Das Haushaltsrecht jedenfalls obliegt – daran muss ich Sie er innern – noch immer als Königsrecht dem Parlament. Die überaus wichtige Kontrollaufgabe gegenüber der Regierung obliegt in freiheitlichen Verfassungsstaaten westlicher Prove nienz noch immer den Abgeordneten. Das heißt, die Legisla tive und die Regierung müssen getreu dem ehernen Grund satz der Gewaltenteilung handeln. Es ist detailliert offenzule gen, welche Ausgaben die Regierung vorhat bzw. mit gehei men Papieren plant vorzuhaben. Jede dieser Ausgaben muss im Haushaltsplan vom Parlament bewilligt werden – ich je denfalls gehe davon aus.
Geheime Nebenabreden sind die zentrale Frage. Es herrscht eine Kultur des Misstrauens innerhalb der Landesregierung, eine tiefe Missachtung des Parlaments und eine unglaubliche Geringschätzung der Wählerinnen und Wähler in diesem Land.
Da jetzt zum zweiten Mal hinreichend die Bombe geplatzt ist, frage ich Sie, geschätzte Damen und Herren auf der Regie rungsbank: Mit was müssen wir als Nächstes rechnen? Wann kommt der nächste Offenbarungseid? Wann wird ein weite res schmutziges kleines Geheimnis Ihrer Koalition auffliegen? Wann werden Sie abermals eingestehen müssen, dass zum so undsovielten Mal die Öffentlichkeit schamlos getäuscht wur de? Wann schenken Sie uns und den Bürgern im Land reinen Wein ein? Wie viele Nebenabreden über die bereits bekannt gewordenen hinaus haben Sie noch getroffen? Wie viel haben Sie hinter verschlossenen Türen vereinbart? Wann erfahren wir von den Stellenstreichungen? Die Zahl 5 000 steht im Raum.
Ich frage Sie: Welche Schritte haben Sie für welchen Zeit punkt vorgesehen, um diesen Stellenabbau wie geplant bis 2020 umzusetzen? Wo wollen Sie den Rotstift konkret anset zen? Dienststellen und Landesverwaltung werden vorrangig betroffen sein. Welche Ressorts werden die Einschnitte am
härtesten treffen? Mit Lebensarbeitszeitkonten allein werden Sie es schwerlich schaffen, 500 Millionen € einzusparen. Wie stellen Sie es sich eigentlich vor, woher die ohnehin – nicht zuletzt durch Ihre verfehlte Willkommenspolitik – arg gebeu telten Kommunen die Mittel aufbringen sollen, um einen von Ihnen zudem noch so kaltschnäuzig aufgebürdeten Konsoli dierungsbeitrag zu stemmen?
Diese Politik ist gegenüber den Städten und Gemeinden eine aberwitzige Politik und im höchsten Maß instinktlos. Sowohl in ihrer Vorgehensweise als auch inhaltlich ist das Agieren der grün-schwarzen Koalitionsspitzen in jeder Hinsicht inakzep tabel. Ich darf an dieser Stelle den Präsidenten des Gemein detags, Herrn Kehle, zitieren, der es, wie ich meine, sehr schön auf den Punkt bringt. Der SWR berichtet:
„Wir haben x-mal in Gesprächen darauf hingewiesen, dass der Finanzbedarf der Städte und Gemeinden steigt und nicht sinkt“, so Kehle. Den Kommunen noch mehr Geld wegzunehmen sei deshalb absolut widersinnig und bringe die Städte und Gemeinden in große Schwierigkei ten. Die Koalition nannte Kehle eine „Mauschel-Kons tellation“. Dem Ministerpräsidenten und seinem Vize ge bühre eine Goldmedaille fürs Mauscheln. „In dieser Dis ziplin sind sie unschlagbar“, so der Gemeindetagspräsi dent.
Besonders entsetzt hat mich allerdings die geplante Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Wie man hört, steht eine Erhöhung um satte 1,5 Prozentpunkte in diesem Papier – ein Vorhaben, das besonders familienfeindlich und arbeitnehmerfeindlich ist.
Dabei wäre gerade die Abschaffung der Grunderwerbsteuer für das selbst genutzte Wohneigentum ein geeigneter und we sentlich besserer, positiver Beitrag, um Leute in ihr Eigenheim zu bringen. Zur Reduktion der Gesamtbaukosten würde dies wesentlich beitragen. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass die Politik auf Landes-, Bundes- und kommunaler Ebene un aufhörlich durch höhere Standards, Verordnungen, Vorschrif ten des Bauens und damit auch des Eigentumserwerbs die Mieten, aber auch den Kauf von Wohneigentum verteuert.
Die derzeit explodierenden Bau- und Mietkosten wirken sich extrem negativ auf die soziale Struktur unseres Landes aus, ganz besonders in Ballungsräumen. Eine Erhöhung der Grunder werbsteuer würde die Situation zusätzlich verschärfen, und sie brächte haushaltspolitisch wenig. Nach meiner festen Über zeugung sollte nicht über die Erhöhung...
... dieser Familienbesteuerung nach gedacht werden, sondern vielmehr über einen Anreiz zur In vestition angesichts des knappen Wohnraums.
Über politische Inhalte lässt sich freilich trefflich streiten, aber nur, wenn alle Beteiligten mit offenem Visier kämpfen.
Das ist bei der derzeitigen Mauschelei und Geheimniskräme rei der grün-schwarzen Landesregierung leider nicht gegeben. Weder der Parlamentsöffentlichkeit noch den von den in klei nen Runden beschlossenen Einsparungen betroffenen Gesell schaftsgruppen bringt diese Landesregierung den Respekt ent gegen, der notwendig wäre, um eine Regierung zu bilden.
Genau. – Im Bereich der direkten De mokratie ist Baden-Württemberg im Vergleich zu seinen Nach barländern längst Schlusslicht. Doch statt den Bürger zu stär ken, wird er von Informationen abgeschnitten und für unnö tig erklärt. Als wären wir in Zeiten – –
Schluss! Herr Abg. Sänze, das geht nicht. Ich habe Sie mehrfach aufgefordert, zum Schluss zu kommen. Ihre Redezeit ist längst übererfüllt.
(Abg. Winfried Mack CDU: Es gibt noch eine Debat te 3.0, da kann er weiterreden! – Weitere Zurufe – Unruhe)
hat heute kritisiert, dass man nun eine Debatte 2.0 mache. Es sei doch eigentlich schon alles gesagt.
Aber, Herr Kollege Mack, als dieser Landtag zum ersten Mal über die geheimen Nebenabsprachen diskutiert hat, war eben erst ein Geheimpapier bekannt. Es sind in der Sommerpause weitere bekannt geworden. Das ist das Problem.
Deshalb ist es notwendig, dass dieses Parlament weiter über Ihre Mauschelei diskutiert, meine Damen und Herren.
Das ist auch in der Regierung angekommen. Der Kollege Stoch hat es bereits festgestellt: Zu Beginn seiner Rede saß Herr Strobl allein auf der Regierungsbank; hinter ihm noch der Schatten Murawski.
Wahrscheinlich waren die anderen von Scham erfüllt über das, was da herausgekommen ist. Ich habe es beobachtet: Herr Mu rawski hat dann ins Handy getippt: „Kommen!“
Dann sind ein paar Mitglieder dieser Landesregierung herein geschlichen, damit die Regierungsbank nicht ganz so leer aus sieht, meine Damen und Herren.
Es ist auch wirklich beschämend, was in dieser Legislaturpe riode abläuft. Frau Präsidentin, Sie haben sehr zu Recht zu Beginn der Debatte dem Landtag ins Gewissen geredet. Sie haben wirklich ein eigenartiges Parlament. Erst diskutieren wir die angeblichen Protokolle der „Weisen von Zion“ und dann die tatsächlichen Protokolle der „Mauschler von Kiwi“.