Wir können uns nicht vorstellen, dass man einen Zaun um Ba den-Württemberg herum baut. Diesen Unsinn soll man in Amerika auch lassen. Das heißt für mich: Wir müssen sehen, dass wir in Europa im Wettbewerb stehen, dass wir global im Wettbewerb stehen. Wir haben eine europäische Gemeinschaft und haben, glaube ich, den Wettbewerb einfach anzunehmen.
Es geht – vor allem bei uns – nicht um Ökolandbau im Be reich Bioland oder Demeter – Hochachtung vor der Leistung dort –, sondern es geht darum, vor allem Regionalität in den Vordergrund zu stellen. Regionalität heißt: Derjenige, der das Grünland in benachteiligten Gebieten pflegt, in den Nebentä lern unserer Flüsse, derjenige, der die Landschaft pflegt, der die Kulturlandschaft pflegt, der braucht auch eine Entlohnung, und die muss über das Produkt erfolgen. Da muss man für die Regionalität dieser Produkte auch mehr erzielen können. Da ran müssen wir arbeiten.
Meine Damen und Herren, ich nenne noch einmal ein paar Punkte. Ich bin ein Freund von Ökobilanzen. Das ist von der Definition her immer sehr schwierig. Aber man muss sich auch einmal fragen – – Wenn beispielsweise ein Herbizid aus
gebracht wird – es muss ja nicht gerade beim Ackerfuchs schwanz sein – und im Verhältnis dazu drei- oder viermal mit einem alten Traktor mechanisch darübergefahren wird, sieht man, wenn man da einmal eine Ökobilanz macht – CO2 usw. –, dass der alternative Landbau nicht unbedingt immer besser ist.
Das Gleiche gilt bei der Milch. Wenn ich bei einer Biomilch molkerei in 200 km Entfernung die Milch einsammle, ist das einfach nicht gut. Wir haben Beispiele: Bei der Schwarzwald milch hat man das regionale Konzept; bei anderen – auch im Bereich der Milchproduktion – sprechen die Entfernungen, die Logistik eigentlich dagegen.
Auch hinsichtlich der sogenannten Turbokuh – das wird oft von der SPD angeführt; ich sage es nachher vielleicht bei der Milch noch einmal – will ich hier klar und deutlich sagen: Kollege von Eyb und ich waren am Samstag bei der Bezirks rinderschau. Bei zwei Milchkühen, die jeweils 8 000 Liter ge ben, komme ich auf 16 000 Liter.
Wenn aber eine Kuh 4 000 Liter produziert, brauche ich vier Kühe, um auf 16 000 Liter zu kommen. Wenn ich dann eine Ökobilanz mache, heißt es ganz klar: Viermal den Grundbe darf abdecken, das ist ökologisch schlechter. Die Lebensleis tung muss deshalb nicht schlechter sein. Das sind Dinge, die man, glaube ich, sehen muss.
Das Ziel, in Deutschland auf einen Anteil des Ökolandbaus von 20 % zu kommen, ist in Ordnung. Man muss aber wis sen, dass man nur dann 20 % erreicht, wenn man zusätzlich eine Fläche beansprucht, die der Hälfte der Größe Thüringens entspricht, weil die Intensität eben geringer ist. Das sind Din ge, die man, glaube ich, auch beachten muss.
Sicherlich ist der Umbau im Grünlandbereich leichter als im Ackerbau. Trotzdem ist es richtig, dass man diese Dinge wei terhin in der Aus- und Fortbildung in diesem Bereich behan delt. Allerdings weise ich etwas warnend darauf hin: Seit die Discounter so in den Bereich Ökolandbau eingestiegen sind, ist vieles nicht mehr in Ordnung, ist es für die Betriebe bei der gegebenen Struktur in Deutschland und in Baden-Württem berg oft sehr schwierig, ein auskömmliches Einkommen zu erzielen. Das gilt ebenfalls für den Preis für konventionelle Produkte.
Meine Damen und Herren, wenn ich sehe, dass ein Ökobe trieb in Baden-Württemberg im Schnitt 60 ha bewirtschaftet, während es in der Slowakei beispielsweise 453 ha sind, der Mindestlohn bei uns 8,84 € beträgt, wobei die gesamte Fami lie arbeitet – –
Kollege Dr. Bullinger! Nachdem Sie noch so viel sagen wollen, sage ich Ihnen: Die Redezeit ist beendet.
Ich finde Ihren Hin weis hervorragend. Ich kann auch die Uhr lesen. Ich habe ge sehen, dass ich die Redezeit schon überzogen habe. Ich habe
Meine Damen und Herren, nochmals: nicht gegeneinander, sondern miteinander das Marktpotenzial ausschöpfen. Bitte achten Sie auf Ökobilanzen und Regionalität. Das ist viel wichtiger, als nach Ideologie zu schauen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ökolandbau hat in der Tat deutlich zugenommen – auch in Deutschland, aber bei uns besonders. In BadenWürttemberg liegt der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der landwirtschaftlich genutzten Fläche mittlerwei le bei etwa 10 %. Das ist ein Spitzenwert in Deutschland, und, meine Damen und Herren, dieser Wert ist weiterhin ausbau fähig.
Ich muss auch sagen, die Zuwachsraten im Ökolandbau lie gen bei über 15 %. In der Wirtschaft liegen die Zuwachsraten ansonsten bei 2, bei 3 oder, wenn es gut läuft, bei 4 %.
So ist es. – Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Zuwachs muss sich letztlich immer an der Nachfrage nach den Produkten orientieren.
Deshalb finde ich es ja ganz nett, wenn der Bundeslandwirt schaftsminister sagt: „Wir haben das Ziel vor Augen: 20 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland sol len ökologisch bewirtschaftet werden.“ Da kann ich sagen: Auch wir in Baden-Württemberg haben ein Ziel vor Augen. Aber wir wollen nicht 20 %, wir wollen mindestens 25 % der Fläche. Ich glaube, das entspricht auch der höheren Kaufkraft und dem Bedürfnis der Bürger in unserem Land.
Aber ich sage Ihnen auch, meine sehr verehrten Damen und Herren: Es ist nicht damit getan, dass 25 % der Fläche ökolo gisch bewirtschaftet werden. Es ist genauso wichtig, dass wir die Abnehmerpfade gestalten und die Menschen dazu brin gen, dass sie auch die teureren, weil unter größerem Aufwand erzeugten Lebensmittel tatsächlich abnehmen. Bisher ist es in Baden-Württemberg gelungen, dass sich dies die Waage ge halten hat. Deshalb hat der Biolandbau Krisen der letzten Jah re längst nicht in dem Umfang mitmachen müssen – Gott sei Dank –, weil dort im Prinzip das Angebot immer etwas knap per war als die Nachfrage. Bei diesem Gleichgewicht – also einem etwas knapperen Angebot als die Nachfrage – müssen wir bleiben. Und da darf der Staat auch nicht überfördern.
Ich kann mich gut erinnern, dass die Landesregierung in den letzten Jahren immer wieder mit der Aussage kritisiert wur de: „Ihr vom Staat habt uns doch hineingeritten dadurch, dass ihr billiges Geld zur Verfügung gestellt, Förderungen ausge sprochen und Investitionen gefördert habt. Wir konnten doch gar nicht anders. Wir Landwirte mussten ja zugreifen, und jetzt haben wir den Salat.“ Das war immer ein Argument auf seiten der Landwirtschaft in der Frage der Überförderung. Diesen Fehler dürfen wir nicht begehen. Wir müssen das för dern, was notwendig ist und was auch mit der Nachfrage ent sprechend Schritt hält. Dazu bedarf es umfassender Maßnah men wie auch einer Bewusstseinsänderung in der Bevölke rung.
Ich sage eines ganz klar – da bin ich auch froh, dass die Ko alition entsprechend übereingekommen ist –: Ökologischer Landbau ist nicht von vornherein besser; er ist anders.
(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)
Ich will den Menschen nicht vorschreiben, was sie essen müs sen – um das einmal klar zu sagen –, ich will auch nicht den Konsumenten vorschreiben, was sie einkaufen müssen. Die se Entscheidung muss letztlich jeder Einzelne treffen. Aber er muss sie auch treffen können. Das setzt voraus, dass das An gebot da ist. Und beim Angebot merke ich schon, dass wir auf dem Weg sind, den ökologischen Landbau auch zu demokra tisieren. Damit man aus der Nische der Spezialläden, der klei nen Hofläden, die erst angefahren werden müssen, heraus kommt, war es dringendst überfällig, dass demokratisiert wird und damit auch im Lebensmitteleinzelhandel, der für jeden Konsumenten zugänglich ist, die betreffenden Produkte er hältlich sind.
Dazu braucht es natürlich andere Größenordnungen. Das ge fällt manchen nicht, die hinter dem ökologischen Landbau im mer schnuckelige Betriebe sehen, die ihn romantisieren und mit der Vorstellung verklären: Die Kühe grasen auf der Wei de und sind am besten noch mit Namen ansprechbar. Das trifft halt auch nicht mehr so zu, weil die Produktion im ökologi schen Landbau
genau wie die in anderen Produktionszweigen auch Gesetz mäßigkeiten für Distribution, Verteilung und Logistik unter liegt. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn im Prinzip von 80 Millionen Konsumenten 10 %, 12 %, 15 % die Mög lichkeit erhalten sollen, erhalten müssen, zuzugreifen, muss die Distribution entsprechend gestaltet sein, muss die Logis tik stimmen. Dazu bedarf es einer gewissen Größenordnung, dazu bedarf es einer gewissen Professionalität. Da müssen im ökologischen Landbau manche Scheuklappen manchmal fal len.
Ich bin froh und dankbar, dass wir in der Landesregierung ge meinsam mit den beiden Regierungsfraktionen in den letzten Wochen und Monaten gestritten haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, weil immer wieder von Streit in der Ko alition die Rede ist, sage ich: Streit ist notwendig. Auseinan
dersetzung um den besten Weg ist zwingend notwendig, wenn man etwas Gutes erreichen will. Wir haben uns auseinander gesetzt. Wir haben auch miteinander um den besten Weg ge rungen. Ich glaube, es ist eine gute Lösung herausgekommen, die vorsieht, dass wir uns auch in der Agrarinvestitionsförde rung gemeinsam auf den Weg machen und damit ermöglichen, dass Profis beispielsweise auch im Ökolandbau zum Zuge kommen.
Profis heißt zum Teil auch größere Betriebe und, sage ich ein mal, auch sehr stark spezialisierte Betriebe. Nehmen wir ein mal das Thema Gemüse. Es ist ja wahr: Andere Länder haben in den letzten Jahren flächenmäßig zum Teil stärker im Öko landbau profitiert, vor allem im Osten der Republik. Das ist nicht wegzudiskutieren. Wenn es jedoch um die Intensität der landwirtschaftlichen Produktion ging, hat sich herausgestellt: Da haben wir nach wie vor die Nase vorn, weil wir bei den Sonderkulturen ganz stark sind, beispielsweise beim Gemü seanbau, beim Paprikaanbau, beim Gurkenanbau und derglei chen mehr.
Das bedingt natürlich einen hohen Spezialisierungsgrad. Das bedingt Gewächshäuser, zum Teil große Gewächshäuser, rich tige Bauwerke. Es gefällt auch nicht jedem, wenn ein glitzern des Gewächshaus in der Nachbarschaft steht. Das ist nicht mit einem schnuckeligen Glasgewächshaus vergleichbar, wie es früher üblich war – hundehüttenmäßig, einen halben Meter hoch, wie man das beispielsweise im Garten für den Salatan bau gekannt hat. Das sind vielmehr 6 bis 8 m hohe Gewächs häuser mit Grundflächen von 0,5 ha, 1 ha oder mehr. In Hol land sind solche Gewächshäuser 30, 40, 50 ha groß.
Meine Damen und Herren, da sind Profis am Werk. Wenn es so ist, dass der Lebensmitteleinzelhandel heutzutage Waren aus biologischer Produktion aus Baden-Württemberg nach fragt, wir aber diese Nachfrage gar nicht vollständig aus Ba den-Württemberg befriedigen können,
weil übrigens auch Kommunalpolitiker – ich denke da nur an Nordbaden, an die Rheinebene – verhindern, dass dort größe re Bauwerke – beispielsweise solche Gewächshäuser – ent stehen, dann muss ich halt auch sagen: Wir brauchen auch das Verständnis dafür, dass der Ökolandbau in der Zukunft genau so notwendig ist und dass er auch professionell agieren muss, wenn er Lieferketten, Angebotstreue und Liefertreue realisie ren muss. Das ist letztendlich genauso notwendig.
Ich bin froh, dass wir uns in der Koalition einig waren. Des halb sage ich herzlichen Dank an die Kollegin Braun sowie die Kollegen Dr. Rapp, Martin Hahn und Klaus Burger dafür, dass wir uns über die künftigen Modalitäten der Förderung verständigt haben. Denn ich halte es für notwendig, dass wir diesen Zug, diesen Trip, die vorhandene Nachfrage nicht an uns vorbeirauschen lassen und die Nachfrage nicht die Län der südlich der Alpen bedienen lassen, sondern diese Nach frage selbst bedienen und dies auch tatsächlich ermöglichen und die Landwirte dabei in der Umstellung auch entsprechend fördern und fordern.
Es ist, glaube ich, ganz entscheidend, dass wir den Ökoland bau entlang der Nachfrage begleiten. Ich sage nicht „planwirt schaftlich begleiten“. Eine Zieldefinition ist in Ordnung, aber eine Zieldefinition muss entlang des Wirtschaftens und darf nicht entlang einer Ideologie erreicht werden.
Wir haben in den letzten Monaten versucht, einiges auf den Weg zu bringen, was in der Vorgängerregierung nicht ganz gelungen ist, auch wenn Sie, Herr Kollege Nelius, das Hohe lied des Ökolandbaus gesungen haben. Ich frage mich aber natürlich: Wo wollen Sie auf zugewachsenen Flächen Öko landbau betreiben?