Protokoll der Sitzung vom 23.07.2020

Nein, wieso? Es ist viel schöner, freie Reden zu halten, Herr Schwarz. Das macht eigentlich viel mehr Spaß.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ihnen vielleicht! Uns nicht!)

Wenn man den Grünen anhand ihrer eigenen Aussagen nach weisen kann, dass es ihnen daran mangelt, eine demokratische Partei zu sein, dann macht das umso mehr Spaß.

(Oh-Rufe)

Wir werden am 14. September die Anhörung haben. In den weiteren Beratungen gibt es genügend Möglichkeiten, über dieses Gesetz zu sprechen.

(Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Wir hoffen, dass noch ein bisschen nachgebessert wird.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Herr Abg. Professor Dr. Goll, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob sich viele hier im Raum darüber wundern werden, dass ich als Erstes sage: Wir, unsere Fraktion, halten nichts davon, ständig am Polizeige setz herumzuschrauben, und sind der Überzeugung, dass es reicht, wenn man es in der Legislaturperiode einmal geändert hat.

(Beifall – Abg. Thomas Blenke CDU: Da sind wir halt anderer Meinung!)

Danach sollte man sich Zeit nehmen, um zu schauen, ob sich die Regeln bewährt haben.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wir richten uns nach der Notwendigkeit!)

Lieber Herr Kollege Blenke, Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass es in diesem Saal Menschen gibt, die der heili gen Überzeugung sind, dass dieses Gesetz der Polizei nur mar ginal nützt und ihr ein paar zusätzliche Handys, Laptops und Internetanschlüsse viel mehr helfen würden.

(Beifall)

Wir haben den Verdacht, dass es mehr um Symbolik und um Selbstdarstellung der Regierung geht und dass sich der Innen minister eher selbst helfen will als der Polizei.

Noch eine kleine Vorbemerkung. Der Zusammenhang mit Stuttgart steht ja wieder im Raum. Man kann nicht oft genug betonen, dass die Stuttgarter Krawallnacht keinen Deut an ders verlaufen wäre, wenn es dieses neue Gesetz schon gege ben hätte.

(Beifall)

Jetzt liegt es auf dem Tisch, und wir haben uns damit zu be schäftigen. Wir werden uns konstruktiv damit beschäftigen. Das ist gar keine Frage. Die Stichworte und auch die Knack punkte sind schon genannt worden: die Ausweitung des Ein satzes der Bodycam, die weitere Herabsetzung der Schwelle für praktisch anlasslose Kontrollen. Die Schwelle sinkt nach unserer Meinung eher auf null. Da ist dann alles interpretier bar. Es geht auch um die Ausweitung der Kennzeichenerfas sung, die es natürlich schon gibt. Wir werden darüber disku tieren.

Ich will mit wenigen Sätzen nur auf einen Punkt eingehen: die Ausweitung des Einsatzes der Bodycam. Der Datenschutzbe auftragte hat den bisherigen Einsatz stichprobenartig über prüft und kam zu dem Schluss, dass in fast keinem der Fälle die gesetzlichen Voraussetzungen für den Einsatz zum Zwe cke der Dokumentation erfüllt waren. Kürzlich ging es um den Fall eines sogenannten Wildpinklers. Dazu müssen wir feststellen: Wenn so etwas nicht gerade gegen das Bein des Polizeibeamten passiert,

(Vereinzelt Heiterkeit)

hat der Einsatz der Bodycam in der Tat nichts mit den gesetz lichen Voraussetzungen dafür zu tun.

Auch nach Einschätzung des Datenschutzbeauftragten lag der Irrtum der Polizei darin, dass sie die Bodycam als ganz nor males Dokumentationsmittel verwenden wollte. Jetzt kommt es: Dieser Irrtum scheint mir gerade auch bei der Ausweitung des Einsatzes in Wohnungen im Spiel zu sein.

Schauen wir uns einmal an: Was ist die typische Situation für den Einsatz der Bodycam? Es geht um die Dokumentation von Angriffen auf Leib und Leben der Beamten. Das war das Motiv. Das wollen wir noch einmal in den Raum stellen. Es geht darum, dass in bestimmten Situationen überraschende Angriffe stattfinden können. Es geht darum, dass der oder die Betroffene vielleicht schnell wegläuft, sodass man nicht fest stellen kann, wer es ist. Das sind die typischen Probleme. Es geht übrigens auch um die abschreckende Wirkung. Das sind die Punkte, die man auflisten kann.

Jetzt kann in der Öffentlichkeit eine Situation eintreten, in der wir den Beamten helfen wollen. Meinetwegen kann die Situ ation in Geschäftsräumen, in einer Diskothek, in einem Club oder in ähnlichen Einrichtungen eintreten. Aber ich stelle mir schon die Frage: Ist eine solche Situation beim Einsatz in ei ner Wohnung gegeben?

Meine Damen und Herren, wenn die Polizei in eine Wohnung geht, dann hat sie zunächst einmal selbst einen Plan. Sie hat weitgehend das Heft des Handelns in der Hand. Sie weiß, dass es wahrscheinlich zu Angriffen auf Beamte kommt. Es kann niemand weglaufen; die Identitätsfeststellung ist kein Prob lem. Der Angriff auf den Beamten selbst – nur darum geht es – ist bisher immer durch den Zeugenbeweis dokumentiert worden.

Jetzt noch zur abschreckenden Wirkung: Aus der Evaluation wissen wir, dass die abschreckende Wirkung sinkt, je mehr Alkohol im Spiel ist. Bei den Einsätzen in der Wohnung ist immer Alkohol im Spiel. Wenn man einmal lange genug dar über nachdenkt, dann darf man das nicht einfach nach dem Motto „Ist der Weg auch falsch und steinig, Hauptsache, wir sind uns einig“ erledigen, sondern muss man den Verstand einschalten. Dann kann man schon zu dem Schluss kommen – ich komme zu dem Schluss –:

(Zuruf)

Diese Maßnahme ist in Wohnungen eigentlich nicht sinnvoll und erforderlich.

Herr Kollege Binder, im Grunde genommen komme ich gar nicht bis zu der Abwägung, die Sie zu Recht angesprochen haben. Die müsste man hinterher immer noch machen. Es geht um ein hochrangiges Grundrecht. Bei mir scheitert die Maß nahme eigentlich schon kurz vor der Abwägung.

Wenn man sagen würde: „Wir setzen die Bodycam in Ge schäftsräumen ein“, wäre das für uns konsensfähig. Aber ich deute schon jetzt an: Beim Einsatz in Wohnungen haben wir unsere Probleme.

Danke schön.

(Beifall)

Meine Damen und Her ren, jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen. Wir been den damit die Aussprache.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8484 zur weiteren Beratung federführend an den Ausschuss für Inne res, Digitalisierung und Migration und mitberatend an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Damit sind Sie einver standen.

Wir haben Punkt 3 der Tagesordnung abgeschlossen.

Wir treten etwas verspätet in die Mittagspause ein. Ich schla ge vor, dass wir uns hier um 14:00 Uhr wieder treffen – dann zur Fragestunde.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:47 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:01 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Fragestunde – Drucksache 16/8364

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. D a n i e l R o t t m a n n A f D – P o l i t i s c h e R ü c k e n d e c k u n g u n d R e c h t s s c h u t z f ü r d i e P o l i z e i

Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Die Vorfälle der vergangenen Wochen, insbeson dere an den Wochenenden, werfen zahlreiche Fragen zur in neren Sicherheit in Baden-Württemberg auf. Sie, Herr Innen minister, bezeichnen Baden-Württemberg immer wieder als sicherstes Bundesland in Deutschland und verweisen dabei auf die von Ihnen vorgestellten Zahlen der Kriminalstatistik aus den Sicherheitsberichten.

Dazu frage ich:

a) Hält die Landesregierung die Aussage von Herrn Innenmi

nister Strobl aus dem Jahr 2017, dass Baden-Württemberg das sicherste Bundesland sei und die Polizei für einen au ßerordentlich hohen Sicherheitsstandard sorge, auch nach den Ereignissen in Stuttgart vom 20. auf den 21. Juni 2020 noch für zutreffend?

Falls ja: Wie wollen Sie diesen Standard erhalten? Falls nein: Was gedenken Sie zu tun, um ihn wiederherzustellen?