Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

2019. Ich kann Ihnen nur die aktuellen Zahlen zu den Mitteln nennen, die wir jetzt in den Breitbandausbau geben, und zwar nur da, wo der Markt versagt. Das ist ein privatwirtschaftli cher Markt, wie Sie ja sehr wohl wissen, Herr Weirauch. Da, wo der Markt versagt – – Die Aufgreifschwelle wurde jetzt noch einmal nach oben gesetzt. Also, wir geben bis zu 1 Mil liarde € jetzt in den Breitbandausbau. Ich glaube, das ist eine Zahl, die für sich spricht. Da wird etwas vorangehen.

(Abg. Dr. Boris Weirauch SPD: Letzter Platz! – Zu ruf von der SPD: Beim letzten Platz muss man nichts tun, das passiert von allein! – Weitere Zurufe)

Aber wir tun jetzt etwas, damit es in fünf Jahren anders ist.

(Zurufe)

Genau. – Also, der Grundstein ist gelegt, und die Umset zung folgt.

Jetzt möchte ich noch ganz kurz – weil das ja auch im Mo ment wirklich intensiv diskutiert wird, und zwar im ganzen Land – auf den KI-Innovationspark eingehen und möchte da rauf aufmerksam machen: Das wird ein weiterer Meilenstein sein, wenn es Ihnen auch wichtig ist, sich mit diesen Zukunfts themen zu beschäftigen. Wir haben hier gute Vorarbeit geleis tet. Wir wollen jetzt über eine Fast-Track-Initiative schneller in die Umsetzung gehen, damit wir hier die Kräfte, die Akteu re und das Wissen noch stärker bündeln und gerade den klei nen und mittleren Unternehmen zugänglich machen. KI ma de in Baden-Württemberg, die Anwendungen sind jetzt hier die ganz, ganz große Chance, die sich im Moment aufgrund der Algorithmen, die zur Verfügung stehen, ergibt. Die müs sen wir in den Blick nehmen, in den Fokus nehmen. Da ha ben wir wirklich ein großes Potenzial beim Mittelstand in un serem Land, bei den Start-ups in unserem Land. Auch das ha ben wir hier im Blick. Mit dem KI-Innovationspark werden wir hier einen Schmelztiegel, einen Leuchtturm für die Wirt schaft in unserem Land schaffen.

(Abg. Carola Wolle AfD: Schon wieder ein Leucht turm!)

Ich freue mich darauf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 16/2942. Der Antrag ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men zu.

Vielen Dank.

Damit ist Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Nun rufe ich Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Regierungsinformation durch den Ministerpräsidenten im Nachgang der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Re gierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zur Corona-Epidemie am 14. Oktober 2020

und Aussprache

Ich erteile Herrn Ministerpräsident Kretschmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zwei te Coronawelle rollt über Europa und hat nun auch Deutsch land und Baden-Württemberg erreicht. Obwohl wir noch ent fernt sind von dem, was unsere Freunde in Frankreich, Spa nien oder Tschechien durchmachen, steigt auch bei uns die Zahl der Infizierten wieder rasant.

Deutschlandweit hatten wir gestern mehr registrierte Neuin fektionen als je zuvor. In Baden-Württemberg hatten wir in der vergangenen Woche im Schnitt deutlich über 500 Neuin fektionen pro Tag, vorgestern 700, heute 850.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Positiv Getestete, Herr Ministerpräsident!)

Zum Vergleich: Im Sommer waren es weniger als 100 pro Tag. Sechs Stadt- und Landkreise reißen auch bei uns die kritische Marke von 50 Infektionen auf 100 000 Einwohner pro Woche und sind damit Coronarisikogebiete. Neun Kreise überschrei ten die Warnstufe von 35.

Dazu kommt: Das Infektionsgeschehen wird zunehmend dif fuser. Für die Gesundheitsämter wird es immer schwieriger, die Kontaktpersonen von Infizierten nachzuverfolgen und zu isolieren. Wenn wir aber die Infektionsketten nicht mehr nach verfolgen können, verlieren wir die Kontrolle über die Pan demie. Deshalb müssen wir jetzt das Ruder herumreißen, sonst kommen wir in schwere Bedrängnis.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Das Virus hat nichts von seiner Gefährlichkeit eingebüßt. Es wandert bereits durch alle Altersgruppen. Deshalb ist es auch kein gutes Argument, wenn manche jetzt sagen: Die Kranken häuser sind doch noch weit von ihrer Belastungsgrenze ent fernt. Das stimmt. Aber wenn wir warten, bis die Zahl von Co vid-19-Patienten exponentiell in die Höhe schnellt, dann ist es für ein Gegensteuern zu spät.

Wir müssen uns noch einmal bewusst machen: Jede Entschei dung, die wir heute treffen – oder auch nicht treffen –, wirkt sich erst mit einigen Wochen Verzögerung auf die Kranken häuser aus. Das ist kein Alarmismus, sondern Realismus.

Bei der Konferenz der Kanzlerin mit den Länderchefs haben wir gestern nicht ohne Not ein umfassendes Maßnahmenpa ket beschlossen. Besonders wichtig war uns dabei die Priori tätensetzung. Es geht in dieser zweiten Welle um einen Drei klang.

Erstens: Gesundheit. Wir müssen die Kontrolle über das Vi rus behalten, um die Gesundheit und das Leben der Menschen im Land bestmöglich zu schützen.

Zweitens: Kinder. Wir müssen alles tun, damit Schulen und Kitas im Land offen bleiben.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie quä len Kinder und reden so was! Schämen Sie sich nicht?)

Drittens: Wirtschaft und Arbeitsplätze. Wir dürfen die Wirt schaft insgesamt nicht herunterfahren. Die Menschen müssen weiter ihrer Arbeit nachgehen können. Ein zweites umfassen des Hochfahren von Maßnahmen können wir weder wirt schaftlich noch mit staatlichen Hilfsprogrammen stemmen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Sie rui nieren ja die Wirtschaft!)

Inzwischen erholt sich die Wirtschaft langsam. Es wäre fatal für uns alle, wenn dieser zarte Aufschwung nun wieder abge würgt würde. Deshalb muss der Dreiklang „Gesundheit schüt zen, Schulen und Kitas offen halten und die Wirtschaft am Laufen halten“ im Zentrum stehen.

Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infek tionsforschung hat uns gestern vor der Ministerpräsidenten konferenz noch einmal mit konkreten Modellen und Szenari en detailliert vorgerechnet, in was für einer Situation wir sind.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Sein Fazit war: Wir haben nicht fünf vor zwölf, sondern es ist 12 Uhr.

Wir müssen uns bewusst sein, dass die Situation anders ist als im April. Im April standen wir vor dem Sommer mit der Maß gabe von Lockerungen. Jetzt stehen wir vor Herbst und Win ter mit der Maßgabe, dass wir – weil wir gelockert haben – verschärfen müssen. Daher ist das also auch eine unterschied liche Situation.

Wir können die Infektionsdynamik nur jetzt brechen. Schnel le und präventive Maßnahmen – so war seine klare Empfeh lung – sind entscheidend. Es kommt im Handeln wirklich auf Tage an. Selbst wenn es später noch gelänge, die Welle zu bre chen, dann brechen wir sie auf einem immer höheren Infekti onsbasisniveau. Das muss uns klar sein. Deshalb haben wir, die Landesregierung, in der letzten Woche die zweite Pande miestufe ausgerufen – sozusagen eine Hab-Acht-Maßnahme. Seien Sie vorsichtig! Halten Sie sich an die Regeln! Alle sind gefordert, einen zweiten Lockdown zu verhindern.

Gleichzeitig kontrollieren wir engmaschiger im ÖPNV, im Einzelhandel und in der Gastronomie.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Hohe Bußgelder! Bundeswehr! Schießbefehl!)

Genauso tun das jetzt auch die betroffenen Landkreise und Städte.

Anderes muss demgegenüber zurücktreten, auch wenn es schwerfällt. Es geht also um das Gesamtinteresse des Landes, seiner Menschen und erst danach um Einzel- und Partikular interessen, so gut wir alle diese auch oft verstehen können. Das sind die Prinzipien, die uns gestern alle geleitet haben.

Ich bin froh, dass diese Haltung auch die Beschlüsse prägt, die wir gestern in Berlin getroffen haben.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

Wir haben uns gestern viele Stunden beraten. An der einen oder anderen Stelle ging es auch einmal hin und her. Das Ent scheidende ist aber: Wir haben weitgehend einheitliche gute Ergebnisse erzielt. Die Kanzlerin und die Länderchefs waren sich völlig einig, dass wir gemeinsam, schnell und entschlos sen handeln müssen, um Herr der Lage zu bleiben und weiter die Kontrolle über das Virus zu behalten.

(Zuruf von der AfD)

Dafür sind umfängliche Beschlüsse gefasst worden. Ich neh me einmal die wichtigsten heraus – sie liegen Ihnen vor –:

Wir bauen weiter auf das bewährte regionale Hotspot-Kon zept und rücken es noch stärker ins Zentrum des Infektions schutzes. Dabei setzen wir künftig auf mehr Einheitlichkeit bei den Maßnahmen

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Statis tisch völlig irrelevant! Völlig unsinnig!)

und ein früheres Eingreifen.

Mehr Einheitlichkeit heißt, dass wir gestern ein dreistufiges Konzept vereinbart haben, das vorgibt, welche Maßnahmen die Behörden vor Ort ab einem bestimmten Infektionsgesche hen einleiten müssen.