Wir alle sind gefordert. Und ja, deswegen hoffen wir darauf, dass alle verantwortlichen Täter zur Rechenschaft gezogen werden, dass sie merken, dass diese freiheitliche und toleran te Gesellschaft nicht wehrlos ist. Und wir vertrauen auf unse re Justiz, wie wir auf unsere Polizei vertrauen. Wer in der Nacht zum Sonntag randalierte, wer plünderte, wer Steine warf und Scheiben zertrümmerte und vor allem unsere Poli zistinnen und Polizisten brutal angriff und verletzte, wer all das getan hat, der muss merken, dass die Härte des Gesetzes eine Realität und nicht nur eine Redensart ist, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen.
Wenn alle betroffenen Einsatzkräfte wieder gesund, alle Tä ter gefasst und verurteilt und alle Schäden in der Stadt so gut wie möglich abgewickelt und beseitigt sind, dann sind wir ei nen wichtigen Schritt weiter. Aber dann dürfen wir nicht ste henbleiben. Wenn ich vorhin sagte, dass nicht nur die Polizei die Gesellschaft schützt, sondern die Gesellschaft auch die Polizei schützen sollte, dann meine ich damit, dass wir die Po lizei mit dem gesellschaftlichen Problem, das dort deutlich wurde, nicht alleinlassen dürfen.
Damit kommen wir zur entscheidenden Frage: Wie konnte so etwas passieren? Was sind die Ursachen? Und vor allem: Was können und müssen wir tun, um diese Entwicklungen zu stop pen? Diese Fragen sind – mit Verlaub – zu wichtig und auch zu komplex, um schon wenige Stunden und Tage später ab schließend beantwortet werden zu können.
Wir sollten uns nicht dazu verleiten lassen, um eines vermeint lichen parteitaktischen Vorteils willen mit billigen politischen Schuldzuweisungen zu agieren oder einfachste Erklärungs muster zu verwenden. Die Entwicklungen, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag zu diesem Gewaltausbruch geführt haben, gibt es schon seit längerer Zeit in unserer Gesellschaft. Das, was sich am Wochenende in Stuttgart Bahn gebrochen hat, ist ein Phänomen, das in dieser Dimension völlig neu ist, in seiner Qualität aber leider nicht. Was Polizistinnen und Po lizisten, aber auch Feuerwehrleute, Rettungskräfte und kom munale Angestellte, also Vertreter unseres Staates, seit Jahren zunehmend erleben müssen, ist eine wachsende Respektlosig keit.
Mehr noch: Sie müssen die fast krankhafte Unfähigkeit man cher Zeitgenossen, das eigene Ego mit den Regeln des Zu sammenlebens in unserer Gesellschaft in Einklang zu brin gen, wahrnehmen.
„Ich mache, was ich will, mir hat keiner etwas zu sagen, und wer an seine Mitmenschen denkt, kann nur ein Schwächling sein“ – dieses Phänomen beobachten wir seit Langem, nicht erst seit Corona,
nicht erst seit einer weltweiten Rassismusdebatte, und längst nicht nur in Stuttgart. Bleiben wir da bitte alle bei der Wahr heit. Gegen dieses Phänomen helfen keine gestanzten Phra sen, keine politischen Beißreflexe;
dagegen hilft nur eine gemeinsame, gesamtgesellschaftliche Anstrengung, die nachhaltig ist und über den Tag und seine Schlagzeilen hinaus wirkt, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.
Nein, Prävention wird nie alles verhindern. Wir wissen aber und haben bewiesen, dass Prävention wirken und helfen kann. Natürlich hat das, was am Samstag passiert ist, auch mit der Entwicklung zu tun, dass der Staat und seine Institutionen bei einem Teil der Gesellschaft nicht mehr den Respekt genießen, den sie als Sachwalter des Gemeinwohls verdienen.
Deswegen müssen wir denen, die sich, wie am Samstag ge schehen, ganz bewusst außerhalb des Rechts stellen, mit aller Härte des Rechts klarmachen, dass sie sich damit gegen die große Mehrheit unserer offenen und freien Gesellschaft stel len. Eines muss vollkommen klar sein: Das Gewaltmonopol liegt allein beim Staat und seinen Organen und dabei insbe sondere bei unserer Polizei, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Gerade weil sie an vorderster Front für die Einhaltung dieses Rechts kämpft, hat die Polizei unseren Dank, unsere Solida rität und unsere Unterstützung verdient. Genau darum hat sie verdient, dass wir alles, wirklich alles unternehmen, damit sich eine Nacht wie die am vergangenen Wochenende nie wie derholt.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ministerpräsident Winfried Kretsch mann hat die Vorkommnisse am Wochenende als Landfrie densbruch bezeichnet. Auch mich und meine Fraktion ent setzt, was hier geschehen ist. Junge Menschen, überwiegend Männer, haben sich mit hoher krimineller Energie zusammen gerottet.
Sie haben aus der Menge heraus Polizistinnen und Polizisten angegriffen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt im Zusammen hang mit dem Angriff auf einen jungen Studenten nun wegen des Tatbestands des versuchten Totschlags. Das sind schwere Straftaten, die dort verübt worden sind. Wer solche Straftaten begeht, handelt kriminell.
Inzwischen sind Haftbefehle erlassen worden. Deswegen, lie be Kolleginnen und Kollegen, sende ich von dieser Stelle aus
Weil es immer wieder aus der rechten Ecke kommt: Diese Ausschreitungen besoffener junger Männer hatten keinen po litischen Hintergrund.
Zwischenrufe sind im Parlament durchaus erlaubt. Wenn je doch permanent Zwischenrufe kommen, hat der Redner bzw. die Rednerin keine Chance, die Rede an Sie zu richten. Des halb bitte ich Sie auch da insgesamt um etwas mehr Ruhe. – Vielen Dank.
Um es noch deutlicher zu sagen: Aus meiner Sicht waren das Kriminelle. Eine solche Randale ist durch nichts, aber durch gar nichts zu rechtfertigen. Mich macht das wütend. Denn die se idiotische Zerstörungswut, das ist nicht das liberale, das le bensfrohe Stuttgart, wie wir es kennen, das ist nicht das Nacht leben, das ist nicht die Nightlife-Szene, wie sie zu Stuttgart gehört. Ich sage es ganz klar: Das ist nicht unser Stuttgart, meine Damen und Herren.
Ich denke, da spreche ich für uns alle: Wir stehen hinter un serer Polizei. Unsere Polizistinnen und Polizisten, das sind auch Ehefrauen und Ehemänner, Mütter und Väter, das sind Menschen wie du und ich, und diese Menschen spiegeln auch zunehmend die ganze Vielfalt der Gesellschaft wider. Das ist die baden-württembergische Polizei.
Die Polizei hat auch in dieser herausfordernden Situation, Herr Minister, besonnen und umsichtig reagiert. Mein Dank gilt daher allen Beamtinnen und Beamten, die am Wochenen de im Einsatz waren. Ihnen möchten wir den Rücken stärken. Denn bei diesem Einsatz gab es körperliche Verletzungen, aber noch schwerwiegender sind die seelischen Wunden, die entstanden sind, die Wunden, die diese Attacken hinterlassen haben. Deswegen das herzliche Dankeschön an die Einsatz kräfte. Den Verletzten wünsche ich gute Genesung.
Die Ausschreitungen in Stuttgart gehen uns alle an. Denn es geht hier um die Sicherheit des öffentlichen Raums. Die Frei heit, sich ohne Angst uneingeschränkt bewegen zu können, allen Bürgerinnen und Bürgern zu garantieren, das ist die Auf gabe des liberalen Verfassungsstaats. Der öffentliche Raum darf nicht zu einem Angstraum werden. Ein Garant dafür ist unsere Polizei.
Im liberalen Verfassungsstaat gibt es ein klares Gewaltmono pol. Die Polizei setzt Recht und Gesetz durch, und dafür hat die baden-württembergische Polizei unsere volle Unterstüt zung, meine Damen und Herren.
Immer wieder berichten mir Ordnungs- und Rettungskräfte, dass es zunehmend an Respekt fehlt, und zwar nicht nur in Stuttgart, sondern bundesweit. Es bedarf einer gesamtgesell schaftlichen Anstrengung, dem zu begegnen. Deswegen sage ich ganz klar: Hass und Gewalt gegen die Polizei – egal, ob im Netz oder bei Kontrollen auf der Straße –, das dulden wir nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nein. – Wir werden nun gemeinsam mit der Polizei und auch gemeinsam mit der Stadt verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart alles Notwendige dafür tun, dass sich solche Ausschreitungen nicht wiederho len.