Im Rahmen des Aktionsjahrs 2019 wurden landesweit zahl reiche Veranstaltungen, Aktionen und Ausstellungen organi siert, um die Sichtbarkeit dieser Vielfalt zu fördern, aber auch, um bestehende Probleme wie Anfeindungen und Gewalt zu thematisieren. So hat die Landesregierung im Rahmen des Ak tionsplans seit 2016 auch einen stärkeren Fokus auf die Auf arbeitung der Verfolgung homosexueller Menschen in unse rem Land gelegt.
Das Forschungs- und Vermittlungsprojekt LSBTTIQ in Ba den-Württemberg befasst sich mit der Entrechtung und Ver folgung von Homosexuellen in der NS-Diktatur und der Nach kriegszeit. Schätzungen zufolge wurden mehr als 10 000 ho mosexuelle Männer in den Konzentrationslagern inhaftiert und dort zu einem großen Teil von den Nazis ermordet.
Umso schlimmer ist es, dass homo-, bi- und transsexuelle Menschen auch noch heute Opfer von Hasskriminalität wer den. Bundesweit gab es 2019 insgesamt 576 gegen die sexu elle Orientierung gerichtete Straftaten. Das sind fast 66 % mehr als im Vorjahr.
Als tolerante Gesellschaft, vor allem aber als demokratischer Rechtsstaat können und dürfen wir es nicht erlauben, dass Mitbürgerinnen und Mitbürger aufgrund ihrer sexuellen Ori entierung Gewalt erfahren müssen.
Wir, die CDU-Fraktion, legen einen Schwerpunkt unserer Gleichstellungspolitik daher ganz klar auf die Bekämpfung und Prävention gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Neben der konsequenten Strafverfolgung der Täter und nied rigschwelligen Hilfsangeboten für die Betroffenen bedarf es hier vor allem einer Sensibilisierung in der Öffentlichkeit.
Aber wir haben es erst vor 26 Jahren geschafft, den § 175, den sogenannten „Schwulenparagrafen“, aus unserem Strafgesetz buch zu entfernen. Das zeigt, wie schwer es ist, festzemen tierte Vorstellungen zu überwinden.
Darum ist es von großer Wichtigkeit, dass der von Bundesge sundheitsminister Jens Spahn eingebrachte Gesetzentwurf zum Schutz vor Konversionsbehandlungen mit großer Mehr heit vom Bundestag beschlossen wurde.
Homosexualität ist keine Krankheit. Die Vorstellung, die se xuelle Identität und Selbstbestimmung durch Zwang brechen zu können, ist in einer weltoffenen Gesellschaft fehl am Platz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist kein Geheimnis, dass meine Fraktion einzelne Aspekte des Aktionsplans, insbeson dere in Verbindung mit dem Bildungsplan 2016, von Anfang an sehr kritisch gesehen hat. Das betrifft das Thema Altersan gemessenheit und die Ideologisierung der Geschlechtserzie hung, aber auch die einseitige Akzentuierung einzelner Le bensmodelle.
Für die CDU gilt damals wie heute: Wir stehen für einen welt offenen Pluralismus, der die gesamte Breite unserer Gesell schaft gleichwertig abbildet.
Unser Land ist in den vergangenen Jahren aufgeschlossener und vielfältiger geworden. Homo-, bi- und transsexuelle Men schen gehören zu Baden-Württemberg. Sie sind ein sichtba rer, respektierter und integraler Teil unserer Gesellschaft. Trotzdem gibt es noch einiges zu tun. Wir können uns nicht zufrieden zurücklehnen, wenn homophobe Beleidigungen weiterhin regelmäßig auf Schulhöfen oder im Netz zu beob achten sind.
Lassen Sie uns also gemeinsam dafür eintreten, dass alle Men schen unabhängig von ihrer Persönlichkeit und sexuellen Identität selbstbestimmt und sicher in unserem Land leben können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese regenbogenfarbene Maske habe ich von PLUS, der psychologischen Lesben- und Schwu lenberatung Rhein-Neckar-Kreis, erhalten. Dieses Jahr findet in der Kurpfalz kein CSD in Mannheim, kein Dyke*March Rhein-Neckar in Heidelberg und kein „Grillfest am anderen Ufer“ in der Neckarstadt statt.
Die Leute von PLUS – zu denen gehöre ich auch; ich bin da im Vorstand – haben gesagt: Mensch, dann schaffen wir mit den regenbogenfarbenen Masken ein bisschen mehr Sichtbar keit auf dem Paradeplatz und in den Fußgängerzonen in der Region.
Das Ganze machen wir unter dem Motto „Gemeinsam statt einsam“, mit den Hashtags „#queermaskiert“ und „#Sichtbar MitPLUS“. – Übrigens, Stichwort Sichtbarkeit: Ich sehe den Stand meiner noch verbleibenden Redezeit nicht. Ich habe zu diesem Thema viel zu sagen.
Schon jetzt ein schöner Tag für mich. Sichtbarkeit ist für mich das zentrale Thema. Denn in der letzten Woche hatten wir den Coming Out Day. Was bedeutet „Coming-out“? Das bedeu tet, vor dem Spiegel zu stehen und erst einmal für sich selbst zu sagen: „So, wie du bist, bist du genau richtig.“ „Comingout“ bedeutet, eine Familie zu haben, die sagt: „So, wie du bist, bist du genau richtig“, und es bedeutet, ein gesellschaft liches Umfeld zu haben, das sagt: „So, wie du bist, bist du ge nau richtig.“
Dieses Umfeld haben wir noch nicht überall. Das dürfen wir nicht schönreden. Das Suizidrisiko von Jugendlichen, die les bisch oder schwul sind, ist um das Vier- bis Siebenfache hö her als das von heterosexuellen Jugendlichen. Viele Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer melden uns zurück, dass sie sich nicht trauen, sich am Arbeitsplatz zu outen.
Darum, Frau Martin, geht es bei dem Ganzen eben nicht nur um die Frage, ob Sie irgendeine Gleichwertigkeit herstellen wollen, wenn Ihre Kultusministerin nicht das abarbeitet, was im Aktionsplan vorgesehen wurde und für dessen Veranke rung in den Bildungsplänen Kultusminister Andreas Stoch massiv gekämpft hat. Vielmehr ist es wirklich verheerend ge genüber den Jugendlichen. Der LSVD kommentiert:
Es ist sehr enttäuschend, dass das Kultusministerium es... nicht geschafft hat, die Lebensrealitäten von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern, In tersexuellen und queeren Menschen (LSBTTIQ) in Schu le, Unterricht und Lehrkräftefortbildungen zu berücksich tigen, geschweige denn fachbezogene Ansprechpersonen in der Schulverwaltung zu schaffen oder sich für das Lehrpersonal beratend von außen zu suchen.
Das ist eben ein fatales Nichtstun. Das geht nicht, wenn wir uns anschauen, wie wichtig es ist, Sichtbarkeit zu schaffen.
„So, wie du bist, bist du gerade richtig.“ – Der Aktionsplan, der unter der Federführung von Katrin Altpeter erarbeitet wur de, ist ein kluges Dokument, weil er von Anfang an die ver schiedenen Stellen, die verschiedenen Organisationen mit ein bezogen hat und darin zum Ausdruck kam: Wir schaffen dar über hinaus Netzwerke in andere gesellschaftliche Bereiche hinein.
Gerade hier könnte eine Kultusministerin viel Gutes leisten. Wir haben in der vergangenen Regierung gezeigt – beispiels weise mit Innenminister Reinhold Gall, der im Beamtenrecht massive Fortschritte erzielt hat, mit Wissenschaftsministerin Bauer, die dafür gesorgt hat, dass sich in der Lehrerausbildung etwas ändert, mit Andreas Stoch, der den Bildungsplan durch gepaukt hat, mit Rainer Stickelberger, der sich als Justizmi nister und auf Bundesebene massiv für Veränderungen einge setzt hat –, was eine progressive Regierung in diesem Bereich leisten kann. Darum drängen wir auch darauf, dass im Kul tusministerium wieder mehr geleistet wird.
Das Kluge an diesem Plan war, dass er von Anfang an die Or ganisationen, die Initiativen mit ins Boot geholt hat. Denn die Gleichstellung von LSBTTIQ-Menschen ist nicht etwas, was die Politik Gruppen geschenkt hat. Es war von Anfang an ei ne Bürger-/Bürgerinnenrechtsbewegung aus der Community heraus. Darum war es so wichtig, dass wir im letzten Jahr „50 Jahre Stonewall“ gefeiert haben.
Alle Rechte – – Das sage ich sehr bewusst als Mitglied einer Partei, die immer dann, wenn sie regiert hat, dafür gesorgt hat, dass es mehr Rechte gab. Immer dann, wenn die SPD regiert hat, gab es mehr Rechte für LSBTTIQ-Menschen.
Trotzdem sage ich: All diese Rechte sind von der Communi ty selbst erkämpft worden. Das war ein Kampf für unsere De mokratie. Denn Heiko Maas hatte recht, als er gesagt hat: „§ 175 war ab dem ersten Geltungstag des Grundgesetzes ver fassungswidrig.“ Aber es war eben die Community, die es selbst erstreiten musste, dass § 175 abgeschafft wurde. Dar um ist es wichtig, sich daran zu erinnern: LSBTTIQ-Rechte sind von der Community erkämpft worden. Und wenn wir uns, wie im letzten Jahr, an 50 Jahre Stonewall erinnern, dann erinnern wir uns auch an diesen mutigen demokratischen Kampf von LSBTTIQ-Menschen.
Jetzt, da wir merken, dass dieses weltoffene, vielfältige Land so unter Druck steht – von den Rechtsradikalen, den Homo phoben, den Ewiggestrigen –, dürfen wir nicht vergessen, was für ein wichtiger Kampf das war. Jetzt haben wir die Möglich keit, als Demokratinnen und Demokraten zusammenzustehen und zu sagen: Die Vielfalt, die wir zusammen erreicht haben, gehört zu unserer Demokratie; unsere Demokratie ist ohne diese Vielfalt nicht lebensfähig.
Das ist die Grundaussage von Akzeptanz und gleichen Rech ten. Wenn wir das in Baden-Württemberg leben, werden wir
den Angriffen von den Rechten standhalten. Ich finde es wich tig, dass wir uns als Demokratinnen und Demokraten darüber klar werden: Wir werden den Angriffen von den Rechten standhalten. Wir lassen uns die Vielfalt und unsere Demokra tie – beides gehört zusammen – nie mehr nehmen.
Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Es ist geradezu passend, dass am Montag bekannt wurde, dass sich das SPD-geführte Bundesjustizmi nisterium mit einem gegenderten Gesetzentwurf lächerlich machte.