Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird unsere Auf gabe sein, im kommenden Schuljahr unter Coronabedingun gen gemeinsam bestmöglichen Unterricht anzubieten. Das wird eine Herausforderung sein; das kann man auch nicht oft genug sagen. Denn bei manchen Themen, über die wir disku tieren, spüre ich einfach, dass die Menschen sich wünschen, dass wieder zu dieser Normalität zurückgekehrt wird, die wir vor Corona hatten. Das Thema, das nachher auf der Tagesord nung steht, ist ein Beispiel dafür.
Wir sehen, wie schwierig es wird, wenn wir coronabedingt Schulen wieder schließen müssen – standortbedingt – oder wenn wir in bestimmten Regionen teilweise wieder einen Lockdown haben. Wir kennen die Beispiele aus Deutschland – Gott sei Dank nicht aus Baden-Württemberg –, wir kennen es im internationalen Vergleich. Die zentrale Zielsetzung ist es, dies zu vermeiden. Deshalb rate ich dringend dazu, man ches vielleicht einen Schritt langsamer zu machen, darüber nachzudenken und abzuwägen, wie wir zwar Perspektive ent wickeln, wie wir unserem bildungspolitischen Anspruch ge recht werden, dem, was die Schülerinnen und Schüler von uns erwarten, was die Lehrkräfte von uns als Unterstützung er warten und was die Eltern einfordern. Das alles ist berechtigt, aber gleichzeitig gilt es darauf zu achten, dass wir nicht über ziehen, dass wir Maß und Mitte halten, dass wir einen guten Mittelweg finden. Ich glaube, das wird in der Bildungspolitik der grün-schwarzen Landesregierung in diesen schwierigen Zeiten, in Zeiten von Corona, mehr als deutlich.
Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Eine bemerkenswerte Debatte! Ich muss te mich zurückerinnern: Haben wir schon einmal eine so deut liche Kritik der Grünen an der Kultuspolitik eines CDU-ge führten Kultusministeriums gehört? Das ist ja eigentlich Kri
Gerade noch einmal zur Erinnerung, Frau Razavi: Zur Attest pflicht heißt es von der einen Seite: „Ja, wir sind dabei; die muss kommen“, und von der anderen Seite: „Nein, brauchen wir nicht.“
Auch im Bereich Lernbrücken, Nachhilfe während eines lau fenden Schuljahrs – SPD-Forderung –: Grüne: „Ja, absolut“, von der CDU keine Antwort. Das habe ich in diesem Ausmaß – die interessierte Öffentlichkeit bitte ich, das zur Kenntnis zu nehmen – noch nicht erlebt. Ein Ergebnis dieser Debatte: Kla rer Widerspruch zwischen Grünen und CDU.
Kollege Haser, wenn Sie sagen – wir alle lieben diesen Spruch; er ist uralt und trotzdem richtig –, ein ganzes Dorf brauche man, um ein Kind zu erziehen, dann sagen Sie doch bitte gleich dazu, dass Ihre Politik dazu führt, dass das Kind in Zu kunft gar nicht mehr in die Dorfschule hinein soll. Wie soll denn da die Erziehung sichergestellt werden?
Frau Ministerin, wir brauchen hier keine feinjuristischen Er läuterungen einer Differenz zwischen Präsenz- und Schul pflicht. Doro Moritz hat mir das in einem Telefonat übrigens bestätigt; sie hat gesagt, dann ist es ehrlicher, wenn man sagt: Faktisch haben Sie mit Ihren Maßnahmen die Schulpflicht ab geschafft. Da können Sie so viel juristisch arbeiten, wie Sie wollen. Ein Anruf genügt – Schulpflicht ist außen vor.
Es hilft auch nicht, die Prüfungen zu verschieben. Denn da von profitieren nur die Abschlussklassen. Es hilft auch nicht, zu sagen: „Konzentrieren Sie sich auf das Kerncurriculum.“ Wenn mir Schulen aus Brennpunktbereichen zurückmelden, dass schon jetzt die Lehrkräfte fehlen, um auch nur dieses Kerncurriculum umzusetzen, dann ist da keine Zeit mehr für individuelle Förderung. Machen Sie sich doch bitte selbst nichts vor.
Zum Schluss: Vor allem ist doch wieder das bezeichnend, was die Kultusministerin heute nicht gesagt hat. Wo sind denn jetzt die Aussagen? Gibt es eine datenschutzrechtlich sichere Re gelung, dass Kinder, die eben nicht am Unterricht teilnehmen können, von zu Hause aus den Unterricht per Liveschalte ver folgen können? Es ist Ihr Job, das zu klären. Da sagen mir vie
le Schulleitungen: „Das ist zentral, das brauchen wir. Aber das können wir doch nicht als Schulleitung klären.“ Das müssen Sie, muss das Kultusministerium klären.
Und zum Thema „Aufsuchende Arbeit“ – Gespräche mit Kom munen, Schulsozialarbeit vor Ort, vor Ort klingeln, nachfra gen: „Wo bleibt das Kind?“ –: Das ist auch keine Erklärung. Klären Sie das mit den Kommunen. Frau Ministerin Eisen mann, machen Sie Ihren Job!
Mein Mikrofon funktioniert. Vielleicht ist unsere Technik doch ein bisschen empfindlich. – Ich erteile das Wort für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Boser.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Lieber Stefan Fulst-Blei, nach wie vor
Nein, wir haben nach wie vor auch unterschiedliche Akzente, und ich finde es ganz gut und richtig, dass innerhalb einer Ko alition mit unterschiedlichen Akzenten in das Regierungshan deln hineingegangen wird.
Wir unterstützen genau mit den Punkten, die ich angespro chen habe, dass der Fernunterricht verbindlicher wird. Wenn wir für das kommende Schuljahr zusätzliche Angebote brau chen, steht unsere Fraktion dafür ein.
Zum Thema Attest: Wir von den Grünen kennen das Urteil, das anscheinend bei der SPD nicht vorlag. Deswegen steht für uns einfach im Raum, dass man prüft, ob nach dem aktuellen Pandemiegeschehen dieses Urteil in der Breite angewendet werden kann. Wenn nicht, stehen wir für eine Attestpflicht, die klar regelt, welche Schülerinnen und Schüler in die Schu len gehen. Aber für uns ist klar: Unterricht ist verpflichtend – in welcher Form auch immer.
Herr Dr. Fulst-Blei, ich wollte Ihnen nur ganz kurz auf die Frage antworten, warum die Mi nisterin nichts gesagt hat. Wenn man zu einem Thema nichts sagt, heißt das nicht, dass man Nein sagt.
Wenn einer sagt, man könne sich eine Nachhilfe vorstellen, und der andere sagt einfach nichts, dann heißt das nicht, dass man sich die Nachhilfe nicht vorstellen kann.
Es muss ja auch für die Zeit nach den Sommerferien noch et was übrig bleiben. Insofern glaube ich, dass die Debatte an dieser Stelle weitergeht.