Wir müssen also Barrieren abbauen und Treppen anders ge stalten. Man kann viele Treppen mit Schiebeschienen für Kin derwagen und für Fahrräder sehen. Man muss fast schon ein sportiver Künstler sein, um dort hochzukommen. Viele Trep pen sind wirklich nicht benutzerfreundlich, gerade wenn man etwas dabei hat.
Auch die Beläge sind nicht gut. Da eignet sich Stuttgart, muss ich sagen, als Beispiel ganz schlecht. Es gibt Platten, die ka putt sind, die aufgesprungen sind. Dann gibt es dazwischen Asphalt und gleich wieder Platten. Gute Fußgängerstädte ach ten auf einen glatten und trotzdem griffigen Belag. Das ist ent scheidend: glatt und griffig. Das ist ganz wichtig.
Der zweite Bereich, den ich mit dieser Frage verbinde, ist die Sicherheit. Ich höre von Frauen immer wieder, dass sie nachts bestimmte Wege nicht gehen und lieber ein Taxi nehmen, ob wohl man zu Fuß gehen könnte. Das liegt daran, dass die We ge, wenn sie schon einmal separiert sind, bei uns häufig so ab seitig sind, dass es schon gefährlich abseitig ist.
Deswegen glaube ich: Wenn man will, dass auch Frauen si cher gehen können, müssen Wege gut beleuchtet sein. Sie soll ten auch nicht abseitig sein, sondern dort, wo Menschen sind, damit man, wenn man schreit, sozusagen noch jemanden hö rend erwischt, weil ein Haus in der Nähe ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir liegen jetzt noch vier Wortmeldungen vor, die ich nicht mehr aufrufen möchte. Ich bitte, damit einverstan den zu sein.
Dann würden wir die Regierungsbefragung jetzt beenden, ei ne Minute vor dem offiziellen Limit. Herr Minister, vielen herzlichen Dank. Wir sind ja insgesamt sehr in Verzug mit der Tagesordnung.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Planung, Or ganisation und Gestaltung des öffentlichen Personennah verkehrs und des Finanzausgleichsgesetzes – Drucksache 16/8973
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast drei Jahren haben wir mit der ÖPNV-Finanzreform das Bus- und Bahnfahren zwischen Main und Bodensee, zwischen Kocher und dem Rhein wesentlich attraktiver gemacht. Wir haben die Finanz praxis damals grundlegend neu geordnet und sind dem Ziel, mehr Menschen in Busse und Bahnen zu bringen – und das in all unseren Städten und Gemeinden –, ein ganzes Stück näher gekommen.
Dieser grundlegenden Einigung ging ein jahrelanger Beteili gungs- und Moderationsprozess voraus. Heute beraten wir in zweiter Lesung den zweiten Teil dieser ÖPNV-Finanzreform.
Das Wegweisende und Wichtige an diesem Gesetz zuallererst: Ab dem Jahr 2021 werden die Mittel zur Finanzierung der öf fentlichen Verkehre im Land schrittweise bis 2023 um 50 Mil lionen € erhöht. Damit stehen den Stadt- und Landkreisen ab 2023 jährlich 250 Millionen € zur Finanzierung ihrer Busver kehre und ihrer Straßenbahnverkehre zur Verfügung. Gerade im ländlichen Raum sind diese Mittel eine ganz zentrale Säu le für das gesamte ÖPNV-Finanzierungsangebot. Wir stärken mit dieser Erhöhung zielgerichtet die Verkehre in der Fläche in Baden-Württemberg.
Neben dieser Erhöhung der Mittel um 50 Millionen € ist es zusätzlich wichtig, dass wir einen neuen Verteilungsschlüssel für diese Mittel entwickelt haben. Dieser Verteilungsschlüs sel sorgt dafür, dass unterschiedliche Regionen in BadenWürttemberg mit ihren individuellen Ausgangsvoraussetzun gen und Bedürfnissen Berücksichtigung finden. Mit einem passgenauen Anreizsystem sorgen wir dafür, dass sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum echte Anreize gege ben werden, um den ÖPNV auszubauen und die Passagier zahlen zu erhöhen. Die bisherige Status-quo-Verteilung wird schrittweise bis 2024 an diesen neuen Verteilungsschlüssel angepasst, sodass wir tatsächlich auch alle auf diesem Weg in diese neue passgenaue Verteilung mitnehmen.
Was erreichen wir mit dieser Neuregelung noch? Wir verein fachen die Verbundsysteme in unserem Land. Die gesetzlich geregelte Verbundförderung löst die bisherigen 22 einzelnen, individuellen Verbundverträge ab, und wir vereinheitlichen die Abwicklung und die Förderbedingungen. Zukünftig ist z. B. klar geregelt, wie die Beförderungsstandards aussehen, und dass dem Land die Daten der Fahrgastinformation zur Verfügung stehen.
Genau so etwas brauchen wir. Das, was wir mit diesem Ge setz umsetzen, brauchen wir, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Denn die Klimakrise ist nach wie vor eine unserer größten Herausforderungen, der wir uns mit aller Kraft stel len müssen. Um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten und künftigen Generationen eine vergleichbare Lebensqualität zu ermöglichen, müssen wir unser Klima mit ambitionierten Maßnahmen schützen. Die Gestaltung des Wandels hin zu ei ner nachhaltigen Mobilität ist eine der zentralen Aufgaben. Denn die Klimakrise macht keine Pause.
Ein weiteres Element unserer ÖPNV-Offensive möchte ich aus aktuellem Anlass hier noch erwähnen. Vor zwei Tagen ha ben die beteiligten kommunalen Landes- und Verkehrsverbän de sowie Verkehrsminister Hermann mit ihrer Unterschrift das Bündnis für den Mittelstand im ÖPNV besiegelt. Damit hat ein mitunter komplizierter Verhandlungsprozess, der durch ei ne grüne Initiative sowie durch eine Entschließung im Ver kehrsausschuss angestoßen und von Verkehrsminister Her mann und seinem Team engagiert moderiert wurde, sein Ziel erreicht. Wir stärken mit diesem Bündnis für den Mittelstand den ÖPNV im Land. Wir stärken die mittelständische Bus branche und sichern dort attraktive Arbeitsplätze. Für diesen Prozess an dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit dieser Geset zesänderung einen zukunftweisenden Weg eingeschlagen. Lassen Sie uns weiter daran arbeiten für einen ÖPNV der Zu kunft: fair, effektiv, transparent und attraktiv.
Frau Präsidentin, verehrte Kol leginnen und Kollegen! Die Kollegin hat es gerade angespro chen: Am Montag dieser Woche haben wir einen weiteren wichtigen Meilenstein zur Sicherung und zur Stärkung des öf fentlichen Personennahverkehrs erreicht, nämlich das Bünd nis für den Mittelstand.
Die mittelständischen Busunternehmen sind die Herzkammer des öffentlichen Personennahverkehrs in Baden-Württemberg. Daher haben die Regierungsfraktionen im Landtag die Lan desregierung bereits im Jahr 2017 beauftragt, mit den Ver kehrsunternehmen und den kommunalen Landesverbänden
ein Bündnis für den Mittelstand zu verhandeln. Das Ergebnis ist ein starkes Signal an den Mittelstand: Wir brauchen euch, und wir unterstützen euch auch.
Mit diesem Pakt haben Landkreistag, Städtetag und WBO – Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer – gemeinsam mit dem Verkehrsministerium und mit Ihnen, Herr Minister, neue Chancen und klare Zukunftsperspektiven für die regionalen Verkehrsunternehmen geschaffen.
Wir werden die Rahmenbedingungen für den ÖPNV-Markt so gestalten, dass der Mittelstand in unserem Land weiterhin eine starke Position hat. Der Wettbewerb im ÖPNV-Markt nimmt zu. Deshalb haben wir gemeinsam mit den betroffenen Verbänden der Verkehrsunternehmen und den kommunalen ÖPNV-Aufgabenträgern ein Maßnahmenpaket geschnürt und Instrumente implementiert, welche den mittelständischen Ver kehrsunternehmen in unserem Land eine verlässliche Basis für ihre Arbeit gewährleisten.
Kern des Bündnisses sind klare Rahmenbedingungen für die Ausschreibung von Verkehrsleistungen. Außerdem soll in Zu kunft die Entscheidung neben dem Preis nach wie vor und ver stärkt am hohen Qualitätsniveau festgemacht werden. Es wur de die Möglichkeit der Direktvergabe von Verkehrsleistungen an kleine und mittlere Unternehmen geschaffen, damit diese in ihrem Bestand gesichert werden und wir die vielfältigen Angebote im Land erhalten können.
Der eigentliche Meilenstein aber ist die gesamte Reform. Mit der zweiten Stufe der Neuordnung der ÖPNV-Finanzierung, also mit der Neuregelung der Verteilungsschlüssel unter den Aufgabenträgern, schaffen wir mehr Spielraum und die Vor aussetzungen für noch mehr Fahrgäste im ÖPNV.
In einem doch lange andauernden Prozess hat man ein großes Augenmerk darauf gelegt, dass die unterschiedlichen Raum schaften nicht gegeneinander um finanzielle Mittel konkur rieren müssen, sondern große Städte, Ballungsräume und länd liche Regionen gleichermaßen Berücksichtigung finden. Mei ne Damen und Herren, das große Ziel soll sein, Verkehr und Mobilität langfristig auf erneuerbare Energieträger, nachhal tige Mobilitätsnutzung und auf die Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs sowie des öffentlichen Perso nennahverkehrs umzustellen. Also raus aus dem Stau, freie Fahrt im ÖPNV – das wäre doch eine richtige Zukunft.
Aber wir alle wissen, dass Anspruch und Wirklichkeit, Ver nunft und Unvernunft im Alltag nirgends so aufeinanderpral len wie bei der Mobilität. So einfach ist das nicht, wie wir uns in diesen Zeiten eingestehen müssen. Volle Züge gehörten vor der Coronakrise in den Städten zum Alltag. Doch in Zukunft werden viele Kunden die Wahl ihres Transportmittels nicht nur auf der Basis von Preis, Komfort und Qualität, sondern auch anhand der wahrgenommenen Infektionsgefahr treffen. Ich sage bewusst „wahrgenommene Infektionsgefahr“, weil uns keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass der ÖPNV ein Infektionstreiber ist.
Das Land hat auf viele Eingaben aus den Kommunen und von Schulträgern bereits mit etlichen Maßnahmen schnell und
konkret reagiert. Das Land hat mit zusätzlichem Geld für ei ne Entzerrung des Schülernahverkehrs gesorgt. Aus meinem Wahlkreis erreichen mich Nachrichten von dankbaren Eltern, dass die Verstärkerbusse inzwischen auch in den ländlichen Regionen angekommen sind, Herr Minister.
Wir alle wissen, dass uns das Virus auf eine harte Probe stellt. Es bleibt eine Zumutung in unserem Alltag, für unser Mitei nander, für unsere Freiheiten. Wenn alle aus Angst vor Anste ckung wieder auf das Auto umsteigen, wird das schwierig.
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Die Rettungsschir me unserer Regierung für den ÖPNV waren deshalb wichtig und richtig.
Ergänzend und zum Schluss möchte ich sagen: In vielen länd lichen Regionen kann mit einer Wiederbelebung der verges senen Gleise der notwendige Anschluss an die Ballungsräu me mit gleichzeitigem Umstieg von der Straße auf die Schie ne gelingen. Das Fahrgastpotenzial auf 20 stillgelegten Bahn strecken ist, wie die Untersuchungen zeigen, enorm.
Ein umfassendes, flächendeckendes und verlässliches Mobi litätsangebot des ÖPNV gewährleistet gleiche Lebensverhält nisse und gleichwertige Bildungschancen in der Stadt wie auf dem Land.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf regeln wir jetzt die Neu verteilung der Mittel nach einem modifizierten Verteilungs schlüssel. Dies geschieht – die Kollegin hat es gesagt – mit einer Landesförderung, die bis 2023 auf 250 Millionen € an steigen wird – und zwar nachhaltig.