Protokoll der Sitzung vom 12.11.2020

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen! Herr Kollege Lucha, es geht tatsäch lich nicht um eine Kritik an den Mitarbeiterinnen und Mitar beitern. Wir haben vorhin und auch schon vor zwei Wochen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir hohen Respekt vor den Menschen haben, die in den Ministerien und den Verwal tungen an diesem Thema arbeiten.

Es geht vielmehr darum, dass die richtigen Entscheidungs strukturen geschaffen werden. Sie haben heute keine Antwort darauf gegeben, warum Beschaffungen, die durch das Land organisiert werden, grundsätzlich länger dauern und warum Sie immer nur hinterherlaufen. Sie haben auch keine Antwort

darauf gegeben, warum z. B. ein Stufenplan des Landes, den Sie vorhin wieder erwähnt haben, eigentlich keinerlei Wirkun gen nach außen gezeigt hat.

Wir haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, Äuße rungen aus Regierungspräsidien wie die – ich darf Ihnen ein mal zitieren –:

Im Sozialministerium sind lediglich zwei Leute für das Krisenmanagement zuständig. Dort ist man komplett überfordert.

Das ist die nachgeordnete Verwaltungsbehörde. Es wird auch keine zusätzliche Hilfe aus dem Innenministerium geholt, was zum Schutz Ihrer eigenen Mitarbeiter notwendig wäre. Die abgeordneten Personen seien wieder zurück und inzwischen auch gut beschäftigt. Aber die Landesregierung habe keine Idee, wie man über den März hinaus mit dieser Pandemie um gehen will. Die Umsetzung der Ministerratsbeschlüsse vom 28. Oktober habe viel zu lange gedauert. Andere Länder wa ren schneller. Und es gab zu einzelnen Fragen unterschiedli che Signale, auch aus dem Sozialministerium. Der Vorschlag beispielsweise, Schulangehörige nicht mehr in die Kontakt kategorie 1 einzustufen, liegt vier Wochen zur Entscheidung beim Sozialministerium – und es passiert nichts. Damit könn ten wesentliche Testkapazitäten freigemacht werden.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigt das Pro blem: Die Führung des Sozialministeriums ist beim Handling dieser Krise überfordert. Wir brauchen keinen Stufenplan der Politik, der Entscheidungsfreude ausdrücken soll. Das, was Sie tun, ist in weiten Teilen – und Sie haben viel weiße Salbe draufgeschmiert – Simulation von Politik und Simulation von Entscheidungsfähigkeit. Das ist zu wenig für den Umgang mit einer Krise, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall)

Gibt es noch weitere Wort meldungen? – Herr Abg. Haußmann, bitte. Sie haben aber ei gentlich eine noch kürzere Restredezeit als – –

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Aber ich habe noch Redezeit!)

Sie haben noch 38 Sekunden, ja.

(Zurufe)

Vielen Dank, Herr Mi nister Lucha, für Ihre Erläuterungen. Es sind aber nach wie vor viele Fragen offengeblieben.

Sie haben jetzt darüber informiert, dass die Verteilung von FFP2-Masken in der Schule anläuft. Das ist gut so. Wir haben aber jetzt nichts dazu gehört, wie Sie die Risikogruppen in Ba den-Württemberg versorgen wollen. Auch hier können wir al so keine Strategie erkennen.

Zum Zweiten nehme ich zum Thema Antigentest mit, dass Sie im Grunde noch gar nichts bestellt haben. Sie haben mir vor hin zumindest zugenickt, als ich gefragt hatte, ob es bei den Lieferungen Engpässe gibt. Das ist also der Fall. Insofern stel len wir fest, dass Sie da hinterherhinken.

Es gab auch keine Aussage dazu, wie der Bedarf hier ist. Der Bund hat jetzt geregelt, es gebe zehn Millionen Antigentests pro Monat. Aber wie ist denn der Bedarf? Nordrhein-Westfa len hat einen Bedarf von 3,4 Millionen Tests definiert. Wir sollten auch einmal unseren Bedarf definieren, um dann ent sprechend auch einzusetzen.

Es gibt also noch eine ganze Menge Fragen. Insofern herzli chen Dank an die SPD für die Beantragung dieser wichtigen Debatte.

Danke schön.

(Beifall)

Meine Damen und Her ren, jetzt liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor.

Dann schließen wir Tagesordnungspunkt 2 ab.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zu dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung me dienrechtlicher Staatsverträge – Drucksache 16/8910

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 16/9199

Berichterstatter: Abg. Rüdiger Klos

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst spricht Herr Abg. Salomon für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das im Entwurf vor liegende Gesetz zu dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge kommt erst einmal simpel daher. Kurzum: Es geht darum, dass der Rundfunkbeitrag von derzeit 17,50 € auf 18,36 € pro Monat erhöht werden soll. Es ist also eine Erhöhung um 86 Cent vorgesehen.

Es ist aber nicht mehr ganz so simpel, wenn man auch einmal auf die Entwicklung hinter diesem Gesetz schaut. Der vorge schlagene Betrag beruht auf einer Empfehlung der Kommis sion zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstal ten; das ist eine unabhängige Institution. Das heißt, der Be trag ist nicht politisch ausgehandelt, sondern basiert – das ist das Wichtige – auf den Anforderungen, Herausforderungen und auch Ansprüchen, die wir alle an den öffentlich-rechtli chen Rundfunk stellen.

Wenn man noch etwas weiter schaut, muss man noch mal zwei Wegmarken in der zeitlichen Historie betrachten, damit man versteht, warum wir jetzt zu einer Beitragserhöhung kommen müssen.

Die erste Wegmarke ist im Jahr 2015. Auch damals ging es um den Rundfunkbeitrag. Er wurde von 17,98 € auf 17,50 € abgesenkt. Damals ist man der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten nicht gefolgt, sondern hat man eine stärkere Verringerung vorge nommen. Das führt auch dazu – das wurde damals auch in dem Bericht der Kommission beschrieben –, dass man später viel deutlicher erhöhen muss.

Jetzt müssen wir aber noch ein Stückchen weiter zurückge hen, nämlich zur Rundfunkgebühr vor dem Rundfunkbeitrag – ins Jahr 2009. Damals lag der Beitrag zum letzten Mal auf den erwähnten 17,98 €, und damals ist eine Anpassung erfolgt. Wir müssen also elf Jahre zurückgehen, um zur letzten Erhö hung des Rundfunkbeitrags zu kommen.

Das soll Ihnen verdeutlichen: Wir befinden uns in einer seit elf Jahren andauernden Stagnation des Rundfunkbeitrags. Das hat dazu geführt – um es noch bildhafter zu machen, weil wir das auch im SWR seit zehn Jahren debattieren –, dass wir von Jahr zu Jahr in jedem Haushalt des SWR zu weiteren Einspar maßnahmen kommen mussten. Es waren harte Einsparmaß nahmen, die im SWR erfolgt sind. Diese sind zusammen mit dem Personalrat, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgt. Aber ich glaube, dem SWR gebühren noch einmal der Respekt und der Dank von unserer Seite dafür, wie das dort erfolgt ist. Es ist also nicht an der Qualität des SWR und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gespart worden,

(Zuruf: An der Qualität kann er auch nicht mehr spa ren!)

sondern man hat probiert, mit einer geringeren Mittelausstat tung und weniger Möglichkeiten mindestens das Gleiche he rauszuholen. Deshalb gebührt der Dank der Führung des SWR sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall)

Um es Ihnen noch ein bisschen plastischer zu machen: Das Jahr 2009 liegt ja einigermaßen lange zurück. Sie werden sich hoffentlich alle noch recht gut entsinnen. Im Jahr 2009 waren Blu-Ray-Discs noch der letzte Schrei – von denen redet heu te niemand mehr –,

(Zuruf)

im Jahr 2009 gab es weder Netflix Deutschland noch Insta gram als Social Media Portal. Man kann auch noch weiter ge hen: Es gab damals sogar noch „Wetten, dass...?“ mit Tho mas Gottschalk.

(Zuruf)

Und zusätzlich, um das noch ein bisschen klarer zu machen: Der Ministerpräsident hieß damals Günther Oettinger. Wolf gang Reinhart ist leider nicht da, aber er war damals im Staats ministerium für dieses Thema zuständig. Er hat dazu auch die Staatsverträge verhandelt und im Landtag vertreten. Sie se hen also: 2009 ist ziemlich weit zurück.

Es gibt bestimmt Nostalgikerinnen und Nostalgiker, die sich dahin zurücksehnen, aber medienpolitisch ist diese Zeit nicht nur eine Welt zurück, sondern mindestens – –

(Abg. Winfried Mack CDU: Schuster war Oberbür germeister in Stuttgart!)

Stimmt, das kommt auch noch dazu. Herr Schuster war Oberbürgermeister in Stuttgart.

(Abg. Sascha Binder SPD: Da war die Welt für den Kollegen Mack noch in Ordnung! – Heiterkeit)

Aber wir kommen nicht zurück in diese Zeiten.

(Zuruf: Abwarten!)

Die Welt dreht sich weiter, und um es Ihnen noch einmal zu verdeutlichen – –

(Zurufe – Unruhe)

Ich sehe schon: Die damaligen Zeiten waren für manche hier vorn doch schöner.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)