Protokoll der Sitzung vom 09.11.2016

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge ordneten der SPD und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Gall das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Bevor ich auf den vorliegenden Antrag in haltlich eingehe, möchte ich für unsere Fraktion Folgendes deutlich machen: Islamismus ist ein ernst zu nehmendes The ma. Wir haben uns damit auseinandergesetzt. Wir müssen Ge genstrategien entwickeln. Wir müssen insbesondere extremis tischen und terroristischen Islamismus in geeigneter Weise be kämpfen.

Meine Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kol legen, das machen wir seit Jahren. Beispielsweise – der Herr Innenminister hat es heute früh schon ausgeführt – waren wir

es, die im Zuge der Maßnahmenpakete, Sonderprogramme oder Programme der Landesregierung zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus u. a. ein Kompetenzzentrum ein gerichtet haben, das alle präventiven Maßnahmen und Akti vitäten in unserem Land bündelt, weiter fortentwickelt, kon zeptionell aufeinander abstimmt und natürlich auch versucht, dort noch weiter tätig zu sein, mehr zu tun als bislang. Damit will ich ausdrücklich sagen: Prävention ist und bleibt einer der wichtigen Bausteine im Kampf gegen den Islamismus.

Das heißt, das Problem ist längst erkannt und die Verantwor tungsparteien in diesem Land handeln bereits.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Jetzt komme ich zu dem vorliegenden Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommission. Nach § 34 Absatz 1 Satz 2 unse rer Geschäftsordnung ist der Landtag zur Einrichtung einer solchen Kommission verpflichtet,

wenn dies von einem Viertel der Mitglieder des Landtags oder von zwei Fraktionen beantragt wird.

Uns liegt heute ein Antrag von der Fraktion der ABW und der Fraktion der AfD vom September vor. Aber zwischenzeitlich existiert die ABW ja nicht mehr, das heißt, eine Verpflichtung zur Einsetzung durch den Landtag besteht nicht mehr. Wir wa ren übrigens auch der Meinung, sie hat vorher auch nicht be standen.

In § 34 Absatz 1 Satz 1 unserer Geschäftsordnung steht dar über hinaus:

Zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte kann der Landtag eine En quetekommission einrichten.

Aber, meine Damen und Herren – damit sollten Sie sich in der Tat einmal beschäftigen –, eine Enquetekommission zeichnet sich dadurch aus, dass Material zusammengetragen wird, um eine geplante politische Entscheidung möglichst von allen Sei ten gut vorzubereiten.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Richtig!)

Wenn man diesen Antrag liest, dann vermisst man genau dies, nämlich den Ansatz, dass versucht wird, möglichst breit Ma terial zusammenzutragen, um schließlich von allen Seiten die Problematik zu erschließen und dann entsprechend die Hand lungsperspektiven zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das heißt, dieser Antrag lässt auch inhaltlich Mindeststan dards vermissen. Bereits in der Überschrift – lesen Sie doch Ihre Überschrift! – wird mit Begriffen wie „Bedrohung“, „Scharia-Recht“, „organisierte Kriminalität“, „Einfluss frem der Staaten“ doch deutlich gemacht, was Sie tatsächlich be absichtigen: nicht Sachaufklärung zu leisten, sondern in der Tat mit Vorurteilen zu arbeiten.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Ist das ein Vorur teil oder eine Tatsache?)

Genau das taugt nicht dazu, um in einer Enquetekommission vernünftig zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Den Antragsstellern muss daher unterstellt werden, dass sie mit ihrem Antrag den Sinn und Zweck einer Enquetekommis sion entweder nicht verstanden haben oder zum wiederholten Mal die Instrumentarien des Parlamentarismus bewusst miss brauchen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Glocke des Prä sidenten)

Herr Abgeordneter, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner?

Nein.

Für ein Nichtverstehen beruft sich ja Ihre Fraktion, die AfD, gern auf ihre Standardentschuldigung in solchen Fällen, wie sie auch Ihr Fraktionsvize, Herr Abg. Sänze, vor wenigen Tagen, am 3. November, im „Schwarzwäl der Boten“ erneut vorgebracht hat, nämlich – ich zitiere –:

Wir sind alle keine Politprofis – auch ich nicht...

Damit meint er Sie und sich. Das entschuldigt aber nicht das, was Sie handwerklich falsch machen.

Vieles spricht allerdings für die zweite Variante, nämlich für einen bewussten erneuten Missbrauch parlamentarischer Ins trumentarien. Auch hier hat der Fraktionsvize in dem Inter view deutlich offenbart, dass es sich bei dem Gebaren seiner Fraktion – ich zitiere wieder – lediglich um ein „Spiel unter Erwachsenen“ handeln würde.

Herr Abg. Sänze und meine Damen und Herren von der AfDFraktion, wenn Sie diesen Landtag für Ihre Spielchen zu miss brauchen versuchen, werden alle demokratischen Fraktionen das von Ihnen initiierte Spielchen nicht mitspielen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

So einfach ist das am Ende des Tages.

(Beifall bei der SPD, den Grünen, der CDU und der FDP/DVP)

Wenn es nicht so ernst wäre, meine Damen und Herren, könn te man es gerade schmunzelnd zur Kenntnis nehmen. Der Kol lege Lede Abal hat darauf hingewiesen: Sie haben vor lauter „copy and paste“ in der Tat wiederum handwerkliche Fehler gemacht, indem Sie Passagen aus der Enquetekommission „Pflege“ in Ihren Antrag hineinkopiert hatten.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Von wegen!)

Das spricht auch nicht gerade für Ihre Kompetenz auch in die sem Bereich.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Haben Sie eigent lich inhaltliche Argumente hervorzubringen?)

Sie fragen beispielsweise nach Definitionen von Islamismus und Islam. Erstaunlich ist aber: In Ihrem Wahlprogramm wer den diese Begriffe geradezu inflationär benutzt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Aber wir sollen das doch gemeinsam erarbeiten! Das ist der Sinn ei ner Enquete!)

Dann sollten Sie doch eigentlich wissen, was Sie damit mei nen; das muss man gar nicht abfragen. Wir jedenfalls wissen, was damit gemeint ist und was sich hinter diesen Begriffen verbirgt.

Im Übrigen gehört sich auch nicht für eine Enquetekommis sion, dass man in Fragen schon impliziert, was die gewünsch te Antwort sein sollte. Objektivität lassen Sie völlig vermis sen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Sie wären ja mit dabei!)

Deshalb ist dieser Antrag maßgetreu auf Wahlkampfparolen Ihrer Partei zugeschnitten.

Zu den Kinderehen beispielsweise will ich einfach sagen: Da wollen Sie jetzt mit der Enquetekommission Fallzahlen ab fragen. Ja guten Morgen! Diese Fallzahlen kennen wir doch zwischenzeitlich schon, und der Bundesgesetzgeber ist auch unterwegs. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass im Laufe die ses Jahres auch ein entsprechendes Gesetz zum Verbot und zur Annullierung solcher geschlossenen Kinderehen auf den Weg gebracht wird.

Das heißt, Ihre Motivation, meine Damen und Herren, diesen Einsetzungsantrag lediglich als populistisches Mittel zu be nutzen, ist wirklich durchschaubar. Ein Blick über den Teller rand hinaus hätte auch Ihnen gutgetan, tut er im Zweifel im mer noch. So hat sich beispielsweise auch der Bayerische Landtag mit dieser Problematik beschäftigt, aber mit einer völlig anderen Überschrift, die da heißt: „Integration in Bay ern aktiv gestalten und Richtung geben“ – übrigens einstim mig dort im Parlament beschlossen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Ich komme zum Ende, Herr Prä sident. – Das heißt, der hier vorliegende Einsetzungsantrag erfüllt weder die Mindestanforderungen an eine Enquetekom mission,

(Zuruf von der AfD: Wer sagt das?)

noch halten wir ihn inhaltlich für gerechtfertigt, weil wir auch in diesem Bereich Ihre Nachhilfe nicht benötigen.

(Zuruf von der AfD: Wir Ihre auch nicht!)