Nutzen Sie die gewonnenen, coronaerprobten Erkenntnisse für die Zukunft. Dann gehen wir gestärkt aus dieser Krise he raus.
Gibt es weitere Wortmel dungen? Herr Abg. Hinderer, wollen Sie noch einmal das Wort ergreifen? Liegt bei der FDP/DVP-Fraktion noch eine Wort meldung vor? – Gut.
Dann sind wir am Ende der Aktuellen Debatte angekommen und können Punkt 2 der Tagesordnung als erledigt betrachten.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 für die Polizei in Baden-Württemberg und zur Änderung wei terer polizeirechtlicher Vorschriften – Drucksache 16/8484
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gern erinnere ich mich an die letzte Landtags debatte zum Thema Polizei und daran, dass viele Lippen be kannt haben, dass sie vor und hinter unserer Polizei stehen. Darüber hat sich der Innenminister gefreut. Die Wortmeldun gen waren vielfältig und solidarisch.
Heute, wenn es konkret wird, sehe ich diese Solidarität in die sem Hohen Haus schon wieder etwas bröckeln. Aus starker Solidarität werden schmale Lippenbekenntnisse.
Das finde ich schade, meine sehr verehrten Damen und Her ren. Denn gerade heute und jetzt braucht unsere Polizei tat kräftige und volle Unterstützung.
Auch die Debatte um eine angebliche Stammbaumforschung hat gezeigt, wie schnell unsere Polizei nach den Lippenbe kenntnissen wieder vorverurteilt und gerade auch aus dem lin ken politischen Spektrum vollkommen überzogen kritisiert wird –
wohlgemerkt: für etwas kritisiert wird, was sie so nie gesagt und nie gemacht hat. Das ist inakzeptabel, und das will ich hier eindeutig klarstellen.
Nein, ich möchte das jetzt in einem Zusammen hang ausführen, Frau Präsidentin. – Der Generalverdacht, dass die Polizei ein strukturelles Rassismus- oder Diskriminie rungsproblem habe, ist nachweislich unzutreffend.
In Baden-Württemberg brauchen wir auch keine Rassismus studie. Die habe ich bereits veranlasst. Da waren wir schnel ler gewesen. Ich habe allerdings nichts dagegen, wenn bun desweit einmal eine Studie über die Rohheit und die zuneh
mende Gewalt gegen unsere Polizistinnen und Polizisten ge macht wird. Hier hat Bundesinnenminister Horst Seehofer meine ganze und volle Unterstützung. Dieser Frage sollten wir auf den Grund gehen.
Eine Rassismusstudie, was die baden-württembergische Po lizei angeht, brauchen wir deswegen nicht, weil wir nicht weg sehen, sondern weil wir genau hinsehen. Deswegen habe ich bereits vor über einem Monat dem Inspekteur der Polizei den Auftrag gegeben, die polizeiliche Disziplinarstatistik der ver gangenen fünf Jahre präzise und genauestens zu durchleuch ten und zu untersuchen.
Diese Untersuchung zeigt ganz klar: Unsere Landespolizei hat kein strukturelles Rassismus- oder Diskriminierungsproblem. Seit dem 1. Januar 2015 – 2015! – gab es lediglich 26 Diszi plinarfälle mit dem Vorwurf von diskriminierenden Verhal tensweisen. Das betrifft damit nur rund 0,1 % der 24 500 Po lizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Das ist wirklich ein ver schwindend geringer Anteil.
Das zeigt mir, dass diese Debatte vollkommen schief gelagert und überzogen ist. Hören Sie auf, unsere Polizei mit pauscha len Vorwürfen zu überziehen! Hören Sie auf, unsere Polizei mit pauschalen Rassismusvorwürfen zu diskreditieren! Das hat unsere Polizei in Baden-Württemberg nicht verdient; denn es gibt keine objektiven Anhaltspunkte dafür.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Vorbemer kung zur heutigen Debatte über das Polizeigesetz war mir ein fach außerordentlich wichtig.
Freilich ist die heute zu beratende Novelle des Polizeigeset zes nicht Ausfluss aus den jüngsten Ereignissen; darauf rich tete sich ja auch die Kritik. Vielmehr stärken wir unsere Poli zei auf einer langen Linie. Das unterscheidet uns von denen, die die Betroffenheitslyrik nach bestimmten Ereignissen hier mit großen Worten zelebrieren, sich aber dann, wenn es kon kret wird, schnell vom Acker machen.
Herr Minister, Herr Abg. Dr. Schweickert würde gern noch seine Zwischenfrage stel len. Geht das jetzt?
Bitte sehr, Herr Kollege. – Ich wusste ja nicht, dass der Kollege Dr. Schweickert eine Zwischenfrage stellen möchte.
Ich stimme Ihnen bei allem, was Sie in Ihren Eingangsbemer kungen gesagt haben, zu, aber bei einem Punkt möchte ich nachfragen. Sie haben gesagt, dieses unsägliche „Stamm baum-Gedöns“ komme aus dem linken politischen Lager. Ich habe gelesen, es komme aus dem grünen politischen Lager.
Da möchte ich einfach nachfragen, ob ich mich da vielleicht verlesen habe oder ob Sie das nur deshalb nicht gesagt haben, weil die Kritik, die Sie geäußert haben, eigentlich an Ihren Koalitionspartner ging und Sie das nicht so direkt nennen wollten, Herr Minister.
In der Tat, das Wort „Stammbaumforschung“ wurde nach meinen Erkenntnissen von einem Stadtrat der Grünen
dem Stuttgarter Polizeipräsidenten in den Mund gelegt. Aller dings will ich hinzufügen, Herr Abgeordneter, dass der Stadt rat der Grünen inzwischen eingeräumt hat, dass er die Un wahrheit gesagt hat, dass der Stuttgarter Polizeipräsident ent gegen dem, was er verbreitet hat, dieses Wort nie in den Mund genommen hat. Ich bedaure allerdings, dass der Stadtrat der Grünen dann hinzugefügt hat, was die Polizei in Baden-Würt temberg mache, sei gleichwohl Rassismus. Das finde ich schändlich, und das weise ich mit absoluter Klarheit zurück. Das gibt es bei der baden-württembergischen Landespolizei nicht, auch wenn ein Stuttgarter Stadtrat der Grünen so etwas in die Welt setzt. Das kann ich so nicht akzeptieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Polizeistär kungsgesetz, das wir heute beraten, ist ein wichtiger Baustein in unserer Absicht, die Polizei zu stärken und zu schützen. Noch einmal: Das machen wir auf einer langen Linie und nicht in Abhängigkeit von bestimmten Ereignissen.
Ich bin froh und dankbar, dass wir heute diese zweite große Novelle des baden-württembergischen Polizeigesetzes in die ser Legislatur beraten können – endlich, möchte man sagen. Die Novelle ist rechtlich notwendig. Sie wird aber darüber hi naus auch die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten er leichtern und unseren Polizistinnen und Polizisten den Rü cken stärken. Deswegen sage ich klar: Heute ist im Landtag von Baden-Württemberg ein guter Tag für unsere Polizei,
Wir werden in dieser Landesregierung von einem bewährten Dreiklang geleitet, wie wir die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land stärken: erstens mehr Personal, zweitens eine optimale technische Ausstattung und drittens eine gute recht liche Grundlage. Und um den dritten Punkt geht es heute.
Auf den anderen Feldern sind wir nicht untätig. Mit der größ ten Einstellungsoffensive in der Geschichte der baden-würt tembergischen Landespolizei sorgen wir dafür, Versäumnisse der Vergangenheit auszubessern und die kommende Pensio nierungswelle abzufangen. Ab jetzt wird die Polizei personell – auch unter dem Strich – immer stärker und stärker werden. Ich freue mich sehr, dass bereits Hunderte von bestens ausge bildeten und hoch motivierten Polizistinnen und Polizisten in den Revieren in der Fläche angekommen sind und es in den nächsten Jahren immer mehr und mehr werden.