Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

Schriftliche Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration:

Zu a: Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat mit Stand 2. Okto ber 2020 (KW 40) rund 18,8 Millionen Dosen an saisonalen Influenza-Impfstoffen freigegeben und erwartet für die Impf stoffsaison 2020/2021 deutschlandweit insgesamt ca. 26 Mil lionen Dosen. Diese Zahl ergibt sich aus der auf einer im Jahr 2020 erstmals erhobenen Bedarfsermittlung basierenden Lie ferplanung der Impfstoffhersteller und den Angaben des Bun desministeriums für Gesundheit (BMG) über zusätzlich be stellte Influenza-Impfstoffdosen. Zum Vergleich: In der Sai son 2019/2020 waren nach Angaben des PEI in KW 40 rund 17 Millionen Impfstoffdosen, am Ende insgesamt rund 21,2 Millionen Impfstoffdosen freigegeben.

Es ist davon auszugehen, dass sich die überwiegende Zahl der Arztpraxen und Apotheken rechtzeitig mit den für die Influ enzasaison 2020/2021 zugelassenen Grippeimpfstoffen unter Berücksichtigung der zu erwartenden Bedarfe, die sich aus den Erfahrungen der Vorjahre ergeben, bevorratet haben. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben auch gezeigt, dass die je weils verfügbaren Impfstoffgesamtmengen nicht vollständig in der entsprechenden Saison verbraucht wurden.

Durch einen laufenden Austausch mit den beteiligten Akteu ren ist es möglich, Engpässe rechtzeitig zu erkennen, und ge gebenenfalls gegenzusteuern. Grundsätzlich ist ein lokal be obachteter Engpass bei Grippeimpfstoffen nicht unmittelbar mit einem Versorgungsmangel gleichzusetzen. So kann bei spielsweise aufgrund der erhöhten Nachfrage zu Beginn der Impfsaison eine räumliche Ungleichverteilung der Grippe impfstoffe gegebenenfalls zu zeitlich begrenzten lokalen oder regionalen Engpässen führen. Die Durchführung der InfluenzaImpfungen wird primär in den Monaten Oktober und Novem ber empfohlen. Bisherige Erkenntnisse legen nahe, dass viele Impfungen, beispielsweise unter Beschäftigten im Gesund heitswesen und durch Betriebsärzte, in diesem Jahr aufgrund vermehrter Aufrufe bereits erfolgt sind.

Verschiedene an das Ministerium für Soziales und Integrati on gerichtete Einzelanfragen deuten darauf hin, dass in ein zelnen Regionen zumindest punktuell ein ungedeckter Bedarf an Influenza-Impfstoff besteht. Die Landesapothekerkammer hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass auch ihr Berichte über eine heterogene Versorgungslage vorliegen. So kann der Impfstoff in einigen Apotheken bereits ausverkauft sein, während ande re noch Vorräte haben.

Die Apotheken wurden inzwischen über die Arzneimittelkom mission über den Aufruf des PEI, Grippeimpfstoffengpässe zu melden, informiert. Auch Arztpraxen und Verbraucher kön nen vermutete Engpässe online beim Paul-Ehrlich-Institut melden.

Die Landesapothekerkammer geht davon aus, dass sich aus den Meldungen genauere Informationen über einen möglichen Engpass auch für Baden-Württemberg ergeben werden.

Sollte im Verlauf der Impfsaison ein genereller Versorgungs mangel auftreten, so kann dieser vom Bundesministerium für

Gesundheit (BMG) nach § 79 Absatz 5 des Arzneimittelge setzes bekannt gemacht werden. Damit werden Importe von Impfstoffdosen aus dem Ausland erleichtert.

Zu b: Fluzone High-Dose Quadrivalent wird von Sanofi-Aven tis in der EU unter dem Markennamen „Efluelda“ geführt. Vom Bund wurden dieses Jahr für ganz Deutschland 500 000 Dosen des Impfstoffes „Efluelda“ beschafft. „Efluelda“ rich tet sich insbesondere an die spezielle Gruppe älterer und hoch alter Menschen, bei denen eine herkömmliche Grippeimpfung weniger wirksam ist als bei jüngeren Menschen. Für diese Per sonengruppe wurden daher spezielle hochdosierte Impfstoffe entwickelt. Mit diesem Impfstoff sollen überwiegend Bewoh nerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen erreicht werden.

Die genaue Menge der für Baden-Württemberg zur Verfügung stehenden Impfdosen ist noch nicht bekannt, wird sich aber voraussichtlich anteilig an den 500 000 Gesamtdosen orien tieren.

Ich rufe Punkt 5 der Ta gesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landeshoheitszeichengesetzes – Drucksache 16/8526

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, bei der Ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs auf eine Aussprache zu ver zichten. Die Regierung verzichtet ihrerseits auf die Begrün dung des Gesetzentwurfs. Deswegen schlage ich Ihnen vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/8526 zur weiteren Bera tung direkt an den Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen und Punkt 5 der Tagesordnung er ledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/ DVP – Gesetz zur Änderung des Landesinformationsfrei heitsgesetzes – Drucksache 16/8535

Dazu hat das Präsidium folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zuerst erhält das Wort für die FDP/DVP Herr Abg. Dr. Kern.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Natürlich gibt es Situationen, in de nen es einmal besser wäre, die Zahlen und Fakten nicht her auszugeben. Aber, aufs Ganze betrachtet, ist die Kenntnis von Zahlen und Fakten eine wichtige Voraussetzung für Qualitäts entwicklung.

Auch Frau Ministerin Eisenmann hat sich einst dem Ziel der Qualitätsentwicklung verschrieben. Damals sprach sie viel über das Wort „Qualität“. Heute müssen wir Freien Demokra ten die Kultusministerin an ihr Qualitätsversprechen erinnern. Denn das Qualitätsziel ist in allzu weite Ferne gerückt. Wenn es der Kultusministerin mit der Qualitätsentwicklung der Schu

len wirklich ernst wäre, müsste sie unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes zu stimmen.

Es wirkt doch wie aus der Zeit gefallen, wenn auf der einen Seite die Schulverwaltung im Namen der Qualitätsentwick lung mit großem Aufwand umgekrempelt wird und immer mehr Informationen durch die neuen Institute gesammelt wer den, während auf der anderen Seite Zahlen – wie die Anmel dezahlen einzelner weiterführender Schulen – von der Schul verwaltung eifersüchtig als Herrschaftswissen bewacht wer den. Dabei ist Transparenz eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft. Und so ist das Verbot der Veröffentlichung der Anmeldezahlen nichts anderes als eine Misstrauenserklärung des Kultusministeriums gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Mehrere Abgeordnete der FDP/DVP-Fraktion hatten Kleine Anfragen zu den Anmeldezahlen an einzelnen weiterführen den Schulen in unterschiedlichen Landkreisen gestellt. Nach einigem Hin und Her gab das Kultusministerium schließlich die Zahlen heraus, allerdings mit dem Hinweis, dass diese von den Abgeordneten vertraulich behandelt werden müssten.

Auf Nachfrage berief sich die Kultusministerin auf eine Be stimmung im Informationsfreiheitsgesetz und erläuterte, es sollten Schulrankings verhindert werden.

Auch auf die Anfragen von Abgeordneten der FDP/DVP-Frak tion nach dem Unterrichtsausfall an den Schulen in ihren Wahlkreisen wurde ihnen die Zahl nur mit der Verpflichtung zur Verfügung gestellt, dass sie nicht veröffentlicht werden dürfe.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir diese Miss trauensmaßnahme der Landesregierung gegenüber den Bür gerinnen und Bürgern beseitigen. Diese haben nach unserer Auffassung das Recht, beispielsweise zu erfahren, wie viele Schülerinnen und Schüler an den einzelnen weiterführenden Schulen zum jeweiligen Schuljahr angemeldet wurden. Die Kenntnis dieser Zahlen ist für die Entscheidung wichtig, wie das Schulangebot vor Ort ausgestaltet oder in welche Schul gebäude wie investiert werden soll. Wir finden, es gibt ein be rechtigtes öffentliches Interesse, diese Entscheidungen fun diert zu diskutieren.

Gleiches gilt für den Unterrichtsausfall und die Unterrichts versorgung. Wenn hierbei Defizite wirksam behoben werden sollen – beispielsweise durch die Gewinnung von zusätzli chen Lehrkräften –, ist Transparenz der Problemlage der ers te, wichtigste Schritt.

Den Eltern diese Informationen bewusst mit Blick auf die Schulwahl vorzuenthalten bedeutet kaum weniger, als ihnen die Fähigkeit zu einer fundierten Entscheidung abzusprechen.

Um herauszufinden, ob eine Schule für ein Kind die richtige ist, wird man sinnvollerweise eine ganze Reihe von Faktoren in Betracht ziehen. Eine solche differenzierte Betrachtung ist den Bürgerinnen und Bürgern zuzutrauen.

Durch die Zustimmung des Landeselternbeirats und des Lan desschülerbeirats sowie – mit einem Einschränkungswunsch – des Beamtenbunds in der Anhörung zu unserem Gesetzent wurf fühlen wir Freien Demokraten uns in unserem Eintreten

für mehr Transparenz bei diesen grundlegenden Zahlen bestä tigt.

Der Wunsch nach Verzicht auf die Veröffentlichung leistungs bezogener Zahlen ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Aber steht nicht die Erhebung genau dieser Zahlen durch die neuen Institute an? Es kann nach unserer Auffassung nicht richtig sein, dass diese Information bei einzelnen Wissenden verbleibt und nicht auch öffentlich geteilt wird. Allerdings ist es notwendig, festzustellen, welche Kennzahlen die Schulver waltung erhebt und welche nicht. Entscheidend ist, dass da bei Rückschlüsse auf Einzelpersonen oder vertrauliche Infor mationen ausgeschlossen sind.

Deshalb ist die Zustimmung des Datenschutzbeauftragten zur Datenerhebung der Schulverwaltungen unerlässlich. Persön liche Daten zu schützen und Herrschaftswissen zu vermeiden, das muss die Zielsetzung zur Informationsfreiheit im Bil dungsbereich sein. Zur Informationsfreiheit wird mein Kolle ge Nico Weinmann in der zweiten Runde sprechen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Vielen Dank. – Für die Frak tion GRÜNE erteile ich das Wort Frau Abg. Erikli.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Demokratie lebt vom Wissen über die öffentlichen Angelegenheiten. Denn nur dann, wenn die Bürgerinnen und Bürger wissen, was Regierung und Par lament, Verwaltungsstellen und Gerichte tun, haben sie die Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden und ihre Interessen wahrzunehmen. Dazu braucht es die Presse- und die Mei nungsfreiheit. Dazu braucht es aber – wie wir in den letzten Jahren festgestellt haben – vor allem freien Zugang zu amtli chen Informationen.

Dieses Informationsrecht ist für uns Grüne wichtiger Teil der Politik des Gehörtwerdens. Denn nur wer weiß, was auf wel cher Grundlage entschieden wurde, kann sich eine eigene Auf fassung bilden und sich äußern.

Für uns – und damit stehen wir nicht allein – ist es ein funda mentales Bürgerrecht, transparent nachvollziehen zu können, wie öffentliche Institutionen arbeiten. Deshalb haben wir Grü nen im Jahr 2015 mit unserem damaligen Koalitionspartner das Informationsfreiheitsgesetz eingeführt. Jede Bürgerin und jeder Bürger kann nun bei der Verwaltung des Landes oder ei ner Kommune eine Auskunft verlangen, und die Behörde muss die Information zeitnah bereitstellen. Zusammen mit der Reform der Gemeindeordnung haben wir somit gute Voraus setzungen für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung geschaffen. Denn um sich beispielsweise auf kommunaler Ebene einbrin gen zu können, müssen die Bürgerinnen und Bürger auch die notwendigen Informationen haben.

Gute und sorgfältige Politik, die über den Tellerrand des Ta gesgeschäfts hinausweist, schaut sich bestehende Gesetze im mer wieder an und prüft, ob es Verbesserungs- oder Ände rungsbedarf gibt. Schon bei der Einführung des Informations freiheitsgesetzes haben wir eine Überprüfung der Auswirkun gen dieses damals neuen Gesetzes für das Jahr 2020 mit auf den Weg gebracht. Das Gesetz wird derzeit umfassend und

gründlich evaluiert. Dies geschieht, um gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie anderen sachverständigen Akteuren eine möglichst breite Faktenbasis sicherzustellen.

Also, liebe FDP/DVP: Wir wollen eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes. Aber Änderungen bereits vor der Gesetzesevaluierung auf den Weg zu bringen hieße, den zweiten vor dem ersten Schritt zu tun. Erst nachdem wir eva luiert haben, wie sich das Gesetz bislang auswirkt, welche Stärken und möglicherweise auch welche Schwächen sich bei seiner Anwendung gezeigt haben, erst dann sollten auch die Änderungen verabschiedet werden. Alles andere fände ich nicht besonders seriös.

Wir wollen nicht blind irgendwelche Änderungen vornehmen, sondern wir wollen das Gesetz geordnet und überlegt weiter entwickeln, hin zu einem umfangreichen und modernen Trans parenzgesetz. Dazu hören wir die Einschätzungen aller rele vanten Beteiligten an, bevor wir Entscheidungen treffen. Hier für ist ein vollumfänglicher Blick auf das Informationsfrei heitsgesetz notwendig. Herr Dr. Brink, der Landesbeauftrag te für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat in sei nem aktuellen Tätigkeitsbericht zum Informationsfreiheitsge setz ein mögliches Transparenzgesetz in den Mittelpunkt ge rückt, und damit stößt Herr Brink bei uns auf offene Ohren.

Also: Lassen Sie uns das Informationsfreiheitsgesetz doch ge meinsam weiterentwickeln, und zwar nach der Evaluation und mit Vorschlägen, die die Transparenz behördlicher Vorgänge in Baden-Württemberg wirklich voranbringen.

Einzelne Änderungen hingegen, wie hier von der FDP/DVP heute vorgeschlagen, sorgen nicht für substanzielle Verbesse rungen im Bereich Transparenz. Das aber liegt weder im In teresse der Bürgerinnen und Bürger noch in unserem Interes se.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Hagel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Das Informationsfreiheitsge setz ist ein starkes Instrument. Jede Bürgerin und jeder Bür ger kann den Staat und seine Institutionen um ganz individu elle Auskunft bitten. Es besteht ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen der Behörden. Das Gesetz war ein guter und richtiger Schritt hin zu einem bürgernahen und sehr serviceorientierten öffentlichen Dienst. Dieser Anspruch ist sehr weitreichend und findet auch nur dann keine Anwendung, wenn sich das Auskunftsersuchen auf besonders schützens werte Daten bezieht.

Die FDP/DVP beansprucht jetzt für sich, volle Transparenz in die Arbeit von Schulen bringen zu wollen. Doch was wäre die Folge dieser vollkommenen Transparenz? Unbestritten ist: Wenn wir alle leistungsbezogenen Daten offenlegen, hätten wir sehr schnell ein Ranking und damit zwangsläufig eine Brandmarkung von Schulen. Darauf haben auch viele Verbän de und Experten im Anhörungsverfahren hingewiesen.

An welcher Schule werden die besten Abschlüsse gemacht, an welcher die schlechtesten? An welcher Schule brechen die Schüler am häufigsten ab? Klar, Wettbewerb hat noch selten geschadet. Dieses Credo vertreten wir gern mit sehr viel Ver ve. Aber ist es überhaupt fair und zielführend, die Schulen in einen internen Wettbewerb treten zu lassen? Können Schulen überhaupt die gleichen Startbedingungen für diesen Wettbe werb haben? Ich glaube, die Antwort ist Nein.