gen erkannt und gefördert werden, die nicht auf dem Eltern willen beruhen. Das ist unsere Vorstellung von Bildungsge rechtigkeit.
Deswegen lade ich Sie dazu ein, darüber nachzudenken, ob wir z. B. an der Schnittstelle „Ende Klasse 4“ nicht gemein sam noch etwas einrichten können, damit diejenigen, die ver loren zu gehen drohen, doch noch auf einen begabungsgerech ten Bildungsweg gebracht werden können. Nicht der Eltern wille, sondern Begabung und Talent entscheiden also.
Das Zweite, was ich ansprechen will, ist die Frage Kompe tenzorientierung, Wissensvermittlung. Sozialkompetenz und Präsentationskompetenz sind schön und recht; auch viel Wei teres ist wichtig. Aber wir sollten uns an dieser Stelle doch einmal auf eines einigen: Ohne Wissen ist alles andere nichts.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der AfD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sehr gut!)
Der dritte und letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist die in dividuelle Förderung. Individuelle Förderung heißt für uns nicht individualisiertes Lernen, sondern heißt leidenschaftli ches Betreuen und Kümmern um das einzelne Kind.
Dafür möchte ich ein Beispiel nennen: Wenn sich ein Kind in Klasse 5 schwertut, ist es sinnvoll und richtig, es in der Haus aufgabenbetreuung intensiv zu betreuen, eine Ferienschule anzubieten, damit das Kind erfahren und erspüren kann, dass es weiterkommt und vorankommt. Das ist unsere Vorstellung von individueller Förderung. Da wollen wir uns – –
Jawohl, Frau Präsidentin, ich schließe. – Herr Fulst-Blei, noch ein letzter Punkt: Sie ha ben den hohen Migrantenanteil genannt. Es ist leider so: Wenn man ihn herausrechnet, ist das Ergebnis auch nicht besser. Das sollte man zur Kenntnis nehmen.
Ja. – Wir können über Ih re Einladung sprechen. Aber wir werden dann sehen, wie wir damit umgehen werden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Kollege Schwarz, Sie haben gesagt: „Wir wollen unser Bildungssystem sozial gerechter machen.“ Das hört sich grundsätzlich gut an. Aber der grüne Weg, um die angebliche soziale Ungerechtigkeit des baden-württem bergischen Bildungssystems zu beseitigen, ist eben hoch pro blematisch, weil Sie sich von einem erwiesenermaßen viel fältigen, gegliederten, durchlässigen Bildungswesen, wie wir es bis zum Jahr 2011 hatten – die Erfolge sind unbestreitbar: niedrigste Sitzenbleiberquote, niedrigste Schulabbrecherquo
te, niedrigste Jugendarbeitslosenquote; was kann eigentlich noch erfolgreicher sein als das Bildungssystem im Jahr 2011 nach 16 Jahren CDU-FDP/DVP? –,
Denn „Einheitsschule“ hört sich nicht so gut an; die „Eine Schule für alle“, das hört sich viel besser an.
Ich kann Ihnen das beweisen. Ministerpräsident Kretschmann sagte in der letzten Legislaturperiode zur Einführung der Ge meinschaftsschule – Zitat –: Wir machen damit erste Schritte „weg vom dreigliedrigen Schulsystem“.
Wir stehen zu unserem bildungspolitischen Ziel: eine Schule für alle. Die Frage ist nur, in welchem Zeitraum wir das erreichen.
Sandra Boser, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion GRÜNE, erklärte – wiederum ein Zitat aus der letzten Legis laturperiode –:
„Wir dürfen langfristig das Ziel einer flächendeckenden Gemeinschaftsschule nicht aus den Augen verlieren. Aber wir müssen einen gangbaren Weg finden“... Das Zwei säulenmodell sei ein mittelfristiges Ziel, die Bildungsre form brauche Zeit.
Es liegt doch auf der Hand, was die Grünen wollen: die „Ei ne Schule für alle“. Das ist das Gegenteil von dem, was die FDP will. Wir Freien Demokraten wollen die passende Schu le für jedes Kind und nicht die „Eine Schule für alle“, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Herr Schwarz, Sie haben als Nächstes gesagt, in der letzten Legislaturperiode und auch im Nachtragshaushalt dieses Jah res sei kräftig in die Bildung investiert worden, keine Landes regierung zuvor habe so viel Geld für die Bildung ausgege ben wie diese. Ja, dann ist das Ergebnis der IQB-Länderstu
die noch verheerender, wenn Sie so viel Geld investieren. Es kommt doch nicht grundsätzlich darauf an, viel Geld auszu geben nach dem Motto „Viel Geld hilft viel“, sondern das Geld muss auch an der richtigen Stelle ausgegeben werden, und das haben Sie eben nicht getan.
Sie haben auch wieder behauptet, die Gemeinschaftsschule sei grundsätzlich und immer ein freiwilliges Angebot an die Kommunen gewesen. Sie wissen doch ganz genau: Durch die überstürzte Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschul empfehlung haben Sie viele Kommunen in große Not gestürzt. Denn dann hatte die einzige weiterführende Schule der Kom mune nicht mehr die erforderlichen Schülerzahlen, da es Wan derungsbewegungen weg von der Werkrealschule hin zur Re alschule bzw. von der Realschule zum Gymnasium gab.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sie wissen aber auch, dass das ein Trend war, Herr Kollege! Ein Trend seit den Siebzigerjahren!)
Das haben Sie verursacht und haben dann Ihr ideologisches Lieblingskind als die Rettung hingestellt. Das ist so ähnlich, wie wenn Sie einem Ertrinkenden sagen: „Du musst die Hand nicht annehmen, die ich dir reiche.“ Oft war es eben kein frei williges Angebot. Das muss man hier auch einmal festhalten.
Wenn Sie sagen, Sie wollten die Entkopplung des schulischen Erfolgs von der sozialen Herkunft, dann weiß ich auch da, was Sie meinen. Trotzdem friert es mich an dieser Stelle immer ein kleines bisschen.
Denn das wollen Sie ja grundsätzlich. Ich bilde mir schon ein, dass beispielsweise der schulische Erfolg meiner Kinder da mit zusammenhängt, dass ich mir auch Mühe gegeben habe, dass ich vorgelesen habe, dass ich mich um die Bildung mei ner Kinder gekümmert habe. Wollen Sie auch diesen Zusam menhang entkoppeln?
Ich finde es hoch problematisch, wenn man allgemein sagt: Bildungserfolg und soziale Herkunft sollen voneinander ent koppelt werden.
Liberale wissen, dass die Bildungsinstitution Nummer 1 das Elternhaus ist. Wir dürfen die Eltern auch nicht aus dieser Ver antwortung entlassen.
Entschuldigung, Herr Schwarz, ich muss weiterhin in Ihre Richtung sprechen. Sie singen hier das Hohelied auf die Leh rer und sagen: „Auf den Lehrer kommt es an.“ Das stimmt.
Aber das sind doch nur verbale Ausdrücke von Ihnen. Wie sah denn die Politik in der letzten Legislaturperiode gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern konkret aus? Das war alles an dere als wertschätzend. Die ganzen Reformen, die Sie ange packt haben, mussten doch die Lehrerinnen und Lehrer aus baden bzw. durchführen. Sie haben sie eben nicht mit Res sourcen oder mit entsprechenden Fortbildungen in die Lage versetzt, das tatsächlich zu machen.
Stichpunkt Gemeinschaftsschule: Diese wurde ohne entspre chende Fortbildungen eingeführt. Oder Stichpunkt Inklusion: Sie haben nicht für die Sonderpädagogen gesorgt, die man da für braucht, damit Inklusion gelingt. Viele Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich dramatisch überfordert und alleingelassen. Die grün geführte Landesregierung hätte in der letzten Legis laturperiode einmal deutlich weniger Tempo machen müssen, sondern mehr Sorgfalt aufbringen müssen, um diese Refor men auch tatsächlich umzusetzen.