Protokoll der Sitzung vom 25.06.2020

Der Bund hat am 12. Juni 2020 über die Eckpunkte einer bran chenübergreifenden Überbrückungshilfe entschieden.

Herr Weirauch, Sie haben uns hier – vielleicht hören Sie noch kurz zu – unterstellt, wir würden zu langsam entscheiden.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Ich bin ganz Ohr!)

Mit den Augen hören Sie auch; das ist wunderbar.

Erst am 12. Juni hat der Bund über die Überbrückungshilfe entschieden – mit verursacht durch den SPD-Finanzminister Olaf Scholz. Der Bund hätte hier ebenfalls schneller handeln können. Dann hätten wir, das Land, in der Umsetzung schnel ler Sicherheit gehabt. Sie sitzen da also genauso mit im Boot und können dem Land hier keine Vorhaltungen machen.

(Zurufe)

Ja, das sind Fakten.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist absurd!)

12. Juni, das ist ein Datum.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Das sind alternative Fakten!)

Das sind keine alternativen Fakten.

(Zurufe)

Also: Hat der Bund am 12. Juni über die Eckpunkte der bran chenübergreifenden Überbrückungshilfe entschieden oder nicht?

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Das hat doch nichts mit Ihnen zu tun! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das hat doch nichts mit Ihrem Programm zu tun!)

Ja, natürlich. Wir stimmen unsere Landesprogramme mit den Bundesprogrammen ab. Das ist doch gar keine Frage.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das hat aber Kollege Schweickert vorhin gesagt! Letztes Mal ist es doch auch nicht gemacht worden!)

Natürlich ist das gemacht worden.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Nachträglich!)

Die Soforthilfe I ist schon im Prozess der Erstellung mit dem Bundesprogramm abgestimmt worden. Da sind Sie falsch in formiert.

Frau Ministerin, es wird noch eine Zwischenfrage von Herrn Abg. Professor Dr. Schweickert gewünscht. Lassen Sie die zu?

Ich würde gern zunächst noch diesen Bogen spannen. Dann besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Seit dem 19. Mai befinden wir uns also in intensiven Verhand lungen mit dem Bund über die Harmonisierung der geplanten Förderkulisse. Unser Ziel ist es, dass die Landeshilfen mit den Bundeshilfen kumuliert werden können.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal deutlich sagen – damit es auch jeder verinnerlicht –: Wir brauchen den Bund, wenn wir Landeshilfen mit Bundeshilfen kumulieren wollen, um den Unternehmen in unserem Land die bestmögliche Un terstützung zu gewähren. Diese Verhandlungen sind weit vo rangeschritten. Sie sind aber noch nicht beendet. Sie dauern an.

Gleichwohl habe ich mich – da komme ich jetzt auch auf den Punkt, den Sie gerade angesprochen haben – massiv dafür ein gesetzt, dass wir ungeachtet dessen jetzt mit unseren Landes programmen starten. Denn – das ist mir sehr wohl bewusst – für die Unternehmen in unserem Land zählt jeder Tag. Des wegen setzen wir jetzt die Landesprogramme um und führen parallel die Gespräche mit dem Bund, die aber noch ergebnis offen sind.

Nachdem die Abstimmungen in der Koalition zum Abschluss gebracht werden konnten, hat das Kabinett dann an diesem Dienstag über die Umsetzung der Programme für das Hotel- und Gastgewerbe sowie für die Bustouristik entschieden. Wir haben jetzt also die Entscheidung im Kabinett, und wir setzen jetzt schnell um.

Aufgrund der besonders langen und auch vollständigen Ein schränkungen des Geschäftsbetriebs infolge der Coronapan demie sind diese beiden Branchen in besonderer Weise in ih rer Existenz bedroht. Die Förderung für das Gastgewerbe er folgt als einmalige Zuwendung: 3 000 € pro Betrieb, 2 000 € pro Mitarbeiter. Wie gesagt, die Anträge können ab nächster Woche gestellt werden.

Bei den Busunternehmen zeigt sich ein ähnliches Bild. Mit dem eigenständigen Förderprogramm werden wir auch hier unterstützen. Wir gewähren einen einmaligen Zuschuss als Festbetrag: pro Betrieb für einen Reisebus bis zu 18 750 € aus Landesmitteln, ebenfalls liquiditätsabhängig.

Diese beiden Sonderprogramme laufen jetzt an.

Darüber hinaus habe ich am Dienstag – wir haben eben alle Branchen im Blick – im Kabinett die vorgesehenen Ergänzun gen des Landes für die branchenoffene Überbrückungshilfe präsentiert. Der Beschluss des Ministerrats darüber soll in der nächsten Woche im Kabinett erfolgen. Ich habe mit den be troffenen Branchen Gespräche geführt: Schausteller, Messe betriebe, Veranstalter, Reisewirtschaft.

Ich habe das in die Diskussion eingebracht. Ich habe hier vor geschlagen – wir, das Ministerium, haben das als Rückschluss auch aus den Gesprächen mit den besonders betroffenen Bran chen erarbeitet –, wieder den fiktiven Unternehmerlohn anzu setzen. Bei den kleinen Unternehmen mit bis zu fünf bzw. mit bis zu zehn Mitarbeitern ist der Zuschuss ja bei 9 000 € bzw. bei 15 000 € gedeckelt. Das ist für viele Betriebe, gerade für Schausteller, nicht passgenau. Schausteller haben in der Re gel wenig Mitarbeitende und hohe Fixkosten, die Fahrgeräte unterliegen entweder hohen Leasinggebühren oder hohen Un terhaltungskosten. Deshalb würden wir hier öffnen und auch

für die kleinen Betriebe die Systematik des Bundes, wie es für die größeren Betriebe vorgesehen ist, übernehmen.

Viele Betriebe sind mit höheren Fixkosten belastet. Wir wür den vorschlagen, dass der Maximalbetrag pro Monat von 50 000 € auf 60 000 € erhöht wird. Da sehen wir jetzt gerade auch bei den Schaustellern oder im Einzelhandel – der Ein zelhandel hat mit sehr hohen Mietkosten zu kämpfen – eine zusätzliche Unterstützung vor, die sich aus den Branchenge sprächen ergeben hat.

Mit diesen Ergänzungen schließen wir bestehende Förderlü cken und schaffen ein umfassendes Unterstützungsangebot für die von der Coronapandemie betroffenen Unternehmen. Auch da sind wir noch in Abstimmung mit dem Bund, dass der Bund diese Maßnahmen so auch mitträgt. Wir haben auch hier noch keine Zusicherung, aber wir befinden uns in Gesprächen und gehen trotzdem mit unseren Konzepten voraus.

Frau Ministerin, ich ver suche es noch einmal: Lassen Sie Herrn Abg. Stoch eine Zwi schenfrage stellen?

Also, dann lasse ich jetzt Herrn Stoch eine Zwischenfrage stellen.

Ich habe eine ganze Liste. Aber jetzt Herr Abg. Stoch, bitte.

Frau Ministerin, zunächst herzli chen Dank. – Wir haben ja in dieser Debatte heute auch vom Kollegen Schweickert, vom Kollegen Weirauch gehört, dass es insbesondere zwei Ebenen gibt. Die eine Ebene ist die Fra ge nach der Umsetzung dieses bereits vor einem guten Monat beschlossenen weiteren Hilfspakets mit einem Umfang von 1,5 Milliarden €. Da wurde von uns, glaube ich, sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir kein Verständnis dafür ha ben, dass die Umsetzung dieser Ankündigung von vor über einem Monat so lange dauert.

Aber es geht ja noch um eine zweite Ebene. Die zweite Ebe ne, die vorhin ebenfalls angesprochen wurde, bezieht sich auf die Frage: Was passiert eigentlich, wenn diese 1,5 Milliarden € ausgeschöpft sind? In der Ankündigung der Landesregierung steht nämlich, dass mit diesem 1,5-Milliarden-€-Paket u. a. die Soforthilfe um drei Monate verlängert werden sollte, also nach dem 31. Mai bis zum 31. August.

Jetzt fragen sich, glaube ich, alle Unternehmer, alle Selbst ständigen im Land, aber auch viele Menschen, die in Beschäf tigung sind: Was passiert eigentlich nach dem 31. August? Die Frage nach einem zweiten Konjunkturpaket ergibt sich vor al lem aus der Frage bzw. der Analyse: Was passiert eigentlich ab dem 1. September, wenn die Landesregierung erst im Herbst, parlamentarisch beginnend frühestens Ende September, eher im Oktober, über ein zweites Hilfspaket nachdenkt?

Deswegen frage ich Sie als Wirtschaftsministerin: Wie beur teilen Sie die Ankündigung der Landesregierung, des Minis terpräsidenten, dass man mit einem zweiten Hilfspaket bis in den Herbst Zeit hat, wenn das, was bisher nicht einmal um gesetzt ist, bis zum 31. August reicht? Wir wissen, dass die Finanzministerin sagt: Die Beschlüsse der Bundesregierung

Kofinanzierung der Gewerbesteuerausfälle der Kommunen – – Diese 1,5 Milliarden €, die noch da sind, reichen gerade, um das kozufinanzieren. Wie sehen Sie die Lage der badenwürttembergischen Wirtschaft ab 1. September? Das würde mich schon sehr interessieren.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das Land ist li quide!)

Herr Stoch, Punkt 1 – Sie haben das noch einmal deutlich gemacht –: Vor einem Monat, am 19. Mai, wurde über die zweite Tranche entschieden, inwie weit das Land eigene Gelder zur Verfügung stellt, um unsere Wirtschaft zu stützen. Es werden auch Vereine unterstützt. Es geht auch in andere Bereiche hinein, z. B. in die Kultur. Hier wurden Programme in anderen Bereichen aufgelegt. Auch der ÖPNV wird unterstützt. Weitere Gelder wurden zur Verfügung gestellt.

Wir haben an diesem Dienstag final entschieden – das sind 34 Tage –, dass wir, das Land, das Gastroprogramm auf den Weg bringen. Ich meine, da kann einem niemand unterstellen, dass man hier nicht schnell gehandelt hätte.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Über ein Monat!)

Wir gehen jetzt in die Umsetzung. Sie waren auch einmal Re gierungsmitglied, lieber Herr Stoch. Sie wissen, dass solche Programme und vor allem die Abstimmung mit dem Bund Zeit brauchen. Wir versuchen immer, die Bundesprogramme mit den Landesprogrammen abzustimmen.

(Zuruf)

Ja, bei der Städtebauförderung machen wir das so. Das ma chen wir bei vielen anderen Programmen auch.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Wir, das Kabinett, haben entschieden. Wir gehen voran. Die Gespräche mit dem Bund laufen noch. Aber das Land wird vorangehen. Ich bin auch dankbar und froh, dass ich die Rü ckendeckung habe und dass wir schnell in die Umsetzung ge hen.

(Beifall)