Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

Eines ist uns Grünen wichtig: Das Land beteiligt sich nur im äußersten Notfall an Unternehmen, und zwar nur an solchen der Realwirtschaft. Es geht nicht um einen staatlichen Auf kauf von Unternehmen, sondern um die vorübergehende Stüt zung grundsätzlich zukunftsfähiger Unternehmen, bei denen aufgrund der Restriktionen in der Pandemie Fremdkapital als Liquiditätshilfe nicht mehr ausreicht.

Der Fonds ist also keineswegs ein Einstieg in eine staatlich gelenkte Wirtschaft, sondern er ist eine echte Stabilisierungs maßnahme, für die Kriterien in gesamtgesellschaftlicher Ver antwortung hinterlegt werden.

Aus diesem Grund ist die Einrichtung des Beteiligungsfonds zunächst bis Ende Juni 2021 befristet – allerdings mit einer Ausnahmemöglichkeit. Denn die Krise hält sich eher nicht zu verlässig an von uns gesetzte Fristen. Mit 1 Milliarde € ist der Fonds aus unserer Sicht auch gut ausgestattet.

Wichtig ist uns Grünen die Einbeziehung des Landtags, nicht nur durch quartalsweise Berichte, sondern auch über Informa tionen zu den jeweiligen Einzelbeteiligungen.

Wir zeigen mit dem Beteiligungsfonds erneut, dass wir in Ver antwortung für die Bürgerinnen und Bürger und für die Wirt schaft des Landes zielgenau handeln. Wichtig finde ich bei den ganzen Debatten um Vor- und Nachteile des Föderalis mus auch: Bundes- und Landeshilfen ergänzen sich, und wir nutzen Synergien für die Ausgestaltung.

Am besten wäre es natürlich, der Fonds würde gar nicht nach gefragt. Aber mit einer möglichen Unterstützung durch die sen Fonds kann mancher Mittelständler, manche Mittelständ lerin im Land mitsamt seinen oder ihren Beschäftigten wie der zuversichtlicher in die Zukunft blicken.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Claus Paal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon in der ersten Le sung zu diesem Thema gesprochen. Zu dem, was ich in der ersten Lesung gesagt habe, stehe ich. Das ist vollumfänglich richtig. Deshalb möchte ich das jetzt nicht wiederholen. Su sanne Bay hat ja auch gerade inhaltlich schon sehr viel zu dem Gesetz gesagt.

Mit diesem Beteiligungsfonds haben wir den Mittelstand in Baden-Württemberg im Blick. Wir bereiten Hilfen vor und werden dem Mittelstand zur Seite stehen, wenn es dringend notwendig ist. Denn eines ist klar: Der Beteiligungsfonds ist das allerletzte Mittel, das dann greift, wenn alle anderen Hil fen gescheitert sind und negativ beschieden wurden.

In meiner letzten Rede hatte ich es angekündigt – das hat sich im Ausschuss bewahrheitet –: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Das hat man an den Äußerungen gesehen. Hier möchte ich vor allem die SPD in den Blick nehmen. Wenn man sich anschaut, über was wir gesprochen haben, dann sieht man ganz klar: Wehret den Anfängen! Ein Staat muss wirk lich vorsichtig sein, wenn es darum geht, mit den Unterneh men so umzugehen, wie ihr es wollt.

Ein Beispiel: Die SPD wollte mit dem Beteiligungsfonds nur tarifgebundenen Unternehmen helfen.

(Abg. Anton Baron AfD: Unglaublich, die Sozialis ten! – Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Nein, stimmt nicht! – Abg. Daniel Born SPD: Ihr habt es bis jetzt nicht verstanden!)

Ich ziehe das einmal heraus. 2018 habt ihr einen Antrag zu dem Thema gestellt. Daher müsstet ihr wissen, dass etwa die Hälfte der Unternehmen in dieser Größenklasse nicht tarifge bunden sind. Nur diesen Unternehmen zu helfen und die an deren auszuschließen, das werden wir nicht tun. Das ist Hin einregieren in Unternehmen und hat mit sozialer Marktwirt schaft nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Peter Hofe lich SPD)

Auch die Aufnahme weiterer Personen in den Beirat ist ein ganz kritischer Vorgang. In diesem Beirat werden sensibelste Unternehmensdaten, die offengelegt werden, besprochen. Hier kann man, wenn man es richtig macht, viel Gutes tun, aber auch viel Falsches, wenn man mit diesen Daten nicht richtig umgeht. Deshalb ist das Gremium mit Vertretern des Wirt schaftsministeriums und des Finanzministeriums richtig be setzt. Die können jederzeit noch Experten anhören. Das ist gut so. Das ist richtig so vorgesehen, und so bleibt es dann auch.

Die Kollegin Susanne Bay hat angesprochen, dass der Land tag selbstverständlich vollumfänglich informiert wird. Im Ge setz ist bereits vorgesehen, dass quartalsweise ein umfassen der Bericht erfolgt. Wir haben auch im Ausschuss auf Antrag von Grünen und CDU beschlossen, dass der Landtag immer über Einzelfallentscheidungen informiert wird. Dass Sie den Antrag jetzt noch einmal stellen, verstehe ich nicht. Wir ha ben doch erklärt, dass mit einem Sondervermögen eine ande re Vorgehensweise gar nicht machbar ist.

Wenn man die Anträge der Opposition insgesamt durchschaut, stellt man fest: Wir müssen sie weiterhin ablehnen. Ich ver stehe nicht ganz, warum Sie sie noch einmal stellen. Im Aus schuss haben wir ausführlichst darüber gesprochen.

(Abg. Daniel Born SPD: Weil sie gut sind!)

Genau, aber inhaltlich falsch und teilweise dem Gesetz ent gegenstehend.

(Abg. Daniel Born SPD: Weil Sie es nicht gelesen ha ben!)

Deshalb müssen wir die Anträge ablehnen.

Ich werbe um Zustimmung für dieses Gesetz im Sinne der mittelständischen Unternehmen in unserem Land, im Sinne der Arbeitsplätze und auch im Sinne des Landes Baden-Würt temberg. Wir hoffen, dass wir den Fonds so selten wie mög lich benötigen, aber dass er, wenn er notwendig ist, ganz schnell und richtig hilft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Als Nächster hat Herr Abg. Dr. Weirauch für die SPD das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erste Beratung des Gesetzentwurfs hier im Parlament und darauffolgend auch die Beratung im Wirtschaftsausschuss waren in vielerlei Hinsicht aufschlussreich und gaben bemerkenswerte Einblicke in die Arbeitsweise der – es wurde heute schon ein paarmal erwähnt – selbst ernannten Komplementärkoalition.

Aber der Reihe nach: Ich habe bereits vor zwei Wochen für die SPD die Errichtung eines Beteiligungsfonds zur Stabili sierung der Eigenkapitalquote mittelständischer Unternehmen in Baden-Württemberg begrüßt, wenngleich wir kritisiert ha ben, dass alles zu lange gedauert hat. Sie erinnern sich: im Ap ril die Ankündigung, im Oktober der Gesetzentwurf. Das klingt ein bisschen nach Schneckentempo. Das haben wir schon damals gesagt. Aus unserer Sicht hätte es schneller ge hen müssen.

Um es noch einmal klar zu sagen: Die SPD unterstützt jede erforderliche Anstrengung, Wirtschaft und Industrie in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Wir haben aber bereits vor zwei Wochen deutlich gemacht, dass wir eine stärkere Berück sichtigung der Themen Tarifgebundenheit, Mitbestimmung und Beschäftigungssicherung einfordern werden. Dazu finden sich zum Leidwesen der vielen hart arbeitenden, gleichwohl durch Corona verunsicherten Menschen in Baden-Württem berg nach wie vor – auch nicht nach den Beratungen im Wirt schaftsausschuss – keinerlei Bezugspunkte im Gesetzentwurf.

Wir haben deswegen im Ausschuss und auch jetzt wieder Än derungsanträge eingebracht, die die Landesregierung durch eine entsprechend abgefasste Verordnungsermächtigung über haupt erst in die Lage versetzen, die Interessen der Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer in der angekündigten Rechtsver ordnung zu verankern. Es geht erst einmal darum, rechtlich die Voraussetzung zu schaffen, überhaupt über diese Punkte diskutieren zu können.

Hätten Sie unseren Antrag richtig gelesen, Herr Kollege Paal, hätten Sie gesehen, dass wir das in § 10 Absatz 2 nur veran kern, damit die Wirtschaftsministerin überhaupt erst die Mög lichkeit hat, die Themen Beschäftigungssicherung, Tarifge bundenheit und Mitbestimmung in die Rechtsverordnung hi neinzunehmen. Wenn das nicht in der Verordnung steht, ist das rechtlich überhaupt nicht möglich. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Sie sollten unsere Anträge nicht nur durch schauen, Sie sollten sie auch lesen.

(Abg. Claus Paal CDU: Sie haben Ihre eigenen nicht gelesen! Sie zitieren den falschen Antrag!)

Dann hätten Sie das hier so nicht sagen müssen.

Wer die Politik der grün-schwarzen Koalition aufmerksam verfolgt, muss wissen, dass Sie den Belangen von Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmern, aber auch Gewerkschaften in diesem Land keine wesentliche Rolle beimessen, wenn man sich die letzten vier Jahre anschaut. Wir wollen dennoch nichts unversucht lassen, die Regierung per Gesetz anzuhalten, die se Punkte in die Rechtsverordnung aufzunehmen.

Sie haben unseren Vorschlag bisher abgelehnt. Es gibt zwei Möglichkeiten, Ihre Ablehnung zu interpretieren: Entweder Sie haben die Sache mit der Verordnungsermächtigung nicht verstanden – das war zumindest mein Eindruck im Wirt schaftsausschuss –, oder Sie bleiben Ihrer gemeinsamen Li nie seit 2016 treu, dass die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei Ihnen keine große Rolle spielen.

Sofern Ersteres vorliegt, stirbt die Hoffnung zuletzt. Wir las sen uns überraschen. Vielleicht stimmen Sie unserem Antrag zumindest in diesem einen Punkt zu. Wir erwarten nicht zu viel von Ihnen. Wenn Sie wenigstens die Punkte in § 10 Ab satz 2 aufnehmen könnten, wäre schon viel Gutes getan. Aber sollte Letzteres zutreffen, dann fordere ich Sie auf: Seien Sie wenigstens ehrlich und gießen Sie den Leuten draußen im Land reinen Wein ein. Sagen Sie, was Sache ist, und lavieren Sie nicht herum.

Frau Kollegin Bay, Sie haben wenigstens jetzt mal ehrlich ge sagt, was der Ansatz der Grünen ist. Das freut uns natürlich schon, dass Sie hier mal die Karten auf den Tisch legen, dass Sie sagen: Tarifbindung spielt für uns in diesem Punkt einfach keine Rolle. Das ist wenigstens eine gewisse Ehrlichkeit, die Ihnen gut zusteht. Das muss von unserer Seite auch anerkannt werden.

(Zurufe von den Grünen, u. a.: Bitte? – Erst mal zu hören!)

Dann haben Sie im Ausschuss auch noch ein bisschen diffus auf die EU-Rahmengesetzgebung verwiesen – das war schon ein bisschen kakophonisch –, die vorgeblich alles, was die SPD fordert, ohnehin schon vorgeben soll. Sie nennen aber bis heute keine Rechtsgrundlage innerhalb dieser Rahmenge setzgebung, die das tatsächlich entsprechend belegt. Und aus gutem Grund: Wenn Sie mal genau in die Rahmengesetzge bung hineingeschaut hätten, hätten Sie gesehen, dass es hier um europarechtlich verankerte beihilferechtliche Bedingun gen geht, auf deren Basis die Mittelvergabe des Fonds über haupt erst ermöglicht wird. Von einer Sicherstellung sozialer Standards ist in dieser EU-Rahmengesetzgebung keine Rede. Ich will das an dieser Stelle nur noch mal sagen.

Weil Sie wohl geahnt haben, dass Sie damit nicht richtig durchkommen, haben Sie elf Minuten vor der Ausschussbe ratung noch mal eine „Wischiwaschi-Absichtserklärung“ auf den Tisch gelegt. Das war offensichtlich der Versuch, nach fünf Anträgen aus den Reihen der SPD-Fraktion nicht mit lee ren Händen dazustehen. Aber das ist natürlich auch eher ein peinlicher Versuch, wider besseres Wissen Ihre wahre Absicht zu verschleiern, und wird den Erwartungen, dem Vertrauen der Menschen in unsere parlamentarische Arbeit nicht gerecht.

Mit dem Antrag können Sie die Türen Ihrer Abgeordnetenbü ros tapezieren, aber Wirkung erzielen Sie damit nicht –

(Lachen des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜ NE – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das ist wieder Papierverbrauch! Ich weiß gar nicht, ob das gut ist!)

mit der Ausnahme natürlich, dass der koalitionäre Frieden ge wahrt bleibt, zumindest auf dem Papier. Sie können danach zur Tagesordnung übergehen. Die CDU kann im Bereich Wirt schaft und Arbeit wieder machen, was sie will.

Um damit abzuschließen: Ich bin der Meinung, dass die hart arbeitenden Menschen im Land einfach eine bessere Landes regierung verdient hätten, die ihre Interessen entsprechend auch im Gesetzgebungsprozess berücksichtigt. Das haben Sie nicht gemacht. Das ist sehr schade.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf: Hochinteressant! – Zu ruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Frau Abg. Wolle, Sie ha ben jetzt das Wort für die AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bereits im Herbst 2019 zeichnete sich eine negative Entwicklung des Bruttoin landsprodukts in Baden-Württemberg ab. Verantwortlich hier für ist u. a. der Kampf der Regierungen in EU, Bund und Land gegen den Individualverkehr, gegen den Verbrennungsmotor und gegen das Automobil.

Nicht durch Corona, sondern durch die unverhältnismäßigen Corona-Verordnungen und den Lockdown hat sich diese Si tuation noch verschärft. Durch Ihre Politik müssen jetzt ei gentlich gesunde Unternehmen in Baden-Württemberg finan ziell unterstützt werden. Das Ergebnis ist eine immense Staats verschuldung, die noch von unseren Kindern und Enkeln be glichen werden muss. Obwohl Sie durch Ihr Regierungshan deln dieses wirtschaftliche Desaster verursacht haben, lehnen Sie einen berechtigten Anspruch der Unternehmen auf Ent schädigung ab.

Da sich die Regierungen in Bund und Land bereits im Wahl kampfmodus befinden, werden die begangenen Fehler nicht eingestanden und nicht korrigiert. Doch die Gerichte werden den Unternehmen recht geben.