Protokoll der Sitzung vom 22.03.2017

Da das Land dieses Projekt unterstützt, gehört zu dem Inte rimskonzept übrigens auch, dass in diesen Fernverkehrszügen Nahverkehrsfahrscheine gelten. Das ist wirklich etwas ganz Besonderes.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Das war aber dringend notwendig. Hätten wir das nicht ge macht, wäre das Zugangebot nach den Plänen der Deutschen Bahn noch schlechter geworden. Übrigens wäre auch der Nah verkehr gefährdet gewesen.

Deswegen glaube ich, dass es ein guter Vertrag ist, der hilft. Wir haben ihn aber ganz klar als Interimsvertrag bezeichnet, weil dieser Vertrag von der Annahme ausgeht, dass der Aus bau noch nicht vollzogen ist. Wir wollen aber weiterhin ganz klar, dass die Strecke wenigstens partiell zweigleisig ausge baut wird. Das ist das Minimalziel.

(Beifall bei den Grünen und der CDU sowie Abge ordneten der SPD)

Zu diesem Ausbauziel gehört, dass wir schneller von Stuttgart nach Zürich kommen.

Zum Thema Fahrplan muss ich sagen: Es bringt relativ we nig, viel Geld zu investieren, um die Fahrzeit vielleicht um fünf oder zehn Minuten zu verkürzen.

(Abg. Felix Schreiner CDU: So ist es!)

Denn entscheidend ist, dass Sie den Halbstundentaktknoten in Zürich erreichen. Deswegen hilft eine kleine Verkürzung gar nicht viel. Vielmehr müsste man einen größeren Schritt machen. Wir gehen davon aus, dass wir etwa 20 Minuten ge

winnen müssen, damit wir einen Anbindungsvorteil in Zürich haben. Das muss das Ziel sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Deutsche Bahn hat dieses Konzept noch nicht. Vielmehr will die Deutsche Bahn – einige haben das auch angesprochen – die Neigetechnik aufgrund der Erfahrungen nicht mehr ein setzen. Das kann man nachvollziehen. Ich will aber einmal ei nes sagen: Bei einer Technologie, die in den Achtziger- und den Neunzigerjahren nicht funktioniert hat, kann man nicht auf ewig sagen, dass diese nie funktioniert.

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: So ist es!)

Es sind in den letzten zehn, 20 Jahren so viele neue Techno logien entwickelt worden, auch gerade digitale Technologien, dass es in Deutschland doch möglich sein muss, einen Zug fahren zu lassen, der sich auch neigt.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Was wäre die Alternative? Wenn Sie dieselbe Zeit gewinnen wollten, müssten Sie, wenn Sie ohne Neigetechnik fahren wollten, die Strecke begradigen, also Tunnel bauen und die Kurven abbauen. Das wäre unglaublich teuer. Dann sprächen wir nicht von Investitionen in Höhe von 500 Millionen €, son dern von mindestens 1 Milliarde €.

(Abg. Felix Schreiner CDU: Das kann nur einer sa gen, der nie dort war!)

Dann wäre es nicht mehr wirtschaftlich. Dann käme es nie. Insofern ist dies kein hilfreicher Vorschlag.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Wir, das Land Baden-Württemberg, bestehen also darauf, dass die Neigetechnik weiterentwickelt wird. Denn wir glauben, dass dies in Verbindung mit einer partiellen Ausbaumaßnah me und dieser weiterentwickelten Technologie die kosten günstigste Beschleunigungsmöglichkeit ist. Unser Ziel ist, dass man mit einer Fahrzeit von zwei Stunden und 37 Minu ten auf dieser Stecke auskommt. Dann hätten wir die optima len Anschlüsse. Das ist ganz klar das erklärte Ziel.

Übrigens eröffnet der Bundesverkehrswegeplan die Möglich keit dazu. Wir haben dort jetzt einen Betrag von 550 Millio nen €. Das heißt, es lassen sich mehrere Ausbaumaßnahmen realisieren. Der Bund selbst hat noch nicht klar gesagt, wie bzw. wo genau er diese Millionen einsetzen will.

Es ist aber erstaunlich, dass gesagt worden ist, früher hätte es 160 Millionen € gekostet. Das waren halt ziemlich grobe Rechnungen von vor 20 Jahren. Heute weiß man mehr, und man weiß, dass man eher im Bereich von 500 Millionen € liegt. Denn inzwischen ist auch noch die Singener Kurve hin zugekommen. Dazu sage ich gleich noch etwas.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Bullinger?

Bitte schön.

Herr Abg. Dr. Bullinger, bitte.

Herr Minister, wir haben heute schon gehört – der Kollege von der SPD hat es gesagt –, dass man hier Mailand–Zürich–Stuttgart–Nürnberg mit Richtung Berlin–Prag im Auge haben muss, wenn man das macht. Da stellt sich die Frage: Ist es nicht möglich, z. B. auch auf der Murrbahn wenigstens eine Doppelspurinsel hin zubekommen? Denn allein die Weiche in Fornsbach hat eine Zeitersparnis von acht Minuten gebracht. Sind Sie also bereit, auch auf dem Streckenabschnitt Backnang–Schwäbisch Hall– Hessental entweder kurz vor oder nach Murrhardt eine solche Doppelspurinsel als eine mögliche Lösung anzustreben, da mit man dann in weniger als einer Stunde von Crailsheim oder in weniger als zwei Stunden von Nürnberg nach Stuttgart kommt? Denn die alte 01-Dampflok hat das geschafft. Mit Diesel und Elektrifizierung wurde das noch nie erreicht.

Herr Minister.

Herr Abg. Bullin ger, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich jetzt nicht zu jeder Weiche in Baden-Württemberg Position beziehe.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Aber grundsätzlich will ich Ihnen sagen: Das Konzept der Landesregierung ist: Wenn wir dort, wo wir Engpässe haben, weil die Verkehre eingleisig sind, ausbauen wollen und mehr Verkehr haben wollen, brauchen wir Begegnungsmöglichkei ten – das heißt Doppelspurinseln oder vollständige Zweiglei sigkeit. Das gilt für die Strecke Stuttgart–Zürich wie für die Strecke Stuttgart–Nürnberg. Da werden wir auch etwas tun müssen. Denn die Engpässe entstehen dort, wo der Verkehr eingleisig ist. Das ist nicht mehr zukunftsfähig. Insofern un terstützen wir das.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Wie geht es weiter? Wir werden auf jeden Fall beim Bund und übrigens auch bei der Deutschen Bahn dafür sorgen. Ich ha be auch schon Gespräche geführt. Die Bedenken sind nach wie vor da. Aber wir müssen darauf bestehen, dass sich ein bundeseigenes Unternehmen nicht einfach aus der Technik verabschiedet. Denn das würde bedeuten, dass auf allen Stre cken, die ähnlich sind wie die Strecke durch das Neckartal – davon gibt es in der Republik einige –, keine Beschleunigung erzielt werden könnte. Ich kann nur sagen: In anderen Län dern fährt die Technik noch. Dort ist sie auch gar nicht so schlecht, ob das jetzt in der Schweiz oder auch in anderen Ländern ist. Auch in nordischen Ländern gibt es solche Tech nologien. Deswegen glauben wir, dass es mit dieser Technik eine Möglichkeit der Verbesserung gibt. Wir setzen jedenfalls darauf.

Das Zweite, was in letzter Zeit häufig angesprochen worden ist, ist die Singener Kurve. In Singen hat das mächtige Dis kussionen ausgelöst. Die Bahn plant eine Kurve an Singen vorbei. Da kann ich nur sagen: Das ist altes Denken und Pla nen. Man kann Schienen nicht an den Menschen vorbei pla nen. Das geht schief, und deswegen gibt es Proteste. Man kann

den Güterverkehr an Singen vorbeifahren lassen; der muss nicht durch den Bahnhof fahren. Aber dass man auch den Per sonenverkehr vorbeifahren lässt und sagt: „Dann sollen sie halt am Gartenschauhalt umsteigen oder aussteigen“, ist nicht angemessen und nicht zukunftsfähig.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Deswegen wird sich das Land dafür einsetzen, dass der Haupt bahnhof in Singen angefahren wird.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir sind uns einig, dass endlich etwas geschehen muss. Wie werden wir versuchen, das umzusetzen? Ich habe in wenigen Tagen einen Termin im Bundesverkehrsministerium mit dem zuständigen Staatsse kretär. Das mache ich zusammen mit Guido Wolf als Kolle gen und als Vertreter des Interessenverbands Gäubahn. Er hat sich auch jahrelang in dem Interessenverband für dieses Pro jekt eingesetzt.

Wir glauben, dass Grüne und CDU in dem Bündnis, das wir auch beim Vordringlichen Bedarf hatten, jetzt zusammen zum Bund gehen und sagen sollten: „Das ist uns gemeinsam wich tig, und wir erwarten von euch jetzt eine Lösung.“ Das wer den wir dort tun. Wir werden dem Bund klarmachen, dass er endlich einmal sagen soll, was sein Unternehmen tun soll, und dass er sich nicht hinter der Deutschen Bahn verstecken darf, sondern klar politische Verantwortung übernehmen und für diese Region, für die Strecke Stuttgart–Zürich eine moderne Verbindung anbieten soll. Wir erwarten, dass jetzt die Dop pelspurinseln sukzessive ausgebaut werden. Es wird im Jahr 2025, würde ich sagen, allerhöchste Zeit, dass man dann mit einem neuen Konzept auf einer neuen Ausbaustufe weiterfah ren kann – schneller, besser, schöner als heute.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Gedeon.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es erwarten vielleicht viele nicht, dass ich jetzt über die Gäubahn spreche.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Das wäre schon recht! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Aber das ist mir ein Herzensanliegen, weil ich ständig mit der Gäubahn fahre und weil ich das einfach meinen Wählern am Bodensee und im Hegau schuldig bin.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das ist bei uns wirklich ein großes Thema.

Das Wichtigste ist schon gesagt worden. Deswegen sage ich nur ganz kurz: Es geht nicht um Klimaschutz oder um ande re verquere Ideologien,

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: „Verquere Ideologien“?)

sondern einfach darum, die Leute im Hegau und am Boden see besser an die Landeshauptstadt anzubinden. Es ist lächer lich, wenn man immer noch mit dem „Franzosenargument“ kommt, dass man vor 60 Jahren die Gleise abgebaut hat. Das ist 60 Jahre her und deswegen nicht mehr erwähnenswert.