Protokoll der Sitzung vom 30.11.2016

Ich schaue in die Runde und sehe zu diesem Thema keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist das zweite Thema erledigt.

Jetzt haben wir noch fünf Minuten Zeit für diesen Tagesord nungspunkt. Die anderen Fraktionen haben kein Thema be nannt. Gibt es weitere Fragen? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

FDP/DVP – Gesetz zur Gewährleistung offener Kom munikation und Identifizierbarkeit – Drucksache 16/896

b) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme

des Staatsministeriums – Offene Kommunikation und Identifizierbarkeit gewährleisten – Drucksache 16/897

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Präsidium hat zu den Buchstaben a und b folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die Fraktion der FDP/DVP darf ich Herrn Kollegen Wein mann das Wort erteilen. – Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Bereits in den vergangenen Wochen haben wir uns im Zusammenhang mit einem – wenngleich verfassungswidrigen – Gesetzentwurf der AfD

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

mit den Themen Burka und Nikab bzw. Vollverschleierung und Verhüllung auseinandergesetzt. Dabei wurde deutlich, dass wir uns in der Feststellung, dass Vollverschleierung, die die Identität der Frauen nicht erkennen lässt, einer offenen Ge sellschaft widerspricht, einer erfolgreichen Integration entge gensteht und gegen sämtliche Konventionen unseres Zusam menlebens verstößt, fraktionsübergreifend einig sind.

Daher ist es nach Auffassung der FDP/DVP-Fraktion an der Zeit, die Diskussion mit einer klaren, einer verfassungskon formen Lösung abzuschließen – nicht nur, aber auch, damit wir uns mit voller Konzentration weiteren wichtigen und dringlichen Problemen unseres Landes widmen können.

(Zuruf von der AfD: Den Gesetzentwurf können Sie sich sparen! – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Fiechtner?

Nicht bei der Einbringung.

Danke schön.

Der Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion ist dabei zunächst ein klares Bekenntnis zur Freiheit der Ausübung individueller religiöser Überzeu gungen in Ausprägung des Artikels 4 des Grundgesetzes. Le diglich in den Bereichen – wenn Sie so möchten, im Sinne ei nes Negativkatalogs –, in denen Identifizierbarkeit, Sicher heitserwägungen und die freie Kommunikation dies erfordern, halten wir ein Verbot der Verschleierung für sinnvoll und zweckmäßig.

Wir sehen uns hier im Einklang nicht nur mit einem – wenn Sie so wollen: vorausschauenden – Positionspapier der ehe maligen FDP-Bundestagsfraktion aus dem Jahr 2010, sondern auch mit der sogenannten Berliner Erklärung der Innenminis ter und Innensenatoren von CDU und CSU zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Deutschland vom 19. August dieses Jah res.

Über den grün-schwarzen Koalitionsvertrag hinaus hat auch Herr Minister Lucha am 13. Oktober signalisiert, dass die Lan desregierung alle Initiativen unterstützen wird, mit denen die noch fehlenden erforderlichen anlassbezogenen Verschleie rungsverbote

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Erforder lichen!)

ergänzt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf stellt gerade eine solche Initiative zu einem situativen Verbot der Gesichts verschleierung dar.

Der Gesetzentwurf enthält eine Ausweitung des Vermum mungsverbots bei Versammlungen. Offene Kommunikation im Rahmen des Versammlungsrechts muss als Grundlage für einen gleichberechtigten Meinungsaustausch auf Augenhöhe gewährleistet sein.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Sicherheit in Zeiten des Terrors erfordert dies ebenfalls.

Rein vorsorglich weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass Volksfeste und andere derartige Umzüge nicht betroffen sind, weil es sich bei diesen Veranstaltungen nicht um Versamm lungen im rechtlichen Sinn handelt.

Der Gesetzentwurf sieht eine Untersagung für Beamte vor, sich zu verschleiern. Beamte werden bei ihren dienstlichen Tätigkeiten in besonderer Weise mit dem Staat in Verbindung gebracht. Sie wirken dabei nicht als private Individuen, son dern als Teil der Exekutive. Daher sind sie von dem verfas sungsrechtlichen Gebot der religiös-weltanschaulichen Neu tralität des Staates besonders betroffen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Schon der Anschein einer Identifizierung des Staates mit ei ner Religionsgemeinschaft muss daher vermieden werden. Wir sehen uns da auch im Einklang mit dem Vorsitzenden des Beamtenbunds Baden-Württemberg, Herrn Volker Stich, der unsere Initiative ausdrücklich unterstützt.

Der Gesetzentwurf enthält eine Untersagung, sich an Schulen und Hochschulen zu verschleiern. Erfolgreiche Schule, erfolg reicher Unterricht, erfolgreiche Hochschule und Vorlesung be ruhen auf offener Kommunikation der am Schul- bzw. Hoch schulleben Beteiligten.

Offene Kommunikation ist sowohl auf Sprache als auch auf nonverbale Wege des Informationsaustauschs angewiesen. In diesem Zusammenhang sehen wir uns durchaus im Einklang mit der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts hofs aus dem Jahr 2014.

Der Antrag enthält zudem die Aufforderung an die Landesre gierung, sich auf Bundesebene, wie bisher bereits geschehen, für eine Regelung zur Gesichtsverschleierung in Gerichtspro zessen einzusetzen. Gerade dieser Punkt zeigt wie kaum ein anderer, wie wichtig die Neutralität des Staates ist. Auch in soweit gilt das für Beamte Gesagte: Im Gericht darf es keinen Anlass geben, an dem Urteil, an dem Diktum zu zweifeln.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der Antrag enthält überdies die Aufforderung an die Landes regierung, sich auf Bundesebene für ein Verbot der Gesichts verschleierung im Straßenverkehr einzusetzen. Darüber, in wieweit das generell durch die Gesetzgebung über die vorge gebene „klare Sicht“ in der StVO geregelt ist, kann durchaus gestritten werden. Wir sind jedoch für eine deutliche Klarstel lung, um hier Missverständnisse zu vermeiden.

Der Gesetzentwurf enthält auch die Aufforderung an die Lan desregierung, mit den Gewerkschaften dahin gehend eine Übereinkunft zu finden,

(Abg. Anton Baron AfD: Die Gewerkschaften haben nichts zu melden!)

dass im öffentlichen Dienst ein Klima der offenen Kommuni kation herrschen muss und für eine religiös motivierte Ver schleierung des Gesichts kein Raum ist.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Heinrich Fiecht ner AfD: Eigentlich ist das ein reines Plagiat, was Sie da haben! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsiden ten)

Herr Kollege Dr. Fiechtner, ich habe es vorhin vorgelesen. Die Schilderung stammt aus dem Jahr 2010.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP zur AfD: Da gab es euch noch gar nicht!)

Ich glaube, Sie werden gestehen, dass die AfD 2010 noch lan ge nicht geboren war. Insofern denke ich, dass wir hier kein Plagiat haben. Tatsächlich ist es eine urliberale Überzeugung, Identifikation und offene Kommunikation sicherzustellen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns an diese oft mals – wir haben es eben vernommen – emotional aufge bauschte Diskussion auf Basis unseres sachlichen und sach dienlichen Antrags gemeinsam einen Knopf dranmachen. Der große Unterschied zu Ihrem Gesetzentwurf ist, dass unser Ge setzentwurf verfassungskonform ist, während Ihrer von vorn herein verfassungswidrig war.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Hein rich Fiechtner AfD)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich auf eine ergebnisorientierte Behandlung dieses Gesetzent wurfs im zuständigen Ausschuss.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich es vorhin richtig gehört habe. Ich würde Sie in diesem Fall bitten, Ihren Ton, dem Hohen Haus würdig, anzupassen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Andreas Kenner SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Kollegen Lede Abal das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen