Wir brauchen eine dauerhafte und verlässliche Finanzierung. Über die Form kann man streiten; dazu gibt es eben unter schiedliche Meinungen. Das ist auch hier in dieser Koalition der Fall, und auch das ist ziemlich normal. Die Grünen haben die klare Position vertreten, dass sie diese Maut so nicht gut finden – sie haben aber nicht gesagt, dass sie eine Maut grund sätzlich schlecht finden, sondern die Maut so, wie sie jetzt ein geführt wird.
Die Argumente habe ich bereits gebracht; die will ich nicht erneut darlegen. Ich will nur noch einmal sagen, was die Fach ausschüsse des Bundesrats, die betroffen waren, beschlossen haben. Der Umweltausschuss hat empfohlen, das Gesetz müs se grundsätzlich überarbeitet werden – das hat der Ausschuss mit Mehrheit beschlossen; da haben wir nicht allein die Mehr heit. Der Verkehrsausschuss hat mit Mehrheit beschlossen, die Aufhebung des Gesetzes zu empfehlen, und im Finanzaus schuss wurde die Anrufung des Vermittlungsausschusses be schlossen mit der Begründung, die Grenzregionen und die Wirtschaft seien betroffen, sodass etwas gemacht werden müs se.
Letztendlich hat im Plenum des Bundesrats keine dieser Po sitionen eine Mehrheit gefunden. Warum? Weil sich sowohl SPD- als auch CDU-Vertreter aus den Ländern koalitionstreu gegenüber dem Bund verhalten haben. Das finde ich – das ha be ich auch gesagt – problematisch; denn der Bundesrat ist ein Interessenorgan der Länder und muss somit primär die Länderinteressen vertreten. Das haben wir, glaube ich, ver sucht. Ich anerkenne auch, dass die CDU dies ihrerseits ver sucht hat, übrigens auch – das will ich ausdrücklich sagen – Thomas Strobl. Ich habe mit ihm extra noch einmal darüber gesprochen. Sein Anliegen war es, dass die Bundesfernstra ßen nicht in die Maut einbezogen werden und es im Grenzbe reich keine Störungen gibt. Ich muss sagen: Er hat es mit durchgesetzt, dass zumindest die Fernstraßen herausgefallen sind.
Am Ende haben wir uns nicht verständigt, sondern uns auf ei ne Enthaltung geeinigt. Das ist auch nichts Besonderes.
Nur, damit Sie mal eine Vorstellung von der Funktionsweise des Bundesrats haben: Eine Sitzung des Bundesrats hat in der Regel – ich habe den Eindruck, die meisten ahnen es nicht – ungefähr 100 Tagesordnungspunkte, und es finden bestimmt 300 bis 400 Abstimmungen statt. Da kommt es am laufenden Band vor, dass sich Regierungen absprechen müssen, sich aber nicht verständigen können und sich deshalb enthalten müs sen. Deshalb wird im Bundesrat bei Abstimmungen nicht ge fragt: „Sind Sie dafür? – Sind Sie dagegen? – Wer enthält sich?“, sondern es werden immer nur die Jastimmen genom men, und die anderen fallen weg. Deswegen sind Enthaltun gen und Neinstimmen praktisch identisch und ist es auch so schwierig, im Bundesrat eine positive Mehrheit zu bekom men. Wir versuchen das trotzdem immer wieder, und das macht auch Sinn.
Jetzt ist die Frage gestellt worden: Was bedeutet das für Ba den-Württemberg? Da kann ich ganz einfach sagen: Zustän dig für die Maut ist der Bund, und zwar auch nach dem Be schluss. Ab 2019 wird es eine Infrastrukturgesellschaft auf Bundesebene geben. Die wird dann sowieso die ganze Ab wicklung auf den Autobahnen verantworten.
Das Ganze ist im Gefüge Europas zu sehen. Das muss man einfach auch wissen; Herr Meuthen, da müssen Sie noch ein bisschen nachlernen.
Die Europäische Union hat sich schon seit Langem Gedanken über einen Rechtsrahmen für die Mautsysteme in Europa ge macht, und zwar unter der Bedingung, dass man wenigstens einen einheitlichen Verkehrsraum schafft. Denn es wäre auch von gestern, wenn jedes Land einen eigenen Raum mit eige nen Regeln schaffte.
Jetzt sieht die EU vor, spätestens 2019 einen Rechtsrahmen zu schaffen, der die Art und Weise, wie abgerechnet wird und wie Mautsysteme ausgestaltet sein können, zu vereinheitli chen versucht und den Ländern trotzdem einen Spielraum lässt, was sie daraus machen und wie sie es machen. Man darf auf diese Vorlage gespannt sein. Man darf auch gespannt sein, ob die deutsche Maut ein Modell für dieses Konstrukt sein wird; ich glaube es eher nicht.
Wir vermuten, dass diese Debatte noch weitergeht. Denn wenn Österreich oder die Niederlande gegen die Maut klagen,
In der zweiten Runde erteile ich das Wort für die AfD-Fraktion Herrn Fraktionsvorsitzen den Dr. Meuthen.
Das war wirklich interessant, was wir hier geboten bekommen haben. Wir lernen hier viel. So lernen wir z. B., wie es ist, wenn der Vertreter einer Regie rungspartei hier klipp und klar sagt, die Maut sei ein großer Fehler, sei schädlich für Baden-Württemberg, und anschlie ßend der Vertreter der anderen Regierungspartei spricht und die Auffassung vertritt, die Maut sei für Baden-Württemberg von großem Nutzen.
Das ist eine interessante Form von Regierungsposition, die Sie da haben. Eine tolle Koalition haben wir da! So homogen, so einig, so zielorientiert! Wir sind wirklich beeindruckt und lernen, wie das geht. Ganz toll!
Die Bürger, Wähler und Steuerzahler werden von Ihrer Ent haltung im Bundesrat schwer beeindruckt sein. Wo ist eigent lich der Nutzen einer solchen Regierungspolitik für die Steu erzahler, die dieses „Meine Rede sei: ja, nein“ über sich erge hen lassen müssen, meine Damen und Herren?
Was übrigens meinen Vergleich von Merkel und Ulbricht an belangt: Hier ging es um den Umgang mit der Wahrheit, und dieser ist in beiden Fällen gleich.
Beide kündigten Dinge an, die nachweislich nicht stimmten. Man könnte auch sagen, sie haben gelogen. Übrigens haben beide auch eine gewisse politische Nähe zu DDR-Zeiten ge habt.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Merkel und Ulbricht hätten zu DDR-Zeiten eine politische Nähe gehabt? Das ist un glaublich!)
Nur am Rande, zum Umgang mit der Wahrheit, Herr Dörflin ger: Es stimmt auch nicht ganz, wenn Sie hier als Vertreter der CDU sagen – –
Ganz interessant, Herr Minister Hermann, fand ich von Ihnen, dass Sie uns vorwerfen, wir seien vergangenheitsorientiert mit dieser Debatte, dann aber selbst zum Schluss Ihrer Ausfüh rungen darauf hinweisen, dass wir in Zukunft mit diesem The ma noch viel zu tun haben werden,
weil Sie richtigerweise feststellen, dass die Maut in dieser Form eines nicht haben wird: Bestand. Da haben Sie recht, Herr Hermann.
Herr Rivoir, ganz kurz zu Ih rer Aussage zum Grenzverkehr: Dass wir uns im Vorfeld nicht genügend eingesetzt hätten,