitzenden dafür, dass er diesen Gesetzentwurf entwickelt hat, danke aber auch allen Kollegen – Herrn Kollegen Stoch, Herrn Professor Dr. Reinhart und Herrn Dr. Rülke – für die Initiativen und für die Unterstützung. Es ist der richtige Gesetzentwurf zum rich tigen Zeitpunkt.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir setzen heute in diesem Parlament ein wichtiges Zeichen der Solidarität. Die gesetzliche Diätenan passung wird einmalig ausgesetzt. Wir sind uns fraktionsüber greifend einig: Es wäre nicht richtig, wenn jetzt die Gehälter der Abgeordneten steigen würden, während gleichzeitig das Land durch das vielleicht schwierigste Jahr seiner Geschich te geht.
Die Coronakrise bedeutet für viele Menschen in Baden-Würt temberg einen harten Einschnitt. Viele standen von heute auf morgen ohne Einkommen da. Deswegen haben wir hier auch Soforthilfen beschlossen. Viele sind in Kurzarbeit, und vielen droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Uns alle eint die Sorge, dass die Pandemie und ihre Folgen die Wohlstandsentwicklung im Land spürbar bremsen könn ten. Wir alle kennen die Wirtschaftsprognosen. Die Regierung und diese Koalition mobilisieren deshalb alle Kräfte, um un ser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben zu stabili sieren.
Die Krise ist die Stunde der Bewährung, aber auch die Stun de der Solidarität. Es hat gutgetan, zu sehen, wie viel Mitein ander, wie viel Gemeinsinn, wie viel gelebte Verantwortung es überall im Land gibt. Viele Menschen verzichten in diesen
Wochen auf ihren Vorteil – zum Vorteil und zum Schutz der anderen. Das ist beeindruckend und beispielgebend. Deshalb war es für uns klar und ist selbstverständlich, dass auch wir Abgeordneten uns in dieser großen Solidarität sehen.
Deshalb verzichten wir auf die eigentlich anstehende Diäten erhöhung. Wir haben ein Indexierungsverfahren; die Bezüge der Abgeordneten richten sich streng nach der allgemeinen Lohnentwicklung. Das ist gerecht und transparent: denn die Einkommen der Abgeordneten folgen damit ganz genau dem durchschnittlichen Volkseinkommen. Im letzten Jahr sind die Nominallöhne in Baden-Württemberg um 2,6 % gestiegen; das hat das Statistische Landesamt so berechnet. Nach dem Abgeordnetengesetz würden die Diäten deshalb auch in die sem Jahr exakt um diese 2,6 % steigen. Wir würden damit al so lediglich die Lohnentwicklung aus dem Jahr 2019 nach zeichnen.
Die Bindung an die Löhne funktioniert bekanntlich in beide Richtungen. Denn sinkende Löhne in diesem Jahr werden dann im nächsten Jahr auch sinkende Diäten bedeuten. Des sen müssen wir uns immer auch bewusst sein. Auch nach der Finanzkrise hatten wir dieses Prinzip schon und hatten des halb sinkende Abgeordnetenbezüge.
Es ist allerdings breiter Konsens hier im Haus, dass wir die ses Mal einmalig in das Indexverfahren eingreifen und eine außerplanmäßige Nullrunde beschließen. Ich glaube und ich hoffe, dass die Menschen im Land dieses Zeichen verstehen und anerkennen. Ein fleißiges Parlament und fähige Abgeord nete müssen einer demokratischen Gesellschaft etwas wert sein. Als gewählte Mandatsträger waren wir gerade in den letzten Wochen intensiv gefordert, oft rund um die Uhr ge fragt, und wir waren ansprechbar.
Ich erinnere nochmals daran, was die Expertenkommission zur Altersversorgung in ihrem Bericht festgehalten hat. Sie hat die herausgehobene Stellung der Abgeordneten, ihre um fangreichen Aufgaben, ihre große Verantwortung und die Be deutung des Mandats im Rahmen der Volkssouveränität be tont. Darauf kommt es in Krisenzeiten mehr als sonst an. Wir, die Abgeordneten, arbeiten hart dafür, dass unser Land gut durch diese Krise kommt und ein starkes Land bleibt.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möch te ich mich für die SPD-Fraktion für die Bereitschaft der Frak tion GRÜNE, der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP bedanken, unseren Vorschlag vom 9. April 2020, auf eine Anpassung der Abgeordnetenentschädigung für das Jahr 2020 zu verzichten, mitzutragen, sodass wir nun im Par lament gemeinsam den Worten Taten folgen lassen und das Abgeordnetengesetz in diesem Punkt ändern. Das ist ein star kes Zeichen hier aus dem Landtag von Baden-Württemberg ins Land.
In der Coronakrise werden im Sinne der Pandemiebekämp fung den Menschen in unserem Land und deutschlandweit seit mittlerweile fast zwei Monaten nicht nur Einschränkungen der persönlichen Freiheit abverlangt, sondern viele müssen leider auch erhebliche wirtschaftliche Einschnitte verdauen, egal, ob das Kleinunternehmer, Selbstständige, Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer sind, die in der Kurzarbeit nur ei nen Teil ihres Gehalts beziehen, bereits von Entlassung be droht oder zukünftig betroffen sind. Alle haben große Sorgen hinsichtlich dessen, wie es wirtschaftlich in unserem Land weitergeht.
Mit unserem Vorschlag und dem daraus resultierenden ge meinsamen Gesetzentwurf der demokratischen Fraktionen möchten wir, die SPD-Fraktion, ein Zeichen der Solidarität setzen. Eine turnusgemäße Erhöhung der Abgeordnetenent schädigung wäre im Hinblick auf die aktuelle Situation im Land nicht nur nicht vermittelbar, sondern der Verzicht ist auch eine Frage des Anstands und eine klare Botschaft ins Land und an die Menschen, deren Interessen wir hier im Par lament vertreten und die unter der Krise zu leiden haben.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns Abgeordneten aufer legt, selbst über unsere Entschädigungen zu entscheiden, was naturgemäß keine einfache Entscheidung sein kann. Grund lage für die Entwicklung der Abgeordnetenbezüge in BadenWürttemberg ist deshalb seit dem Jahr 2005 das sogenannte Indexierungsverfahren auf der Grundlage des durchschnittli chen Nominallohns im Land allgemein.
Zu Beginn der Legislaturperiode haben auch wir uns verstän digt, das Verfahren entsprechend beizubehalten. Denn die Kopplung der Abgeordnetenbezüge stellt außerhalb von Zei ten wie in dieser außergewöhnlichen Krise nach unserer Über zeugung die Angemessenheit der Entschädigung sicher und erhöht durch die festgelegten Kriterien auch die objektive Nachvollziehbarkeit der Entschädigungsentwicklung. Der No minallohnindex bildet die Verdienstentwicklung in der Wirt schaft und im öffentlichen Dienst zeitnah und exakt ab. Das heißt aber auch: Wenn die Arbeitslöhne sinken, sinken auch die Abgeordnetenbezüge. Wir sitzen also insofern alle im glei chen Boot. Das ist auch schon einmal passiert; der Kollege hat es vorhin erwähnt. Auch nach der Wirtschafts- und Finanz krise sind die Abgeordnetenbezüge gesunken. Ich glaube, dass das auf jeden Fall eine gute Möglichkeit ist, auch einen Be zug zu der Entwicklung im Land herzustellen. Denn wir, das Parlament, sind Teil dieses Landes und begreifen uns als Teil dieses Landes, und wir können uns von diesen Entwicklun gen auch nicht abkoppeln.
2019 sind die Löhne aufgrund der guten wirtschaftlichen La ge in Deutschland erneut deutlich gestiegen, und zwar um 2,6 %. Auch wir Abgeordneten hätten am 1. Juli quasi mit der Erhöhung unserer Bezüge rechnen können. Aber wir, die SPDFraktion, hielten und halten eine solche Erhöhung für absolut unangemessen. Die Position der SPD-Fraktion lautet: keine Diätenerhöhung in der Coronakrise.
Wenn man unserem Vorschlag folgt, wird zudem im kommen den Jahr ein Doppeleffekt eintreten. Es ist zu erwarten, dass die Einkommen und somit auch die Abgeordnetenentschädi gungen infolge der aktuellen Krise im kommenden Jahr oh nehin sinken. Dies geschieht nachgelagert, aber es wird sin
ken; es steigt mitnichten. Durch unseren heute vorgelegten Gesetzentwurf steigt zumindest der Sockelbetrag nicht. Das heißt, im kommenden Jahr haben wir einen doppelten Effekt, weil sich die Bemessungsgrundlage nicht erhöht. Das wird in der Diskussion an dieser Stelle oftmals verkannt. Dieser Dop peleffekt hätte mit einer Spendenlösung, wie sie wohl auch hier im Haus teilweise diskutiert wurde, nicht erzielt werden können.
Wir halten die Aussetzung der Erhöhung der Diäten insoweit für den richtigen und den unkompliziertesten Weg und freu en uns über eine breite Zustimmung zu unserem gemeinsa men Gesetzentwurf.
Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen – ich wollte das ei gentlich vermeiden –, noch ein paar Worte zum Gesetzent wurf der AfD zu sagen. Herr Gögel, Sie haben am Anfang, di rekt nach dem Vorschlag vonseiten der SPD-Fraktion, gesagt, für Symbolpolitik stehe die AfD nicht zur Verfügung. Dann kamen Sie jetzt doch um die Ecke wie die alte Fasnacht – wie man bei uns in Mannheim sagt – und fordern lautstark Ein schnitte bei Abgeordnetenbezügen, aber auch insgesamt bei den Landesbediensteten und im öffentlichen Haushalt. Ich muss Ihnen nicht erklären, was das bedeutet. Aber ich möch te Ihnen an einem Punkt zustimmen – Sie werden es nicht glauben –:
Eine Kürzung der Diäten für die Mitglieder der AfD-Frakti on wäre – da stimmen mir sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus zu – tatsächlich sachlich mehr als gerechtfertigt.
Hören Sie zu! – Denn das, was Sie seit vier Jahren hier in diesem Haus abliefern, kann in weiten Teilen nur als Arbeits verweigerung bezeichnet werden.
Jeder Rede, die Sie hier in diesem Hohen Haus halten, müss te eigentlich prompt eine Entschuldigung an die baden-würt tembergischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler folgen.
Ich will Ihrem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge hel fen – der Kollege Mack hat es vorhin schon erklärt –: Sie ha ben in diesem Haus schon durch zahlreiche Eskapaden auf sich aufmerksam gemacht. Sie sind auf jeden Fall nicht die Musterknaben, die Sie vorgeben zu sein. Ich erinnere nur an die Fraktionsspaltung und verweise auf die daraus entstande nen Kosten in Höhe von knapp 600 000 €.