Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Okay! Vie len Dank! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen. Damit ist die Behandlung der Münd lichen Anfrage unter Ziffer 2 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 3 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. S a b i n e W ö l f l e S P D – K ü n f t i g e N u t z u n g d e r L a n d e s e r s t a u f n a h m e e i n r i c h t u n g T ü b i n g e n

Bitte, Frau Abg. Wölfle.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe zwei Fragen zur künftigen Nutzung der Landeserst aufnahmeeinrichtung Tübingen:

a) Mit welchem Belegungskonzept soll die seit sieben Mona

ten fertiggestellte und derzeit ungenutzte Landeserstauf nahmeeinrichtung in Tübingen zu welchem Zeitpunkt in Betrieb genommen werden?

b) Wie sind die Aussagen zu verstehen, dass die Landeserst

aufnahmeeinrichtung in Tübingen einerseits als künftige sogenannte „Stand-by“-Erstaufnahmestelle (Pressemittei lung des Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Mi gration am 16. November 2016 bzw. Auskunft des stellver tretenden Leiters der Pressestelle des Ministeriums, C. D., am 7. Januar 2017 gegenüber dem „Schwäbischen Tag blatt“) kategorisiert wird, während das zuständige Minis terium andererseits (Pressereferent R. G. am 7. Januar 2017 im „Schwäbischen Tagblatt“) davon spricht, dass die Erst aufnahmeeinrichtung in Tübingen „in absehbarer Zukunft“ belegt werden soll?

Vielen Dank. – Für die Lan desregierung darf ich wieder Herrn Minister Strobl ans Rede pult bitten.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Die Anfrage der Abg. Sabine Wölfle beantworte ich gern wie folgt:

Erstens: Die Erstaufnahmeeinrichtung Tübingen soll nach der Standortkonzeption der Landesregierung zur Unterbringung besonders schutzbedürftiger Personen genutzt werden. Hier unter fallen insbesondere alleinreisende Frauen mit oder oh ne Kinder sowie Personen, die aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität Diskriminierungen ausgesetzt sind.

Diese Einrichtung bietet im Regelbetrieb bis zu 250 Unter bringungsplätze und kann im Maximalbetrieb bis zu 500 Per sonen aufnehmen.

Nachdem die Landesregierung die Standortkonzeption am 20. September 2016 beschlossen hatte, wurde das Regierungs präsidium Tübingen gebeten, die EU-weiten Ausschreibun gen der für den Betrieb notwendigen Dienstleistungen – etwa Alltagsbetreuung, Sicherheit, Verpflegung, Krankenstation – vorzubereiten. Die Veröffentlichung der Ausschreibungen er folgt innerhalb der nächsten Woche im EU-Amtsblatt. Nach Abschluss der Vergabeverfahren sind der Beginn der Leis tungserbringung und damit die Eröffnung der EA Tübingen für den 18. September 2017 vorgesehen.

Ihre zweite Frage, Frau Abg. Wölfle, beantworte ich folgen dermaßen: Einen durch die Frage unterstellten Widerspruch gibt es nicht. Die Erstaufnahmeeinrichtung Tübingen wurde im Juni 2016 fertiggestellt und zur Vermeidung von Betriebs kosten in einen Stand-by-Betrieb gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich der Flüchtlingszugang bereits sehr deutlich zu rückgegangen. Das Land verfügt über mehr als genug aktive Unterbringungskapazitäten.

Das Innenministerium plante vor diesem Hintergrund, zum Jahresende eine landesweite Konzeption zur Neuordnung der Erstaufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg – Standortkonzeption – vorzulegen. Diese Konzeption wurde am 20. Dezember 2016 im Ministerrat beschlossen.

Nach dieser Konzeption soll die EA Tübingen langfristig zur Unterbringung besonders Schutzbedürftiger genutzt werden. Daher wurde das Regierungspräsidium Tübingen zum letzten Jahreswechsel beauftragt, die EA Tübingen in absehbarer Zu kunft in Betrieb zu nehmen und dazu die Ausschreibung der für einen Betrieb der EA notwendigen Dienstleistungen so schnell wie möglich vorzubereiten und durchzuführen. Die EU-weite Ausschreibung wird innerhalb der nächsten Woche im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Inbetriebnahme der EA Tübingen ist für den 18. September dieses Jahres vorgesehen. Bis zur Inbetriebnahme wird die EA Tübingen weiterhin im Stand-by-Betrieb geführt.

Sie sehen also: Es gibt keinen Widerspruch.

Vielen Dank. – Ich sehe keine Zusatzfragen. Damit ist die Behandlung der Mündlichen An frage unter Ziffer 3 beendet.

Ich rufe die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. S a b i n e W ö l f l e S P D – E r k e n n u n g s d i e n s t l i c h e B e h a n d l u n g v o n F l ü c h t l i n g e n u n t e r 1 4 J a h r e n

Bitte, Frau Abg. Wölfle.

Ich habe zu diesem Thema zwei Fragen:

a) Trifft es zu, dass im Rahmen von Asylverfahren und der

damit verbundenen erkennungsdienstlichen Behandlung neuerdings auch in Baden-Württemberg biometrische Fo tos von Flüchtlingen unter 14 Jahren, darunter auch von Kleinkindern und Säuglingen, vorgeschrieben sind?

b) Wie bewertet die Landesregierung derartige Säuglings- und

Kinderfotos im Hinblick auf ihre Aussagefähigkeit und Verwertbarkeit?

Vielen Dank. – Herr Minister Strobl, Sie haben das Wort.

Danke sehr, Frau Präsidentin. – Sehr geehrte Frau Abg. Wölfle, zu Ihrer ersten Frage: Es trifft zu, dass seit dem Inkrafttreten des Datenaustauschverbesserungsgesetzes am 5. Februar 2016 die Aufnahme von biometrischen Lichtbil dern bundesweit auch bei der erkennungsdienstlichen Behand lung der unter 14-jährigen Asylsuchenden vorgeschrieben ist.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die Änderung wurde durch den Bun desgesetzgeber mit der Funktion des Lichtbilds als zentralem Identifizierungsmerkmal des neu eingeführten Ankunftsnach weises begründet, der für jeden Asylsuchenden – unabhängig vom Alter – auszustellen ist. Das Land erfüllt durch die Auf nahme der Lichtbilder eine bundesgesetzliche Verpflichtung. Durch die Aufnahme wird die Identifikation per Lichtbild bei möglichst vielen Asylsuchenden auch unter 14 Jahren ermög licht.

Gibt es Zusatzfragen? – Bitte, Frau Abg. Wölfle.

Herr Minister, sagen wir einmal, es kommt auf das Alter an. Meinetwegen zwischen sechs und 14 Jahren sind sicherlich erkennungsdienstliche Möglichkei ten da. Aber bei Säuglingen erschließt sich mir das nicht, wo bei ich jetzt nicht weiß, ob ein Fingerabdruck eines Säuglings irgendwelche Merkmale behält, die er ein Leben lang hat. Es ist für mich ein Unterschied, ob ich einen 14-Jährigen habe oder ein Baby von drei Wochen. Kann man darauf tatsächlich irgendetwas aufbauen?

Bitte, Herr Minister.

Sagen wir einmal so: Diese Frage kann ich ver stehen. Im Kleinkindalter kann das durchaus sinnvoll sein – auch das Lichtbild –, bei Säuglingen

(Zuruf von der CDU: Blödsinn!)

ist der Erkenntniswert wahrscheinlich doch sehr überschau bar.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Das ist genau die Frage! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist ein Bundesgesetz, kein Landesgesetz!)

Allerdings ist das eine bundesgesetzliche Regelung. Diese bundesgesetzliche Regelung sieht eine untere Altersgrenze für die Aufnahme von Lichtbildern nicht vor. Es gibt diesbezüg lich auch kein Ermessen im Sinne von § 16 Absatz 1 des Asyl gesetzes.

Eine Zusatzfrage, Frau Abg. Rolland.

Herr Minister, habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie als Innenminister von BadenWürttemberg eine gesetzliche Regelung umsetzen, deren Wirksamkeit aus Ihrer Sicht eher überschaubar ist?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Richten Sie die Frage einmal nach Berlin!)

Ich weiß jetzt nicht, was Sie verstehen wollen oder nicht verstehen wollen. Ich habe ausgeführt, dass ich der Auffassung bin, dass Lichtbilder von Säuglingen nur einen beschränkten Erkenntniswert haben. Ich habe aber weiter da rauf hingewiesen, dass es sich um eine bundesgesetzliche Vor schrift handelt, die wir umzusetzen haben, und dass es sich bei dieser bundesgesetzlichen Vorschrift – ganz konkret in § 16 Absatz 1 des Asylgesetzes – nicht um eine Ermessens vorschrift handelt, sondern wir an das Bundesrecht gebunden sind.

Es gibt eine weitere Zusatz frage. – Frau Abg. Böhlen, bitte.

Herr Minister Strobl, wie vie le unbegleitete minderjährige Säuglinge haben wir denn in Baden-Württemberg?

Da müssten Sie mir eine Definition geben, was Sie unter einem Säugling verstehen.

(Heiterkeit)

Wir nehmen einmal diejenigen unter einem Jahr. Wie viele Unbegleitete gibt es da? Wie vie le Unbegleitete unter acht Jahren gibt es?

Ich glaube schon, dass die Frage der Kollegin Wölfle eine Be rechtigung hat.

(Zuruf)

Es geht um die Unbegleiteten und die Erkennungsmerkma le.