Protokoll der Sitzung vom 16.12.2020

Ich erteile Frau Abg. Lindlohr für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Sie wissen es, wir wissen es, es ist be legt: Das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz hat einen positiven Einfluss auf die Sicherung von Mindestentgelten und von Tariflöhnen hier bei uns in Baden-Württemberg.

(Beifall)

Deswegen war es richtig, es einzuführen. Die tiefgründige Evaluation, die wir in dieser Legislaturperiode gemacht ha ben, hat dies aufgezeigt. Das Landestariftreue- und Mindest lohngesetz ist vor dem arbeitsrechtlichen Mindestlohn einge führt worden; der Kollege hat es angesprochen. Es gibt lan desspezifische Tariflohnvorgaben nur für den Bereich der Per sonenverkehrsdienstleistung, wie es so schön heißt. Es gibt eine Art Landesallgemeinverbindlichkeitserklärung mit Blick auf Tarifverträge nur im Bereich des Personenverkehrs.

Deswegen wurde im Rahmen der Evaluierung mit den betei ligten Kräften im Bereich Bus- und Schienenverkehr sehr viel gesprochen. Es gab vielfältige Besprechungen. Vielen Dank dafür an das Wirtschaftsministerium und das Verkehrsminis terium. Es wurde viel gesprochen darüber, was die richtige Art der Kontrolle ist.

Das Ergebnis war nun, dass das Regelwerk gut ist, es aber ins gesamt zu wenig beachtet wird. Letztlich sind sich auch die Kommunen als Vergebende im Busverkehr dessen zu wenig gewahr. Die Kernforderung beider Tarifparteien ist eigentlich: Liebe öffentliche Hand, haltet euch an euer eigenes Gesetz. Es ist also eigentlich kein Streit zwischen den Tarifpartnern, sondern es geht um eine Bindung des Auftraggebers, der sich damit auseinandersetzen muss. Es ging auch darum, ob man den WBO-Tarifvertrag gut verstehen kann. Da gibt es Fort schritte.

Jetzt haben wir uns darauf verständigt, dass das LTMG bleibt. Es ist gut, wir haben ein Vollzugsdefizit, und es ist mit den kommunalen Landesverbänden besprochen, dass sie sich da rum kümmern und dass sie dem auch nachgehen. Ich kann jetzt nicht sagen: Es wird auf Dauer ausreichen. Daher wer den wir auf den Bereich Kontrollen weiterhin ein gutes Au genmerk haben.

Aber nun zum Punkt Entgelt. Ich weiß, dass Sie hier die DGBPosition in Gesetzesform gegossen haben. Das ist auch in Ord nung. Wir haben schon vielfach darüber gesprochen. Auch ich habe mich dazu mit den Gewerkschaftsspitzen auseinander gesetzt. Ich finde es weiterhin völlig systemfremd, eine Vor gabe für alle Branchen aus einem Tarifvertrag abzuleiten und den TV-L quasi allgemeinverbindlich im Mindestlohn für al le Branchen um die Ecke verbindlich einzuführen. Ich verste he auch nicht, wie man die anderen Branchen, die anderen Fachgewerkschaften entmachten kann –

(Zuruf)

okay, das ist jetzt nicht mein Konflikt, aber ich halte es für systemfremd. Daher ist es nicht unser Ansatz, den Tarifver trag des öffentlichen Dienstes über alle anderen zu stellen.

(Zuruf)

Das halte ich für systematisch falsch.

(Beifall)

Daher: Mindestentgelte sind ein sehr wichtiges Thema. Ab surd finde ich, dass der Kollege gesagt hat, wir seien auf Ge deih und Verderb dem arbeitsrechtlichen Mindestlohn ausge setzt.

Was wollen wir Grünen im Bund und im Land? Wir stehen dafür, dass wir sofort einen allgemeinen Mindestlohn von 12 € pro Stunde bekommen.

(Zurufe)

Was bekommen wir von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zum 1. Januar 2021 geliefert?

(Zurufe – Unruhe)

9,50 €.

(Anhaltende Zurufe und Unruhe)

Frau Abg. Lindlohr, ha ben Sie bitte einmal auf die Uhr geschaut?

9,50 € bekommen wir von der SPD in Verantwortung.

(Beifall – Zurufe – Lebhafte Unruhe)

Deswegen: Es geht um das Vergaberecht.

(Anhaltende lebhafte Unruhe)

Das Vergaberecht muss fair und transparent sein. Sie verste hen, dass es sich beim Landestariftreue- und Mindestlohnge setz um Vergaberecht handelt? – Hallo, ihr Schreihälse!

(Zurufe)

Frau Abg. Lindlohr, ha ben Sie mitbekommen, dass wir die Redezeit begrenzt haben?

(Anhaltende Zurufe)

Hallo! – Ja. Aber gegen Schreihälse kann man die Redezeit leider nicht direkt anwen den. – Ich glaube, Sie haben noch nicht mitbekommen, dass es sich um Vergaberecht handelt.

(Zurufe)

Das Vergaberecht muss transparent und klar für alle sein.

(Zurufe)

Wir kämpfen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für einen hohen Mindestlohn...

(Unruhe)

Sagen Sie mal, Frau Abg. Lindlohr – –

... für alle von 12 €.

Vielen Dank.

(Beifall – Zurufe – Anhaltende Unruhe)

Als Nächster spricht Herr Kollege Dörflinger für die CDU. – Ich darf vielleicht noch einmal daran erinnern, dass das Präsidium einvernehmlich die Redezeit auf drei Minuten festgelegt hat.

(Zuruf)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ohne eine florierende Wirtschaft mit gut bezahlten Arbeitsplätzen fehlt das Steueraufkommen, um daraus viele Maßnahmen finanzieren zu können,

(Zuruf: Aha!)

gerade im sozialen Bereich oder im Bereich des Klimaschut zes.

Die CDU-Landtagsfraktion bekennt sich in diesem Zusam menhang zum Leistungsprinzip im Rahmen der sozialen Markt wirtschaft, und wir bekennen uns auch zur Tarifpartnerschaft, die in Deutschland sehr gut funktioniert.

(Beifall – Zuruf)

Auch der öffentlichen Hand kommt dabei eine sehr wichtige Bedeutung zu, ist sie doch für zahlreiche Vergaben verant wortlich. Die öffentliche Hand hat eine Vorbildfunktion: Lohn dumping und einen intransparenten Wettbewerb darf es daher nicht geben.

Am 1. Juli 2013 ist das Tariftreue- und Mindestlohngesetz für öffentliche Aufträge in Baden-Württemberg in Kraft getreten. Die grün-schwarze Koalition hat nun in dieser Legislaturpe riode dieses Gesetz evaluiert und kam zu dem Ergebnis, kei ne gesetzlichen Änderungen vornehmen zu müssen.

Natürlich gab es im Evaluierungsgutachten und einem auf die ser Basis transparent durchgeführten Beteiligungsprozess auch Änderungswünsche. Übrigens, von beiden Seiten sind Ände rungswünsche gekommen – von gewerkschaftlicher Seite, aber auch von den IHKs, von den Handwerkskammern usw. Im Großen und Ganzen hat sich aber schon gezeigt, dass sich das LTMG etabliert hat.

Heute liegt uns ein Gesetzentwurf der SPD vor. Die von der SPD vorgeschlagenen Änderungen sind zum Teil auch recht lich umstritten. Dies gilt besonders für die neuen Absätze 5 und 6 in § 3. – Herr Weirauch, unterhalten Sie sich mit einem Verfassungsrechtler, was er zu diesen Vorschlägen rechtlich sagt.

(Lachen)