Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Wir haben heute ein spannendes Thema aufgerufen: „Ressour ceneffizienz – eine ökologische wie auch ökonomische Chan ce für Baden-Württemberg“. Wer, wenn nicht wir in BadenWürttemberg, ist es gewohnt, sparsam mit allem umzugehen?

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wo, wenn nicht hier?)

Wir haben nicht viele Bodenschätze. Deswegen gibt es auch wahrscheinlich in keinem anderen Bundesland das Wort, das wir gern verwenden: „Okoschta“ – also Unkosten; ich glau be, dass man den Ausdruck nicht im Duden findet. Das heißt, wir dürfen Geld nicht in die falschen Sachen investieren.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Unser Motto heißt – Herr Nemeth hat es bereits gesagt –: „Un sere DNA ist: wir wollen aus wenig viel machen.“ Darauf dür fen wir auch vertrauen und stolz sein.

Wenn wir aber etwas machen, dann machen wir es in der Re gel richtig, weswegen wir in manchen Industrien, wie z. B. in der schnelllebigen Welt der IT-Technologien, nicht so richtig mit dabei sind; die ist uns etwas zu schnell.

Aber Dinge, die Ausdauer, Wissen, Fähigkeit und ständige Verbesserung brauchen, sind bei uns am richtigen Platz. Ich bin deswegen sehr sicher, dass wir in Baden-Württemberg auf dem Gebiet der Biotechnologie, der neuen Materialien, der Umwelttechnik und auch der Energieerzeugung, -speicherung und -verteilung ganz vorn mitspielen können. Dieses Poten zial können wir auch für unsere Exportwirtschaft nutzen.

Wir brauchen diese Wachstumsfelder im Land, um den erwar teten Rückgang in der Wertschöpfung der Automobilindustrie kompensieren zu können.

Mit Sorge sehe ich momentan allerdings, dass wir bei einem möglichen Wachstumsfeld – der Speichertechnik –, das durch die Umstellung auf Elektroantriebe möglich ist, in Deutsch land und Baden-Württemberg nicht dabei sind. Die Speicher stammen momentan aus Korea und Japan. Hier gilt es aufzu passen, dass wir diese Chance nicht verpassen. Die finanzstar ke Automobilindustrie sieht offensichtlich nicht, dass sie mit Speichersystemen neue Märkte erschließen kann, die weit über das Auto hinaus Anwendung finden werden.

(Abg. Anton Baron AfD: Auch die Brennstoffzelle!)

Als Motor der Nutzung erneuerbarer Energien hätten wir hier gute Chancen. Es gibt verschiedene Technologien. Es fiel ge rade das Wort „Brennstoffzelle“. Unsere Aufgabe ist es nicht,

zu sagen, welche Technologie die richtige Technologie ist. Das wurde heute bereits gesagt. Es ist vielmehr die Aufgabe der Industrie, zu sagen, welche Technologie es ist, die die je weilige Wirtschaft nach vorn bringt.

Genau das ist unser Problem. Die gegenwärtigen ideologisch geführten Diskussionen führen dazu, dass Chancen nicht er kannt werden, weil sie zu schmal eingeordnet werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Elektromobilität ist nicht nur eine Frage des richtigen An triebs. Ehrlich gesagt ist es mir ziemlich egal, ob ich mit ei nem E-Auto oder einem Auto mit Verbrennungsmotor fahre.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Es muss seinen Zweck erfüllen. Es ist immer noch ein Auto.

Die Chance, die in diesem Thema eigentlich liegt, liegt darin, neue Speichertechnologien zu entwickeln, mit denen auch ganz andere Wirtschaftszweige vorangebracht werden kön nen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international bie tet das riesige Chancen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns durch Ideologisierung keine Chancen verbauen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Petra Häffner GRÜNE)

Dass dieser Zwiespalt, Ressourceneffizienz zu politisch zu be trachten, oft vorhanden ist, sieht man auch in der Bauwirt schaft. Hier haben wir ein großes Interesse daran, Energie zu sparen, indem wir Mauern bauen, die wegen der Dämmmate rialien sehr dick sind. Ein Unsinn der Ressourcenverschwen dung! Das sagt Ihnen jeder Bauingenieur.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Ich habe kürzlich einen wirklich total spannenden Vortrag von Professor Sobek gehört, der das Bauen völlig neu denkt. Wahr scheinlich muss man auch von dieser Seite her kommen. Er sagt: Die Weltbevölkerung ist innerhalb von hundert Jahren stark gewachsen. Das wissen wir alle. Wir haben heute 7,5 Milliarden Menschen auf der Erde. Davon sind 2,5 Milliar den Menschen unter 16 Jahre alt. Er sagt: Wenn diese Leute alle einmal so wohnen wollen wie wir, dann brauchen wir Baumaterialien – das muss man sich einmal vorstellen; er hat das schön plastisch dargestellt –, die einer Wand entsprechen – ich weiß nicht mehr, wie dick –, die 200 m hoch ist und ein mal rund um den Globus verläuft. Wir haben jedoch schon heute ein Riesenproblem, überhaupt weitere Baumaterialien verfügbar zu machen. In Afrika wird schon im Meer nach Sand gesucht, damit man noch bauen kann. Hier liegen also Herausforderungen, und deshalb müssen wir darauf achten, dass wir politisch nicht die falschen Weichen stellen. Ich bin absolut gegen diese Fassadendämmung. Das ist ein Unsinn ohnegleichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Auf der anderen Seite lassen Sie mich noch eine Branche nen nen, in der ebenfalls Ressourceneffizienz steckt: Leichtbau. Leichtbau ist ein Riesenfeld, in welchem wir mit leichteren Materialien natürlich auch weniger Energie aufwenden müs

sen, um etwas zu bewegen. Hier haben wir das Problem, dass wir nicht so glücklich sind, wenn das bei uns produziert wird, weil bei der Produktion in diesem Bereich viel Energie ver braucht wird.

Ich könnte noch verschiedene Branchen nennen, will ange sichts der Zeit jedoch darauf verzichten.

Wir müssen jedenfalls darauf achten, dass wir politisch nicht übersteuern. Denn es kann nicht unsere Aufgabe sein, alles und jedes selbst regulieren zu wollen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Zuruf: Sehr gut!)

Wir müssen auch darauf vertrauen, dass Unternehmen selbst die Kompetenz haben, zu wissen, wo es langgeht. Denn zu wirtschaften heißt ja immer, bessere Lösungen, neue Lösun gen zu finden, Engpässe zu beseitigen; denn das schafft am Schluss Nachfrage, löst Probleme und schafft bessere Lösun gen für uns alle. Am Ende muss der Unternehmer dafür sor gen, dass er das auch vermarktet.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Genau!)

Wenn wir seitens der Politik zu stark subventionieren, verliert er die Kompetenz der Vermarktung. Das hat man sehr schön im Bereich der EEG-Förderung gesehen. Dort hat die starke staatliche Förderung dazu geführt, dass letztlich der Absatz total überhitzt wurde, die technologische Weiterentwicklung auf der Strecke blieb und am Schluss, als die Förderung weg fiel, die Leute nicht mehr wussten, wie sie es verkaufen soll ten.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick auf das wer fen, was Grün-Rot vorhat.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall des Abg. Dr. Hein rich Fiechtner AfD)

Nein, was Grün-Schwarz vorhat. – Denn das, was da steht, ist im Wesentlichen das, was es bei Grün-Rot schon gab. Herr Nemeth, ich höre mit Freude, was Sie gerade gesagt haben, wo Sie die Ansatzpunkte sehen. Wir finden das aber im Koa litionsvertrag nicht explizit. Dort gibt es nach wie vor die Lan desstrategie Ressourceneffizienz, die vorsichtshalber schon einmal am 1. März fortgeschrieben wurde, damit man sich hier nicht neu ausrichten muss. Dort steht im Wesentlichen das drin, was Grün-Rot vorher schon gemacht hat.

Dann gibt es wieder die Idee, 100 ressourceneffiziente Betrie be voranzubringen. Auch das ist eine Sache, die bereits seit 2013 existiert. Man darf sich fragen, ob das Geld hier tatsäch lich gut angelegt ist. Dort gibt es Preise in Höhe von 10 000 €. Bisher haben das jedoch vor allem Unternehmen bekommen, die dieses Geld eigentlich nicht brauchen: Daimler, ABB, Au di, Boehringer Ingelheim zeichnen sich nicht dadurch aus, dass es ihnen an Geld fehlt. Man darf sich also die Frage stel len, ob wir das Geld dort richtig angelegt haben.

Der Thinktank zur Ressourcenpolitik ist ebenfalls eine Idee von Grün-Rot, die weitergeführt wurde.

Das Leitbild einer Ultraeffizienzfabrik – das klingt ein biss chen bedrohlich – soll als Ordnungsrahmen für eine Energie

wende, Materialwende, Personalwende und Kapitalwende die nen. Mein Gott, da ist richtig viel angedacht. Ich glaube nur: Eine leichte Überforderung der Mitwirkenden steckt da schon drin. Die Frage ist, ob wir eine Ultraeffizienzfabrik brauchen oder vielmehr nicht eher das, was wir jetzt wieder angeregt haben, nämlich einen Innovationsrat – dazu haben wir einen Antrag eingebracht – und die guten alten Innovationsgutschei ne. Denn eigentlich sollten wir die kleinen und mittleren Un ternehmen fördern und uns denen so zuwenden, dass sie auch verstehen, was wir ihnen anbieten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD)

Statt einer Ultraeffizienzfabrik brauchen wir eine Ultraeffizi enzinfrastruktur.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Jawohl!)

Denn Stau auf den Straßen in Zeiten von „just in time“ ist be stimmt nicht das, was der Effizienz dient, sondern frisst un endlich viele Ressourcen.

Ein letztes Wort noch zu einem Thema, das auch von Herrn Ministerpräsident Kretschmann in Karlsruhe angesprochen wurde, einem Verbraucherschutzthema: Produktobsoleszenz – ein schwieriges Wort – bedeutet eine absichtlich oder fahr lässig vom Hersteller eingebaute zeitliche Beschränkung der Nutzbarkeit eines Produkts.

Wir hatten bereits im Jahr 2015 den damaligen grünen Minis ter Bonde im Verbraucherministerium zu diesem Thema an gefragt und eine sehr dünne Antwort bekommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie so oft!)

Jetzt hat die Landesregierung der Obsoleszenz immerhin ein eigenes Forum auf dem Ressourceneffizienzkongress einge räumt.

Ein weiteres Thema möchte ich zum Schluss ansprechen: ei ne bessere Kreislaufwirtschaft; auch das wurde mehrfach ge sagt. Es ist doch das Ursprünglichste, das wiederzuverwerten, was man schon einmal eingesetzt hat. Bei uns im Land gibt es viele Recyclingunternehmen, die kluge Ideen haben. Vor hin haben Sie eines genannt, das einen Preis dafür bekommen hat.

Umso erstaunlicher ist es, dass die grün mitregierten Länder im Bundesrat die Bemühungen der Bundesregierung um ein neues Wertstoffgesetz blockiert haben, weil keine mittel standsfeindliche Rekommunalisierung der Kreislaufwirtschaft vorgesehen war. Es wird Sie nicht wundern, dass wir nicht der Meinung sind, dass der Staat das, was Unternehmer in diesem Bereich können, besser kann.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Unternehmer haben die Fantasie, sie haben den Druck, und sie müssen schauen, dass sie die Ideen, mit denen sie am Markt unterwegs sind, auch finanzieren. Deshalb kommen dort immer die besten Lösungen heraus.

Ich fordere Sie auf: Behindern Sie nicht weiter diese Chance der Ressourceneffizienz – ökologisch und ökonomisch. We niger Staat ist auch beim Recycling mehr.