Das schließt den Dialog, von dem Sie, Kollege Hofelich, ge sprochen haben, nicht aus. Aber ich finde, wir müssen hier schon auch ein Zeichen setzen, dass wir unter diesen Bedin gungen eine enge Zusammenarbeit mit der Türkei mit Blick auf einen Beitritt ablehnen. Die Türkei ist für die EU zwar ein wichtiger Partner, vor allem in Migrationsfragen. Gleichzei tig wird deshalb von der Türkei als Beitrittskandidat ein Höchst maß an demokratischen Standards erwartet.
Auch wenn man sich vor Augen führt, dass die EU-TürkeiVereinbarung vom März 2016 einen deutlichen Rückgang der Zahl der über die östliche Mittelmeerroute kommenden Flücht linge im Vergleich zum Jahresanfang erbracht hat, kann den
noch keine Entwarnung gegeben werden. Sorge bereiten zu nehmend die Zustände an den Hotspots auf den griechischen Inseln, die sich immer mehr füllen. Das hängt auch mit der langen Dauer der Asylverfahren in Griechenland zusammen. Griechenland braucht weiter Unterstützung der anderen Mit gliedsstaaten.
Die EU-Türkei-Vereinbarung hat der EU also in erster Linie Zeit und Luft verschafft, um das gemeinsame europäische Asylsystem solidarischer und krisenfester zu machen. Einig ist man sich auf EU-Ebene in der Analyse, dass das gemein same europäische Asylsystem reformbedürftig ist. In welche Richtung die Reform gehen soll, ist – das wissen wir alle – höchst umstritten. Das ist aus meiner Sicht auch ein ganz sen sibler Punkt, was die Einstellung der Menschen zu Europa an geht. An dieser Stelle erwarten sie Lösungen, und zwar soli darische Lösungen. Der Vorschlag der Visegrad-Staaten zu ei ner flexiblen Solidarität ist angeklungen. Ich kann mir nicht vorstellen, angesichts solcher Herausforderungen Solidarität in abgestufter Form zu gewähren. Solidarität in Europa heißt, dass alle gemeinsam im Guten wie im Schlechten bereit sind, sich den Herausforderungen zu stellen.
Der mehrjährige EU-Finanzrahmen steht jetzt in seiner Fort setzung ab 2020 zur Beratung an. Das Land wird seine Inter essen frühzeitig in diesen Meinungsbildungsprozess einbrin gen. Aus meiner Sicht sollten die EU-Mittel im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 konsequent auf einen europäischen Mehrwert sowie auf nachhaltiges Wachstum und Innovation ausgerichtet werden. In der Kohäsionspolitik soll ten auch die weiterentwickelten Regionen wie Baden-Würt temberg gefördert werden, um ihre Funktion als Lokomoti ven der Innovation und Regionalentwicklung halten zu kön nen. So können sie auch in Zukunft zugunsten der schwäche ren Regionen Zugkraft entwickeln, um Stärken zu stärken.
Deshalb betone ich auch heute: Es muss auch in der künfti gen EU-Förderung darum gehen, dass gerade Baden-Würt temberg aus Programmen mit Forschungs- und Infrastruktur mitteln, etwa Horizon 2020, in gleicher Weise profitieren kann, wie es in früheren Jahren der Fall war. Das sind die Förderpro gramme, die leistungsstarken Ländern wie Baden-Württem berg zugutekommen. Hier gilt es, aus Baden-Württemberg frühzeitig entsprechende Interessen anzumelden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch einige wenige Sätze zur Zukunft der Europäischen Union sa gen, auch angesichts einer Umfrage von TNS Infratest im Auf trag der Körber-Stiftung, über die gestern die Medien berich teten: „Europaskepsis auf dem Vormarsch“
lautet die Überschrift dieser Umfrage. Knapp zwei Drittel der Deutschen sind unzufrieden mit dem Zustand der Europäi schen Union. 62 % sehen die Europäische Union nicht auf dem richtigen Weg. Und doch auch eine erfreuliche Erkennt nis: 79 % sehen die EU unverändert als großes Friedenspro jekt.
An diesen Stärken, an dieser großen Übereinstimmung müs sen wir wieder ansetzen. Wir müssen das Gefühl der Men
schen, die Einstellung der Menschen zu Europa als großes Friedensprojekt wieder wecken und befeuern.
Angesichts der aktuellen Krise der EU müssen dazu auch aus den Regionen Vorschläge kommen. Ich habe deshalb für das nächste Triberger Symposium am 8. und 9. Dezember das Thema „Ist weniger Europa mehr?“
ausgewählt. Darüber hinaus plant die Landesregierung einen EU-Konvent. Staatsministerium und Justizministerium wer den dazu ein Konzept erstellen und selbstverständlich auch mit Ihnen breit diskutieren. Hauptstoßrichtung sind Veranstal tungen in der Fläche und der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern: Was heißt Europa für mich persönlich ganz konkret?
Mir liegt eine gut funktionierende EU nicht nur persönlich am Herzen. Baden-Württemberg hat als weltoffenes und wirt schaftsstarkes Land im Herzen Europas ein elementares Inte resse an einem friedlichen, respektvollen und konstruktiven europäischen Miteinander.
Wir kommen daher zur Abstimmung über die Beschlussemp fehlung des Ausschusses für Europa und Internationales, Druck sache 16/1004. Der Ausschuss für Europa und Internationa les schlägt Ihnen vor, von der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 16/860, Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen dem zu.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglie der der Regierung, bevor wir in die Mittagspause eintreten, darf ich Sie auf die Eröffnung der Ausstellung „Kunst, die Identität stiftet“ des Landesverbands der Kunstschulen in Ba den-Württemberg hinweisen, die jetzt gleich im Foyer statt findet.
Bereits im Jahr 2011 hat der Landesverband mit dem Kunst projekt „Der Landtag in Ton“ große Aufmerksamkeit erregt, als Kunstschülerinnen und Kunstschüler seinerzeit 138 Abge ordnete in Ton modellierten und zu einer Plenarsitzung grup pierten.
Dieses Mal sollen Kunstwerke von besonders begabten und kunstinteressierten Jugendlichen aus den Kunstschulen des Landes zu sehen sein, die im Rahmen eines landesweiten Pro jekts mit dem Namen „Baden-württembergisches Kunstcamp“ entstanden sind.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie an dieser Stelle aus drücklich bitten, der Einladung zu folgen und sich die Aus stellung anzusehen. Sie werden nun in der Lobby von Spiele rinnen der Theaterfachklasse der Musik- und Jugendkunst
Herzlichen Dank. – Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im „Südkurier“ vom 27. November dieses Jahres lesen wir die Worte der Kultus ministerin, die auf dem CDU-Kreisparteitag in Bräunlingen gefallen seien. Gemäß der Presseberichterstattung verwendet die Kultusministerin mit Blick auf die Gemeinschaftsschulen die abwertende Formulierung eines – ich zitiere – „beliebigen Sammelbeckens“. Weiter plädiert sie demzufolge für ein – Zi tat – „Zurück zu den Wurzeln“ und betont, Gemeinschafts schulen nicht schließen zu wollen, vorausgesetzt, sie würden – Zitat – „mit nachweislichem Erfolg“ arbeiten.
Noch weiter gehend ist die Aussage, das Zweisäulenmodell habe – Zitat – „ausgedient“, obwohl es im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist.
Ich möchte hier an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, was bei der CDU los gewesen wäre, wenn die ehemalige Landes regierung mit Blick auf Realschulen und Gymnasien von „be liebig“ gesprochen oder die Schließung von Schulen nur dann ausgeschlossen hätte, wenn diese mit einem nicht weiter spe zifizierten „nachweislichen Erfolg“ arbeiten würden. Offen sichtlich ist sich die Ministerin aber nicht zu schade, die Ge meinschaftsschulen – trotz anderslautender Versicherungen wie etwa vor einer Woche bei der Unterschriftenübergabe des Gemeinschaftsschulverbands im Landtag – schlechtzureden.
Der Ausdruck „beliebig“ wertet die engagierte Arbeit der Lehrkräfte ab. Er verunsichert Eltern sowie Schülerinnen und Schüler. Es ist bedauerlich, wenn das von der CDU kommt. Es ist aber untragbar, wenn eine Kultusministerin dieses Vo kabular benutzt.
Dieser Sachverhalt bedarf einer Klärung. Ich frage daher die Landesregierung: Sind diese Aussagen so gefallen, und wur den sie im zutreffenden Fall mit dem grünen Koalitionspart ner abgestimmt?
Zweitens: Sind der Landesregierung die pädagogischen Kon zepte der Gemeinschaftsschulen bekannt, und erkennt sie de ren hohe Qualitätsstandards an, sodass sie vor diesem Hinter
Herr Fulst-Blei, wenn Sie mich direkt gefragt hätten, hätten wir das direkt klären können. In dem Artikel, den Sie zitieren, steht übrigens auch, wir wollten die Verbindlichkeit der Grund schulempfehlung wieder einführen, was wir definitiv nicht tun, wie Sie der Vorlage des entsprechenden Gesetzentwurfs entnehmen können. So viel zum Thema „Ich verlasse mich ausschließlich auf das, was in der Zeitung steht“.
Wir hätten es gern direkt klären können, aber wir machen es jetzt auch gern hier in aller Öffentlichkeit.