Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Der zweite Sturm, der Europa regelmäßig trifft – da befinden wir uns noch im Auge des Orkans –, ist die Coronapandemie. Mittlerweile müssen wir erkennen – das ist eine positive Er kenntnis –, dass diese Pandemie die Europäer näher zusam menrücken lässt. Länder, Regionen, Städte in ganz Europa ha ben sich gegenseitig unterstützt, haben sich gegenseitig Hilfe angeboten. Sie haben sich gegenseitig mit Schutzausrüstun gen versorgt und haben gegenseitig Patienten übernommen. Das ist gelebte Solidarität, und das sollte uns Mut machen, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Auch hier gibt es einen Hoffnungsschimmer: Die Hoffnung lautet Impfstoff. Schon jetzt müssen wir an den Tag denken, an dem es uns hoffentlich gelingt, diesen Impfstoff auf dem Markt zu haben und damit weitreichend die Pandemie in den Griff zu bekommen.

(Zuruf)

Wir müssen aber auch daran denken, dass die Solidarität nicht an den europäischen Grenzen enden darf, werte Kolleginnen und Kollegen. Die Verfügbarkeit eines Impfstoffs darf am En de nicht vom Reichtum eines Landes abhängig sein. Auch das ist europäische Solidarität, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Im Übrigen hat Europa, hat die Europäische Union hier sehr genau gezeigt, dass man schnell handlungsfähig ist und ge meinsam gute Möglichkeiten hat, wenn man zusammensteht.

Wir könnten auch noch sehr lange darüber reden,

(Zuruf: Sie haben nur fünf Minuten!)

dass es stürmische Zeiten für die deutsche EU-Ratspräsident schaft sind. Der Kollege Frey hat völlig zu Recht das Thema Rechtsstaatlichkeit angesprochen. Ich kann es mir daher spa ren, an dieser Stelle darauf einzugehen.

Den Mehrjährigen Finanzrahmen und das Chaos rund um den Brexit könnten wir ebenfalls abendfüllend miteinander be sprechen. Und dass wir noch keine Lösung für einen gemein samen europäischen Asylpakt haben, darf uns auch nicht zu friedenstellen, werte Kolleginnen und Kollegen. Aber in der schönen Hymne „You’ll never walk alone“ heißt es: Am En de des Sturms gibt es einen goldenen Himmel.

(Zuruf: Aber nicht für die SPD!)

Zumindest wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden diesen Sturm Seitʼ an Seitʼ durchschreiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall)

Nun hat Herr Abg. Sänze das Wort und, wie ich hoffe, jetzt auch die ungeteilte Aufmerk samkeit der AfD.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der europapolitische Bericht ist ein Fanal des Schei terns. Es ist bezeichnend, dass wir solch weitreichende The men für unsere Lebenswirklichkeit erst am Ende des zweiten Plenartags diskutieren, und das in dieser Vertretungsstärke der Fraktionen.

(Zuruf)

Er ist ein Fanal des Scheiterns auch für Baden-Württemberg.

Zum Thema Brexit: Als Krönung des wirtschaftlichen Versa gens läuft es, Stand heute – wenn nicht noch ein Wunder ge schieht –, auf einen harten Brexit hinaus – ein harter Brexit, für den Sie, die Altparteien, in Ihrer Hybris und Ahnungslo sigkeit die Verantwortung tragen.

(Beifall – Zuruf)

Mitten in die größte Wirtschaftskrise hinein haben Sie bis zu 30 000 hochwertige Industriearbeitsplätze in Baden-Württem berg gefährdet.

(Zuruf)

Zum Thema „Mehrjährige Finanzplanung“: Herr Minister Wolf bringt es fertig, über dieses Thema viele Worte zu ver lieren, ohne eine einzige Zahl zu nennen.

(Zuruf: Er ist halt ein Käpsele!)

Herr Wolf, was kosten uns Ihre grün-schwarzen EU-Phantas men? Verdoppeln sich unsere Nettozahlungen, oder verdrei fachen sie sich? Wie viele Milliarden unserer Arbeitsleistun gen werden mitten in der größten Wirtschaftskrise zusätzlich auf dem Altar der EU geopfert? 3, 5 oder 7 Milliarden € pro Jahr? Bleibt die Nettoverlustquote bei 85 %, oder steigt sie gar auf 90 % oder mehr? Wie kann es sein, dass keine einzi ge Zahl in diesem Bericht steht? Das ist Verantwortungslosig keit hoch drei,

(Vereinzelt Beifall)

wenn nicht sogar bewusste Verdunklung.

Zum Thema Rechtsstaatlichkeit: Man reibt sich nur noch die Augen, was alles unter dem Lissabon-Vertrag, den Sie alle – Grüne, CDU, SPD und FDP/DVP – beschlossen haben, mög lich ist. Da bekommt die EU mal eben im Vorbeigehen ein Be steuerungsrecht, ein Fiskalrecht. Dabei genügt diese Organi sation nicht mal den demokratischen Anforderungen des Ver fassungsgerichts.

(Beifall – Zuruf: So ist es!)

Und jetzt darf diese Technokratur EU auch noch eigene Steu ern erheben! Diese EU, diese technokratische Oligarchie, wol len Sie jetzt noch zum Hüter der Rechtsstaatlichkeit machen, per Mehrheitsbeschluss gegen ausdrückliche nationale Vetos. Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen?

(Vereinzelt Beifall)

Herr Wolf, das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Sie schaffen doch so keinen Frieden in Europa. Sie legen vielmehr den Sa men für Streit und zukünftige Unruhen.

Schließlich das Thema CO2: Da beschließen gerade die Grü nen und die CDU ein verheerendes Klimaschutzgesetz für Ba den-Württemberg, und was macht die EU? Die will einfach mal die Reduktionsziele verdreifachen. Minus 25 % haben wir in 30 Jahren erreicht, jetzt sollen in nur zehn Jahren weitere 30 % Reduktion erreicht werden. Das ist eine Verdreifachung der Reduktion pro Jahr. Das ist blanker Wahnsinn! Das bedeu tet bis zum Jahr 2030 ein Verbot des Verbrennungsmotors. Das bedeutet den Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Das bedeutet extreme Kostensteigerungen für Heizen und Strom. Das bedeutet Energiearmut für Millionen. Das bedeu tet einen von Nord bis Süd mit Windrädern verschandelten Schwarzwald.

(Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Das ist ein Anschlag auf unsere Zukunft, auf die Zukunft un seres Landes, wie es in 68 Jahren baden-württembergischer Geschichte noch nie gegeben war.

Und was machen Sie hier im Landtag? Nichts! Sie stimmen zu und reden von Herrn Trump. Nein, Sie machen sich zum Undertaker, zum Totengräber des eigenen Staates.

(Beifall)

Die AfD macht aber hier nicht mit. Wir wollen ein nationales Handelsabkommen mit Großbritannien, und wir wollen ein Ende der gigantischen Mittelabflüsse nach Brüssel.

(Beifall)

Wir wollen Respekt für andere Nationen und ihre Tradition. Wir wollen Umweltschutz und keine Umweltzerstörung. Wir wollen unsere wirtschaftliche Basis und die Automobilindu strie erhalten.

(Beifall – Abg. Anton Baron AfD: Genau!)

Vielleicht findet sich in Zukunft irgendwann hier in diesem Hohen Haus auch eine Fraktion, die die Fähigkeit, selbst zu denken, nicht am Eingang abgelegt hat.

(Beifall – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Bravo!)

Beginnen wir aber damit, gegen diesen CO2-Wahnsinn anzu kämpfen. Er wäre das Ende unseres Landes, unserer Zukunft und unserer Kinder.

Vielen Dank.

(Beifall)

Herr Abg. Karrais, Sie ha ben das Wort für die FDP/DVP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der aktuelle Bericht zu europapolitischen Themen wird wie gewohnt zu später Stun de im Plenum behandelt. Das ist etwas, was man in der Tat

kritisieren muss. Denn das sind die wesentlichen Themen, die uns alle hier leiten, und wir sollten bei aller Wichtigkeit der Entscheidungen, die hier in diesem Haus getroffen werden, nicht außer Acht lassen, dass wir auf diesem Kontinent in ei nem großen Konstrukt leben und eben auch gemeinsam Ent scheidungen treffen sollten und vor allem auch gemeinsam mehr erreichen können. Deshalb sollte der Bericht über aktu elle europapolitische Themen im Plenum einen höheren Stel lenwert erhalten.