Ich bin den Rednern dieses Hauses dankbar dafür, dass diese Gewalt hier einhellig verurteilt wird. Dass die Demokraten in einer solchen Lage zusammenstehen, ist wichtig. Aber erlau ben Sie, dass der Innenminister hinzufügt, dass ich die Hoff nung habe, dass manche Entrüstung nicht nur einige Tage an halten möge, sondern dass wir den Worten Taten folgen las sen und immer auch das Notwendige im wahrsten Sinn des Wortes tun, ganz nach Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Vor allem sollten dann auch zwischen den Worten und den Taten nicht zu große Unterschiede merkbar sein.
Ich bin auch sehr dankbar, dass sich fast alle Rednerinnen und Redner der Fraktionen hier einmütig und klar hinter unsere Polizei gestellt haben. Ich will da nicht einzelne Redebeiträ ge bewerten, das steht mir nicht zu. Ich will mich aber bei dem Fraktionsvorsitzenden Stoch ausdrücklich für seinen Besuch beim Polizeipräsidium Stuttgart bedanken. Das ist wichtig ge
wesen. Es ist gut, wenn wir mit den Polizistinnen und Polizis ten jetzt auch sprechen. Dass wir im Parlament über sie spre chen, ist wichtig, aber auch solche persönlichen Begegnun gen sind von einer außerordentlichen Bedeutung.
Ich will mich ausdrücklich auch für Ihre differenzierte Rede bedanken, die nicht so manchen pawlowschen Reflexen folgt, die man als Oppositionsabgeordneter manchmal durchaus auch haben kann. Vielleicht hängt das auch mit dem Besuch bei der Polizei zusammen. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber vielleicht würden Sie auch als Landesvorsitzender Ihrer stol zen Partei einmal Ihre Bundesvorsitzende zu einem solchen Besuch bei der Polizei mitnehmen. Das könnte ihre sicher heitspolitischen Kenntnisse etwas erweitern.
Es ist jedenfalls klar: Wir stehen zu unserer Polizei, und wir stehen auch zu diesem schwierigen und gefährlichen Einsatz am vergangenen Wochenende. Klar ist auch: Das, was am ver gangenen Wochenende in Stuttgart passiert ist, werden wir nicht akzeptieren. Man muss es schlichtweg als das bezeich nen, was es war und ist: Ein marodierender Mob hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen.
Alle Erklärungsversuche, die es gibt, beispielsweise heute sei tens der FDP/DVP, dass dies die sozialen Kosten der Corona maßnahmen der Landesregierung seien und dass dies etwas mit unserer Coronapolitik zu tun hätte, sind Erklärungsversu che, von denen ich glaube, dass sie nicht hilfreich sind und uns auch nicht weiterhelfen. Auch der Erklärungsversuch mit der Partyszene ist keine Erklärung für das, was da passiert ist, zumal es sehr viele Menschen in Stuttgart gibt, die in der Gas tronomie sind und die mit so etwas überhaupt nichts, aber gar nichts zu tun haben, sondern im Gegenteil so etwas verach ten. Man muss es einfach klipp und klar sagen: Dafür gibt es null Komma null Rechtfertigung.
Meine Damen und Herren, wenn Sie mir erlauben, möchte ich zum Stichwort „den Worten Taten folgen lassen“ noch etwas sagen. Es ist zu Recht von Ihnen allen viel vom Respekt für unsere Polizistinnen und Polizisten gesprochen worden. Aber mit die größte Missachtung, die ich gegenüber Polizistinnen und Polizisten erlebt habe, passierte wenige Minuten später hier in diesem Plenarsaal. Können Sie sich vorstellen, was in einem Polizisten, der für diese Demokratie Dienst tut, vorgeht, wenn er mit seinen Händen einen gesunden Abgeordneten hier aus dem Plenarsaal hinaustragen muss? Dieser Vorgang ist ei ne Schande für dieses Parlament. Es ist die größte Missach tung, die man gegenüber Polizeibeamten zeigen kann, wenn man sich als gesunder Mensch von Polizeibeamten aus einem Parlament hinaustragen lässt.
Nur wenige Hundert Meter von hier entfernt wurden Polizis tinnen und Polizisten angegriffen. Sie wurden beworfen, be
spuckt, beschimpft, so, wie wir es mit ansehen mussten, bis hin dazu, dass ihnen hinterrücks mit ausgestrecktem Bein in den Rücken gesprungen wurde. Ich kann all denjenigen, die dabei waren, nur sagen: Wir werden das mit der vollen Härte des Rechtsstaats beantworten.
Wir werden das nicht zulassen. All denen, die da randaliert haben, die geplündert haben, die Gewalt gegen Personen aus geübt haben, die gewalttätig waren gegen Rettungsdienste, Feuerwehr und gegen Polizistinnen und Polizisten, all denen rufe ich zu: Wir arbeiten unter Hochdruck. Wir werden euch finden. Wir werden euch aufspüren, und ihr werdet einer ge rechten Strafe zugeführt. Das ist meine klare Ansage.
Natürlich war das ein Angriff auf unseren Rechtsstaat, auf un sere ganze freiheitliche Gesellschaft, die vor allem von unse ren Polizistinnen und Polizisten verteidigt wird. Deswegen ist auch jeder Angriff auf eine Polizeibeamtin oder einen Polizei beamten ein Angriff auf uns alle, weil nämlich wir alle von unseren Polizistinnen und Polizisten geschützt werden.
Wir werden uns wehren. Ein solcher Angriff bleibt in BadenWürttemberg nicht unbeantwortet. Der Rechtsstaat hat Zäh ne, und wir sind eine wehrhafte Demokratie.
Um einmal so zu sprechen, dass es jeder versteht: Dass inzwi schen ein Drittel der Tatverdächtigen hinter Schloss und Rie gel ist, dagegen hat der Innenminister nichts einzuwenden: „Sonntags Radau, montags Bau.“ Ich hoffe, dass die Strafe für diese schrecklichen Taten auch auf dem Fuße folgt und die Straftäter zur Verantwortung gezogen werden.
Wir haben eine sehr, sehr klare Linie: Alles, was wir an Infor mationen haben, wird auch an die Öffentlichkeit gegeben und vor allem auch gegenüber dem Landtag von Baden-Württem berg. Deswegen habe ich auch sehr gern, Herr Vorsitzender Klein, den Innenausschuss des Landtags von Baden-Württem berg heute Vormittag über den aktuellen Ermittlungsstand in formiert,
Wir benennen das Alter, wir benennen die Nationalitäten der Festgenommenen. Und wenn Sie, meine sehr verehrten Da
men und Herren, darüber hinausgehende Fragen haben, kom men Sie gern jederzeit auf mich zu. Noch einmal: Hier wird nichts verschwiegen, nicht gegenüber der Öffentlichkeit und schon gar nicht gegenüber den gewählten Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg.
Die Vorkommnisse werden mit Hochdruck und dezidiert auf gearbeitet. Eine wichtige Erkenntnis dieser Nacht ist freilich: Die Polizei braucht nicht nur unsere gesprochene Unterstüt zung, sondern sie braucht auch unsere tatsächliche Unterstüt zung in allen Punkten, auch in der Zukunft.
Ich bin für Ihre Unterstützung in den vergangenen Jahren hier im Landtag von Baden-Württemberg sehr dankbar, weil wir für unsere Polizistinnen und Polizisten in den vergangenen Jahren bereits viel erreichen konnten. Der wichtigste Punkt ist aus meiner Sicht ausreichendes Personal. Wir sind mitten in der größten Einstellungsoffensive, die es jemals in der Ge schichte der Landespolizei von Baden-Württemberg gegeben hat. Mein Herz ist voller Freude darüber, dass Hunderte von jungen, bestens ausgebildeten, hoch motivierten Polizistinnen und Polizisten jetzt gerade in den Dienst kommen, die Poli zeiorganisation stärken und unterstützen. Schade, dass sie mit ihrer guten Motivation für den Polizeiberuf so etwas miterle ben müssen. Aber herzlichen Dank auch an den Landtag von Baden-Württemberg, namentlich an die Koalitionsfraktionen, dass wir in den letzten Jahren so viele Polizistinnen und Po lizisten ausbilden und einstellen konnten.
Das Zweite ist: Es ist mir immer ein persönliches Anliegen gewesen, dass wir die Polizistinnen und Polizisten optimal ausrüsten. Ich möchte, dass die baden-württembergische Lan despolizei die am besten ausgerüstete Polizei der Republik, am liebsten der ganzen Welt ist. Die, die für uns den Kopf hin halten, sollen jedenfalls bestens ausgerüstet sein.
Wer das nicht begriffen hat, mit dem schaue ich gern noch mal die Videos von den Ereignissen in den frühen Stunden des ver gangenen Sonntags an. Diesen Tritt, der da zu sehen war, über lebt ein Polizist nur dann einigermaßen unbeschadet, wenn er eine gute Ausrüstung hat. Dass nach diesem Tritt der Polizist seine Arbeit einfach mal weitergemacht hat, das zeigt, wie wichtig und auch wie gut diese Ausrüstung ist.
Deswegen herzlichen Dank an den Haushaltsgesetzgeber, dass wir in Baden-Württemberg auch in Bezug auf die Ausrüstung top sind. Ich möchte, dass das auch in Zukunft der Fall ist.
Der dritte Bereich: Zu einer guten Technik für unsere Polizis tinnen und Polizisten gehört im Übrigen auch die Bodycam. Ich sage auch dafür Danke, dass wir sie in Baden-Württem berg eingeführt haben – flächendeckend, wie in keinem ande ren Bundesland in Deutschland. Jede Streife verfügt über die se kleine Kamera.
Selbstverständlich ist sie auch für die Ereignisse am Wochen ende ein wichtiges Beweis- und Ermittlungsmittel. Die Bil der der Bodycams, die die Polizistinnen und Polizisten, die unsere Streifenbeamtinnen und -beamten bei diesen Ausein andersetzungen – da sie ja unter freiem Himmel stattfanden – eingeschaltet hatten, werden mit Unterstützung des Landes kriminalamts gerade von einer 70-, 75-köpfigen Ermittlungs
gruppe ausgewertet. Das ist ein wichtiges Beweissicherungs mittel. Dafür brauchen wir eine solide rechtliche Grundlage.
Es ist kein Geheimnis, dass der Innenminister auch in diesem Bereich noch etwas Verbesserungsbedarf sieht. Wir haben im Ministerrat eine Weiterentwicklung unseres Polizeigesetzes beschlossen; der Gesetzentwurf liegt vor. Die Anhörung da zu ist durchgeführt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dieses Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause in diesem Hohen Haus beraten können. Ich möchte mich bei all denen, die uns dann unterstützen, für diese Unterstützung bedanken. Lassen wir unseren Worten in diesem wichtigen Bereich auch Taten folgen.
Eine Wiederholung dieser Gewaltexzesse darf es nicht geben. Deswegen werden wir in einem ersten Schritt selbstverständ lich die Polizeipräsenz insbesondere in Stuttgart erhöhen. Wir werden an den kommenden Wochenenden mehrere Hundert schaften und in einer breit gefächerten Weise eine starke Po lizeipräsenz hier haben. Das ist aber nur eine kurzfristige Maßnahme.
Ein zweiter Schritt wird zeitnah folgen. Deshalb werden wei tere Konzepte zwischen der Polizei und der Stadt Stuttgart so wie in Abstimmung mit dem Innenministerium besprochen, beraten, entwickelt, fortgeschrieben und dann hoffentlich auch zeitnah umgesetzt.
Ich habe meinen Kabinettskollegen in der Sitzung des Minis terrats am gestrigen Dienstag gleich gesagt, dass ich der Stadt Stuttgart einen Zehnpunkteplan vorschlagen möchte. Denn klar ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Polizei allein kann nicht alles richten. Hier muss beispielsweise auch die Stadt Stuttgart bereit sein, entsprechende Maßnahmen umzu setzen. Neben gezielten polizeilichen Ermittlungen und der Anwendung unserer Konzepte für die jugendlichen und her anwachsenden Täter müssen eben auch städtische Maßnah men – Stichworte sind Videokameras und Aufenthaltsverbo te sowie anderes – in Erwägung gezogen werden. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Ich freue mich, dass ich von der Stadt Stuttgart inzwischen entsprechende Signale erhalten habe, dass sie das mit uns gemeinsam auch machen will. In diesem Raum hatte ich gestern – dort, wo jetzt Kollege Lucha sitzt – ein sehr gu tes Gespräch auch mit dem Stuttgarter Oberbürgermeister. Ich habe andere Signale aus dem Gemeinderat, aus dem Stadtrat der Stadt Stuttgart, aus der Verwaltungsspitze, und ich freue mich sehr, wenn wir das jetzt gemeinsam aufs Gleis bringen. Aber ich füge deutlich hinzu: Alle Akteure müssen es wollen, und sie müssen den Worten Taten folgen lassen.
Die Videokamera installiert sich nicht von allein, sondern sie muss auch bezahlt und das muss gemacht werden.