Wichtig ist mir auch, dass wir uns darauf verständigen konn ten, mit diesem Gesetz die über 1 000 Gemeinden in BadenWürttemberg zu verpflichten, künftig ihre Energieverbräuche detailliert zu erfassen, um Energieeinsparpotenziale besser er kennen und nutzen zu können. Die Energieverbräuche wer den auf einer Plattform erfasst, auf der sich die Kommunen mit vergleichbar großen Kommunen oder mit Kommunen in der Region vergleichen können, um dann zu sehen: Wieso ist diese Kommune besser als die andere? Was steckt dahinter?
Ich bin ziemlich sicher, das läuft ähnlich, wie wir das in der Vergangenheit übrigens im Abfallbereich auch gemacht ha ben.
Jedes Jahr im August wird die Abfallbilanz veröffentlicht, die auch dazu anreizt, zu schauen: Wo stehe ich eigentlich bei den Landkreisen? Jeder schaut natürlich, dass er nicht unten ist, sondern weiter oben steht. Ich glaube, dass das hier durchaus auch Anreize bietet, dass Kommunen das Thema Energieeffi zienz bei ihren eigenen Liegenschaften noch stärker berück sichtigen, als sie es sowieso schon machen.
Ich will an dieser Stelle aber auch sagen: Viele Kommunen in Baden-Württemberg sind schon sehr stark engagiert. Es ist nicht so, dass da nichts gemacht wird. Vielmehr ist es meine Erfahrung der letzten Jahre, dass da auf kommunaler Ebene bereits vieles getan wird.
Meine Damen und Herren, wir denken Ökologie und Ökono mie mit diesem Gesetzentwurf zusammen, und wir sind über zeugt: Klimaschutz rechnet sich, Klimaschutz verschafft Wett bewerbsvorteile auf wichtigen Zukunftsmärkten. Deshalb sieht der Gesetzentwurf auch vor, dass Unternehmen auf freiwilli ger Basis mit dem Land Klimaschutzvereinbarungen abschlie ßen können. Es geht dabei darum, Unternehmen – insbeson dere natürlich die kleinen und mittleren Unternehmen – auf dem Weg zu dem Ziel Klimaneutralität zu begleiten und da, wo es nötig ist, seitens des Landes auch zu unterstützen.
Vonseiten der großen Unternehmen haben die ersten ja schon erklärt, bis wann sie klimaneutral sein wollen. Auch im mit telständischen Bereich gibt es erste Beispiele dafür, dass dies getan wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier in Ba den-Württemberg viele Unternehmen erleben werden, die die Chance nutzen, gemeinsam mit dem Land bei diesem wichti gen Thema voranzugehen, um auch zu zeigen, dass sie bereit sind, bei diesem wichtigen Zukunftsthema selbst Verantwor tung zu übernehmen.
Wir werden in der nächsten Woche auf dem Ressourceneffi zienzkongress, an dem auch der Ministerpräsident teilnehmen
wird, die ersten Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Be reichen präsentieren, die hier gemeinsam mit dem Land eine Vereinbarung zum Thema Klimaneutralität beschließen wer den.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe bereits ausgeführt, dass dieses Gesetz ein Zwischenschritt ist. Es ist ein Zwi schenschritt auf dem Weg, spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Setzt sich die Kommissionspräsidentin durch – um das noch einmal zu sagen –, dann werden der Bund und auch wir in der Folge nachsteuern müssen.
Wenn man zurückschaut, kann man sehen, wie richtig das ist, was ich vorhin gesagt habe: dass die Dinge ineinandergreifen. Ich habe mir in den letzten Jahren einige Male anhören müs sen, auch hier im Haus: „Na ja, ihr erreicht das Klimaschutz ziel 2020 nicht.“ Das Gesetz von 2013 sieht vor, dass wir bis 2020 – in wenigen Monaten, Ende des Jahres – minus 25 % CO2-Emissionen erreichen. Das war das Ziel. Es hat lange so ausgesehen – das gestehe ich durchaus zu –, dass wir davon ein gutes Stück weg sind, um nicht zu sagen, dass wir die Lat te reißen und drunter durchlaufen.
Im letzten Jahr hat sich das dramatisch geändert – und zwar vor Corona. Warum? Im letzten Jahr hat der CO2-Preis auf eu ropäischer Ebene erstmals gegriffen. Davor hatten wir Preise von 5 €, 6 € pro Tonne CO2 gesehen, und im letzten Jahr sa hen wir dann Preise von 23 €, 24 € pro Tonne CO2. Wozu hat das geführt? Die Folge war, dass in Deutschland und auch in Baden-Württemberg Kohlekraftwerke, Steinkohlekraftwerke – ältere Anlagen – in einem Umfang aus dem Markt gegan gen sind, wie das vorher nie der Fall war. Diejenigen, die am Netz geblieben sind, hat man runtergefahren, weil plötzlich natürlich jede Tonne Brennstoff, die da drin verbrannt wird, anders bewertet wird, als das vorher der Fall war – mit der Folge, dass Baden-Württemberg im letzten Jahr seine CO2Emissionen um über 6 % reduzieren konnte.
Das meine ich: Wir sind nun mal ein Teil von Europa, wir sind nun mal ein Teil von Deutschland. Wir haben aber auch eine eigene Verantwortung und auch eigene Möglichkeiten. Aber letztendlich werden wir in den Bundesländern nur dann er folgreich sein können – das gilt für alle –, wenn die Dinge in einandergreifen, wenn die europäische Politik funktioniert, wenn die Bundespolitik funktioniert und wenn wir unsere ei genen Hausaufgaben hier machen.
Dass wir nicht ganz so schlecht sind, was unsere eigenen Hausaufgaben betrifft, zeigt sich in Folgendem – ich will ein mal daran erinnern –: Wenn es im Dezember des letzten Jah res ein Ranking von einer unabhängigen Agentur in Berlin ge geben hat,
die verglichen hat, wie das mit dem Klimaschutz und mit der Energiewende in den Bundesländern so ist, und wir dabei zum zweiten Mal auf Platz 1 gelandet sind – beim letzten Mal zu sammen mit Schleswig-Holstein –, dann scheinen wir in der Vergangenheit ein paar Dinge richtig gemacht zu haben. Das will ich an dieser Stelle auch einmal sagen. Es ärgert mich
Aber es ist wahrscheinlich auch der Job der Nichtregierungs organisationen, immer noch mehr zu fordern. Das ist okay; damit kann ich umgehen. Aber ich bitte auch darum, dass man das, was wir da schon auf den Weg gebracht haben, entspre chend würdigt.
Auf dem Weg, den wir eingeschlagen haben, wollen wir mit diesem Gesetz konsequent weitergehen. Wir werden in ver schiedenen Bereichen mit diesem Gesetz bundesweit eine Führungsrolle einnehmen. Das Thema PV-Pflicht, das Thema „Kommunale Wärmeplanung“ habe ich erwähnt, auch das Thema „Vereinbarungen mit den Unternehmen“.
Meine Damen und Her ren, wir treten in die Aussprache ein. Das Präsidium hat eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Rede des Um weltministers Franz Untersteller hat gezeigt: Die Zeit drängt. Wir befinden uns schon mitten in der Klimakatastrophe – wie im Übrigen von der Wissenschaft seit Langem prognostiziert. Das Problem, das wir nun zusätzlich bekommen haben, ist: Es geht alles viel schneller, als ursprünglich von der Wissen schaft prognostiziert.
hat jetzt bei den verheerenden Waldbränden in Kalifornien ge sagt: „Kalifornien ist die USA im Schnellvorlauf. Was wir hier jetzt erleben, kommt bald überall im Land.“ Er hätte auch sa gen können: bald überall auf der ganzen Welt.
Deshalb ist unser Gesetz, meine Damen und Herren, ein wich tiger Beitrag einer der ökonomisch bedeutsamsten Regionen zum Klimaschutz. Wir setzen mit unserem Klimaschutzgesetz Maßstäbe in ganz Deutschland, wie schon 2013, als BadenWürttemberg eines der ersten Bundesländer war, die überhaupt ein Klimaschutzgesetz vorgelegt haben. Dieses Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu dem in Paris festgelegten 1,5-Grad-Ziel.
Bis in zehn Jahren wollen wir eine Reduktion um mindestens 42 % gegenüber 1990. Damit das keine abstrakte Größe bleibt, wird bei der Verfehlung ein Mechanismus ausgelöst, damit weitere, zusätzliche Maßnahmen für den Klimaschutz umge setzt werden können. Logischerweise – Herr Minister Unter steller hat darauf hingewiesen –: Legt die EU nach, legt der Bund nach, wird auch Baden-Württemberg nachlegen.
Unsere Ziele unterstreichen wir mit den beschlossenen Maß nahmen, von denen ich einige nennen möchte: Mit der ver bindlichen Wärmeplanung für alle Kommunen über 20 000 Einwohner – der Wärmebereich ist ja zusammen mit dem Ver kehr das größte Sorgenkind im Klimaschutz – erreichen wir, dass mehr erneuerbare Energien eingesetzt werden, und wir erreichen eine bessere Nutzung der Abwärme.
Da sie verpflichtend ist – das möchte ich an dieser Stelle noch mals betonen –, bekommen die Kommunen Zuschüsse vom Land, oder die Kosten werden vom Land getragen. Ich den ke, das ist ganz wichtig, damit es nicht wieder heißt: Wir be schließen etwas, und die anderen müssen bezahlen.
Ein wichtiger Punkt ist uns natürlich die PV-Pflicht für alle Neubauten im Nichtwohnungsbereich. Auch darauf wurde schon vom Herrn Minister hingewiesen. Hier handelt es sich um riesige Flächen. Mit dem Kollegen Nemeth möchte ich auch nochmals betonen: Das, was der Kollege Söder jetzt an gekündigt hat, sollte auch hier in Baden-Württemberg in der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden. Aber – das ist das Positive – einige Kommunen gehen mit gutem Beispiel voran: Ulm, Waiblingen, Tübingen, Ludwigsburg. Dort wur de die PV-Pflicht für Neubauten bereits beschlossen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Gernot Gruber SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)
Damit stärken wir die erneuerbaren Energien. Wir stärken das regionale Handwerk und fördern den Ausbau regionaler Wirt schaftskreisläufe.
In diesem Zusammenhang ist mir wichtig: Auch nachhaltiges Bauen wird durch dieses Gesetz gestärkt. Wir alle wissen: Die Zementproduktion beispielsweise ist weltweit klimaschädli cher als der Flugverkehr.
Wichtig war uns allen auch – sowohl dem Koalitionspartner als auch uns –, dass Flüge der Landesverwaltung und der Be hörden klimaneutral sind und dass in diese Regelung auch die Hochschulen einbezogen sind, weil auf sie der größte Anteil dieser Flüge entfällt. Deswegen ist auch das ein großer Fort schritt.
Ich habe es schon erwähnt: Neben der Wärmeversorgung ist die Mobilität das größte Sorgenkind. Deshalb verankern wir auch Klimamobilitätspläne dauerhaft auf der Ebene der Kom munen.
Ziemlich enttäuscht waren wir in der letzten Woche über das, was jetzt vom Bund vorgelegt wurde – Stichwort „Novellie
rung EEG“. Wenige Tage vorher hatte Minister Altmaier sei tenlang im SPIEGEL verkündet, dass er die Botschaft Klima schutz jetzt verstanden hat. Allerdings müssen wir wenige Ta ge später feststellen: Offensichtlich ist diese Erkenntnis noch nicht in die Novellierung des EEG eingeflossen. Ich frage mich vor allem, wo die Innovationen bleiben, beispielsweise Agro-PV, für die wir am Bodensee riesige Flächen zur Verfü gung stellen könnten, oder schwimmende PV.