Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Das tun von den Jungakademikern zu wenige, was sich dann – Sie haben das ja angesprochen, Frau Kollegin – auch in den Karriereplanungen manifestiert.

Auch ich habe bei meiner Redevorbereitung festgestellt: Die se Studentenstudie von Ernst & Young ist schon alarmierend. Sie haben zu Recht gesagt: 32 % aller Studenten streben pri mär nach einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Rund ein Drittel der Studenten erachten für ihre beruflichen Pläne erst einmal den Staat als besonders attraktiv. Das ist nicht wünschenswert.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie doch auch!)

Ich bin da wider Willen gelandet – das ist eine ganz andere Geschichte –

(Heiterkeit)

und habe auf unglaubliche Einkommenschancen verzichtet.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Es ist ja nicht so, dass man in staatlicher Verwendung nicht auch das eine oder andere Sinnvolle tun könnte. Ich bemühe mich nach Kräften.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Niemand ist ge zwungen! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ent larvt! – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Ich fühle mich entsetzlich entlarvt. Meine Güte!

Natürlich brauchen wir Staatsdiener für den öffentlichen Dienst und für eine effiziente Bürokratie. Ich habe Bürokra tie ausgebildet.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Es darf aber nicht sein, dass der Staat auf Kosten des Steuer zahlers ein riesiges Heer von Akademikern heranbildet und für diese Akademikerschar künstliche, am eigentlichen gesell schaftlichen Bedarf vorbeigehende Karriereparadiese in der Verwaltung schafft.

Ein guter Staat ist ein schlanker, zugleich aber eben ein star ker Staat. Ein schlechter Staat hingegen ist ein aufgeblähter Staat mit Beamtenheeren, die sich zu Teilen – das habe ich

auch selbst erlebt – mit Aufgaben befassen, die es ohne sie gar nicht gäbe.

(Beifall bei der AfD)

Das wusste auch Ludwig Erhard, der Vater der sozialen Markt wirtschaft. Erhard sprach sich gegen einen allzu großen Wohl fahrts- und Beamtenstaat aus, da dieser die menschliche Ver antwortung erschlaffen und die individuelle Leistung absin ken lasse. Wir sollten einfach wieder mehr Erhard wagen, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

An dieser Stelle dürften eigentlich auch die Damen und Her ren von der CDU-Fraktion einmal applaudieren, falls sie sich noch erinnern, wer Ludwig Erhard war.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ich habe da bei manchen so meine Zweifel.

Eine praxisorientierte Bildung ist das eine, ein angemessener ordnungspolitischer Rahmen, der zum Gründen ermutigt, das andere. Auch hier gibt es Besserungsbedarf.

So erweist sich nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft die Wahrnehmung administrativer Hindernisse in der deutschen Bevölkerung im Vergleich mit anderen europä ischen Staaten und den USA als nachteilig. Auch aus Unter nehmersicht werden die nicht unerheblichen Behördenstrapa zen als wesentliches Hindernis für Unternehmensgründungen wahrgenommen.

Hier müssen wir dringend Bürokratie, die Unternehmensgrün der plagt, abbauen. Da ist der Ansatz über One-Stop-Agencies, die es ermöglichen, dass alle notwendigen bürokratischen Schritte zur Unternehmensgründung an einer Stelle durchge führt werden, sicherlich der richtige Ansatz. Weitere bürokra tische Hirngespinste wie etwa die geplante Verschärfung der Arbeitsstättenverordnung – eine ziemliche Absurdität –, die in den Köpfen der regierenden Politiker herumzirkulieren, müssen hingegen vermieden werden.

Vor allem muss unternehmerischer Erfolg belohnt werden. Dafür sind sehr hohe Einkommensteuersätze und eine zu kras se Progression in der Einkommensteuer sicherlich nicht hilf reich. Sie erschweren die für junge Unternehmen existenziel le Kapitalbildung wesentlich und demotivieren potenzielle Gründer.

Politische Interventionen sollten sich künftig also nicht durch immer mehr zusätzliche Maßnahmen auszeichnen, sondern sie sollten sich auf den Abbau administrativer Hindernisse und innovationsfeindlicher Besteuerung konzentrieren. Dann, mei ne Damen und Herren, wäre viel erreicht.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Noch etwas zeigt die Studie des IW in Köln auf: Aus Sicht der Bevölkerung wird der Zugang zur Finanzierung einer Unter nehmensgründung stärker als Hindernis wahrgenommen als von den Unternehmen selbst. Das ist eine subjektive Wahr nehmung; sie muss gar nicht stimmen. Aber bereits sie wirkt sich auf potenzielle Gründer tendenziell abschreckend aus.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Sie haben es vor allem mit einem Kommunikationsproblem zu tun. Wenn Sie einmal genau hinsehen, stellen Sie fest: Das ist gar nicht so schwierig. Aber es wird als sehr, sehr schwie rig wahrgenommen.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das ist richtig!)

Deswegen muss man das besser kommunizieren. Fördermaß nahmen müssen besser kommuniziert werden. Da bestehen Defizite.

Gleichzeitig sollte auch mehr gefördert werden. Denn der Mut zur Gründung ist rückläufig. Auch hierzu eine Zahl, die ich erschreckend finde: Innerhalb von nur zehn Jahren ist die Zahl der Unternehmensgründungen in unserem Land um rund 40 % zurückgegangen. Das ist eine alarmierende Zahl.

Dem würden bessere Rahmenbedingungen für den privaten Venture-Capital-Markt entgegenwirken. Start-ups haben zu Beginn einen hohen Kapitalbedarf, zugleich aber geringe Sachanlagen und ein überproportional hohes Risiko. Da sind Bankdarlehen schwer zu bekommen. Start-ups sind also auf Venture-Capital angewiesen, und der deutsche Markt hierfür hinkt im internationalen Vergleich leider tüchtig hinterher.

Meine Damen und Herren, der Wohlstand unseres Landes be ruht auf mutigen Gründern und wegweisenden Innovationen. Das ist das, was unser Land stark gemacht hat. Wir sind in Zu kunft ebenfalls auf solche entschlossenen Unternehmer ange wiesen, da wir es andernfalls riskieren, dass die besten Inno vationen, Unternehmen und Arbeitsplätze künftig eben an derswo entstehen.

(Abg. Anton Baron AfD: Das ist jetzt schon der Fall!)

Dazu müssen wir vor allem die MINT-Fächer, die ich eben schon erwähnt habe, nachhaltig stärken, und wir müssen bü rokratische Hindernisse abbauen. Wir müssen den Zugang zu finanziellen Mitteln verbessern, und wir müssen ihn besser kommunizieren.

Wenn wir das alles tun, sind wir gut aufgestellt. Universitäten als Quelle der Gründerkultur fangen erst dann an zu sprudeln, wenn neben einer entsprechenden Bildungsarchitektur auch der ordnungspolitische Rahmen stimmt.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Rivoir das Wort.

Frau Präsidentin, meine Kollegin nen und Kollegen! Hochschulen sind ein zentraler Bestand teil des Innovationssystems. Sie sind Bildungsinstitutionen und Forschungseinrichtungen, aber sie sind auch – das wur de schon angesprochen – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Hochschulen sind nicht nur Produzenten, sondern auch Ver mittler von Wissen.

Wissensintensive Gründungen aus Hochschulen sind dabei e i n wirkungsvoller Transfermechanismus. Denn sie setzen innovatives Wissen, das an diesen Hochschulen entwickelt wurde, idealerweise ohne großen Umweg in neue Produkte und Dienstleistungen um.

Diese Gründungen schaffen neue Arbeitsplätze. Sie haben die Funktion eines Mittlers zwischen Grundlagen- und angewand ter Forschung und sind e i n Motor für den Wandel hin zur Wissensgesellschaft.

Leider ist die Gründungsförderung auch in unserem Land an vielen Hochschulen noch kein Kernthema. Baden-Württem berg bildet hier im Bundesländervergleich des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft gemeinsam mit dem Saarland das Schlusslicht. Leider muss man dies zur Kenntnis nehmen. Ausgerechnet unser Bundesland, in dem Mittelstand und in novative Unternehmen zu den Trägern der regionalen Wirt schaft gehören, ist das Schlusslicht bei der Gründungsförde rung.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Deswegen ist es absolut notwendig und äußerst begrüßens wert, dass die Vorgängerregierung – auch mit unserer Hilfe – dieses mit 8 Millionen € ausgestattete Programm mit der För derlinie Gründungskultur aufgelegt hat. Die jetzige Regierung hat das Programm weitergeführt, hat es detailliert, und es fin det auch in der Form, wie es nun hier vorliegt und ausge schrieben worden ist, unsere Zustimmung.

Die Ausschreibungsphase hat gezeigt, dass es einen entspre chenden Bedarf gibt. Denn 90 % aller Hochschulen in BadenWürttemberg haben sich um Projekte beworben.

Die bewilligten Projekte zielen zumeist auf die Gründungs sensibilisierung mit innovativen Lehrangeboten, die Etablie rung von Gründungsevents und Messen, von Wettbewerben und Unternehmensplanspielen.

Das ist, wie dargestellt, ein Anfang, den wir außerordentlich begrüßen. Aber zur Etablierung von Gründungskultur an Hochschulen bedarf es mehr. Eine tragfähige und nachhalti ge Gründungsförderung an Hochschulen muss sich aus unse rer Sicht neben der Gründungslehre und der Gründungssen sibilisierung auch aus weiteren Komponenten zusammenset zen.

Ganz wichtig ist die Gründungsunterstützung – das wurde auch schon angesprochen – durch Service- und Beratungsleis tungen. Dazu gehören für uns auch eine umfassende Betreu ung und Unterstützung von Gründerinnen und Gründern durch interne und externe Mentoren, die Vermittlung von und der Zugang zu Fördermitteln, der Zugang zu Risikokapital und natürlich auch zu der entsprechenden Infrastruktur.