Wie ist denn Ihre Einschätzung dazu, den Schulleitungen, den Schulleiterinnen und Schulleitern, mehr Kompetenzen zuzu weisen? Denn diese wissen doch am ehesten, welche Fortbil dungen individuell für die Lehrerinnen und Lehrer und insge samt für die Schule gebraucht werden, um in Zukunft erfolg reich arbeiten zu können. Was halten Sie von dieser Überle gung, gerade bei diesem Konzept explizit die Schulleitungen zu stärken?
Sie sprechen einen richtigen Punkt an, Herr Klein böck. Ich sagte auch, ich bin – das sage ich in aller Offenheit –, was das Thema Pflichtfortbildung angeht, nicht abschlie ßend festgelegt. Wir überlegen und prüfen dies aber. Das ist ein Aspekt.
Es ist so: Ich bin eine große Anhängerin – ich glaube auch, dass wir da grundsätzlichen Handlungsbedarf haben –, wenn es um die Fragen geht: Wie stärken wir die Verantwortung von Schulleitungen? Wie kann man noch mehr Freiräume einräu men? Das ist ein Thema, das zu Recht an uns herangetragen wird und dem wir uns, wie ich meine, auch mittelfristig stel len müssen.
Es ist natürlich so, dass Schulleitungen auch sagen: „Der Kol lege, den du dann aufforderst, an einer Fortbildung teilzuneh men, weil du glaubst, dass dies Sinn macht, macht das im Zweifel dann nicht, weil er keine Lust hat.“ Diese Kollegen gibt es. Es gibt sie in allen Berufsarten.
Natürlich gibt es auch andere, die sehr engagiert sind. Diese machen die dritte, vierte, fünfte Fortbildung.
Ich habe mit den Schulleitungen darüber gesprochen – nicht in der ganzen Bandbreite und auch nicht statistisch bewertbar. Sie sagen: Es ist schon schwierig, gerade diejenigen, die es eigentlich nötig hätten – die Schulleitungen können diese na türlich benennen –, zu einer Fortbildung zu schicken oder sie zu überzeugen, wenn sie nicht wollen.
Sie haben also recht: Natürlich kann es der Schulleiter am bes ten beurteilen. Wir sind insgesamt noch in der Abwägung und werden auch diesen Aspekt mit berücksichtigen. Es ist aber so, wie es häufig der Fall ist: Es gibt viele, die sehr engagiert sind, die sich auch wirklich reinhängen, und es gibt andere, die nicht so engagiert sind, die im Zweifel eine Fortbildung sogar nötiger hätten. Wie gesagt: So ist der Mensch. Das zieht sich durch alle Berufsgruppen durch. Wir haben aber noch keine abschließend überzeugende Lösung, die wir in diesem Punkt präsentieren könnten.
Frau Ministerin, es wurde jetzt sehr häufig das Thema Heterogenität angesprochen und auch der Zusammenhang mit der Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung hergestellt.
Gibt es denn Zahlen dazu, wie sich die Schülerzusammenset zung in den letzten 20 Jahren verändert hat, was die Hetero genität betrifft? Gibt es Zahlen dazu – falls sie jetzt nicht vor liegen, können Sie diese auch gern nachreichen –, wie viele Schulfremdenprüfungen im Bereich der Hauptschulabschluss prüfung in den letzten Jahren an Realschulen abgelegt wur den, als der Hauptschulabschluss noch nicht zum Konzept der Realschulen gehört hat?
Frau Kollegin Boser, da muss ich um Verständnis bitten. Das bekommen Sie natürlich schriftlich nachgereicht. Das kann ich jetzt aus dem Stand nicht beantworten.
Frau Ministerin, mit Freude habe ich gehört, dass die Realschule eine leistungsstarke Schule bleibt. Das ist für die Schülerinnen und Schüler, denke ich, ein wichtiges Signal, und auch die Betriebe im Land werden dies mit Freude hören.
Wenn ich das richtig weiß, ist das Konzept „Stärkung der Re alschule“ so angelegt, dass es dann Noten von der Klasse 5 bis zur Klasse 10 geben wird. Das, denke ich, ist eine Basis für eine leistungsorientierte Schulart. In der Klasse 9 sollen die Schülerinnen und Schüler, die auf dem grundlegenden Ni veau sind, also quasi die Hauptschüler, gezielt auf den Haupt schulabschluss vorbereitet werden. Nach bestandener Prüfung können zum einen die Schülerinnen und Schüler dann auch in die Klasse 10 wechseln. Aber die Klasse 10 ist ja dann auf den Realschulabschluss angelegt. Mich würde jetzt einfach inter essieren, ab welchem Datum dann diese Prüfungen nach dem neuen Konzept abgelegt werden können.
Wir beginnen jetzt aufwachsend mit dem Schul jahr 2017/2018, und dann wird das halt dauern bis Klasse 9 bzw. bis Klasse 10 – wenn ich jetzt Ihre Frage richtig verstan den habe.
Aber was natürlich klar ist: Jemand, der in der neunten Klas se den Hauptschulabschluss macht und gute Noten hat, kann dann natürlich wechseln und in Klasse 10 den Realschulab schluss machen. Das gilt auch für das, was ich vorhin bezo gen auf die Gemeinschaftsschule sagte. Es muss einen An schluss geben, und den werden wir natürlich auch gewährleis ten, wie auch ein kontinuierlicher Wechsel nach Schuljahres ende möglich ist, wenn man erkennt, dass der Bub oder das Mädel den Zug und das Unterrichtsniveau wechseln kann. Wir beginnen mit dem Realschulkonzept 2017/2018 jetzt zum kommenden Schuljahr, und dann wird das aufbauend Jahr für Jahr nach oben wachsen.
Frau Ministerin, noch ein mal Bezug nehmend auf die Ausführungen von Ihnen zum Thema Fortbildung, zu den Überlegungen zur Fortbildungs pflicht: Inwiefern spielen bei Ihnen dort die Schulferien eine Rolle,
was die Ausweitung von Angeboten angeht, respektive den ken Sie über verpflichtende Angebote in den Ferien nach?
Herr Fulst-Blei, ich habe ja durchaus den Ruf, dass ich Fragen auch ehrlich beantworte. Das will ich jetzt in Ih rem Fall auch tun.
Es könnte ja sein, dass wir noch in der Überlegung sind. – So wie wir eine Fortbildungspflicht in gewissen Bereichen überlegen, kann ich mir tatsächlich auch vorstellen, dass wir Fortbildungen auch zum Teil in den Ferien machen,
(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)
wohl wissend, dass das große Diskussionen auslöst. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich verstehe Eltern und habe – auch das will ich offen sagen – durchaus das Problem, dann auch zu erklären – und das muss ich in meiner Funktion –, wenn 14 Tage Ferien waren und montags dann die Schule mit ei nem pädagogischen Tag beginnt und die Kinder daheimblei ben. Das ist nicht ganz einfach zu vermitteln. Da muss ich Ih nen ehrlich sagen: Da habe ich auch ein gewisses Verständ nis. Ich sehe Fortbildung durchaus auch als Angebot, sich selbst weiterzuentwickeln.
Deshalb ist es richtig, dass auch dies bei uns mit eine Überle gung ist – natürlich nicht nur in den Ferien, aber auch. Das stimmt. Aber da sind, wie gesagt, unsere Überlegungen bei Weitem noch nicht abgeschlossen, und ich weiß, dass das auch viele Diskussionen auslöst. Aber ganz grundsätzlich halte ich das für denkbar.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD sowie des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)
Ich muss erst in die Run de schauen: Gibt es von den anderen Fraktionen keine Frage? – Dann Kollege Dr. Fulst-Blei, bitte.
Vielen Dank für die offene Aussage. – Mir war jetzt nicht ganz transparent, inwiefern Sie nicht nur über Angebote, sondern auch über Verpflichtungen nachdenken. Das eine ist ja, ob Fortbildung angeboten wird.
Was passiert, wenn die Angebote nicht nachgefragt werden? Soll es dann auch möglicherweise Verpflichtungen geben, die se Fortbildung in den Ferien wahrzunehmen?
Da muss ich Ihnen ehrlich sagen: So weit sind wir jetzt einfach noch nicht. Das sind aber genau die Fragen – da haben Sie natürlich völlig recht –, die sich dann stellen und die wir auch beantworten müssen.
Deshalb zum jetzigen Zeitpunkt: Ich stehe dazu. Wir haben diese Überlegungen. Dann müssen wir aber auch sehen, wie wir solche Fragen beantworten. Das würden wir Ihnen dann auch darstellen. Ich kann mir jetzt nicht vorstellen, dass ich sage: verpflichtend nur in den Ferien oder gar nicht in den Fe rien. Aber das muss ein Gesamtkonzept sein, das überzeugend ist und das dann auch weiterführt. Aber so detailliert haben wir es tatsächlich bisher noch nicht vorliegen. Wenn es so weit ist, dann werde ich das auch darstellen, und wir werden das in den Gremien hier und im Bildungsausschuss dann natür lich auch diskutieren.
Frau Ministerin, könnten Sie uns noch erläutern, wie sich der Aufwuchs der Poolstunden in den nächsten Jahren gestalten wird?
Ja, das mache ich gern. – Ich sagte ja schon, dass die Realschulen beginnend zum Schuljahr 2017/2018 auf der Basis dieses jetzt vorgestellten Konzepts arbeiten und im Endausbau, nämlich bis 2020/2021, die Schulen 20 zusätzli che Poolstunden haben werden. Zur Aufteilung – Frau Boser hat vorhin danach gefragt – ist bekannt, dass jeweils zehn Stunden direkt an die Realschulen gegeben werden und zehn Stunden über die Staatlichen Schulämter vergeben werden.
Wir beginnen im Schuljahr 2017/2018 mit 13 zusätzlichen Poolstunden, aufwachsend mit jedem weiteren Schuljahr auf 16, 18 und 20 zusätzliche Poolstunden, sodass bis 2021 ins gesamt 618 zusätzliche Deputate für das Realschulkonzept vorhanden sind. Wir beginnen jetzt – das sieht der Regierungs entwurf zum Haushalt 2017 auch vor – mit 257,5 Deputaten für das Schuljahr 2017/2018, und das wächst dann insgesamt auf. Die komplette Umsetzung erfolgt zum Schuljahr 2020/2021.
Frau Ministerin, wir haben in Baden-Württemberg ja auch einige Verbundschulen aus Haupt-/ Werkrealschulen und Realschulen. Das heißt, in Zukunft gibt es in den Verbundschulen eine weitere Schulart, die den Haupt schulabschluss anbietet. Gibt es Überlegungen vonseiten des Kultusministeriums, wie man diese Dopplung an Angeboten in der Folgezeit löst und wie man damit auf Dauer umgeht?
Ja, die gibt es. Wir werden uns auch überlegen müssen, wie wir dies lösen können. Das gibt es an manchen Standorten. Da wollen wir Lösungen, die dem Standort ins gesamt nützen.
Diese Detailfragen, die zum Teil in manchen Regionen, aber nicht flächendeckend vorkommen, werden wir jetzt gesondert behandeln. Wir sind da auch mit den Realschulen und den Partnern vor Ort im Gespräch. Da stellen wir uns insgesamt Lösungen vor, die dem regionalen Bedarf entgegenkommen. Aber da gibt es noch Themen, die wir – das ist richtig – einer Lösung zuführen müssen, und zwar auf dem Verordnungsweg.
Frau Ministerin, es ist davon ge sprochen worden, dass zukünftig eventuell auch in den Real schulen auf E-Niveau unterrichtet werden kann. Könnten Sie uns darüber ein paar detaillierte Informationen geben? Gibt es da schon konkrete Vorstellungen, wie das vor Ort umge setzt werden könnte, welche Voraussetzungen vorliegen könn ten oder ob es der Einzelfallentscheidung der Schule obliegt?
Da muss ich sagen: Das ist jetzt sehr detailliert. Da gilt ähnlich wie bei dem, was Frau Boser gerade gefragt hat: Das regeln wir jetzt vor Ort über den Weg der Verordnung. Da gibt es noch einige offene Fragen, aber die werden wir jetzt Schritt für Schritt nachbearbeiten; klar.
Frau Ministerin, die Möglichkeit der stärkeren Differenzierung vor allem ab Klasse 7 an der Realschule ist eine ganz wichtige Weiterentwicklung und ei ne gute Chance, um auf die unterschiedliche Leistungsfähig keit der Kinder eingehen zu können. Könnten Sie uns be schreiben, wie die Planungen des Kultusministeriums sind, diese Differenzierung umzusetzen, bzw. in welchen Fächern diese Differenzierung wie stattfinden kann oder stattfinden soll?
Der Bereich, in dem diese Differenzierung stattfin den wird, umfasst die zentralen Fächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache. Wir lassen diese Differenzierung aber da rüber hinaus auch in den Fächern zu, bei denen die Schule vor Ort der Meinung ist, dass sie es braucht. Das heißt, wir über lassen der Schule den Spielraum, zu entscheiden, in einem be stimmten Fachbereich differenziert zu unterrichten. Dies kann man künftig tun. Es ist also nicht mehr auf bestimmte Fächer festgeschrieben, sondern umfasst auch die Bereiche, bei de nen die Schule vor Ort, bei denen die Verantwortlichen der Meinung sind, dass es Sinn macht; dann können sie es auch so machen. Auch dazu sind die Poolstunden da. Wir ermögli chen den Realschulen da einen relativ freihändigen Einsatz, wie sie es brauchen und wie es den Schülerinnen und Schü lern auch hilft.
Ich schaue in die Runde und sehe zu diesem Thema keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist das zweite Thema erledigt.