Selbstverständlich sind der Landesregierung und mir persön lich die pädagogischen Konzepte der Gemeinschaftsschule bekannt. Im Koalitionsvertrag ist ausdrücklich dargelegt – das setzen wir auch um –, dass die 299 Gemeinschaftsschulen, die wir momentan haben, nach ihrem pädagogischen Konzept weiterarbeiten. Bei weiteren Schulen steht die Beantragung an. Wenn sie die Grundlagen erfüllen, werden wir die Anträ ge selbstverständlich genehmigen. Das ist ein umfängliches Bekenntnis zu den Gemeinschaftsschulen im Land BadenWürttemberg.
Das kann ich gern täglich wiederholen. Ich kann es gern stündlich wiederholen. Es liegt mir am Herzen, dass deutlich wird, dass alle Schularten, die es in Baden-Württemberg gibt, gleichermaßen fair und konstruktiv begleitend behandelt wer den. Wohlgemerkt: Es ist uns, der grün-schwarzen Landesre gierung, in dieser Legislaturperiode sehr wichtig, dass wir al le Schularten gleichbehandeln.
Wie ernst wir das sehen, erkennen Sie am Koalitionsvertrag, in dem nämlich steht, dass wir die pädagogischen und schul organisatorischen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Gemeinschaftsschulen für notwendig erachten und auch um setzen.
Dazu gehören zum einen – Sie fragen nach dem pädagogi schen Konzept – die Hinführung zu allen Abschlüssen auf al len Niveaustufen, integrativer Unterricht im gebundenen Ganz tag. Dass wir bereits begonnen haben, das pädagogisch ge meinsam weiterzuentwickeln, können Sie der Tatsache ent
nehmen, dass wir künftig die äußere Differenzierung ab Klas se 8 zulassen, und zwar in den Fächern Deutsch, Mathematik, Fremdsprache und Naturwissenschaften. Es war der Wunsch und auch eine Erkenntnis, dass wir hier mehr Spielraum ein räumen.
Darüber hinaus folgen wir einem Wunsch, der von Eltern von Schülerinnen und Schülern im Gemeinschaftsschulbereich häufig geäußert wird, nämlich zu sehen, ob ab Klasse 8 unter Umständen eine offene Ganztagsschule funktionieren kann. Das ist der Wunsch der Eltern. Sie kennen die Diskussion über das Mittagsband. Auch das werden wir im Rahmen eines Schulversuchs für diejenigen ermöglichen, die Interesse dar an haben und die denken, dass es für ihre Raumschaft sinn voll ist.
Damit erfolgt die Sicherstellung der Rahmenbedingungen. Es gibt keinerlei Ressourcenveränderungen bei den Gemein schaftsschulen. Deshalb können sich die Gemeinschaftsschu len darauf verlassen, dass sie im Sinne von Weiterentwick lung und Hilfestellung genauso konstruktiv begleitet werden, wo es denn notwendig ist, und Wertschätzung im Rahmen der Existenz des Schulsystems erfahren. Diese Wertschätzung bringen viele Eltern den Gemeinschaftsschulen entgegen, weil wir ja sonst nicht 299 Gemeinschaftsschulen im Land hätten.
Selbstverständlich tue ich dies in meiner Eigenschaft als Kul tusministerin auch, allerdings nicht, indem ich täglich die Ge meinschaftsschulen oder eine andere Schulart dezidiert erwäh ne, lobe oder mich in einer sonstigen Form mit ihr befasse. Mir geht es um das Bildungssystem insgesamt. Da sind die Gemeinschaftsschulen eine zentrale Säule, die wir haben, die uns wichtig ist und die wir auch in Zukunft in ihrer Weiter entwicklung konstruktiv begleiten werden.
Was das Thema Zweisäulensystem angeht – das ist mir aus dem Koalitionsvertrag jetzt nicht so präsent –, zitiere ich den Ministerpräsidenten aus der Regierungspressekonferenz zur Vorstellung des Realschulkonzepts, wonach im Rahmen der Stärkung der Realschulen – das ist übrigens das Thema, über das ich zurzeit aufgrund von bestehender Aktualität am meis ten spreche – das Zweisäulensystem, wie es Ihrerseits vorge sehen war – Gymnasien als erste Säule und dann Gemein schaftsschulen als zweite Säule –, momentan nicht mehr die verfolgte Grundlage ist. So ist es nun einmal. Deshalb hat sich im Sinne dessen, was in der vorhergehenden Legislaturperio de Grundlage war, halt auch manches verändert.
Der von Ihnen erwähnte Ausdruck „beliebig“ oder Ähnliches ist nicht gefallen. Dafür gibt es auch genügend Zeugen; es wa ren genügend Personen anwesend.
Ansonsten lade ich Sie gern ein: Kommen Sie einmal mit zu einem CDU-Kreisparteitag. Dann hören Sie ganz genau, was ich dort sage.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das muss aber nicht sein! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Keine Drohung, bitte! – Heiterkeit bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Minis terin. – Gibt es Zusatzfragen vonseiten der anderen Fraktio nen? – Kollegin Boser, bitte.
Kollege Räpple, es geht nach der Reihenfolge der Wortmel dungen. Ihre Wortmeldung haben wir aufgenommen.
Frau Ministerin, ein wichtiger Bestandteil der Gemeinschaftsschulen ist ja auch, dass sie auf allen Leistungsniveaus zum Abschluss führen und somit hier das erweiterte Niveau eine wichtige Rolle spielt. Im Zusam menhang mit dem erweiterten Niveau besteht natürlich auch die Erwartungshaltung, dass über die Gemeinschaftsschulen der Weg zum Abitur ermöglicht wird. Deshalb ist meine Fra ge an Sie: Welche Planungen sind derzeit bezüglich der Ein richtung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen vorhan den, und wird es Oberstufen an Gemeinschaftsschulen in Ba den-Württemberg geben?
Ja, Frau Boser, das ist richtig. Wir haben vor der Sommerpause die sogenannten Prognosekriterien für die Be antragung einer gymnasialen Oberstufe an den Gemeinschafts schulen, also der Sekundarstufe II, vorgelegt. Das ist auch auf der Basis dessen erfolgt, worauf wir uns insgesamt verstän digt haben.
Momentan sind wir mit verschiedenen Kommunen im Ge spräch und in der Beratung. Sie wissen ja, der Schulträger muss den Antrag stellen. In verschiedenen Kommunen laufen die Diskussionen, Selbiges für ihre Gemeinschaftsschulen zu beantragen. Die Grundlage ist natürlich, dass wir von einer stabilen Zweizügigkeit im Bereich der Sekundarstufe II aus gehen. Bezogen auf die Sekundarstufe II bedeutet dies zwei mal 30, also 60 Schülerinnen und Schüler. Deshalb legen wir natürlich auch zugrunde – so sind ja auch die Prognosekrite rien aufgestellt –, welche Voraussetzungen vor Ort da sein müssen, damit wir davon ausgehen können, dass diese Stabi lität in Sekundarstufe II gewährleistet ist.
Da gibt es Schulen, die diese Kriterien problemlos erfüllen. Die Kommunen sind dazu momentan – das wissen Sie auch – in Gesprächen vor Ort in den Gremien, und wir gehen da von aus, dass die Beantragungen dann zum richtigen Zeit punkt, also beginnend zum Frühjahr des nächsten Jahres, er folgen werden.
Frau Ministerin, der frühere Stabsstellenleiter Norbert Zeller hat ja für die Gemeinschafts schulen das Ziel ausgegeben, dass dort möglichst Heteroge nität herrscht, um das pädagogische Konzept auch umsetzen zu können. Er hat immer von einer Drittellösung gesprochen, also ein Drittel Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulemp fehlung, ein Drittel mit Realschulempfehlung und ein Drittel mit Gymnasialempfehlung.
Mich würde jetzt interessieren, wie denn die tatsächlichen Zahlen sind, wie sich die Grundschulempfehlungen prozen tual zusammensetzen für die Schüler, die in der fünfte Klas se der Gemeinschaftsschule sind, und wie sich das auch ent wickelt hat.
Das werde ich Ihnen darstellen. Im Jahr 2013 hat ten rund 60 % der Schülerinnen und Schüler, die eine Gemein schaftsschule besucht haben, eine Haupt- und Werkrealschul empfehlung, knapp 28 % hatten eine Realschulempfehlung, rund 10 % hatten eine Gymnasialempfehlung.
2014 hatten 65 % der Schülerinnen und Schüler einer Gemein schaftsschule eine Haupt- und Werkrealschulempfehlung, 26 % eine Realschulempfehlung und nach wie vor knapp 10 % ei ne Gymnasialempfehlung.
Im Jahr 2015 hatten rund 62 % der Schülerinnen und Schüler einer Gemeinschaftsschule eine Haupt- und Werkrealschul empfehlung, 27 % eine Realschulempfehlung und 10 % – das ist sehr stabil im Hinblick auf die letzten drei Jahre – eine Gymnasialempfehlung.
Damit kann man sagen, dass der deutliche Schwerpunkt mit immer über 60 % im Bereich der Haupt- und Werkrealschul empfehlung als Basis für den Besuch der Gemeinschaftsschu le liegt.
Liebe Frau Dr. Eisenmann, ich ha be zwei Fragen. Die erste ist: Ich habe selbst an einer Gemein schaftsschule unterrichtet.
Es war eine sehr erfolgreiche, eine sehr gut laufende Gemein schaftsschule. Meine Lebensgefährtin hat gleichzeitig an ei ner sehr chaotischen Gemeinschaftsschule unterrichtet – um es einmal vorsichtig auszudrücken.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das wundert mich nicht! Wahrscheinlich sind Sie Teil des Problems! – Abg. Nicole Razavi CDU: Es liegt immer am Lehrer!)
Das System der Gemeinschaftsschule weicht natürlich von dem Regelschulsystem, gerade wenn man das frattonsche Mo dell betrachtet, sehr ab. Die erste Frage ist: Gibt es jetzt wei tere Verbesserungen, gibt es in der Lehrerausbildung Tenden zen, dass die Lehrer dort auch auf die Gemeinschaftsschule vorbereitet werden?
Die zweite Frage: Gibt es eine Kooperation zwischen den Pä dagogischen Hochschulen und den Gemeinschaftsschulen oder Vertretern derselben?
Das muss ich jetzt in aller Form deutlich hinterfragen. Klar ist, dass natürlich eine Schule insgesamt immer auch davon lebt, mit wie viel Verve Lehrerinnen und Lehrer gestalten, wie die Grundlagen sind. Ich will ja nicht ausschließen – das gilt für jede neue Schule, aber auch die Begründung einer neuen Schule –, dass es sich am Anfang auch erst einspielen muss. Das hat aber, glaube ich, mit der Schulart nichts zu tun, son dern es müssen sich auch Prozesse einspielen.
Das pädagogische Konzept der Gemeinschaftsschule sieht ja vor, dass die Lehrerinnen und Lehrer auch mit unterschiedli chen Ausbildungen – Ausbildungen für Haupt-, Werkreal-, Realschule und Gymnasium – unterrichten. In diesem Rah men haben sie eine Ausbildung und natürlich auch Fortbil dungen, auch gezielt für den Bereich Gemeinschaftsschule, um den Umgang mit Heterogenität gezielt einzuüben. Da gibt es viele Angebote, die auch wahrgenommen werden.
Mir ist keine Gemeinschaftsschule wie auch keine andere Schule bekannt, in der alles aus dem Ruder laufen würde oder Ähnliches. Dass es natürlich zum Teil mit einer sehr hetero genen Schülerschaft – das gilt auch für Realschulen und an dere Schulen – manchmal auch sehr schwierig ist, ist gar kei ne Frage. Aber ich bin insgesamt sehr zufrieden, und mir sind auch keine Punkte bekannt, bei denen man direkt eingreifen müsste. Die Begleitung der Schulen durch Fortbildungen, er gänzende Maßnahmen, Unterstützung durch die Schulbehör den erfolgt selbstverständlich.
(Abg. Stefan Räpple AfD: Die zweite Frage wurde noch nicht beantwortet, die Frage zur Kooperation von PHs und Gemeinschaftsschulen!)