Ganz wichtig ist die Gründungsunterstützung – das wurde auch schon angesprochen – durch Service- und Beratungsleis tungen. Dazu gehören für uns auch eine umfassende Betreu ung und Unterstützung von Gründerinnen und Gründern durch interne und externe Mentoren, die Vermittlung von und der Zugang zu Fördermitteln, der Zugang zu Risikokapital und natürlich auch zu der entsprechenden Infrastruktur.
Wichtig ist eine wirklich institutionelle Verankerung als Teil der Hochschulstrategie mit entsprechender Personalausstat tung in der Lehre, vor allem aber auch in der Gründungsbe ratung. Wir brauchen also nicht nur einen neuen Projekttopf mit kurzer Laufzeit. Vielmehr brauchen wir langfristige Per spektiven für Personal im Mittelbau und für Professuren, de ren Fachgebiet einen Schwerpunkt z. B. im Bereich der Exis tenzgründung und des Unternehmertums bildet.
Wir müssen neue Anreize für die Forscher an den Hochschu len schaffen, damit sie ihre Ideen und ihre innovativen Ansät ze ausprobieren können, damit sie tüfteln können und im schlimmsten Fall auch einmal scheitern können.
Frau Kurtz, ich würde hier nicht den Begriff „Kultur des Scheiterns“ pflegen wollen, sondern ich würde von der „Kul tur der zweiten Chance“ sprechen. Das ist sozusagen die po sitive Ausgestaltung dessen, was wir damit meinen.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP – Abg. Claus Paal CDU: Was ist dann beim dritten Mal? – Gegenruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Die wiederholte Chan ce!)
Denn es ist in der Tat in unserer Gesellschaft im Gegensatz zu anderen Gesellschaften durchaus noch ein Makel, wenn man mit einer Existenzgründung, mit einem Versuch, sich selbst ständig zu machen, scheitert.
Die Kultur der zweiten Chance ist also das, was wir brauchen. Wir brauchen an unseren Hochschulen geschützte Räume, wo man Dinge ausprobieren kann, wo das persönliche Risiko mi nimiert wird und die Hochschulen die Gründungen entspre chend unterstützen.
Das Programm, um das es hier heute geht, begrüßen wir also. Wir müssen es weiterentwickeln. Wir müssen es nachhaltig verstetigen. Insofern findet das alles unsere Zustimmung.
Wir haben uns natürlich auch gefragt, was außer diesem Pro gramm, das jetzt gerade ausgelobt worden ist, das Aktuelle an dieser Debatte sein soll. Denn das Thema „Gründung, Grün dungskultur und Existenzgründung“ beschäftigt uns eigent lich schon seit 20, 25 Jahren, wenn nicht schon länger.
Wenn wir hier nun schon eine Aktuelle Debatte zum Bereich der Hochschulpolitik haben, dann müssen wir, finde ich – das würde ich nun gern auch kurz machen –, auch auf die wirk lich aktuellen Dinge eingehen. Denn in Ihrem Koalitionsver trag, meine Damen und Herren, haben Sie neben den Themen Gründungen und Digitalisierung auch das Thema „Internati onalisierung unserer Hochschulen“ ganz groß geschrieben. Es ist auch richtig, dass das ein Ziel ist.
Der erste Punkt, den Sie beim Thema „Internationalisierung der Hochschulen“ anstreben, ist die Einführung von Studien gebühren für die internationalen Studierenden, um die wir weltweit kämpfen. Diese – ich nenne es einmal so – „BauerMaut“ an unseren Hochschulen, die irgendwie an die „Do brindt-Maut“ für die ausländischen Autofahrer in unserem Land erinnert,
Stellen Sie sich einmal vor, wir führten die Studiengebühren hier in Baden-Württemberg isoliert ein. Dann gehen die Stu dierenden in andere Bundesländer. Sie treiben sie sozusagen
Wir waren letztes oder vorletztes Jahr zum Teil gemeinsam auf einer Reise in Asien unterwegs und haben gesehen, wie dieser internationale Bildungsmarkt funktioniert. Das ist ein Wettbewerb um die besten Köpfe. Unser Vorteil in der Bun desrepublik, speziell auch in Baden-Württemberg, ist, dass wir ein kostenfreies Studium anbieten. Der Nachteil, den wir auf diesem weltweiten Bildungsmarkt haben, ist unsere Spra che,
weil alle diejenigen, die sich woanders ausbilden lassen wol len, die woanders studieren wollen, schon Englisch können. Die gehen nach Amerika oder nach England. Unser Vorteil in diesem Wettbewerb um die guten, um die besten Köpfe ist die Studiengebührenfreiheit, die wir hier anbieten können.
Deswegen ist es ein schwerer Schlag gegen die Internationa lisierung der Hochschulen, wenn Sie die Einführung der Ge bühren wirklich durchsetzen wollen.
(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Es ist ein Schlag gegen unsere Hochschulen, zu sagen, der Vorteil lie ge darin, dass sie kostenfrei sind! Unglaublich!)
Ich will einen weiteren Punkt herausgreifen. Es ist bereits an gesprochen worden, dass wir mehr MINT-Studierende brau chen. Diejenigen, die aus anderen Ländern zu uns kommen und hier studieren wollen, sind keine Sozialpädagogen – oh ne dass ich diesen jetzt nähertreten wollte –, sondern das sind doch meist Studierende der Physik, Mathematik oder Ingeni eurwissenschaften.
Gerade um die müssen wir uns doch kümmern, dass sie zu uns kommen. Auf diesem globalen Bildungsmarkt ist das kosten freie Studium ein riesiger Marktvorteil für Baden-Württem berg.
Deswegen wird es mit uns keine „Maut“, keine „Universi tätsmaut“, also keine Studiengebühren für ausländische Stu dierende, geben. Ich sage Ihnen schon jetzt, dass wir ganz hef tig und energisch dagegen ankämpfen werden.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut ausgebildete, ideenreiche und innovationsfreudige Menschen, im Übrigen nicht nur Studierende, sondern Menschen jeglichen Alters, sind für unser Land, das abseits dieses Kapitals nur über we nige Ressourcen verfügt, die Grundlage für Wohlstand und Freiheit sowie soziale Gerechtigkeit.
Gründer schaffen Zukunft, neue Unternehmen mit neuen Ide en, entwickeln und stärken den Wettbewerb um die besten Ge schäftsmodelle, die besten Produkte, die besten Dienstleistun gen. Gründer stärken so die Innovationskraft auch der etab lierten Unternehmen. Denn die Bedeutung vergangener Erfol ge zählt heute nichts mehr.
Innovationen sorgen für Dynamik in der gesamten Wirtschaft, von der Produktion bis letztendlich hin zu Dienstleistungen. Sie eröffnen auch für die Menschen Chancen, idealerweise von der Selbstverwirklichung auf der einen Seite bis hin zu sicheren Arbeitsplätzen auf der anderen Seite.
Insofern haben wir uns gefreut und haben es auch wohlwol lend zur Kenntnis genommen, dass im Koalitionsvertrag steht, dass Baden-Württemberg zur dynamischsten Gründerregion in Europa werden soll. Gerade auch das Projekt „Gründungs kultur“ hat unsere Zustimmung erfahren.
Dieses Projekt erinnert aber sehr stark an das, was die FDP/ DVP-Fraktion bereits 2012 gefordert hat, nämlich mit einer Großen Anfrage
mit der Überschrift „Innovation im Wechselspiel von Wissen schaft und Wirtschaft“. Wir haben das dann auch mit einem entsprechenden Haushaltsantrag untermauert, der allerdings schließlich – augenscheinlich wider die heutige Erkenntnis – durch Grün-Rot abgelehnt wurde.
Liebe Frau Ministerin, wenn wir Sie heute loben, dann ist dies insofern auch Ausdruck der urliberalen Feststellung zur Bil dungs- und Wissenschaftspolitik, auch den Spätzündern eine Chance zu geben.
Denn in der Tat lässt sich die Innovations- und Gründungs kultur nicht von der Bildungspolitik abkoppeln. Wir haben gestern eine Aktuelle Debatte zum Thema IQB geführt. Ich möchte, ohne die Diskussion aufzugreifen, meine Sorge zum Ausdruck bringen, dass wir zwar viel häufiger die Studienbe fähigung erteilen, aber die Studierfähigkeit immer weniger vorhanden ist.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)
Insofern müssen wir auf die Schulen, auf die Bildungspolitik ein sehr starkes Augenmerk legen. Ich denke nur an die digi tale Bildung, an die fehlenden Informatikunterrichte, an die bessere Ausstattung der Schulen und – Herr Kollege Rivoir hat es angesprochen – auch an das Thema „Studiengebühren für internationale Studierende“. In der Tat lehnen auch wir, die FDP/DVP-Fraktion, die diskriminierenden Studiengebüh ren für internationale Studierende ab.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der SPD – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Sie wollen Stu diengebühren für alle! Das ist unglaublich!)
Vielmehr wünschen wir uns nachlaufende Studiengebühren, nämlich dann, wenn Studierende aufgrund des genossenen
Studiums ein entsprechend höheres Einkommen erzielen. Dann könnten sie ab einem gewissen Mindesteinkommen, ent sprechend abgestuft nach dem jeweiligen Studiengang, auch einen Beitrag für die hervorragende Ausstattung unserer Hochschulen leisten.
Herr Rivoir, im Gegensatz zu Ihnen glaube ich, dass eine gu te Ausstattung der Hochschulen – eine bessere, als wir sie mo mentan haben – durchaus nicht dazu führen wird, dass Stu dierende in andere Bundesländer gehen, sondern dass sie tat sächlich nach Baden-Württemberg kommen werden.
Schließlich ist neben der Qualifikation, neben der Expertise auch das Kapital das wesentliche Gründungselement für jun ge Unternehmen. Das Projekt „Gründungskultur“ bietet in der Tat gute Ansätze, im Rahmen der Gründung tragfähige finan zielle Konzepte und Strukturen zu ermöglichen. Darüber hi naus ist es aber Aufgabe der Politik, hier ein Gründungsnetz werk mit zur Verfügung zu stellen, dies mit tragfähig zu ma chen.